Frank Zimmermann
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lindner! Die SPD muss sich nicht winden. Wenn es um die Einhaltung und Durchsetzung von Menschenrechten geht und die Frage, wer dafür eintritt, hat die SPD eine lange Geschichte. Die SPD ist schon für Menschenrechte eingetreten, als es Ihre Partei und manch andere Parteien noch gar nicht gab.
Auch in der Frage Guantanamo und der Menschenrechte auf ganz Kuba haben sich Sozialdemokraten in den Organen, die dafür zuständig und dazu berufen sind, eindeutig geäußert.
Das Europäische Parlament hat eine Entschließung gefasst, und die SPD hat sich auf Bundesebene eindeutig geäußert. Ich kann für meine Fraktion erklären, dass wir es außerordentlich begrüßen, dass in den zuständigen Organen auf die Einhaltung der Menschenrechte in Guantanamo und auf ganz Kuba eingetreten wird.
Weil Sie sich hier aber als die größten Menschenrechtler dieses Hauses aufspielen, sage ich Ihnen, was die SPD im Bund in den letzten Jahren zur Durchsetzung von Menschenrechten getan hat.
Was wir hier und heute tun, machen wir in unserer Zuständigkeit.
Ich weiß gar nicht, warum Sie sich so aufregen.
Weil Sie sich so sehr aufregen, mache ich zu Ihrer Information deutlich, dass die SPD die Menschenrechtspolitik als Querschnittsaufgabe in der deutschen Politik betrachtet. In der letzten Koalition im Bund hat es eine Reihe von Maßnahmen gegeben, die die Menschenrechtspolitik in Deutschland weit nach vorne gebracht haben, wie es vorher nicht stattgefunden hat. Ich nenne Ihnen nur einige Beispiele: Wir haben die Gründung des Deutschen Instituts für Menschenrechte 2001
und die Einrichtung des Parlamentsausschusses Deutscher Bundestag für Menschenrechte und humanitäre Hilfe in der 14. Wahlperiode unter Rot-Grün vorgenommen – das hat es vorher nicht gegeben.
Wir haben die Einrichtung eines Menschenrechtsbeauftragten im Auswärtigen Amt, die Ratifizierung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs
Die SPD tritt dafür ein, dass die Menschenrechte Leitlinie in der deutschen Politik sind, und zwar im Auswärtigen wie im Inneren.
Um ein solches Bekenntnis abzugeben – Herr Lindner, wenn Sie noch einen Moment zuhören –,
brauchen wir nun wirklich keinen Antrag der FDP. Das Europäische Parlament hat die Haltung der Europäischen Union deutlich gemacht, und jetzt wollen Sie den Senat auffordern, dass der Senat diese Haltung der Europäischen Union unterstützt.
Sie werden doch nicht erwarten, dass wir den Senat zu etwas auffordern, was der Senat bereits tut. Er unterstützt selbstverständlich diese Haltung.
Dazu noch einen Beschluss herbeizuführen, ist überflüssig.
Es bleibt als Resümee: Mit Ihren Anträgen instrumentalisieren Sie diese Fragen für parteipolitische Zwecke.
Das Thema der Durchsetzung von Menschenrechten weltweit ist zu bedeutsam, um es von Ihnen für diese Zwecke benutzen zu lassen. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Aufgabe des Untersuchungsausschusses Bankgesellschaft war es, die Ursachen für den Bankenskandal offenzulegen und die Verantwortung für den – leider – größten Bankenskandal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zu klären. Die Vorgänge, die wir aufzuklären hatten, sind hochkomplex. Die Ursachen sind vielfältig und vielschichtig. Demgemäß war dieser Untersuchungsausschuss auch der aufwändigste der Berliner Parlamentsgeschichte.
Dieser Bericht zeigt die wesentlichen Gründe für den Bankenskandal auf. Er beschreibt differenziert die Ursachen und nennt klar und schonungslos die Verantwortlichkeiten. Er bezieht aus meiner Sicht sein Gewicht daraus, dass er einstimmig bei Enthaltung der CDU beschlossen wurde.
Die Geschichte der Bankgesellschaft 1994 bis 2001 lässt sich nicht allein auf Irrtümer und Fehleinschätzungen zurückführen, wie sie die meisten Verantwortlichen einräumten, um ihr Handeln ansonsten für rechtschaffen oder gar für segensreich zu erklären. Was die Bankgesellschaft im Jahre 2001 an den Rand des Ruins getrieben und das Land Berlin zu einer atemberaubenden Rettungsaktion veranlasst hat, hatte seine Ursachen in krassem Missmanagement, in politischem Versagen, in organisierter Verantwortungslosigkeit und auch in krimineller Energie.
Erstens: Die Gründung der Holding war sowohl in der rechtlichen Konstruktion als auch in der Unternehmensbewertung mit schwerwiegenden Fehlern behaftet, von denen sich die Bank bis 2001 nicht erholt hat. Die Einbringungswerte der Teilbanken waren unrealistisch sowohl der Höhe nach als auch in der Relation zueinander. Der Grund dafür war eine zu hohe Bewertung der Berliner Bank. Die unrealistisch hohe Bewertung der Berliner Bank sorgte von Beginn an für Expansionsdruck im gesamten Konzern.
Die Konzernbildung war das gewollte Startsignal für Ertragssteigerungen in lukrativen Geschäftsfeldern, zu denen ab 1995 zunehmend das Immobilienfondsgeschäft gehörte. Da mit der Bankenfusion zwangsläufig eine Ausweitung des Geschäftsvolumens verbunden und auch beabsichtigt war, vergrößerte sich zugleich das Risiko für das Land Berlin, über die nunmehr als Konzernbank agierende Landesbank in Anspruch genommen zu werden. Diesem Risiko hätte durch gesetzliche Begrenzung der Gewährträgerhaftung Rechnung getragen werden können. Dies wäre rechtlich auch möglich, wenn nicht sogar geboten gewesen. So aber hat die Konstruktion das Entstehen von Milliardenrisiken und die Schieflage der Bank entscheidend begünstigt. Ob als Gewährträger oder als Mehrheitsaktionär, das Land Berlin trug fortan sämtliche Geschäftsrisiken der Bankgesellschaft.
Zweitens: Die verfehlte Geschäftspolitik der verantwortungslosen Bankvorstände hat nicht nur zu einer, son
dern zu mehreren Krisen geführt – 1996, 1998 und 2000. Durch eine verfehlte Geschäftspolitik haben die Vorstandsvorsitzenden der Berliner Bank und der Landesbank – Steinriede und Moser – als Doppelspitze der Holding den Konzern bereits Ende 1996 in schweres Fahrwasser manövriert. Der Versuch, die Berliner Bank mit der Landesbank zu einem schlagkräftigen Konzern zusammenzuschmieden und zur Spitzengruppe der deutschen Banken aufzuschließen, war 1996 bereits gescheitert. Spätestens Ende 1996 ließen die Geschäftsergebnisse erkennen, dass die Berliner Bank grundlegend konsolidiert und die Geschäftsziele korrigiert werden mussten.
Drittens: Die Immobilienfonds der IBG/Bavaria wirkten als ruinöses Schneeballsystem aus Erträgen und Risiken. Das gewerbliche Immobiliengeschäft war ein ungebremster und fehlgesteuerter Wachstumsmotor des Konzerns. Die Verantwortung des Landes Berlin für den Konzern und die wirtschaftliche Verflechtung der LBB in das Fondsgeschäft waren bewusst eingesetzte Instrumente für dessen Finanzierung und für den Vertriebserfolg durch die Risikominimierung für die Anleger zu Lasten der Bankgesellschaft. Die Hauptverantwortung für die Gestaltung und Ausstattung der geschlossenen Immobilienfonds tragen der Aufsichtsrat und die Geschäftsführung der IBG und der Vorstand der Landesbank, die im Zusammenwirken die Entscheidungen über die Einführung der Rundum-sorglos-Fonds herbeigeführt haben – namentlich Dr. Hubertus Moser, Ulf-Wilhelm Decken, Jochem Zeelen und Dr. Manfred Schoeps.
Eine zentrale Rolle nicht nur bei der Fondskonstruktion und der Fondsverwaltung, sondern im gesamten Fondsgeschäft der IBG schlechthin spielte die Rechtsanwaltskanzlei Köning, Kärgel & Lauritzen. Ab 1999 wurde zusätzlich zur Vermeidung von KWG-rechtlichen Problemen der Bank das so genannte Nemesis-Finanzierungssystem eingeführt, mit dem beweglich verfügbare Finanzmittel für die Fondsproduktion über eigens dafür gegründete Gesellschaften in das Firmengeflecht der IBG geleitet wurden. Mit diesen Gesellschaftskaskaden und der fortgesetzten Kreditstückelung sollte vermieden werden, dass diese Finanzierungsgesellschaften der IBG unter die KWG-rechtlichen Bestimmungen eines Finanzdienstleisters fielen. De facto aber fungierte die IBG da
Sechstens: Es bedurfte keiner Beweiserhebung, um festzustellen, dass die Aufsicht über die Bankgesellschaft, die Gewährträgerversammlung für die Landesbank, die Staatsaufsicht, die Aufsichtsräte, das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen im Ergebnis versagt haben. Die Entwicklung der Bankgesellschaft in die existenzgefährdende Krise des Jahres 2001 vollzog sich über mehrere Jahre, ohne dass die Aufsichtsgremien der Banken ein nachhal
tiges Umsteuern der Geschäftspolitik der Vorstände und Geschäftsführungen des Konzerns erwirkt haben. Vielmehr bietet sich das Bild, dass über Jahre die gleichen Probleme festgestellt wurden – steigende Personal- und Verwaltungskosten, steigende Risikovorsorge – und neue Konzepte und Gegenmaßnahmen angemahnt und seitens der Vorstände angekündigt wurden, ohne dass es zu den erforderlichen, durchgreifenden Veränderungen gekommen wäre.
Die Aufsichtsräte der Bankgesellschaft Berlin, insbesondere der Bankgesellschaft AG und der Landesbank, vermochten es trotz teilweise erkennbaren Bemühens nicht, die Vorstände zu einer konsequenten Korrektur der verfehlten Geschäftspolitik zu veranlassen, und haben daher ihre Aufsichtsfunktion nicht in dem erforderlichen Maß wahrgenommen.
Eine Anmerkung zu den Konsequenzen: In der Folge des Skandals ist bereits viel geschehen. Die Bankgesellschaft ist heute eine andere als noch im Jahr 2001. Sie ist reorganisiert und saniert und wird von verantwortungsbewussten Vorständen solide geführt. Jetzt – nahezu zeitgleich mit der Vorlage unseres Berichts – hat der Vorstandsvorsitzende, Herr Vetter, den Schlussstrich unter die alte Bankgesellschaft gezogen.
mit als Bank innerhalb der Bank. Zusammengefasst war der IBG ein Obligo von nahezu 15 Milliarden DM zuzurechnen. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Sinne des Schutzzwecks des Kreditwesengesetzes wäre die Möglichkeit der Kreditgewährung an die IBG erheblich geringer und infolgedessen eine derartige Expansion des Fondsgeschäfts nicht möglich gewesen. Die Verantwortung für dieses verhängnisvolle Finanzierungssystem trägt maßgeblich die Kanzlei Köning, Kärgel & Lauritzen. Sie haben die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass das Geld aus der Bank geradezu herausgepumpt werden konnte.
Viertens: Die Konzernsteuerung wies schwerste Mängel auf. Die Bank wurde bewusst als Allfinanzkonzern und groß konzipiert. Die dazu nötigen Unternehmensstrukturen wurden ihr aber verweigert. Die Mehrmarkenstrategie und die weitgehende Selbstständigkeit der Teilbanken bis 1999 verhinderten ein konzernweites Controlling. Der Konzern ist von den mächtigen Teilbanken bewusst ungesteuert gelassen worden.
Fünftens: Wirtschaftsprüfer tragen Mitverantwortung. Die IBG und ihr Prüfer BDO waren bereits seit 1997 von mehreren Seiten mit schweren Bedenken gegen die Fondskonstruktionen – insbesondere die Mietgarantien und die Berechnung der Rückstellungen – konfrontiert. Gleichwohl hat die BDO an ihrer Prüfungs- und Testierpraxis festgehalten. Sie hat spätestens ab dem Jahr 1997 maßgeblich zur Verschleierung der Risiken beigetragen.
Beispiel McKinsey: Das Gutachten über das Risikomanagement von der Unternehmensberatung McKinsey vom 20. Juli 1999 – als es lichterloh brannte – beziffert zwar das Risikopotential im Immobilienbereich, empfiehlt aber keine grundlegende Änderung der Geschäftspolitik, sondern schlägt lediglich einige organisatorische Maßnahmen zur Risikobetreuung vor. Dieses Gutachten enthält sogar die ausdrückliche Feststellung, dass die IBG in der Vergangenheit stets attraktive Erträge erwirtschaftet habe, und empfiehlt, dass das Fondsgeschäft mit Anpassungen im Produktdesign konsequent fortgeführt werden sollte.
Im Ergebnis folgten BDO und McKinsey damit nicht nur der Sichtweise der Bankvorstände, sondern legitimierten sie zudem. Die Vorstände hielten die Feststellungen der Wirtschaftsprüfer den kritischen und mahnenden Stimmen zur Abwehr und Beschwichtigung entgegen. Sie waren ein wesentlicher Träger des Kartells des Überzeugtseins, dass die Risiken nicht existierten.
Zur strafrechtlichen Verantwortung noch einige Anmerkungen: Die Justiz und nicht das Abgeordnetenhaus hat zu entscheiden, welche Beteiligten sich strafbar gemacht haben. Die Arbeit der Ermittlungsgruppe ist abgeschlossen. Alle Hauptbeteiligten des Skandals stehen vor Gericht, oder es ist Anklage gegen sie erhoben worden. Insofern decken sich die Ergebnisse der Ermittlungsbehörden mit unseren Erkenntnissen.
Das System der Bankgesellschaft hatte viele Väter, die in unterschiedlicher Weise Verantwortung tragen. Die Fakten im Bericht belegen, dass Klaus-Rüdiger Landowsky als Vorstandschef der Berlin-Hyp, als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der IBG, als Immobilienbeauftragter des Konzerns und als Mitglied des Konzernvorstands für die Entwicklung der Bankgesellschaft bis zur Existenzkrise nachweislich eine tragende, prägende Rolle gespielt hat. Er ist eine Schlüsselfigur des Skandals.
Die Zeit reicht nicht, um hier die bereits gezogenen oder noch zu ziehenden Konsequenzen zu beschreiben. Es ist Aufgabe der Fraktionen, daraus etwaige Schlussfolgerungen zu ziehen. Ich könnte einiges nennen, was die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften betrifft, den Haftungsrahmen und Ähnliches. Es ist aber nicht mehr die Zeit dazu.
Zum Abschluss möchte ich persönlich, aber auch im Namen des Ausschusses ganz herzlich den Mitgliedern des Ausschussbüros danken, allen voran Herrn Hoffmann, der die Geschäfte souverän und erfahren geleitet hat, aber auch Herrn Keßler, Herrn Rama und Frau Spangenberg,
Durch die Annahme der Aubis-Spende von den Herren Wienhold und Neuling war der Bankenskandal immer eng mit der Berlin-Hyp, deren Vorstand und dem Fraktionsvorsitzenden der CDU, Herrn Landowsky, verknüpft, und zwar zu Recht. Er war einer der handelnden Bankvorstände. Außer Landowsky waren bei der Bankengründung und im Aufsichtsrat die Herren Pieroth, Palm, Kurth, Branoner und Buwitt von der CDU beteiligt.
Die SPD war sogar personell noch stärker mit der Bank verstrickt, auch wenn sie keinen Bankvorstand hatte. Von Ihnen waren es die Herren Meisner, Reuter, Staffelt, Niklas, Kern, Nagel, Strieder, Böger und Frau Fugmann-Heesing. Die SPD ist demnach mindestens ebenso für den Bankenskandal verantwortlich wie die CDU. Es war ein Kind der großen Koalition, und es ist höchste Zeit, dass auch die SPD die Verantwortung für diesen Skandal übernimmt.
ohne deren Mitarbeit dieses Ergebnis so nicht möglich gewesen wäre. – Herzlichen Dank für die Arbeit!
Ich schließe mit der Erwartung, dass ein solches System der Schädigung der Allgemeinheit durch ein Landesunternehmen in Berlin künftig keine Chance mehr haben möge. – Danke schön!
Frau Oesterheld! Ist Ihnen entgangen, dass wir in dem Abschlussbericht mit Ihrer Stimme festgestellt haben, dass wir eine belastbare Berechnung des Schadens gerade nicht vornehmen können und dies im Bericht auch nicht versucht haben, weil es eine Prognose in die Zukunft ist und insbesondere die Zahl 9,7 Milliarden € nicht belegbar ist?
Aus dem Bericht des Ausschussvorsitzenden wie auch den Darstellungen von Frau Oesterheld ist deutlich geworden, dass die Arbeit nicht immer einfach war. Oftmals mussten Dokumente nachdrücklich von der Bankgesellschaft eingefordert werden. Manchmal waren sie so sehr geschwärzt, dass sie keinerlei Aussagewert mehr hatten. Das hat uns nicht geholfen. Das Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen, früher Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, war sicher froh, dass der zuständige Staatssekretär im Bundesfinanzministerium – man könnte fast fragen: wunschgemäß? – keine Aussagegenehmigung erteilte, war doch der heutige Präsident des Amtes in der Gründungsphase der Bankgesellschaft derjenige, der diese Gründung seitens der Aufsichtsbehörde leitete. Welche Fehler gemacht worden sind, zeigen der Ausschussbericht und der Bericht des Vorsitzenden deutlich auf.
Die Bankgesellschaft wie das Bundesamt für Finanzdienstleistungen haben aber auch nach Kenntnis der wesentlichen Inhalte des Ausschussberichts, die wir ihnen zur Verfügung gestellt haben, gefordert, dass wesentliche Teile nur VS-Vertraulich und nur im geheimen Datenraum des Abgeordnetenhauses veröffentlicht werden dürfen. Dem ist der Ausschuss nur teilweise gefolgt. Es sind wenige Punkte, die Sie im Bericht markiert finden. Wir konnten uns dabei auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Untersuchungsausschüssen des Bundestages zum Flick-Komplex und dem Problem Neue Heimat, einer gänzlich privaten Gesellschaft, bei der ebenfalls Daten herausgegeben werden mussten, berufen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Föderalismus ist in der Krise. Es musste etwas geschehen. Das war seit langem die Erkenntnis aller Beteiligten, auch die der Grünen. Deswegen freue ich mich, dass Sie, Herr Ratzmann, heute eine relativ abgewogene, um nicht zu sagen staatsmännische Rede gehalten haben
im Unterschied zu Frau Paus. Ich glaube, Sie müssen sich einigen, welche Linie Sie insgesamt verfolgen. Ich habe an der konstruktiven Kritik, die Sie geübt haben, keine grundsätzlichen Bedenken. Damit muss man sich auseinander setzen.
Ich möchte fünf Gründe nennen, die für diese Bundesstaatsreform sprechen. Diese Gründe sind überzeugend. – Der erste Grund ist, dass die Lähmung in der Bundespolitik überwunden werden muss. Mit dieser Reform wird es künftig ganz schwer, Blockadepolitik zu betreiben, weil die Zahl der zustimmungspflichtigen Gesetze im Bundesrat deutlich abnehmen wird. Dadurch wird der Grundsatz, dass Politik das Herstellen verbindlicher Entscheidungen ist, tatsächlich eingelöst. Das ist ein wichtiger Fortschritt.
Wir werden zweitens künftig klare Zuständigkeiten haben. Das sorgt für mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen. Das ist für die Öffentlichkeit wichtig, auch für die Stärkung des Demokratieprinzips. Die Leute müssen wissen, wer für was verantwortlich ist. Deswegen ist es wichtig, bei der Rahmengesetzgebung Abstriche zu machen und Mischzuständigkeiten abzubauen, wie es hier vorgenommen wird.
Ein dritter Grund ist, dass der Vermittlungsausschuss, diese „heimliche Bundesregierung“, endlich wieder auf Normalmaß zurückgestuft wird. Er ist über die Jahre stark übergewichtig geworden. Das war nicht gut für ihn, war auch für die anderen Beteiligten nicht gut. Deswegen wird dies geändert.
Der vierte Punkt ist ein für uns entscheidender. Die Landesparlamente sind ein Gewinner dieser Reform. Wir werden einen deutlichen Kompetenzzuwachs haben. Das betrifft das öffentliche Dienstrecht, das betrifft das Presserecht, Versammlungsrecht und Wirtschaftsrecht. Schon deshalb können wir die Sache schwer ablehnen. Es gibt einen Bedeutungszuwachs für die Landesparlamente. Das sollten wir begrüßen und nicht grundsätzlich kritisieren.
Die Diskussion wird es geben. Deswegen wäre auch ich wie andere für eine Versachlichung der Debatte.
Deshalb kurz zu den drei entscheidenden inhaltlichen Punkte, die hier schon angesprochen wurden. Erstens zur Bildungspolitik: Der Bund war auch bisher nicht zuständig für die schulische Bildung. Er war auch bisher nur begrenzt zuständig für die Hochschulen. Diese Verfassungslage ist vom Bundesverfassungsgericht in mehreren Urteilen konkretisiert worden, die uns zwar teilweise nicht gepasst haben, die aber die Verfassungslage genau beschrieben haben, Stichwort: Urteil Verfassungsgericht zu den Studiengebühren, keine kompetenzrechtliche Möglichkeit des Bundes, Studiengebühren zu untersagen. Das gilt auch für das Urteil zu den Juniorprofessuren, in dem das Verfassungsgericht befunden hat, hier gebe es keine Re
)
(D
In Deutschland hat sich ein Geflecht von schwerfälligen Beziehungen und Regelungen gebildet; Deutschland war in dieses Geflecht geradezu eingesponnen und deswegen kaum noch handlungsfähig. Politische Entscheidungen sind hochgradig intransparent geworden und häufig auch versickert. Das Ergebnis, das wir erzielen können, wenn dieses Reformwerk die Mehrheit findet, kann man abschätzig Wettbewerbsföderalismus nennen. Ich nenne es einen Meilenstein auf dem Weg zu mehr Flexibilität und für mehr Freiheit in Deutschland. Es ist die Grundlage, in den Ländern Chancen zu nutzen, und das ist das, was uns als Land Berlin besonders interessieren muss. Diese Chancen müssen aber auch genutzt werden. Der Beschluss – wenn er denn kommt – ist der Anfang und nicht das Ende der Reform. Es kommt darauf an, was wir in Berlin aus unseren Möglichkeiten machen, was aber auch andere Bundesländer aus ihren Möglichkeiten machen.
gelungskompetenz des Bundes. Darüber kann man streiten; worüber man aber nicht streiten kann, ist, dass dies die tatsächliche Verfassungslage ist. Bei dieser begrenzten Zuständigkeit des Bundes geht es nicht darum, ihm etwas zu nehmen, was er ohnehin die ganzen Jahre bereits gehabt hat, sondern es bewegt sich auf der Linie, die das Verfassungsgericht beschrieben hat.
Eine Einschränkung muss man aber machen
das sage ich ja, Frau Paus! –, wir müssen Sorge um die Hochschulfinanzierung im Osten haben. Hier ist es problematisch, wenn sich der Bund aus diesem Bereich so weit zurückzieht, wie es derzeit geplant ist. Man muss die Frage stellen, ob künftig diese Finanzierungsmöglichkeiten gewährleistet sind. Das muss bei den Beratungen berücksichtigt werden.
Der zweite Bereich, der noch angesprochen ist, ist die Umweltpolitik. Das bislang zersplitterte Umweltrecht wird nunmehr beim Bund angesiedelt – das ist wohl auch nicht gegen Ihre Intention. Zweck ist es, ein Bundesumweltgesetzbuch zu ermöglichen. Dass die Länder – etwa beim Landschaftsschutz – regional begründete abweichende Regelungen treffen können, muss das Umweltrecht nicht zersplittern. Ich gehe davon aus, dass der Grundsatz „Bundesrecht bricht Landesrecht“ im Zuge der Reform nicht verändert wird. Wenn also der Bund ökologische Mindeststandards in seiner Umweltgesetzgebung aufstellt, werden diese sicher nicht von den Ländern unterschritten werden können. Die Sorge einer Zersplitterung des Umweltrechtes ist aus diesem Grunde unbegründet.
Zum Thema Strafvollzug: Hier sind wir in der Tat nicht so glücklich über unseren Kompetenzzuwachs. Wir haben ja auch von anderer Seite ernst zu nehmende Sorgen über diese Kompetenzverschiebung gehört. Die von Justizministern, Rechtspolitikern und Verbänden geäußerten fachlichen Bedenken müssen ernsthaft in die Abwägungen im Rechtssausschuss des Deutschen Bundestages einbezogen werden. Ich bin sicher, dass dies geschehen wird.
Ich bin auch sicher, dass die Diskussion, die zum Ziel hat, die Reform insgesamt zu einem Erfolg zu führen, die Möglichkeiten einer Feinjustierung aber dennoch auszuschöpfen, dass diese Diskussion in den Landtagen zur Meinungsbildung im Deutschen Bundestag beitragen wird. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ratzmann! Leider erleichtern Sie die Sache nicht sehr durch Ihr Vorpreschen in dieser Angelegenheit.
Wir sind in der Diskussion, das wissen Sie, und es wird nicht leichter und besser dadurch, dass Sie jetzt mit diesem Antrag in dieser Weise vorpreschen.
Gerade Ihr Beitrag hat gezeigt, dass es bei der Verbesserung der direkten Demokratie erheblichen Diskussionsbedarf gibt. Wir müssen die Einzelheiten sorgfältig abwägen, und wenn Sie in Ihrem Antrag so apodiktisch diese Forderungen aufstellen, dass bestimmte Dinge unbedingt zugelassen und die Quoren in einer ganz bestimmten Weise abgesenkt werden müssen, dann zeigt das, dass wir hier noch sehr viel Beratungsbedarf haben.
Ich will eine weitere Vorbemerkung machen. Das, was Sie suggerieren, nämlich dass es ein Problem sei, wenn ein Volksbegehren scheitert, können wir nicht in jedem Fall teilen. Wenn ein Volksbegehren nicht erfolgreich ist, dann liegt es nicht unbedingt daran, dass das Gesetz schlecht ist, sondern dass es möglicherweise nicht genügend Resonanz in der Bevölkerung findet. Das muss man auch in der Betrachtung der gesetzlichen Grundlagen berücksichtigen.
Dennoch darf ich festhalten, dass die SPD selbstverständlich für mehr Teilhabe an den Gesetzgebungsprozessen eintritt und dass wir schon immer für eine Auswei
tung der Beteiligungsmöglichkeiten eingetreten sind. Wir sehen darin eben gerade keinen Gegensatz zur repräsentativen Demokratie, sondern ihre notwendige Ergänzung und eine Belebung. Deswegen sind wir prinzipiell sehr wohl dafür.
Wir haben das auch dadurch gezeigt, dass wir bisher in den Bezirken diese Instrumente und auch das Wahlalter von 16 Jahren für die BVVs eingeführt haben.
Worum geht es jetzt? – Jetzt geht es um die Landesebene. Was haben wir auf der Landesebene? – Wir haben bereits die Instrumente der Volksinitiative, des Volksbegehrens und des Volksentscheids. Es ist nicht so, dass wir hier im Niemandsland wären. Es ist auch nicht so, dass in Berlin überhaupt nichts geschehen ist. Wir sind in der Inanspruchnahme dieser Instrumente bundesweit durchaus im Mittelfeld, wenn man die Volksinitiative mitrechnet. Es ist nicht ganz so, dass wir hier absolut die rote Laterne hätten. Es geht darum, dass wir uns um drei entscheidende Fragen kümmern: Es geht um die Quoren, um die Ausnahmetatbestände und um bestimmte Verfahrensregelungen, um Fristen und Ähnliches, wo man ansetzen und nachdenken kann, was zu tun ist.
Bei den Quoren müssen wir sorgfältig abwägen, in welcher Weise wir hier die vorhandenen Quoren, die es auf Landesebene gibt, absenken können oder müssen. Das kann man nicht einfach aus der Hüfte mit der Bestimmung einer Zahl tun, sondern wir müssen klären, welche Ergebnisse eine bestimmte Zahl zeitigt. Wir müssen uns die Beteiligungsquoren und die Abstimmungsquoren genau angucken und dazu insbesondere auch die Erfahrungen anderer Bundesländer auswerten. Ich bin sehr dafür, dass wir dies sorgfältig tun. Ich habe nicht die Hoffnung, dass wir das in einem kurzen Verfahren, wie Sie sich das vorstellen, hinbekommen.
Es gibt einen zweiten Punkt, die Ausschlusstatbestände. Auch da zeigt sich, dass das, was Sie hier vorgetragen haben, die Sache eher schwierig macht. Wir haben jetzt durch das Landesverfassungsgericht erfahren, dass eine Entscheidung, das Begehren der Bankeninitiative, hier im Ergebnis, die Bank in die Insolvenz zu treiben, sehr wohl eine haushaltsmäßige Auswirkung hat.
Gerade dieses Verfahren zeigt exemplarisch, dass es absolut richtig ist, Haushaltsthemen aus den Volksbegehren herauszunehmen. Das zeigt gerade, dass wir hier noch einen Dissens haben, über den wir ausführlich debattieren müssen. Wir wollen jedenfalls nicht, dass im Wege der Volksgesetzgebung das Budgetrecht des Parlaments ausgehebelt wird oder im Wege der Volksgesetzgebung eine Bank geschlossen werden kann. Das halten wir für nicht zulässig.
Es bleiben also die Themen Verfahren und Fristen. Da können wir uns vorstellen, eventuell in kürzerer Zeit zu Verbesserungen zu kommen. Wir wollen uns nicht den machbaren Verbesserungen möglicherweise unterhalb von Verfassungsänderungen verschließen. Wir können uns vorstellen, dass etwa Sammlungsfristen verlängert werden u. ä. Darüber würde ich bitten, ernsthaft zu diskutieren. Vielleicht können wir gemeinsam einen Schritt weitergehen und neben den bereits beschlossenen Verbesserungen eine weitere hinzufügen. Dann können wir vielleicht in diesen Punkten bis zur Wahl noch einiges bewegen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte um Entschuldigung für die leichte Verspätung. Ich war nicht verschollen, ich war nur ganz kurz verhindert.
Den Regierenden Bürgermeister interessiert das Thema auch sehr. Wir haben das schon deutlich gemacht.
Seit Bestehen der Bundesliga ist ein breites Fernsehpublikum daran gewöhnt, dass am Samstag Abend die Spielberichte zu sehen sind. Mit Beginn der nächsten Saison könnte das vorüber sein. In den nächsten Wochen tritt
der Poker um die Verwertungsrechte in die entscheidende Phase ein. Und auch wenn die Sportrechte am Markt gehandelt werden, haben wir doch eine medienpolitische Verantwortung dafür, dass die Interessen eines MillionenPublikums auch in diesem Bereich gewahrt bleiben. Dem gilt unser Antrag, den wir heute hier vorlegen.
Wie ist die Ausgangslage? – Die Rechteinhaber ARD und ZDF sowie Premiere senden – Premiere live, die ARD um 18.10 Uhr, das ZDF am späteren Abend. Jetzt will die Deutsche Fußball Liga im Interesse der Bundesligavereine mehr Einnahmen aus der Verwertung der Sportrechte generieren. Und Premiere will die Exklusivrechte. Neben der erfolgreichen „Sportschau“ sehen sie keine Chance, mehr Abonnenten zu generieren. Sie können nur dann wachsen, wenn im frei empfangbaren Fernsehen kein attraktives Angebot besteht.
Also stehen die Zuschauer vor der Frage, künftig ein Premiere-Abonnement zu kaufen oder am Samstagabend auf Bundesligabilder zu verzichten. Das heißt: die Bundesliga nur noch verschlüsselt, der Samstag ohne freie Berichterstattung über die Bundesliga – das erfüllt Millionen Fans mit Grausen und uns auch.
Es stellt sich hier die Grundfrage, vielleicht die zentrale medienpolitische Frage der Zukunft, ob wichtige Großereignisse frei empfangbar bleiben oder ob sie im verschlüsselten Pay-TV „verschwinden“. Wir müssen diese Grundfrage beantworten, denn wir haben eine Verantwortung. Im Protokoll zur Änderung des Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen sind wir dazu aufgefordert, die „Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung“ einem frei zugänglichen Markt offen zu halten. Das haben wir bereits für einige Bereiche geregelt. Im geltenden Rundfunkstaatsvertrag haben wir wichtige Ereignisse für den frei empfangbaren Bereich geschützt – beispielsweise die Champions League, die Olympischen Spiele und das PokalEndspiel –, aber nicht die Fußball-Bundesliga.
Unser Antrag dient dem Zweck, die Bundesliga in diese Liste aufzunehmen.
Wir wissen aber, dass dieses Ziel für die anstehenden Verhandlungen nicht mehr erreichbar ist. Deswegen wollen wir für die jetzt beginnenden Verhandlungen zwischen der DFL und den Anbietern an die DFL appellieren, auch in ihrem eigenen Interesse die Bundesligaspiele auch künftig einem breiten Publikum zugänglich zu halten. Wahrscheinlich ist es auch eine Milchmädchenrechnung, mit Exklusivrechten mehr Einnahmen schaffen zu wollen. In Deutschland beispielsweise gibt es durch die Verbreitung der Bundesligaspiele die höchsten Sponsoringeinnahmen für die Vereine, viel höher als in England oder
Frankreich. Diese hohen Einnahmen würden vermutlich durch die erhöhten Einnahmen aus der Verwertung nicht aufgewogen, so dass inzwischen auch Rummenigge gesagt hat, es sei besser, dass man die Bundesligaspiele im frei empfangbaren Bereich übertrage und nicht im verschlüsselten Pay-TV „verschwinden“ lasse.
Vielleicht braucht er sie gar nicht. Vielleicht regelt sich das auch durch die Verhandlungen. Wir jedenfalls werden darauf achten und an die Verhandlungsparteien appellieren, dies auch in ihrem eigenen Interesse offen zu halten.
Ich nenne noch ein zweites Argument, weil es hier leicht Missverständnisse geben kann. Wir wollen damit keine Entscheidung für öffentlich-rechtliches oder privates Fernsehen treffen. Das ist nicht das Thema. Das Thema ist der freie Bereich. In der Auseinandersetzung um die Rechte soll es einen fairen Wettbewerb geben. Der Volkssport Fußball soll auch künftig für alle erreichbar, seine Verbreitung für alle gesichert sein. Deswegen bitte ich Sie, diesen Antrag wohlwollend zu beraten, damit wir diese wichtige medienpolitische Frage der Zukunft im Interesse von Millionen von Zuschauern entscheiden. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist seit jeher Ziel der Sozialdemokratischen Partei, politische Teilhaberechte auszubauen. Was wir heute machen, ist ein weiterer Schritt zur Verstärkung der politischen Teilhabe in der Gesellschaft.
Wir haben in diesem Jahr – Herr Zotl hat darauf hingewiesen – bereits die Mitwirkungsrechte auf der Bezirksebene ausgebaut, indem wir Volksbegehren, Volksentscheid und andere Instrumente eingeführt haben. Heute unternehmen wir den nächsten Schritt und senken das Wahlalter für die Bezirksverordnetenversammlungen auf 16 Jahre, weil wir wollen, dass die Jugendlichen in Berlin mehr politische Rechte erhalten. Es geht darum, die Rolle der Jugendlichen als Mitgestalter in der Gesellschaft zu stärken. Schon die UN-Kinderrechtskonvention von 1989 hat mehr Partizipation von Kindern und Jugendlichen in der Gesellschaft gefordert. Die Demokratie darf sie nicht ausschließen. Vielmehr müssen wir mehr tun, um sie an staatsbürgerliche Rechte und Pflichten im demokratischen Staat heranzuführen.
Die Shell-Studie von 2002 hat festgestellt, dass im Verlauf von 10 Jahren das Interesse von Jugendlichen an politischen Fragen rapide gesunken ist, und zwar von 57 % in 1991 auf 34 % im Jahre 2002. Dies drückt sich auch in einer sinkenden Wahlbeteiligung von Erstwählerinnen und Erstwählern aus. Das aktive Wahlrecht ab dem Alter von 16 Jahren ist ein Mittel neben anderen, um die Jugendlichen zu motivieren, sich zu engagieren und ihre Belange zu vertreten. Wir wollen, dass Jugendliche ihre Interessen stärker als bisher in die Politik einbringen können.
Wir freuen uns auch, dass wir gemeinsam mit der Linkspartei.PDS, den Grünen und der FDP die nötige Zweidrittelmehrheit für die Verfassungsänderung erreicht haben. Wir hätten auch gern die CDU mit im Boot gehabt, aber wir haben ja eben noch mal gehört, dass ganz prinzipielle Erwägungen bei der CDU dagegen gesprochen haben.
Ich will auf eines der von Ihnen vorgetragenen Argument eingehen, nämlich die Koppelung des Wahlrechts an die Volljährigkeit. Dieses Argument, dass nur wählen darf, wer volljährig ist, überzeugt uns überhaupt nicht. Bereits im Jahr 1970 hat die sozialliberale Koalition im Bund das Wahlalter von 21 auf 18 Jahren herabgesenkt. Volljährig wurde man erst mit 21 Jahren. Die Herabsenkung des Volljährigkeitsalters auf 18 kam erst 1975. Schon damals hat der Bundestag dieses Junktim verneint. Volljährigkeit und Wahlmündigkeit fielen über fünf Jahre lang auseinander. Meines Wissens hat niemand daran Schaden genommen, ganz im Gegenteil: Es war die notwendige Reaktion auf gesellschaftliche Entwicklungen hin zu einer selbständigeren und selbstbewussten Jugend. 35 Jahre danach stellen wir fest, dass die Entwicklung nicht stehen geblieben ist. Die Generation der jetzt 16- und 17-Jährigen ist erneut weiter als ihre Elterngeneration im selben Alter war. Bereits 1996 schrieb die „Zeit“: „Jugendliche werden heute zwei Jahre früher erwachsen.“ Vielleicht war das tatsächlich 1996 schon so, aber ganz
sicher ist es zehn Jahre später, 2005, angesichts einer Entwicklung im Kommunikationsbereich, angesichts der digitalen Revolution, angesichts der Tatsache, dass die meisten Jugendlichen mit Computer und Internet aufgewachsen sind, so. Es gibt viele Beispiele, die in Studien festgehalten wurden, die belegen, dass die Jugendlichen heute ein ganz anderes Kommunikationsverhalten an den Tag legen, als es vielleicht vor 15 oder 20 Jahren der Fall war. Deswegen meinen wir, dass es jetzt an der Zeit ist, diesen Schritt zu gehen.
Nun werden auch wir nicht glauben, dass diese Entwicklung immer so weiter geht, wir werden sicherlich in Zukunft nicht „Wahlalter Null“ fordern, das kann ich schon versichern, aber wir müssen damals wie heute auf gesellschaftliche Realitäten reagieren, wie es übrigens auch schon andere Bundesländer getan haben. Ich erinnere an Nordrhein-Westfalen, an Sachsen-Anhalt, an Niedersachsen, an Mecklenburg-Vorpommern. Wir befinden uns da in guter Gesellschaft. Ich bin sicher, dass dies nicht der letzte Schritt sein wird, die politischen Teilhaberechte in dieser Stadt auszubauen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktionen der SPD, der PDS, der Grünen und der FDP haben vor einiger Zeit einen Antrag eingebracht, mit dem wir gemeinsam die Verfassung und das Gesetz ändern wollen, um in den Bezirken eine stärkere Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an politischen Entscheidungsprozessen zu ermöglichen. Das ist seit langem unser erklärtes Ziel. Es ist uns nun gelungen, zwischen diesen vier Fraktionen in den wesentlichen Punkten eine Einigung herzustellen.
Wir sollten nicht die Schlussberatung der Ausschüsse abwarten, weil die aktuelle Debatte auch in anderen Feldern, auf anderen Ebenen der Gebietskörperschaften eine große Rolle gespielt hat. Ich nenne nur das Stichwort EUVerfassung. Das ist innerhalb der Europäischen Union ein großes Thema. Wenn wir die Erhöhung der Teilhaberechte, die Stärkung der politischen Mitentscheidung der Bürgerinnen und Bürger im Parlament beraten, dann ist es richtig, dass das Abgeordnetenhaus das jetzt und aktuell und an prominenter Stelle debattiert. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erfahrungsgemäß ist vieles von dem, was
Sie, Herr Tromp, im Europaausschuss vortragen und vorlegen, richtig und diskutabel. Auch diesmal sind wieder eine Menge durchaus vernünftige Ansätze in Ihren Anträgen vorhanden. Nur: Zunächst einmal handelt es sich teils um eine Reihe von Selbstverständlichkeiten, die Sie aufgelistet haben, wenn man an die interregionale Zusammenarbeit denkt oder die Kooperation mit anderen Ballungsräumen oder an das Ziel, das Optimum aus den EUStrukturfonds herauszuholen. Das sind alles Selbstverständlichkeiten, die der Senat x-mal erklärt hat, die der Senat auch tatsächlich verfolgt. Deswegen müssen wir dies hier nicht erneut aufgreifen.
Es gibt auch eine Reihe von Forderungen, die Sie in die Anträge gießen, die tatsächlich in den Programmen des Senats dezidiert vorhanden sind und die bereits Leitlinie des täglichen Handelns des Senats auf Bundes- und Europaebene sind. Das ist die Reform der Strukturpolitik. Es gibt umfangreiche Papiere dazu, mit denen die Strategie, mit der Berlin agiert, festgelegt ist. Es gibt Kontakte zur Wirtschaft in unseren östlichen Nachbarstaaten, und es gibt die trilaterale Beziehung mit Brandenburg und dem westlichen Polen. All diese Dinge sind in Arbeit, all diese Dinge sind konzeptionell vorbereitet und befinden sich in der Umsetzung des Senats. Deswegen brauchen wir dies nicht erneut zu beschließen.
wir diese Forderung als Deutschland in Brüssel vortragen, sagen die Bundesländer: Ja, das können wir nachvollziehen. – Die Bundesregierung sagt Nein und lässt damit den rot-roten Senat im Regen stehen. So wie es aussieht, wird die Metropolenförderung nicht als offizielle deutsche Forderung vorgetragen werden. Wir müssen zukünftig mehr Gewicht entwickeln, und dazu gehört ohne Zweifel mehr Engagement. Ein erster Schritt könnte sein, dass wir in Brüssel gemeinsam mit Brandenburg unsere Ressourcen bündeln, dass wir, wenn auch nicht als gemeinsame Landesvertretung, so doch zumindest in einer Bürogemeinschaft versuchen, Ressourcen zu bündeln, um gemeinsam europäische Entwicklung für die gesamte Region aufzugreifen.
Ein zweiter Punkt könnte sein, dass wir unsere Partnerschaften, gerade zu Westpolen, intensivieren. Auch hier wäre es ratsam, wenn der Regierende Bürgermeister mit gutem Beispiel voranginge und den brandenburgischen Ministerpräsidenten und die polnischen Woiwoden, wie dort die Ministerpräsidenten heißen, nach Berlin einlädt und – ähnlich dem Beispiel der deutsch-französischen Beziehung – versucht, einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch zu initiieren.
Oh, endlich! Wie wäre es aber gewesen, wenn Sie als Regierender Bürgermeister dieser Metropole in diese Region eingeladen hätten? Das hätte eine ganz andere Symbolwirkung gehabt.
Herr Wowereit, wir denken sehr wohl nach. Ich kann mich an keine Ihrer Initiativen erinnern, dass Sie die Woiwoden nach Berlin eingeladen haben. Ich glaube, auch die Kollegen können dies nicht.
Wir lesen schon!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Michels hat die wesentlichen Inhalte unseres Antrags erläutert. Dem kann ich mich inhaltlich voll anschließen, deswegen will ich auch nicht alles wiederholen.
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Ich nehme jedoch zu einigen Aspekten, die Herr Apelt aufgeworfen hat, Stellung. Es ist ein grundlegendes Missverständnis, dass wir aus protektionistischen Gründen Änderungen verlangen. Es ist gerade keine protektionistische Attitüde, sondern es ist der Versuch, in diesen schwierigen Bereichen eine echte Harmonisierung europäischen Rechts herzustellen. Dieser Versuch ist von der Kommission nicht unternommen worden, und das ist die eigentliche Krux dieser Richtlinie. Wir wollen einen vernünftigen vereinheitlichten Binnenmarkt für die Dienstleistungen, wir wollen einen einheitlichen Wirtschafts-, Rechts- und Sozialraum in Europa, um die Wettbewerbsfähigkeit und die Wirtschaftskraft zu erhöhen. Die Kommission hat mit diesem Richtlinienentwurf den Pfad der Harmonisierung verlassen, weil sie dachte, sie schaffe die Harmonisierung nicht. Sie hat daraufhin vorgeschlagen, das Herkunftslandprinzip in weiten Bereichen des Dienstleistungssektors gelten zu lassen und damit das aufzugeben, was der EG-Vertrag vorschreibt, dies nämlich über gemeinsame Rechtsvorschriften zu erreichen. Das ist der eigentliche Grund unserer Kritik, und nicht, wie Sie meinen, Herr Apelt, Protektionismus.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lindner! Ihre Forderung, dieses Thema im Ausschuss zu diskutieren, ist schon lustig. Wir haben es gestern im Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten und Medienpolitik ausführlich diskutiert, und ich weiß nicht, wo hier noch weiterer Raum für Debatten sein soll.
Auch wir meinen ja – wie Sie –, dass die Föderalismuskommission gescheitert ist, und wir bedauern das sehr, weil die SPD in Bund und Ländern von Anfang an die Bedeutung der Föderalismusreform herausgestellt hat und wir sehr an einem Ergebnis interessiert sind. Die Reform ist nötiger denn je, und so hoffen wir, dass in einer neuen Form der Verhandlungen die bereits gefundenen Ergebnisse um weitere ergänzt und zu einem Gesamtkunstwerk zusammengebunden werden können. Das ist unsere Hoffnung und nicht, Herr Lindner, dass wir naiverweise an eine Wiederauferstehung der Kommission glauben. Die Kommission ist weg, sie ist gescheitert, und deswegen wird man nach neuen Formen suchen müssen.
Der Regierende Bürgermeister wird jede Möglichkeit nutzen, um mit seinen Kollegen und dem Bund nach einer Einigung zu suchen. Das macht er schon von sich aus, wir werden ihn aber auch noch einmal dazu auffordern. Er macht das deshalb relativ aussichtsreich, weil Berlin bereits in der Bundesstaatskommission gezeigt hat, dass es eine sehr konstruktive Rolle einnehmen kann – Stichwort Beamtenrecht, Stichwort Hauptstadtklausel, Stichwort: vermittelnde Rolle im Bildungsstreit. Deswegen gibt es eine echte Hoffnung, dass Berlin bei einer Fortsetzung der Diskussion in einer anderen Form durchaus vermittelnd helfen kann. Diesen sensiblen Prozess der Sondierung, der noch in diesen Monaten Möglichkeiten ausloten soll, sollten wir nicht mit wuchtigen Beschlüssen gefährden. Die Forderung nach einem Föderalismuskonvent klingt harmlos, kann aber gefährlich werden und die Chance für eine zügigere Lösung in diesem Jahr vereiteln. Wenn der Regierende Bürgermeister tatsächlich ins Gespräch käme und ihn die Kollegen fragten, steht eigentlich dein Parlament, das jetzt ein Konvent haben will, noch dahinter, wäre seine Position zunichte gemacht. Wir müssen klären, wie wir diese Möglichkeiten auf Regierungsebene im Parlament stützen können. Die Forderung nach einem Föderalismuskonvent würde dies konterkarieren.
Er wäre keine Hilfe. Er kommt vielleicht irgendwann, aber dann nicht als Föderalismuskonvent, sondern als einer, der andere Fragen, die bislang unbeantwortet blieben – wie etwa die Länderneugliederung –, als Verfassungskonvent berät. Das ist Zukunftsmusik; es geht darum, die jetzt mögliche Einigung zu erzielen.
Das entscheidende Problem ist aber, dass es nicht etwa an Vorschlägen für eine Einigung fehlt, sondern dass es an Entscheidungen fehlt. Diese Entscheidungen könnte ein Konvent, den Sie wollen, erst recht nicht herbeiführen. Wenn die Beteiligten der Kommission es nicht geschafft haben, dann wird ein solcher Konvent es erst recht nicht schaffen. Ihr Club der Elder Statesmen, der Ihnen da vorschwebt, wird kein Fortschritt sein, weil sich niemand an seine Vorschläge wird halten müssen. Deshalb lehnen wir diesen Vorschlag ab. Ich glaube ja, dass Sie uns wieder einmal Ihren Grafen Lambsdorff unterjubeln wollen, weil der bislang nicht dabei war, aber auf den können wir ganz gut verzichten. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Staatsvertrag ist die Rechtsgrundlage für die „Tagesschau“ und die „Lindenstraße“, für „Aspekte“ und den Kinderkanal, für eine vernünftige Bundesligaberichterstattung und für vieles mehr. Er ist auch die Rechtsgrundlage für unsere Fernsehdemokratie und für Qualität auf dem Bildschirm, die viele Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer von ihren Sendern in Deutschland erwarten. Sie werden sicher großes Verständnis haben, meine Damen und Herren auf der Rechten, wenn wir im Unterschied zu Ihnen im Sinne dieser Zuschauerinnen und Zuschauer eine verlässliche Finanzgrundlage für die Sender schaffen wollen, wenn wir eine
Vizepräsident Dr. Stölzl
Sicherung des öffentlich-rechtlichen Systems wollen und wenn wir deswegen diesem Staatsvertrag unsere Zustimmung geben werden. Wir müssen das schon deshalb machen, weil Sie in diesem Politikfeld völlig ausfallen. Ich habe immer überlegt, Herr Braun, ob Sie in dieser Frage in Ihrer Fraktion eine Mindermeinung vertreten oder nicht. Aber nach der Presseerklärung von heute von Ihrem Fraktionsvorsitzenden ist inzwischen vollkommen klar, dass mit Ihnen überhaupt nicht mehr zu rechnen ist und dass Sie sich in Fragen des öffentlich-rechtlichen Systems als CDU-Fraktion insgesamt ins völlige politische Abseits gestellt haben.
Herr Zimmer fordert in seiner Presseerklärung allen Ernstes, dass erst nach Erhöhung der Programmqualität höhere Gebühren kommen können. Das ist gegen jede Regel, wie wir sie bisher gehabt haben,
es ist aber vor allen Dingen endgültig das Wandern der CDU zur FDP, wo die FDP nämlich schon immer war – nach dem Motto: Keinen Cent mehr für die Öffentlichen, alle Quotenbringer für die Privaten. Das ist offenbar Ihre Politik seit heute, seit geklärt ist, dass dies die Haltung der gesamten CDU ist. Wenn es Ihnen wirklich um Qualität ginge, würden Sie sich mit uns über eine auskömmliche Finanzierung auseinander setzen und am Ende diesem Staatsvertrag auch zustimmen.
Sie stehen aber nicht nur hier in Berlin als CDU im Abseits, sondern sie stehen im gesamten Bundesgebiet im Abseits. In allen anderen Ländern verhält sich die CDU verantwortungsbewusst, die schließlich diesen Staatsvertrag in allen Facetten mitverhandelt hat. Die CDU in den anderen Bundesländern lässt ihren jeweiligen Sender nicht hängen. Sie hingegen tun es und verlassen sich auf uns. Das ist wohlfeil aus populistischen Beweggründen, aber nicht verantwortungsbewusst. Das werden wir in Zukunft herausarbeiten.
Sie haben noch eine Chance, wenn Sie am Ende doch noch über Ihren Schatten springen und diesem Vertrag zustimmen. Dann ist klar, ob Sie in Berlin zum öffentlichrechtlichen System stehen oder nicht.
Ich will Missverständnissen vorbeugen: Auch wir sind für einen äußerst sparsamen Umgang mit Gebühreneinnahmen. Deshalb haben wir gemeinsam mit Brandenburg aus zwei Sendern einen gemacht, deswegen werden in mancher Sparte Doppelangebote abgebaut, deswegen wird verstärkt auf Produktionskosten geachtet, und deshalb sind auch Einsparungen bei den Personalkosten unvermeidbar, was einige im RBB jetzt schmerzlich erfahren. Auf der anderen Seite muss aber der ermittelte Bedarf gedeckt werden. Solange die Länder – auch die CDULänder – mit ihrem Funktionsauftrag ihre Sender geradezu dazu auffordern und dazu verpflichten, alles mögliche
vorzuhalten, müssen sie auch für die notwendige Finanzierung sorgen. Die anderen CDU-Kollegen verhalten sich zumindest so konsequent, dass sie auch das Geld bewilligen, Sie hingegen verweigern es.
Wir müssen mittlerweile froh sein, dass es überhaupt einen Vertrag gibt. Nach dem langen Gezerre zwischen den Ministerpräsidenten liegt nun ein gerade noch vertretbares Ergebnis vor. Es reißt uns nicht vom Hocker, aber es gilt: Entweder gibt es diesen Vertrag oder keinen. Deshalb muss der Vertrag ratifiziert werden.
Ich will die Einzelheiten dieses zweifelhaften Verfahrens nicht erneut vortragen. Wir haben das alles breit diskutiert. Wir haben übrigens im Ausschuss auch die Inhalte des Vertragsentwurfs ausführlich debattiert, Herr Braun. Ich sehe nicht, welche Defizite es da gegeben haben soll. Ihnen muss da etwas entgangen sein.
Zum Schluss eine Anmerkung zum letzten Bremsversuch der Kollegin Ströver: Wir werden selbstverständlich darauf achten, dass die datenschutzrechtlichen Erfordernisse eingehalten werden. Wir haben deshalb mit unserem Antrag den Datenschutzbeauftragen gebeten, diesen Prozess genau zu begleiten und darauf zu achten, ob der Datenschutz eingehalten wird. Wir haben diesbezüglich keine Sorgen. Deshalb jedoch das gesamte Verfahren stoppen zu wollen, wie soll das aussehen? Soll der Präsident an die 15 Landtage schreiben, dass alles erst einmal vertagt werden müsse? Soll es eine neue Konferenz geben und sollen die Ministerpräsidenten in das Rote Rathaus eingeladen werden, um alles neu zu verhandeln? – Das ist aus meiner Sicht unrealistisch und unangemessen. Ich freue mich auf Ihre Begründung. Ansonsten freue ich mich auf den sachlichen Streit mit der linken Seite des Hauses, mit der rechten Seite kann man an dieser Stelle nicht weiterdiskutieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte schon überlegt, ob es überhaupt Sinn macht, den Antrag im Ausschuss zu beraten, aber nach dem Redebeitrag bin ich glatt für Sofortabstimmung dieses Antrags.
Es geht aber auch nicht allein um das Abgeordnetenhaus, sondern es geht um den Senat. Statt Opposition zu machen, Herr Braun, versuchen Sie mit allen möglichen juristischen Winkelzügen, dem Senat alle möglichen, an den Haaren herbeigezogenen Verfahren anzuhängen. Ob dies irgendeine Aussicht auf Erfolg hat, ist Ihnen völlig gleichgültig. Es interessiert Sie gar nicht. Was Sie hier veranstalten, ist politisch und juristisch durch und durch unseriös.
Sie sprechen von Ansprüchen gegen Mitglieder des Senats, im Plural. Das ist doch offensichtlich falsch. Es geht, wenn überhaupt, um ein Mitglied des Senats. Also, schon die Überschrift suggeriert etwas, was den Tatsachen nicht entspricht.
scheiden wird. Ich möchte mich in diese Debatte nicht einmischen.
Ich habe auch sicherlich nicht so eine gute Aktenkenntnis wie Sie. Das will ich gern unterstellen. Mir persönlich wäre es lieber gewesen, es hätte keine Klage gegen diese beiden Herren gegeben,
denn eine solche Anklageerhebung suggeriert leider den Eindruck, in dieser Stadt regierten Schurken.
Wenn es allerdings zu einer Verurteilung kommt, haben die Herren Strieder und Sarrazin für den Schaden zu haften, die sie im Land Berlin angerichtet haben,
bis jetzt immerhin eine Summe von ca. 2 Millionen €, rechnen wir die Zinsen dazu.
Nach Artikel 91 der Verfassung von Berlin, übrigens die Verfassung, die wir alle bei der Wahl 1995 mit verabschiedet haben, hat der Senat kein Ermessen. Er muss die Ansprüche geltend machen, wenn es zu einer Verurteilung kommt,
weil dann nachgewiesen ist, dass diese beiden Herren dem Land Berlin schuldhaft Schaden zugefügt haben. Ich sage Ihnen sehr deutlich: Das ist dann auch gut so! Denn es geht nicht um ihr privates Geld. Es geht um Steuergelder, und Sie als Senat sind Treuhänder dieser Steuergelder. Wenn Sie mit dem Geld nicht ordnungsgemäß umgehen, haben Sie zu haften wie jeder andere, der sich einer Untreue strafbar macht. Das finde ich richtig.
Ich habe vorhin schon Ihre Kollegen gehört, die erklärt haben, sie würden den Antrag zurückweisen. – Nur weiter so! Ich sage Ihnen nur eines, und das sehr deutlich: Für den Fall, dass Sie für das Land Berlin auf Ansprüche verzichten, die dem Land Berlin zustehen, prognostiziere ich Ihnen schon heute, dass Sie sich dann selbst einer Untreue strafbar machen und selbst dafür regresspflichtig gemacht werden,
und zwar jeder einzelne Senator, der im Senat sitzt. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lindner! Ich freue mich, dass Sie sich so intensiv mit unserem Antrag auseinander setzen. Leider haben Sie ihn an den entscheidenden Punkten nicht verstanden, denn es geht eben nicht darum, etwas abzu
segnen, sondern eine Entwicklungschance für die Zukunft vorzuzeichnen, Forderungen zu erheben und eben nicht das abzusegnen, was Status quo ist. Aber vielleicht sehen Sie es sich noch einmal genauer an.
Auf einen Ihrer Punkte muss ich aber doch näher eingehen, nämlich die Kritik, die Sie am Handeln des Senats oder der Koalition in der bundesweiten Debatte äußern. Über das, was Sie an Strukturreformen im Rundfunkbereich einfordern, reden wir nicht nur, sondern das haben wir am Beginn dieser Wahlperiode bereits gemacht. Wir haben die Fusion ORB-SFB zum RBB eingeleitet. Sie wird umgesetzt. Das ist eine der größten Strukturreformen bei uns in der Medienpolitik. Der Vorwurf, den Sie erheben, geht völlig ins Leere.
Wir haben heute in I. Lesung den Rundfunkstaatsvertrag, und es geht – da haben Sie Recht – in erster Linie um die Gebühren. Alle wissen, dass wir uns einen anderen Gebührenvorschlag gewünscht hätten, der auch dem Funktionsauftrag der Öffentlich-Rechtlichen gerecht geworden wäre. Nun müssen wir uns mit einem Minus zufrieden geben. 88 Cents, in Wahrheit sind es 81 Cents, weil man die zeitliche Verzögerung einrechnen muss, und das bedeutet leider, dass wir hier einem Kompromiss zustimmen müssen, den wir gern anders gesehen hätten. Trotzdem tragen wir diesen Kompromiss mit, weil wir ihn mittragen müssen. Es hat keinen Sinn, hier zu versuchen, das im Einstimmigkeitsprinzip zustande gekommene Ergebnis in Frage zu stellen.
Abstandsnahme von Werbeeinnahmen, langfristig, zumindest ab 2009. Damit verbunden ist die Beendigung der rechtswidrigen Schleichwerbung.
Auch ganz klar: eine Verringerung der Hörfunkprogramme – ich kann in der Kürze der Zeit nur das Eine noch herausgreifen – und der Online-Aktivitäten. Hier hatten wir eine sehr spannende Debatte, mein Kollege Gerhardt aus dem Bundestag und weitere, zusammen mit dem ZDFIntendanten Schächter. Der ist übrigens weiter als Sie. Die erkennen sehr wohl, dass es da ein Problem gibt, dass man hier nicht in einem Bereich, wo es keine Nachfrage nach einem zusätzlichen Online-Angebot der öffentlichen Rundfunkanstalten, sondern einen breiten Markt und breiten Wettbewerb gibt, auch noch groß zuschlagen kann und das Ganze mit einer gewaltigen Gebührenerhöhung finanzieren soll. Ich habe leider nicht die Zeit, das weiter zu vertiefen.
Einige letzte Sätze zu dem, was für eine Rolle das Land Berlin spielt. Die Debatten finden ohne Berlin statt. Der Regierende Bürgermeister versagt hier wie in vielen anderen Bereichen. Keine eigenen Vorschläge zur Strukturreform! Während sich Steinbrück, Stoiber, Milbradt Ende 2003 auf eine Sparliste geeinigt haben, ist kein Klaus Wowereit dabei. Als sich sechs Ministerpräsidenten am 20. September getroffen haben – Steinbrück, Stoiber, Milbradt, Ringstorff, Müller, Beck –, kein Klaus Wowereit dabei.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es könnte sein, dass in der Politik demnächst einige Blockaden weggeräumt werden. Die Reform des Bundesstaats zur Beseitigung von verkrusteten Strukturen im Lande ist überfällig. Allzu oft musste sich die Öffentlichkeit mit Grausen abwenden, wenn in schier endlosen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern, zwischen Ost und West, Arm und Reich, Rot und Schwarz im Bundesrat oder im Vermittlungsausschuss ein Kompromiss ausgehandelt wurde, für den am Ende niemand mehr richtig verantwortlich war. Diese schwerfälligen Entscheidungsprozesse sind ein Strukturproblem der Politik in Deutschland. Jetzt gibt es die Chance, mit der Bundesstaatsreform wenigstens an einigen Punkten Abhilfe zu schaffen. Die Föderalismuskommission aus Bund und Ländern wird am 17. Dezember ihre Ergebnisse vorlegen, und deswegen ist heute für uns der richtige Zeitpunkt, darüber zu debattieren, wie die Interessen Berlins in diesem Prozess gewahrt werden können, wie der Kompetenzdschungel gelichtet werden kann, wie wir die Landesparlamente stärken können und wie wir den Föderalismus insgesamt modernisieren.
Die SPD will den Erfolg dieser Reform, und das Abgeordnetenhaus muss mithelfen, dass sie gelingt. Wir
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Wir sind stolz darauf, dass es in den letzten 15 Jahren gelungen ist, gemeinsam mit den Berlinerinnen und Berlinern und gemeinsam für die Berlinerinnen und Berliner eine einheitliche Polizei, ein einheitliches Schulwesen, eine einheitliche Krankenversorgung und einheitliche Gehälter – zumindest für die Angestellten des Öffentlichen Dienstes; Stichwort hier: gleicher Lohn für gleiche Arbeit – geschaffen zu haben. Dazu zählt auch, dass in diesen 15 Jahren in Berlin Hunderte Straßenverbindungen zwischen Ost und West wiederhergestellt beziehungsweise neu geschaffen wurden. U- und S-Bahnen fahren wieder kreuz und quer durch unsere Stadt. Diese Aufbauleistungen dürfen wir nicht vergessen, und wir dürfen nicht zulassen, dass sie „kaputtgeredet“ werden.
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Die vergangenen 15 Jahre in Berlin standen ganz im Zeichen einer gigantischen Aufbauleistung für die Stadt. Die mir zur Verfügung stehende Redezeit würde bei weitem nicht ausreichen, um die vielen Erfolge auch nur ansatzweise aufzuzählen. Unter anderem deshalb haben wir heute die Aktuelle Stunde zu diesem Thema beantragt.
brauchen jetzt die Beratung der Zwischenergebnisse, und wir brauchen ein klares Signal aus Berlin an die Kommission: Schlagt die letzten Knoten durch, damit im Dezember bei uns und woanders kein Frust aufkommt! Die SPD ist dazu bereit, diese Arbeit zu unterstützen, und ich hoffe, dass wir in der Debatte die entscheidenden Akzente setzen werden. Ich bitte darum, dem Antrag der SPD und der PDS zur Aktuellen Stunde zuzustimmen. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Föderalismus ist ein Erfolgsmodell in
Deutschland. – Dieser Satz kommt immer mehr Leuten immer schwerer über die Lippen. Wichtige Reformen wie der Abbau von Steuersubventionen, die Spitzenförderung an den Hochschulen oder Impulse für den Arbeitsmarkt quälen sich durch die Mühlen des Bundesrats, um entweder verwässert oder völlig entstellt oder überhaupt gar nicht mehr da heraus zu kommen. Die Verfahren dauern endlos lang. Die Öffentlichkeit verliert den Überblick, was eigentlich Sache ist, und die Politik insgesamt verliert zusehends an Vertrauen der Menschen in ihre Gestaltungskraft. Ich glaube, wir sind uns einig, dass diese Verfahren so nicht weitergehen können.
Ein wesentlicher Grund dafür ist seit langem ausgemacht. Für zu viele Vorhaben sind der Bund und die Länder gemeinsam zuständig, vielfach nur auf Grund von Verfahrensvorschriften, die dann die Zustimmungspflicht im Bundesrat auslösen. Manchmal politisch motiviert, aber oft auch auf Grund von verschränkten Kompetenzen hält der Bundesrat allzu oft den gesamten Betrieb auf.
Mit der Einsetzung der Kommission zur Reform des Bundesstaats gibt es nun einen Hoffnungsschimmer. Diese Kommission nähert sich offensichtlich einem möglichen Konzept, mit dem derartige Blockaden aufgelöst werden können. Und um zu beschreiben, wobei es derzeit bei dieser Kommission und der Reform des Föderalismus geht, bietet sich ein einfaches Bild an: Die Bundesstaatskommission versucht in der Tat, einen riesigen Felsblock den Berg hinauf zu rollen, vorneweg der Regierende und der Kollege Ratzmann. Aber dieser ganze Trupp ist sich durchaus uneinig über den weiteren Weg. Deswegen muss, damit es am Ende keine Sisyphosarbeit wird, in den nächsten Wochen noch schwer verhandelt werden, damit das zum Erfolg führt.
schätzung zu einem guten gemeinsamen Ergebnis führen wird.
Gerne!
Herr Kollege Hahn! Ich empfehle Ihnen einen Blick in das Grundgesetz, das fördert die Rechtskenntnis. Es geht um Artikel 72, und es geht um den Grundsatz der Wahrung der Einheitlichkeit des Bundes bei der Gesetzgebung. Das bedeutet, dass dies ein Verfassungsgrundsatz ist und nicht nur eine Staatszielbestimmung. Da müssen Sie die Begriffe verwechselt haben, hier geht es um grundsätzliche Normen des staatlichen Zusammenlebens, und ich meine, dass wir an diesen festhalten müssen.
Letzter Satz: Verhelfen wir als Abgeordnetenhaus – soweit wir das können – dieser Föderalismusreform zum Erfolg, dann können wir künftig sehr viel Frust vermeiden. Die SPD ist jedenfalls dazu bereit. – Vielen Dank!
Was bedeutet das konkret für Berlin? – Es ist richtig zu sagen, dass wir eine zukunftsfähige, föderale Ordnung haben müssen, die flexibel sein muss, damit sie trotz oder gerade wegen historisch gewachsener Unterschiede zwischen großen und kleinen Ländern, zwischen Stadtstaaten und Flächenländern, zwischen alten und neuen, armen und reichen Ländern einen optimalen Gestaltungsrahmen bietet.
Wo stehen wir aber? – Nach über einem Jahr Verhandlungsdauer haben sich Bundestag und Bundesrat in vielerlei Hinsicht über die konkrete Ausgestaltung der zukünftigen Struktur geeinigt. Doch nicht einmal zwei Monate vor dem geplanten Abschlussbericht, der Mitte Dezember erscheinen soll, signalisiert die Bundesregierung nun ihre ablehnende Haltung in zentralen und wichtigen Feldern. Sie hat es bis zum heutigen Tage nicht fertiggebracht, einen eigenen Beschluss zur angestrebten Verfassungsreform zu fassen. Die Erklärung des Regierungssprechers Anda lässt tief blicken: Man wolle abwarten, bis sich die SPD-Gremien mit dem Ergebnis der Föderalismuskommission befasst hätten. – Ich glaube nicht, dass es die Sache von SPD-Vorständen sein darf, ein überparteilich ausgehandeltes Ergebnis letztendlich zum Scheitern zu bringen.
Offensichtlich macht der Bundeskanzler die Reform des Föderalismus zum Gegenstand eines Ränkespiels mit seinem Fraktionsvorsitzenden Müntefering. Das ist eine völlige Verkennung der Bedeutung dieses großen Reformprojekts.
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Zimmer
Und Sarrazin meint, allein der Länderfinanzausgleich müsse die Einnahmen der Stadt regeln, anstatt sich darum zu kümmern, dass in Berlin mehr Geld verdient wird. Ein der Untreue, der Verschwendung und Zweckentfremdung öffentlicher Gelder angeklagter Finanzminister hält gegenüber den anderen Ländern die Hände auf. Das machen
wir den anderen Ländern vor, und dafür sollen sie uns noch unterstützen. Ich habe da meine Zweifel.
Wir haben die Verantwortung dafür, die Einnahmen im Land Berlin endlich aus eigener Kraft zu erhöhen, die Standortfaktoren gezielt zu stärken und damit mehr Wirtschaftskraft nach Berlin zu holen. Wir haben eine einmalige Kultur- und Wissenschaftslandschaft; wir haben unsere Museen und unsere Theater; wir haben unsere Universitäten und den Erfindergeist. Darauf müssen wir uns konzentrieren und genau dafür brauchen wir die Freiräume der Eigenverantwortung. Wir müssen zeigen, was wir können und Berlin nicht zum bundesdeutschen Schlusslicht, sondern zu einem Schaufenster Deutschlands machen. Ich nehme diese Chance und Herausforderung gern an, und ich bin dabei gegenüber den anderen Ländern und dem Bund ehrlich. Die Aufgaben, die Berlin als deutsche Hauptstadt und Regierungssitz leistet, kosten Geld. Der Bund und die anderen Länder müssen sich daran beteiligen, und das ist gerecht. Wir müssen diese Lasten auf mehrere Schultern verteilen.
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Im Gegensatz zu Ihrem Vorschlag für eine Hauptstadtklausel im Grundgesetz, die die Probleme nur beschreibt, aber nicht löst, Herr Wowereit, habe ich Ihnen schon mehrmals eine Hauptstadtagenda mit konkreten Vorschlägen zur Rolle Berlins in der Bundesrepublik vorgelegt. Darunter ist zu fassen: Wir brauchen ein Leitbild, Berlin als deutsche Hauptstadt und Metropole, in dem die Hauptstadtaufgaben geklärt werden. Daran schließt sich die detaillierte Aufstellung eines Hauptstadthaushalts an, der alle durch die Hauptstadtfunktion veranlassten Aufwendungen des Landes enthält. Dazu zählen Personal- und Ausstattungskosten für die Berliner Polizei, die im Rahmen von Staatsbesuchen oder durch den Schutz von gefährdeten Einrichtungen entstehen, ebenso wie die Unterhaltung einer leistungsfähigen Infrastruktur im öffentlichen Personennahverkehr oder das Angebot an den vielfältigen kulturellen Einrichtungen, um nur wenige Beispiele zu nennen. Sobald der Senat und das Abgeordnetenhaus das Leitbild Berlin beschlossen haben, könnte die Ministerpräsidentenkonferenz gemeinsam mit der Bundesregierung über einen neuen und fairen Hauptstadtvertrag verhandeln.
Aber auch im Berliner Senat ist man sich nicht einig. Ein Beispiel: Herr Wowereit will im Zuge der Reform die Landesverfassungsschutzämter abschaffen. Sein Innensenator Körting, ebenfalls von der SPD, widerspricht vehement in aller Öffentlichkeit.
Ich habe eine Befürchtung: Es droht das Scheitern in einer kleinteiligen Diskussion. Das wäre fatal. Die überwuchernde Zuständigkeit des Bundes muss auf ein Mindestmaß zurückgestutzt werden. Die Probleme müssen dort gelöst werden, wo sie entstehen. Wie soll der Bundestag einschätzen und vernünftig regeln, welche Ladenöffnungszeiten wir in Berlin brauchen, wie unsere Restaurants und Gaststätten ausgebaut werden oder wie wir mit unseren Wohnungsbeständen umgehen? –
Es geht um klare Zuständigkeiten. Daraus folgt aber auch gleichzeitig, dass es klare Verantwortlichkeiten gibt. Wir müssen uns darüber im Klaren sein: Wer entscheidet, trägt die Verantwortung.
Dieser Verantwortung nehmen wir uns an, auch im Wissen, dass dies die Arbeit des Landesparlaments verändern wird, denn die Neuordnung ist keine Einbahnstraße – Herr Zimmermann wies darauf hin. Auch die Länder werden Rechte an den Bund abgeben müssen, vor allem im Bundesrat. Wir wollen eine Neuordnung der föderalen Struktur. Wir brauchen endlich den Wettbewerb zwischen den Bundesländern,
und zwar nicht um den höchsten Anteil am Länderfinanzausgleich, sondern um die Chancen, Eigenverantwortung und Wachstumspotentiale zu erhöhen und den Wohlstand und die soziale Ausgewogenheit zu erhalten und zu fördern.
Wir müssen uns übrigens auch – in diesem Zusammenhang ist es wichtig – von der Strategie Sarrazins und Wowereits verabschieden, eine Klage auf Bundeshilfe einzureichen und ansonsten die Hände in den Schoß zu legen. Wir sagen Ja zur Unterstützung der Klage, weil Berlin die Finanzlasten der Vergangenheit ohne fremde Hilfe nicht bewältigen kann. Aber was tun Wowereit und Sarrazin außer der Klage? – Herr Wowereit lässt es dabei bewenden, eine nichtssagende Formulierung ins Grundgesetz aufnehmen zu lassen, um den Preis, gegenüber den anderen Ministerpräsidenten zusichern zu müssen, dass sich daraus keinerlei finanzielle Forderungen Berlins ableiten lassen. – Da haben wir eine ganze Menge gewonnen, Herr Wowereit, nämlich keinen einzigen Cent.
Aber was haben wir im Augenblick? – Wir haben eine Klausel im Grundgesetz, in der steht, Berlin ist deutsche Hauptstadt. Das wussten wir alle schon vorher. Das ist Allgemeinbildung, die selbst in PISA-Zeiten an unseren Schulen vermittelt wird. Aber da, wo es um den Kern geht, wo es darum geht, welche Gelder wofür wohin fließen, da haben Sie versagt; denn da haben wir die Formulierung, das Nähere regelt ein Bundesgesetz – ein Bundesgesetz, das nicht nur vom Deutschen Bundestag zu verabschieden ist, sondern auch der Zustimmung der Länder im Bundesrat bedarf. Das bedeutet, die ganze Verhandlung, das ganze Schwierige haben Sie beiseite geschoben, das steht uns noch bevor. Und wir verlieren wertvolle Zeit, die wir besser nutzen könnten, wenn es
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Apelt! Ich nehme Ihnen ab, dass es Ihnen um Wiedergutmachung, um Entschädigung, um einen moralischen Anspruch geht und nicht darum, die Geschichte umzuschreiben. Dennoch: Dieses Begehren stößt an solche Schwierigkeiten, dass wir davon abraten, diesen Weg zu gehen.
Sie wollen eine Entschädigung für Verschleppte aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, also dem heutigen Polen. Es ist Ihnen in der Ausschussberatung aber nicht gelungen, den Kreis der Betroffenen näher zu bestimmen. Der Antrag sagt nichts darüber aus. Gemeint sind offenbar von der Sowjetunion oder anderen Staaten zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion oder in andere Staaten deportierte Personen. Ihre Begründung deutet darauf hin – das haben Sie eben auch nahe gelegt –, dass Sie die so genannten Volksdeutschen meinen, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.
Insgesamt bleibt also relativ unklar, wem diese Entschädigung zugute kommen soll.
Aber darüber kann man vielleicht hinwegkommen. Unterstellen wir einmal, wir können diesen Personenkreis definieren, der eine Entschädigung bekommen soll. Dann wollen Sie Ansprüche nach dem strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz anerkennen. Dieses Gesetz ist aber gerade beschränkt auf Geschädigte westlich der Oder-NeißeLinie, aus dem Gebiet der ehemaligen DDR, dem Beitrittsgebiet.
Auf Grund dieses Gesetzes kann aber diese Leistung nur für diesen räumlichen Geltungsbereich gelten; andernfalls müssten Sie für Personengruppen außerhalb Deutschlands, für polnische oder russische Staatsangehörige, eine Anspruchsgrundlage schaffen, mit einem deutschen Gesetz. Das ist die Konsequenz.
Viele Verschleppte haben tragische Schicksale erlitten, haben mit ihrer Gesundheit oder ihrem Leben für Krieg und Vertreibung bezahlt. Aber wir sollten uns davor hüten, anlässlich der EU-Erweiterung die Kriegsfolgen und das damalige Besatzungsregime rechtlich neu zu bewerten – und sei es durch eine neue Entschädigungsforderung. Wir sollten schließlich auch nicht vergessen, dass diese Kriegsfolgen am Ende ihre Wurzeln im vorangegangenen NS-Unrecht haben. Das ist die eigentliche Botschaft, die man auch in diesem Zusammenhang bringen muss.
Für hier lebende Spätaussiedler gibt es Ansprüche nach dem Bundesvertriebenengesetz und nach dem Häftlingshilfegesetz, und seit den 50er Jahren gewährt die Bundesrepublik Deutschland Ausgleich und Entschädigung für Vertriebene und Verschleppte. Das ist eine Leistung. Sie gewährt andererseits Entschädigung für NSZwangsarbeiter. Das ist die andere Leistung. Wir sollten hier weder das eine noch das andere durch unüberlegte politische Forderungen relativieren. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie werden sich wahrscheinlich wundern, dass wir schon wieder eine dringliche Beschlussempfehlung aus dem BundEuro-Ausschuss ins Plenum gebracht haben. Aber das hat zwei gute Gründe. Denn die Bundesstaatskommission hat inzwischen eine Reihe von sehr vernünftigen Vorschlägen auf dem Tisch, die zur Reform
des Föderalismus verhandelt werden. Dazu hat auch Berlin ein Stück beigetragen. Es ist absolut notwendig, dass auch das Parlament sich frühzeitig und rechtzeitig mit diesen Vorschlägen befasst. Das ist unser Anliegen.
Das Zweite ist: Wenn wir dieser Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten folgen, dann wird das Abgeordnetenhaus das erste Landesparlament sein, das in diesem Diskussionsprozess zur Reform Stellung bezieht. Das, glaube ich, steht unserem Haus ziemlich gut zu Gesicht.
Die lichtvolle Beschlussempfehlung, die Ihnen vorliegt, spricht eigentlich für sich. Ich will aber trotzdem einige wesentliche Punkte hervorheben, die wir mit großer Mehrheit beschlossen haben. Alle Fraktionen außer der FDP tragen dies mit, deswegen hat das auch ein gewisses Gewicht, wenn Berlin auf Bundesebene verhandelt. Das erste Ziel, das wir verfolgen müssen, ist die Entflechtung von Zuständigkeiten, auch auf Kosten von Zuständigkeiten der Länder. Das heißt, Mitwirkungsrechte der Länder im Bundesrat in bestimmten Verfahrensfragen müssen reduziert werden. Dazu sind die Länder auch bereit, und wir sollen auch bereit dazu sein. Dafür müssen aber andererseits Kompetenzen auf die Länder abgeschichtet werden. Da sind wir uns einig, und das ist Teil dieses Beschlusses. Wir müssen aber auch mit fordern und mit regeln, dass Länder in gewissen Bereichen eigene Zugriffsrechte, wo der Bund noch Verfahrensregeln selber trifft, erhalten müssen. Ich glaube, auch da haben wir einen Konsens, den wir dann auch einbringen werden.
Das Zweite sind die Kompetenzen selber. Da muss die Entflechtung in beide Richtungen gehen. Wir können nicht als Länder sagen: alles auf die Landesebene und der Bund muss alles abgeben, sondern wir müssen entscheiden: was des Bundes ist, muss auch beim Bund geregelt werden, und was die Länder machen müssen, müssen die Länder machen. Stichwort Umwelt: Aus meiner Sicht eine Materie, die auf Bundesebene konzentriert werden sollte. Andererseits Beamten- und Besoldungsrecht: Die Personalhoheit der Länder sollte auf jeden Fall ausgebaut werden und bis auf wenige statusregelnde Fragen, die bundeseinheitlich geregelt werden müssen, auf Länderebene übergehen. Auch da sind wir uns einig, und das finden Sie in dem Antrag.
Wozu wir nichts sagen, sind die Punkte, die in der Tat sehr schwierig zu entscheiden und die auch noch in der Diskussion sind. Ich nenne die Stichworte Bildungsplanung, Hochschulförderung, Forschungsförderung, Hochschulbau. Hier sind schwierigste Fragen der Mischfinanzierung u. Ä. zu behandeln. Ich glaube, da würden wir uns jetzt überheben, wenn wir dazu eine Position bezögen. Das sollten wir den Verhandlungen überlassen.
Ein wichtiger Punkt, Herr Tromp hat es angesprochen: Wir legen Wert darauf zu sagen, dass die Steuergesetzgebungskompetenz nicht zusätzlich bei Ländern angesiedelt werden soll oder dass die Länder keine zusätzliche Kom
Tromp
petenz in diesem Bereich erhalten sollten, weil das kein geeignetes Wettbewerbselement wäre, das in der Kommission diskutiert wird, sondern wir müssen hier die steuerpolitische und steuerrechtliche Einheit des Bundes wahren. Deswegen lehnen wir zusätzliche Steuergesetzgebungskompetenzen für die Länder ab.
Ein Stichwort zu Europa: Artikel 23 Grundgesetz, der die Beteiligung der Länder an dem Entscheidungsprozess in Bund und EU regelt, ist auch in der Diskussion. Aus unsere Sicht sollte auf jeden Fall das Instrument der Beteiligung der Länder erhalten bleiben. Aber es muss verbessert werden. Und das kann durchaus unterhalb des Artikels 23 geschehen, durch Vereinbarung oder durch eine Verbesserung der gesetzlichen Regelungen. Jedenfalls muss klargestellt sein, dass die Länder rechtzeitig, frühzeitig ihre Interessen in ihren Kernbereichen der Kompetenz auch in den EU-Entscheidungsprozess einbringen können.
Ein letztes Wort zu dem Thema Bundeshauptstadt: Hier haben wir in der Beschlussempfehlung eine Formulierung gewählt, die breite Zustimmung finden kann. In der Tat darf das aber bestimmte Unterschiede in der Verhandlung und Diskussion nicht verdecken. Wir sind im Unterschied zu den Grünen der Meinung, dass es nicht angehen kann, dass in Fragen der Finanzierung der Bundeshauptstadt andere Bundesländer ihre Zustimmung erteilen müssen, sondern es kann nur in einem Verhältnis zwischen der Bundeshauptstadt und dem Bund geschehen. Ein Vorschlag, den die Grünen eingebracht haben, dies auf die Länder zu verbreitern, dass 16 Bundesländer zustimmen müssen, wenn es um eine Finanzentscheidung zugunsten der Bundeshauptstadt geht, halten wir für absolut kontraproduktiv. Dies sollte im Sinne des Vorschlags des Regierenden Bürgermeisters geregelt werden, nicht in einer Fassung, die die Sache nur erschweren würde. Das ist ein Unterschied, den wir herausarbeiten müssen trotz aller Konsenspunkte, die wir hier haben.
Abschließend möchte ich nur sagen, dass wir den Diskussionsprozess, den unsere Vertreter in der Föderalismuskommission auch vorantreiben, im Parlament aktiv weiter begleiten müssen. Wir werden im Ausschuss für Bundes. und Europaangelegenheiten dies auch wahrnehmen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 75 Jahre alt ist der Pole, der mir vor ein paar Tagen sagte: „Ein alter Traum geht in Erfüllung.“ – Am 1. Mai geht tatsächlich ein Traum in Erfüllung. Polen, über das Nazi-Deutschland so unsägliches Leid gebracht hatte, wird von nun an gleichberechtigter Partner Deutschlands in einem vereinten Europa des Friedens und des Humanismus. Zwischen beiden Völkern herrscht künftig unumkehrbar gemeinsames Recht, das europäische Recht, nicht das Recht eines Stärkeren. Und das ist der eigentliche historische Fortschritt in der Geschichte dieser beiden Völker.
Es ist von nun an unser gemeinsames Ziel, unser europäisches Gemeinwesen zu demokratisieren, gemeinsam für einen demokratischen Verfassungsvertrag zu kämpfen und dafür zu arbeiten, dass vor allen Dingen die Bürgerinnen und Bürger beiderseits der Grenzen sich auch mit den europäischen Institutionen identifizieren können. Das ist die entscheidende Zukunftsfrage der Europäischen Union.
Ich freue mich, dass wir in Anwesenheit der Botschafter so vieler neuer Mitgliedsstaaten eine solche Feierstunde beginnen können. Diese Feierstunde ist nicht die Stunde für kleinliche Kontroversen, etwa über 100 000 € mehr oder weniger Subventionen für mehr oder weniger effiziente Einrichtungen. Vereinzelt waren in letzter Zeit Äußerungen zu hören, die an den Veranstaltungen dieser Tage in Berlin oder am Terminkalender des Regierenden Bürgermeisters herumnörgelten oder an einem fehlenden MOE-Link auf der Website des Senats oder die – wie Herr Zimmer heute – ein wenig provinziell wieder nur auf die Stadt selbst blickten. Wer derartig mit der Lupe durch die Gegend läuft, wird wohl kaum den Horizont, der sich gerade auftut, erkennen können.
Der Senat vertritt auf europäischer Ebene Berlin aktiv im Hauptstädtenetzwerk mit eigenen Initiativen, in den Städtepartnerschaften mit den Warschauern und anderen Freunden, mit den näher liegenden Städten werden Kontakte geknüpft, wie gerade mit Posen. Brandenburg, Berlin und die westlichen Wojwodschaften haben ein umfangreiches Arbeitsprogramm zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit vereinbart. Und Berlin hat nach allen Prognosen hervorragende Aussichten, von neuen Märkten und neuen Partnern zu profitieren. Diejenigen, die bei einem solchen Prozess immer schon vorher genau wissen, dass es schief geht, bevor es überhaupt angefangen hat, die werden uns sicherlich nicht weiterhelfen.
Es hilft auch nichts, immer wieder die alten Platten aufzulegen. Mit so einer kam z. B. vor kurzem der Sprecher der Industrie- und Handelskammer von Berlin, Stefan Siebner, der meinte: „Seit Pieroth reden wir über die Ost-West-Drehscheibe,“ – er meint Berlin – „aber es
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