Protokoll der Sitzung vom 13.06.2002

Das Entscheidende ist, dass all diese Forderungen sowohl im Interesse des Landes als auch im Interesse der Bank liegen. Deswegen ist diese Zweiteilung, die Sie darzulegen versuchen – dass nämlich diejenigen, die von der Bank beauftragt sind, nicht im Interesse des Landes handelten –, eine falsche. Hier sind eindeutig gemeinsame Interessen zwischen der Bank und dem Land Berlin gegeben, und deswegen habe ich relativ großes Zutrauen, dass dies auch zum Erfolg führen wird.

Achten Sie bitte auf Ihre Redezeit!

Ja! Ich bin auch gleich so weit! – Die Probleme liegen doch woanders. Sie liegen nicht darin, wer hier prüft, sondern die Probleme liegen darin, zu prüfen, in welchem Umfang Regressansprüche feststellbar und durchsetzbar sind. Das sind Rechtsfragen. Das werden die Anwaltskanzleien ebenso können wie ein Sonderprüfer, den Sie wollen. Deswegen muss man diese Fragen eingehend prüfen, und da muss ich allerdings für die SPD-Fraktion eine klare Erwartung aussprechen, und die ist an den Senat und an die handelnden Personen gerichtet: Es muss sichergestellt sein, dass alles getan wird, um die Verjährung von Ansprüchen zu verhindern,

[Eßer (Grüne): Das tun Sie aber nicht!]

dass zügig gearbeitet wird, dass die Anwälte die nötigen Informationen auch bekommen und dass – –

[Eßer (Grüne): Das tun Sie auch nicht! – Wieland (Grüne): Ach! – Weitere Zurufe von den Grünen]

Ja! Das wird sichergestellt. Darauf können Sie sich verlassen. – Und wir werden vor allem klären müssen, dass eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen der Staatsanwaltschaft

und den Anwälten organisiert wird. Denn die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft sind natürlich von entscheidender Bedeutung für die Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen.

Ich bitte Sie jetzt um den Schlusssatz. Schauen Sie bitte auf die Redezeit! Sie sind schon weit darüber.

Ich mache den Schlusssatz und fasse zusammen: Wir haben genügend Ermittler auf der Spur. Die Bank hat eine ganze Truppe von Anwälten von der Kette gelassen. Zurzeit ist nicht erkennbar, warum wir einen weiteren Sonderprüfer brauchen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der PDS – Frau Oesterheld (Grüne): Das haben Sie doch selber gesagt!]

Das Wort für eine Kurzintervention hat nunmehr die Abgeordnete Frau Oesterheld mit einer Redezeit von drei Minuten. – Bitte schön!

Herr Zimmermann! Ich weiß, dass Sie hier herumeiern müssen, aber ich habe erstens ziemlich eindeutig gesagt: Die Prüfung der Wirtschaftsprüfer können die Wirtschaftsprüfer nicht selber machen.

[Wolf, Harald (PDS): Die Wirtschaftsprüfer werden geprüft von den Anwaltskanzleien!]

Zweitens wird die Prüfung der Aufsichtsräte der Bankvorstand nicht selber machen. – Drittens muss die Prüfung von Schadensersatzforderungen des Landes Berlin nun einmal das Land Berlin als Mehrheitsaktionär erheben. Dies muss im Juli auf der nächsten Aktionärsversammlung beschlossen werden. – So weit Punkt 1.

Punkt 2: Genau das, was Sie gesagt haben, ist das Problem, nämlich die Frage, ob die Bank den Anwaltskanzleien genügend Informationen gibt. Wir haben im Untersuchungsausschuss mitbekommen, wie ahnungslos diese Kanzleien zum Teil sind. Ein Sonderprüfer ist nicht darauf angewiesen, was die Bank ihm denn nun erzählen möchte, sondern er geht hinein und prüft, was er will. Er wartet nicht darauf, ob die Bank irgendetwas herausgibt. Das ist der Unterschied, und darum ist das so wichtig.

Ich verstehe nicht, warum Sie sich hinstellen und dermaßen mauern. Das ist ein Instrument im Interesse des Landes Berlin. Wenn das Aktiengesetz solche Sachen möglich macht, dann frage ich Sie: In welchem Fall sollen denn Aktionäre und auch der Mehrheitsaktionär Land Berlin solche Sonderprüfer einsetzen, wenn nicht in diesem katastrophalen Fall, den wir vor uns haben? – Ich verstehe wirklich nicht, warum Sie hier dermaßen mauern müssen.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Herr Zimmermann hat die Möglichkeit zu einer Erwiderung. Die Redezeit beträgt auch drei Minuten. – Bitte schön!

Frau Oesterheld! Ich stimme Ihnen in einem Punkt zu. Wenn wir begründete Anhaltspunkte dafür hätten, interjection: [Eßer (Grüne): Haben wir doch! – Weitere Zurufe von den Grünen]

dass nicht in ausreichendem Maße Mittel zur Verfügung gestellt werden, dann müsste man in der Tat über den Sonderprüfer nachdenken. Was wir inzwischen aber nach den ersten Monaten in diesem Jahr erleben, ist, dass sowohl bei der Staatsanwaltschaft als auch bei der Bank die Erkenntnis da ist, dass alles mobilisiert werden muss, was verfügbar ist, um die Ansprüche durchzusetzen. Ich habe den Eindruck, dass nach einer zugege

benermaßen etwas müderen Phase am Beginn dieses Jahres jetzt die Erkenntnis gereift ist, dass alles getan werden muss, und dass die Mittel auch bereitgestellt werden.

[Frau Oesterheld (Grüne): Ha, ha!]

Deswegen müssen wir zu diesem Mittel nicht greifen.

[Mutlu (Grüne): Wovor haben Sie Angst?]

Wir werden als Parlament – im Untersuchungsausschuss – darauf achten, dass genau das, was Sie anmahnen, auch tatsächlich materiell umgesetzt wird. Aber in der Form handeln hier der Senat und die Bank. Und das ist auch richtig.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Frau Oesterheld (Grüne): Das glauben Sie doch selber nicht! – Matz (FDP): Vertrauensselig wie früher!]

Das Wort hat der Abgeordnete Zimmer. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mal wieder beraten wir über die Bankgesellschaft, mal wieder beraten wir darüber, was eigentlich zu tun und zu lassen ist und was zu wenig und was – nach Auffassung von bestimmten Personen – zu viel gemacht wird. Ich finde es extrem traurig, dass wir schon wieder darüber zu beraten haben, was noch mehr zu tun wäre. Ich bin davon ausgegangen, dass wir alle der gleichen Meinung sind, nämlich dass es gar keinen Einsatz geben kann, der hoch genug ist, um das aufzuklären, was in der Vergangenheit passiert ist, und um vor allem die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Deswegen dürfte es solche Debatten wie die heutige eigentlich nicht geben.

Schauen wir uns einmal den Antrag der Grünen an! Was wollen die Grünen eigentlich? – Sie wollen, wenn man es einmal zusammenfasst, dass Informationen fließen, und sie wollen, dass Verantwortung von denjenigen getragen wird, die Verantwortung zu tragen haben. Ich kann an einem solchen Antrag nichts Falsches finden.

[Beifall bei der CDU und der PDS]

Nun fragen wir uns vielleicht auch einmal, warum solche Anträge jetzt überhaupt gestellt werden. Man könnte meinen, wenn man die Zeitung heute aufschlägt und die Berichterstattung der vergangenen Tage verfolgt hat, dass da etwas passiert. Die Staatsanwaltschaft ist dabei, aktiv zu werden. Es werden Durchsuchungen durchgeführt. Es wird Material sichergestellt, und es ist alles auf einem guten Weg.

Die Frage ist nur: Ist es denn wirklich so? Warum hat es denn so lange gedauert, beispielsweise Material sicherzustellen, wenn man wirklich Ansprüche durchsetzen will? Wie realitätsfern muss man eigentlich sein, um anzunehmen, dass das, was man sucht, jetzt noch zu finden ist? Wäre der richtige Zeitpunkt nicht deutlich früher gewesen als ein halbes Jahr oder ein Jahr später? Solche Maßnahmen wie diese mögen vielleicht öffentlichkeitswirksam sein, was sie aber für einen Nutzen für die Ermittlungen haben, kann man nur mit Fug und Recht bezweifeln.

Deswegen muss man sich auch die Frage stellen: Gibt es denn jetzt eine neue Qualität im Umgang mit der Problematik Bankgesellschaft, mit der Problematik Fehlverhalten? Ich glaube, diesen Wechsel in der Mentalität gibt es nicht. Ganz im Gegenteil: Wir erfahren immer wieder aufs Neue, dass das, was in der Staatsanwaltschaft geleistet werden müsste und geleistet werden könnte, nicht in dem Umfang stattfindet. Nur eine personelle Aufstockung allein ändert nichts an der Ermittlungsintensität. Herr Kollege Wieland weiß zumindest für den Zeitraum, in dem er als Justizsenator Verantwortung getragen hat, was für Arbeit geleistet worden ist. Vielleicht kann er seine sachkundige Einschätzung liefern, ob das, was man jetzt getan hat, zu einer Verbesserung geführt hat. Ich glaube dies nicht. Ich sehe es nichts, was qualitativ zu einer Verbesserung geführt hat.

Was macht die zivilrechtliche Durchsetzung der Ansprüche? Das ist völlig korrekt, was Frau Oesterheld sagte. Jeder, der im Untersuchungsausschuss gesessen hat, jeder, der im Übrigen auch sonst aufmerksam verfolgt, was in dieser Stadt passiert, weiß, dass Tage, Wochen und Monate vergehen und ich überhaupt keinen Fortschritt sehe, wenn es darum geht, die Ansprüche durchzusetzen, sie überhaupt nur so weit auszuermittteln, dass man dazu kommt, eine Klage zu erheben. Da braucht man sich auch nicht allein auf die Staatsanwaltschaft verlassen: Es ist Pflicht und Schuldigkeit der Bankgesellschaft, all diejenigen Informationen zu liefern und aufzubereiten, und das kann sie auf Grund der Sachnähe auch – vielleicht besser als die Staatsanwaltschaft –, die man braucht, um die Ansprüche auch durchzusetzen. Ich glaube nicht, dass die Bankgesellschaft daran tatsächlich ein Interesse hat.

Nun ist die Frage, ob der Antrag geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen. Ist der Antrag geeignet, auch das, was an Befürchtungen im Raum schwebt, dass nicht genug passiert, wie wir gar nicht wissen, was passiert, zu entkräften? Ich glaube, er ist zu einem guten Teil geeignet. Ich gebe zu: Bei der Frage eines Sonderprüfers habe ich im Hauptausschuss auch meine Zweifel gehabt, ob das das geeignete Instrumentarium ist. Ich habe das unter anderem auch deswegen, weil es sehr von der Person abhängt, die sie als Sonderprüfer beauftragen. So lange nicht sichergestellt ist, dass das eine neue Qualität in der Ermittlung bringt, kann ich verstehen, dass das vom Prinzip her auch eher unter die Kategorie Aktionismus fallen könnte. So lange wir nicht aussuchen können, wer der Sonderprüfer ist, wird uns das, fürchte ich, nicht wirklich weiter bringen.

Aber die Festlegung, im Aufsichtsrat darauf hinzuwirken, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, sollte das Haus in jedem Fall treffen. Ich meine auch nicht, dass wir grundsätzlich das Instrumentarium, was das Aktienrecht bietet, aus der Hand geben sollten. Ganz im Gegenteil: Wir sollten uns darüber verständigen, wie wir es tatsächlich gemeinsam tun. Mit der Ablehnung des Antrags kommen wir diesem Ziel jedenfalls kein Stück näher.

Was könnte dagegen sprechen? – Ich sehe, meine Zeit ist fast schon am Ende. Es ist etwas schwierig, zu diesem Thema nur 5 Minuten zu sprechen. – Die Ruhe für die Bank, das höre ich immer wieder: Die Bank muss in ruhige Fahrwasser kommen. Die Bank kann die schlechte Presse nicht gebrauchen. Da sieht man im Übrigen auch, Kollege Zimmermann, ganz objektiv einen Interessengegensatz zwischen der Bank und uns. Denn die Bank möchte im Prinzip keine schlechten Schlagzeilen mehr. Nur schlechte Schlagzeilen für die Bank können auch gute Schlagzeilen für das Land Berlin sein, wenn tatsächlich das geschieht, was die Bankgesellschaft vielleicht auch nicht möchte, nämlich das Geschäftsgebahren der vergangenen Jahre völlig aufzuklären und die Verantwortlichen in Aufsichtsräten, in Vorständen und in der Ebene des mittleren und höheren Managements zu benennen, die wir vielleicht noch gar nicht alle kennen. Erst wenn das in der Zeitung steht und die entsprechenden Konsequenzen gezogen werden, könnte ich mich halbwegs zurücklehnen und sagen: wir brauchen solche Anträge nicht. So lange das aber nicht der Fall ist, habe wir solche Anträge bitter nötig und müssen ihnen zustimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU, der FDP und den Grünen]

Für die PDS hat das Wort der Abgeordnete Herr Hoff.

In der Diskussion ist bisher auf drei Argumentationslinien abgehoben worden. Die erste Argumentationslinie, die der Kollege Zimmer vertreten hat, besagt, es gäbe eigentlich keine Bewegung, sondern das, was passiert ist Aktionismus, und Resultate lassen sich nicht ablesen. Das gehört klassischerweise in den Bereich der Tatsachenbehauptung. Die Aktivitäten einer Ermittlungsgruppe der Staatsanwaltschaft, die auch von der CDU-Fraktion mit großer Vehemenz gefordert und als Verdienst des ehemaligen Justizsenators Wieland eingerichtet worden ist, die wir im gesamten Haus befürwortet haben und von

der wir auch wollten, dass sie so schnell wie möglich aufgestockt wir, damit sie gut arbeiten kann, die nun unter der amtierenden Justizsenatorin Schubert auch aufgestockt wird und die entsprechenden Rahmenbedingungen auch zur Verfügung gestellt bekommen hat, das alles jetzt in den Bereich des Aktionismus zu verweisen und zu sagen, das wird sowieso nichts bringen, ist eine Argumentation, die sich letztlich selbst aufhängt.

Denn man kann feststellen, dass die Justizsenatorin und die Staatsanwaltschaft die Aufgaben, die das Parlament ihnen gegeben hat, wahrgenommen haben. Sie nutzen die Möglichkeiten, die sie haben, und versuchen dem Auftrag, den sie bekommen haben, gerecht zu werden. Dazu sind, wie von Herrn Zimmermann bereits dargestellt worden, sowohl die personellen als auch die technischen Voraussetzungen verbessert worden. Es ist zweifelhaft, dies in den Bereich des Aktionismus zu verweisen, sondern es ist genau das, was das Parlament von der Justizsenatorin und der Staatsanwaltschaft verlangt hat. Insofern ist es als sinnvoll zu betrachten und nicht als purer Aktionismus.

[Beifall bei der PDS und der SPD – Frau Dr. Klotz (Grüne): Jetzt mal zum Antrag!]