Protokoll der Sitzung vom 13.06.2002

Danke schön, Frau Kollegin! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Große Anfrage ist damit begründet, beantwortet und besprochen.

Zum Antrag Drucksache 15/520 – Wiederaufbau des Stadtschlosses – empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz – federführend – sowie mitberatend an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten und an den Hauptausschuss.

Die Anträge Drucksachen 15/521 und 15/561 sollen federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz sowie mitberatend an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten überwiesen werden.

Widerspruch zu diesen Ausschussüberweisungen höre ich nicht. Dann wird so verfahren.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 6, Drucksache 15/531:

Große Anfrage der Fraktion der Grünen über Einstürzende Hochhausplanung am Alexanderplatz?

Die schriftliche Beantwortung liegt inzwischen vor. Die Große Anfrage wird auf die erste Sitzung nach der parlamentarischen Sommerpause vertagt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 7, Drucksache 15/543:

Große Anfrage der Fraktion der CDU über „Eine zukunftsorientierte Entwicklung für die Kunst- und Musikhochschulen in Berlin“

Hierzu liegt die schriftliche Beantwortung ebenfalls – als Tischvorlage – vor. Die antragstellende Fraktion hatte für diesen Fall die weitere Behandlung im Ausschuss für Wissenschaft und Forschung vorgeschlagen. Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Die lfd. Nr. 8 mit Drucksache 15/486 wurde bereits unter TOP 1C mit der II. Lesung erledigt.

Dann rufe ich auf

lfd. Nr. 9, Drucksache 15/508:

Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 22. Mai 2002 zum Antrag der Fraktion der Grünen über Bankgesellschaft – Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen, Drucksache 15/324

Zur Beratung empfiehlt der Ältestenrat eine Redezeit von bis zu fünf Minuten pro Fraktion. Dazu höre ich keinen Widerspruch. Es liegt eine Wortmeldung des Kollegen Cramer von den Grünen vor. – Nicht? – Doch! – Sie müssen sich schon einigen!

[Wieland (Grüne): Wir brauchen uns nicht zu einigen! Wir haben Frau Oesterheld gemeldet!]

Frau Oesterheld ist mir nicht gemeldet worden. Aber wenn sie für ihre Fraktion sprechen möchte, dann erhält sie das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir fordern in unserem Antrag, dass ein Sonderprüfer nach § 142 Aktiengesetz eingesetzt wird und ein besonderer Vertreter nach § 147 Aktiengesetz bestellt wird. Die Milliardenverluste für das Land Berlin durch das Geschäftsgebaren innerhalb der Bankgesellschaft zwingen doch wohl den Senat, alles Erdenkliche zu tun und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Verantwortlichen für die größte Bankenkrise in der Bundesrepublik zur Rechenschaft zu ziehen und Schadensersatz einzuklagen.

Jetzt scheitert dieser banale Antrag an der SPD und der PDS. Hier ist der viel beschworene Mentalitätswechsel gefordert. Wir verlangen nichts anderes, als dass der Senat sich end

lich einmal wie ein ganz normaler Eigentümer verhält. Aber selbst das ist offensichtlich für die jetzige Regierung schon zu viel verlangt. [Beifall des Abg. Matz (FDP)]

Wenn ein Eigentümer so massiv von seinem Unternehmen geschädigt wird, dann tut er alles Erdenkliche, um den Schaden so gering wie möglich zu halten, und benutzt alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und auf Schadensersatz zu klagen, um reinzuholen, was reinzuholen geht.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Dafür, meine Damen und Herren von SPD und PDS, sind Sie an diese Regierung gekommen. Dafür haben Sie hier einzutreten. Das haben Sie zu tun.

Der Senat verweist in seiner Stellungnahme zu unserem Antrag darauf: Die Bank macht. Die Vorstände sind ausgewechselt. – Damit habe ich noch keinen zur Rechenschaft gezogen – geschweige denn, ich hätte einen Euro Schadensersatz eingeklagt. Dann heißt es: Die Bank prüft. Wir haben lauter Prüfaufträge in der Bank. – Ist Ihnen eigentlich aufgefallen, dass in der Bank die gleichen Leute prüfen, die schon seit Jahren die Wirtschaftsprüfer sind? Es werden wieder die belohnt, die schon seit Jahren versagt haben. Das kann nicht sein. Wir brauchen einen unabhängigen Prüfer. Es kann nicht zugelassen werden, dass sich immer wieder die gleichen gesundstoßen.

[Beifall bei den Grünen]

Dann wird auf die Staatsanwaltschaft verwiesen. Ich finde es gut, wenn sich dahin gehende Aktivitäten entwickeln. Ich bin davon ganz begeistert. Aber nicht jedes Fehlverhalten ist kriminell. Es ist nicht jedes Fehlverhalten in der Bank automatisch beim Staatsanwalt zu suchen, sondern es gibt auch andere Pflichtverletzungen, die zwar Schadensersatzforderungen begründen, aber nicht unbedingt immer gleich im Knast enden müssen.

Was ist zum Beispiel mit den Aufsichtsräten? – Dazu sagt Herr Sarrazin nichts. Wollen Sie von Herrn Vetter verlangen, dass er sein Kontrollgremium, den Aufsichtsrat, selbst kontrolliert? – Das funktioniert doch nicht. Das kann nicht sein. – Wo ist eigentlich Herr Sarrazin?

[Czaja (CDU): Der ist bei der Hay-Group!]

Im Aufsichtsrat der Bank. Er kontrolliert gerade, aber er lässt sich nicht kontrollieren. – Ich finde es typisch, wenn Herr Sarrazin im Hauptausschuss sagt: Sie können doch von mir nicht erwarten, dass ich es mit allen meinen Vorgängern aufnehme. – Natürlich ist es schwer für einen Senator, es mit allen Senatoren, die zuvor in den Aufsichtsräten saßen, aufzunehmen, aber deshalb wollen wir ja den Sonderprüfer. Wir wollen, dass es eine unabhängige Prüfung gibt.

[Beifall bei den Grünen – Beifall des Abg. Meyer (FDP)]

Schließlich werden für die Aufsichtsräte hohe Versicherungen gezahlt. Wofür werden sie gezahlt, wenn man sie im Zweifelsfall nicht in Anspruch nimmt? – Meine Anfrage in der letzten Plenarsitzung, was der Senat getan hat, um sich von Vorständen und Aufsichtsräten nach § 116 und 117 des Aktiengesetzes beweisen zu lassen, dass sie sich als gewissenhafte und ordentliche Geschäftsleiter verhalten haben, ist bis heute nicht beantwortet. Was passiert eigentlich auf Senatsebene? Wer soll geschützt werden? – Vorstand und Aufsichtsrat – so steht es im Aktiengesetz – haften als Gesamtschuldner,

wenn sie unter Verletzung ihrer Pflicht gehandelt haben. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast.

Eineinhalb Jahre nach dem Aufdecken des Bankenskandals gibt es noch keine einzige Schadensersatzklage des Landes Berlin. Wann begreifen Sie endlich, dass die Interessen der Bank und die Interessen des Landes Berlin unterschiedlich sind und von da her das Land Berlin selbst tätig werden muss? – Wir haben immer noch ein erhebliches Gerechtigkeitsdefizit.

Machen Sie sich das endlich klar! Wir haben eine katastrophale Haushaltslage, aber die, die dafür verantwortlich sind, können noch in Saus und Braus leben. Das kann nicht sein. Sie müssten als Regierung ein Interesse daran haben, alle Mittel zu ergreifen und die bestehenden Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Schadensersatzforderungen aufrecht zu erhalten und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Ich bin von der rotroten Regierung an dieser Stelle zutiefst enttäuscht, denn Sie sind deshalb an die Regierung gekommen. Es ist deshalb Ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit, das durchzusetzen. [Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Danke schön! – Der zuständige Senator hat den Saal betreten. Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Zimmermann das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Oesterheld, in Ihren Ausführungen habe ich eine zwingende Begründung für den Einsatz eines Sonderprüfers nicht herausgehört. Ich schätze die Arbeit, die wir im Untersuchungsausschuss gemeinsam leisten. Wir haben dort einiges geschafft, aber die Forderung, die Sie hier erheben, haben Sie nicht zwingend begründen können. Deswegen glaube ich nicht, dass Sie davon weitere Personen überzeugen können. interjection: [Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS] Die SPD-Fraktion kämpft – wie wahrscheinlich alle hier im Haus – in den nächsten Jahren mit den Milliardenschäden. Wir müssen alles dafür tun, dass alle verantwortungslosen und unfähigen Bankvorstände und Manager, die ein vorwerfbares Fehlverhalten gezeigt haben, unter jedem Gesichtspunkt – sowohl straf- als auch zivilrechtlich – zur Rechenschaft gezogen werden. Dafür werden wir eintreten. interjection: [Beifall bei der SPD und der PDS] Deswegen haben wir – als wir gesehen haben, dass etwas mehr gemacht werden kann und gemacht werden muss – aus dem Untersuchungsausschuss heraus die klare Forderung erhoben, dass die Staatsanwaltschaft in diesem Bereich aufgestockt und für die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche mehr getan wird. Es gibt deshalb – und das begrüßen wir sehr – eine klare Entscheidung der Justizsenatorin, die Ermittlungsgruppe der Staatsanwaltschaft in diesem Bereich mehr als zu verdoppeln – von vier auf zehn –, und wir haben ihnen jetzt dort vier Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsreferenten zur Seite gestellt. Das ist eine richtige Entscheidung und das richtige Signal, das aus dem Senat gekommen ist. Dazu sagen wir: Das ist der richtige Weg. interjection: [Beifall bei der SPD und der PDS] Entscheidend ist nämlich, dass die Staatsanwaltschaft die eigentlich wichtige Ermittlungsbehörde ist, die hier die strafrechtliche Verantwortung der Beteiligten klären muss. Die jüngsten Ermittlungserfolge, die Hausdurchsuchungen, die Beschlagnahmen auch bei den ehemaligen Vorständen Rupf und Landowsky haben ja gezeigt, dass die Strafverfolgung mit Nachdruck vorangetrieben wird und dass hier z. B. auch alles getan wird, um die Verjährung von Straftaten zu verhindern. Ich kann nur sagen, diese Behörde funktioniert, und wir werden sie darin unterstützen müssen. interjection: [Abg. Braun (CDU) meldet sich zu einer Zwischenfrage.] Neben der strafrechtlichen Ermittlung – und das ist der Punkt, über den Sie vor allem sprechen – ist es entscheidend, dass wir auch alle rechtliche Möglichkeiten ausschöpfen, um den Zugriff auf das Vermögen der verantwortlichen Bank- und Fondsmanager sicherzustellen. Frau Oesterheld! Auch hier haben wir gemeinsam festgestellt, dass die Arbeit beschleunigt werden muss, und hier hat der Senat ebenfalls reagiert. Zurzeit arbeiten mehrere Anwaltskanzleien – ich weiß nicht, ob es drei oder vier sind, aber auf jeden Fall eine Reihe von Anwaltskanzleien – an der Aufarbeitung, und ich bin sicher, dass sie nicht allein für den Papierkorb arbeiten, sondern auch vor Gericht gehen werden, um sich dort vollstreckbare Titel abzuholen. Ich hoffe das jedenfalls.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Braun von der CDUFraktion?

Bitte schön, Herr Braun!

Herr Zimmermann! Ist Ihnen heute nicht mit großer Bewunderung aufgefallen, mit welcher Energie und mit welcher Durchschlagskraft die Kölner Staatsanwaltschaft tätig gewesen ist und wie schnell diese in der Lage gewesen ist, einen Sachverhalt aufzuklären und zu ersten Verhaftungen zu kommen? – Offensichtlich ist die Staatsanwaltschaft Berlin nicht mit der gleichen Vehemenz vorgegangen wie die Köln.

Bitte!

Es wird über Köln zu Recht diskutiert, aber es wird Ihnen nicht gelingen, mit diesen Versuchen von diesen Milliardenschäden und diesem Desaster abzulenken, mit dem wir es hier zu tun haben und über das wir uns ernsthaft auseinandersetzen müssen, aber nicht in dieser Form.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Ich möchte noch einmal ansprechen, was unternommen werden muss, worauf wir gesteigerten Wert legen und wo auch wir kontrollieren werden, ob alles eingehalten wird: Wir müssen nämlich darauf achten, dass im zivilrechtlichen Bereich die Kündigung von Abfindungsbeträgen geprüft wird mit dem Ziel, die Zahlung zu stoppen, dass wir Regressforderungen auch für entstandene Verluste prüfen, dass wir die Kürzung von Pensionen und Pensionszulagen sowie die Rückforderung von Tantiemen und sonstigen Zuwendungen prüfen und dass auch die besonderen Vergünstigungen im Zusammenhang mit den Dienstvillen einmal auf den Prüfstand gestellt werden. All dies ist Aufgabe der Anwaltsbüros, und ich weiß, dass die in dieser Richtung auch prüfen und mögliche Klagen vorbereiten.