Protokoll der Sitzung vom 13.06.2002

Die zweite Argumentationslinie – das sind zwei Auffassungen, die sich gegenüber stehen, die auch in der Diskussion im Hauptausschuss deutlich gemacht worden sind, ebenso wie jetzt in der Plenardebatte –: Zum einen ist nach Auffassung der Grünen der Einsatz eines Sonderprüfers nach § 142 sowie eines besonderen Vertreters nach § 147 Aktiengesetz die einzige Maßnahme, die bei einem Interessengegensatz zwischen Land und Bank helfen kann, Blockaden, die es innerhalb der Bankgesellschaft bei Regress gibt, aufzuheben. Das ist die These, die von Herrn Eßer im Hauptausschuss und Frau Oesterheld heute vertreten wurde.

Diese Argumentation ist nun im Hauptausschuss insbesondere von Herrn Wolf, aber hier noch einmal im Plenum von Herrn Zimmer dargestellt worden, der auch sagte: Nun ja, schaden kann es auch nicht. Es hängt aber ein bisschen von der Person ab. Um aber ein politisches Signal zu setzen, wollen wir es einmal machen. Diese Argumentation hat Herr Zimmer im Prinzip gefahren.

Aber an einem Punkt bleibt eine Frage noch offen: Ist es eigentlich nicht mehr als lediglich die Einschaltung einer sechsten Anwaltskanzlei?

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Das sind doch andere Kompetenzen!]

Läuft es darauf nicht materiell hinaus? Ich glaube, dass auch die Kurzintervention von Frau Oesterheld an dem Punkt noch einmal deutlich gemacht hat – auch wenn ein Sonderprüfer in der Tat mehr Möglichkeiten hat als eine Anwaltskanzlei –, dass es von der Person abhängt, ob sie diese Aufgaben wirklich wahrnimmt. Das ist erst einmal ungeklärt.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Das hängt immer von den Personen ab. Das ist doch bei allem so!]

Das Zweite, was dargestellt worden ist, und auch hier muss man den Kollegen Zimmer heranziehen, der die These – auch erst einmal ein bisschen als Tatsachenbehauptung – in den Raum gestellt hat, es gäbe eigentlich gar keine Unterlagen mehr in der Bank. Alles, was jetzt kommt, käme ohnehin zu spät. Aber dann ist auch die Frage zu stellen, was ein Sonderprüfer dann noch machen soll.

[Wieland (Grüne): Der soll doch gar nicht herumsuchen!]

Ich finde es nicht richtig, so zu argumentieren, weil ich auch hier glaube, dass sich die Argumentation wieder aufgehängt hat.

Aus Sicht der Fraktion der PDS – und hier schließe ich mich den Ausführungen des Kollegen Zimmermann an – ist der Antrag nicht zustimmungsfähig, gleichwohl wollen wir – –

[Unruhe – Frau Dr. Klotz (Grüne): Was ist denn nun die Aussage?]

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich warte, bis Sie sich ein wenig beruhigt haben, dann kann ich auch weiterreden.

Wir haben Folgendes deutlich gemacht: Wenn wir diesem Antrag nicht zustimmen und darauf läuft es hinaus, wobei ich bei der dritten Argumentationslinie bin: Wenn die Argumente für die Einsetzung dieses Sonderprüfers die sind – die Opposition ist sich sicher in ihrer Zustimmung zu dem Antrag, aber in der Sinnhaftigkeit dieses Antrags überhaupt nicht einig. Sie sagt nur: Schadet nichts – was als Begründung möglicherweise ein bisschen wenig ist, das hat der Kollege Wolf auch im Hauptausschuss deutlich gemacht, dann sollte man auf der dritten Argumentationslinie aber vermeiden – und darauf ist im gesamten Haus Wert zu legen –, wenn das Parlament sich mittlerweile nicht mehr darüber einig ist, dass die juristische Aufklärung dieses Sachverhalts, wie sie von der Justizsenatorin und der Staatsanwaltschaft vorgenommen wird, nicht mehr sinnvoll ist, sondern dass das letztlich Schattengefechte oder Aktionismus sind – wie es der Kollege Zimmer gesagt hat –, dass das, auch wenn man diesem Antrag nicht zustimmt, ein ganz klarer Fall von Falschauffassung ist. In dieser Woche ist deutlich gemacht worden, dass sowohl der Aufsichtsrat der Bank und die entsprechenden Akteure innerhalb der Bankgesellschaft durch die entsprechenden Instrumente, die sie in dieser Woche auch genutzt haben, um Regressforderungen zu stellen, die entsprechenden Aktivitäten begonnen haben, das heißt also, neben der strafrechtlichen Verfolgung, die die Justizsenatorin vorgenommen hat – –

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie einmal einen Blick auf die Zeit!

Sie liegen inzwischen weit über Ihrer Redezeit.

[Beifall bei der CDU, der FDP und den Grünen]

Frau Präsidentin! Deshalb bin ich beim letzten Satz. Dass wir also hier ganz offensichtlich auf zwei Sachverhalte verweisen können: Sachverhalt 1: Es findet eine juristische Aufklärung verstärkt statt, das ist in dieser Woche noch einmal deutlich gemacht worden. Sachverhalt 2: Die Bankgesellschaft selbst hat in dieser Woche noch einmal die Möglichkeiten deutlich gemacht, die sie nutzen möchte. Aus der Ablehnung des Antrags durch die Koalitionsfraktionen zu schließen, diese hätten kein Interesse an einer Aufklärung, das ist weit hergeholt.

[Beifall bei der PDS]

Das Wort für eine Kurzintervention hat jetzt der Abgeordnete Wieland von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! interjection: [Ritzmann (FDP): Auf welcher Linie argumentieren Sie jetzt?]

Herr Ritzmann! Ich argumentiere nicht auf Linien,

[Heiterkeit bei der CDU und der FDP]

sondern möchte etwas zum Redebeitrag des Kollegen Hoff sagen. Herr Kollege Hoff! Wir haben diesen Antrag nicht eingebracht, weil wir die Arbeitsweise der Staatsanwaltschaft kritisieren oder weil wir an die Stelle der Staatsanwaltschaft eine andere Instanz setzen wollen. Wir haben es positiv bewertet, dass die Staatsanwaltschaft zu Jahresbeginn umgruppiert wurde, wir haben es positiv bewertet, dass sie noch einmal personell aufgestockt wurde. Dass ist von Anfang an die Linie gewesen: Wenn die Staatsanwaltschaft mitteilt, dass ihre Kapazitäten nicht ausreichen, dann erhält sie diese Kapazitäten. Deshalb gibt es von uns hier überhaupt keine Kritik.

Was uns allerdings die Schuhe ausgezogen hat – und nicht nur uns, sondern auch seinerzeit dem Kollegen Benneter und dem Kollegen Zimmermann –, war der Auftritt der Anwälte im

Untersuchungsausschuss, die die zivilprosessualen Maßnahmen im Auftrag der Bankgesellschaft durchsetzen sollten. Sie haben uns unisono gesagt, dass sie weder wissen, was die Staatsanwaltschaft ermittelt, darüber gar nicht im Bilde waren, gar nicht in der Tiefe des Themas waren, dass das, was ihnen von der Bankgesellschaft zugeliefert wurde, gerade ausreichend gewesen ist, um die sogenannten Verdachtskündigungen zu begründen, die sie ausgesprochen haben. Nicht mehr, nicht weniger. Das hat sich nach unseren Informationen in der Folgezeit auch nicht gebessert. Da spielt es keine Rolle, Herr Kollege Wolf, wie viel Anwaltskanzleien dort beschäftigt werden. Jede Anwaltskanzlei lebt von dem, was die Mandatschaft ihr zuträgt, sonst ist sie blind, sonst weiß sie nichts. Das bezieht sich auch auf die Anwälte, die für die Bankgesellschaft arbeiten, die sind auf die Zulieferung und Zuarbeit angewiesen. Das hat bisher in dieser wichtigen Frage nicht geklappt. Sowohl die Senatskanzlei als auch die Justizverwaltung haben zu Jahresbeginn bei der Finanzverwaltung dringend angemahnt, dass hier etwas geschieht. Beide haben auf drohende Verjährungsfristen hingewiesen, so lange ist das schon her. Wir verstehen nach wir vor nicht, warum man jetzt erstmals – und das auch nur in einem Teilkomplex der Immobilien, die man in die Fonds gedrückt hat – hört, dass es Anspruchsschreiben gibt gegenüber den handelnden Personen und das Angebot, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Das haben wir diese Woche zum ersten Mal gehört. Hier sehen wir in der Tat – nicht bei der Staatsanwaltschaft – bei der Verfolgung der zivilrechtlichen Interessen gravierende Mängel. Deswegen ist dieser Antrag mehr als berechtigt.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Danke schön! – Eine Erwiderung wird nicht gewünscht.

[Czaja (CDU): Herr Hoff ist völlig strapaziert!]

Dann hat das Wort für die FDP-Fraktion der Herr Abgeordnete Matz!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hier ist in den letzten Minuten viel von Argumentationslinien die Rede gewesen. Ich bin ganz dankbar dafür, dass wir nach der Rede von Herrn Wieland solche auch wieder erkennen können. Ich will versuchen, sie durch einige ganz einfache Fragen und Bemerkungen zu ergänzen.

Herr Zimmermann hat uns gesagt – fast wörtlich wiedergegeben –: Es muss sichergestellt werden, dass Ansprüche nicht verjähren und dass alle Unterlagen herausgegeben werden. – Das ist fast wörtlich das, was in dem Antrag, über den wir jetzt sprechen, steht. Was mich an Ihrer Argumentation wundert, kleide ich in diese Frage: Worauf wollen Sie eigentlich noch warten? Was glauben Sie eigentlich, wofür § 142 Aktiengesetz da ist? – Der ist genau für solche Fälle, in denen ein Mehrheitsaktionär – und in bestimmten Fällen sogar jemand, der noch nicht einmal die Mehrheit hat in einer Gesellschaft – die Möglichkeit bekommt, über einen solchen Sonderprüfer in dieser Gesellschaft dafür zu sorgen, dass bestimmte Sachverhalte aufgeklärt werden. Genau dafür ist dieser Paragraph da. Sie versuchen uns mehr oder weniger klar zu machen, es sei noch gar nicht so weit, dass man zu einem solchen Mittel greifen müsse, man könne es vielleicht auch ohne hinbekommen, man habe zumindest das Vertrauen in alle Handelnden, dass das alles irgendwie ginge. – Hier kann ich nur fragen: Wie kommen Sie dazu, dass Sie immer noch mit so viel Vertrauen arbeiten, wenn es um den Themenkomplex Bankgesellschaft geht? Das verstehe ich einfach nicht.

[Beifall bei der FDP, der CDU und den Grünen]

Bei der Anwendung dieses Paragraphen stellt sich in der Tat die Frage, dass dies zumindest nichts schaden könne. Dagegen habe ich hier auch noch kein Argument gehört. Es hieß, dann würden noch mehr Leute dort herumlaufen. So richtig schlüssig finde ich diese Argumentation nicht. Sonderprüfer einzusetzen ist eine zusätzliche Aktion, die zumindest nicht schaden kann, gerade wenn Sie darüber nachdenken, dass zwar die handeln

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den Personen zu einem guten Teil ausgetauscht sind, dass wir aber trotzdem die Situation haben, dass der heutige Aufsichtsrat und der heutige Vorstand sich damit beschäftigen müssen, was der frühere Aufsichtsrat und der frühere Vorstand möglicherweise an regressfähigen Fehlern gemacht haben. An dieser Stelle möchte ich ein Stück weit das heutige Management in Schutz nehmen bzw. vor dieser Aufgabe ein Stück schützen. Die haben nämlich in erster Linie doch etwas anderes zu tun, die haben auf der Basis der jetzigen Situation dafür zu sorgen, dass die Zukunft dieser Bank gesichert wird und dass dort für die Zukunft des Finanzplatzes Berlin etwas Produktives zu Stande kommen kann. In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass bereits bei der Bankgründung und in den darauf folgenden Jahren – weil in der Stadt immer die Gefahr besteht, dass pauschal geurteilt wird – eine Menge gute Leute nach Berlin gekommen sind, die gerade mit dem Know-how anderer Banken versucht haben, ein Stück das Niveau des Finanzplatzes Berlin zu heben und etwas zu schaffen, was Berlin wirklich wirtschaftlich weiterbringen kann. Gerade deshalb ist es dringend erforderlich, dass jetzt mit aller Entschlossenheit und unter Hochdruck – nicht nur wegen der Verjährung – dafür gesorgt wird, dass die Spreu vom Weizen getrennt wird. Es muss klar werden, wer die Verantwortlichen sind für das, was in der Vergangenheit geschehen ist, und wo diejenigen sind, die in Zukunft in Ruhe arbeiten sollen, damit hier wieder eine Bank in den Zustand kommt, den wir uns für die dann vollständig privatisierte Bank vorstellen,

[Beifall bei der FDP]

Zum Schluss möchte ich noch auf eines eingehen, das ist die wundersame Entwicklung, die wir in zwei Lesungen im Hauptausschuss verfolgen durften. Als der Antrag der Grünen im Hauptausschuss zum ersten Mal besprochen worden ist, haben wir von Herrn Wolf und Herrn Flemming sehr verständnisvolle Worte darüber gehört, dass wir alle dasselbe wollen, dass wir das alle auch mit derselben Entschiedenheit und Entschlossenheit wollen, und dass man jetzt eigentlich nur noch abwarten müsse, dass der Senat berichte, was es bisher unternommen habe und inwieweit die hier zur Debatte stehenden Mittel sinnvoll angewandt werden können. Und dann haben wir zur II. Lesung die Wandlung gehabt, dass dieser Bericht dann vorlag, dass dort in der Tat sehr viel darüber gesagt wird, was auch positiv zu bewerten ist, wie viel schon getan worden ist, dass aber letztlich auch der Senat die hier zur Frage stehenden Mittel in seinem Bericht ausdrücklich erwähnt und auch ganz klar gesagt hat, dass er sich die Einsetzung einer solchen Sonderprüfung für die Hauptversammlung der Bankgesellschaft am 19. Juli 2002 weiter ausdrücklich vorbehalten möchte. Und das nehmen Sie zur Basis, um anschließend diesen Antrag abzulehnen. Das ist mir nicht verständlich, denn wenn es jetzt für den 19. Juli immer noch zur Debatte steht, eine solche Sonderprüfung tatsächlich anzusetzen, dann sollten Sie doch lieber umgekehrt den Schluss daraus ziehen und sagen: Es ist keine Zeit mehr zu verlieren, es ist nicht mehr abzuwarten, es gibt nichts mehr, wo man jetzt noch hoffen könnte, das irgendwas sich noch ganz schnell verbessert, sondern es sollte jetzt wirklich mit Blick auf diese Hauptversammlung – da wird auch nicht am nächsten Samstag schon wieder die nächste stattfinden – dafür gesorgt werden, dass diese Sonderprüfung losgehen kann, dass alle Informationsflüsse so funktionieren, wie man sie sich vorstellt, und dass dann sehr schnell sehr viel Klarheit über die Möglichkeiten, hier auch insbesondere Regressforderungen durchsetzen zu können, geschaffen wird. In diesem Sinne sollten Sie sich eigentlich einen Ruck geben, denn selbst der Senat schließt es nicht völlig aus. [Dr. Flemming (SPD): Nein!]

Es sind jede Menge guter Argumente hier genannt worden. Sie können dem Antrag einfach zustimmen. Denn zum Schluss sollte es sowieso passieren.

[Beifall bei der FDP, der CDU und den Grünen]

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Hauptausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU, der

FDP und der Grünen die Ablehnung des Antrags. Wer dem Antrag selbst in der Drucksache 15/324 dennoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen! – Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? –

[Niedergesäß (CDU): Die PDS hat teilweise zugestimmt!]

Wir sind uns hier oben einig, dass die Ablehnung die Mehrheit war. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Die lfd. Nrn. 10 und 11 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 10 A:

a) Drucksache 15/555: