Aber die PDS greift wirklich zur letzten Möglichkeit. Sie versucht wirklich alles. Kennen Sie schon den neuesten Wahlslogan? „Heute popp ich, morgen kiff ich, übermorgen wähl ich PDS“?
[Henkel (CDU): Die kann man auch nur bekifft ertragen! Erst habe ich gedacht, die KPDRZ wäre hier wieder am Werk gewesen, [Heiterkeit]
war aber nicht so: Es war die PDS. – Ich empfehle, diesen Slogan umzuformulieren und zu sagen: „Heute versprech ich, morgen regier ich und übermorgen mache ich mich vom Acker – PDS“.
Harald Wolf stellt sich heute der Wahl als Wirtschaftssenator, als Senator für Arbeitsmarkt und Frauenpolitik: Und ich sage erneut, es ist das falsche Ressort. Harald Wolf ist Haushälter,
und zwar ein kluger und ein anerkannter. Das bestreitet niemand. Und hätte dieser rot-rote Senat den Mut gehabt, Gysis Abflug für eine Senatsumbildung zu nutzen, dann wäre es nicht nur mir lieber gewesen, die Fallbeilmethoden des Herrn Sarrazin gegen den spröden Charme eines Harald Wolf und seinem trockenen Auftreten einzutauschen.
Und so, wie jetzt viele in der SPD und in der PDS gucken, glaube ich, dass der Gedanke für einige von Ihnen nicht völlig aus der Welt liegt. Aber dazu hat Ihnen der Mut gefehlt.
Das ist heute nicht der letzte Personalwechsel, denn wenn ich mir von unseren Haushältern anhöre, was gestern im Hauptausschuss passiert ist,
dieses absolute Chaos, das in dieser Koalition herrscht, bin ich fest davon überzeugt, der Tag ist nicht weit, an dem es einen nächsten Personalwechsel geben wird. Es kann doch nicht angehen – von wegen, wir haben keine Krise und wir sind ganz doll entscheidungsfreudig –, dass Sie die wichtigsten Aufgaben, die hier anliegen, ich nenne das Thema zentraler Stellenpool, verschieben. Es ist ja richtig, Harald Wolf und ich waren einmal zusammen auf einem Podium, da haben wir festgestellt, Berlin hat kein Analyseproblem, Berlin hat ein Umsetzungsproblem. Das trifft gerade auf diesen zentralen Stellenpool zu. Hier gab es schon vor Jahren einen Parlamentsbeschluss von allen Fraktionen. Und was machen Sie? – Sie verschieben die Umsetzung des zentralen Stellenpools auf den Dezember des Jahres 2002, womit klar ist, dass er auch nicht zum 1. Januar 2003 greifen kann. Gleiches machen Sie mit dem Beteiligungsmanagement. Da muss ich Ihnen wirklich sagen: Entscheidungsfreudigkeit ist das nicht, das ist Blockade. Nicht uns brauchen Sie vorzuwerfen, mit 80 Fragen zu blockieren; Sie blockieren, weil Sie nicht entscheiden, das ist der Punkt.
Heute wurde ja das Herz für den Osten von völlig unerwarteten Seiten – von mir bisher ungeahnt – entdeckt. Es ist schon so, dem muss man auch ins Auge sehen, dass mit der Wahl von Harald Wolf der Anteil von Senatoren aus dem Osten wieder beim Stand der großen Koalition angekommen ist,
Ansonsten ist der Stand der selbe geblieben. Das finde ich schon eine reife Leistung für eine Koalition, die die innere Einheit der Stadt herstellen wollte. Ich will es von der komischen Ebene herunterholen, es ist ja auch ernsthaft darauf reagiert worden von
Herrn Liebich. – Herr Liebich, es ist eben nicht so, dass das heute keine Rolle mehr spielt. Und wenn es so wäre, dann könnten Sie jetzt sofort losmarschieren und könnten alle Wahlplakate abnehmen auf denen steht: „Wählt den Osten“.
Es ist doch kein Zufall, dass in der Politik, dass in der Verwaltung, in den Medien, in den Lobbyverbänden so wenig Leute sind, die aus dem Osten kommen. Das ist doch kein Zufall. Damit unterstelle ich nicht, keinem Westpolitiker, keiner Westpolitikerin und auch Harald Wolf nicht – ich möchte da nicht missverstanden werden –, dass er nur für eine Stadthälfte Politik macht. Das ist nicht der Punkt. Aber ich glaube, dass es eben auch etwas mit innerer Einheit in dieser Stadt zu tun hat, ob die politischen Repräsentanten nur aus einer Stadthälfte oder – um ein bisschen aus Berlin rauszukommen, Herr Steffel – aus den alten Bundesländern kommen. Ich glaube, dass das etwas miteinander zu tun hat. Natürlich hat es das.
Respektieren Sie doch einfach eine Position und rufen nicht immer dazwischen, Herr Dr. Zotl. Dass gerade die PDS, diese Frage genau wie eine große Koalition sieht, das finde ich schon einen Treppenwitz der Geschichte.
Was die Beteiligung von Frauen an diesem Senat betrifft, kann ich nur wiederholen, was ich schon anlässlich der Senatswahl gesagt habe. Rot-Rot hat sozusagen mit der bayerischen Landesregierung gleichgezogen, soviel zu Edmund Stoiber, und hat auch noch exakt den Frauenanteil des letzten DDR-Politbüros: zwei Frauen.
Nein, da kenne ich mich nicht aus, ich musste noch einmal nachgucken. – Da ist es nur konsequent, dass nicht Frau Freundl, nicht Frau Seelig, nicht Frau Michels Fraktionsvorsitzende wird, sondern der Kollege Liebich. Respekt, so habe ich mir die Umsetzung von Gender- Mainstreaming immer vorgestellt. Herzlichen Glückwunsch!
Dass Gregor Gysi auch Senator für Arbeitsmarktpolitik war, ist in den vergangenen sieben Monaten nur an zwei Stellen deutlich geworden. [Frau Ströver (Grüne): Herr Liebich hat es gar nicht gemerkt!]
Ich habe es zweimal gemerkt, und zwar, als er versucht hat, in seiner Verwaltung Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds zu bunkern, die seine Kollegin, Frau Sozialsenatorin Knake-Werner, für die Beschäftigung von Sozialhilfeempfangenden benötigt. Da ist er ganz munter geworden als Arbeitssenator. Und das zweite Mal haben wir es wieder bemerkt, als die Stelle neu ausgeschrieben wurde.
Oder anders ausgedrückt: Gysi hat sich um die Arbeitsmarktpolitik hier in Berlin keinen Deut geschert, genauso wenig wie um die Frauenpolitik. Dass er im zuständigen Ausschuss erscheinen sollte, hat er regelrecht als unsittliches Anliegen der Abgeordneten betrachtet. Macht ja auch nicht so viel Presse, wie in New York aus einer Stretchlimousine auszusteigen oder im FEZ in Wuhlheide Coca Cola auszuschenken.
Wir nehmen also Ihre Ankündigung, Herr Wolf, dass bei Ihnen die Arbeitsmarktpolitik wieder einen anderen Stellenwert Priorität haben wird, ernst. Das haben Sie gesagt, als Sie sich bei uns vorgestellt haben – wir haben darauf nämlich nicht verzichtet. Wir erwarten, dass es ein arbeitsmarktpolitisches Rahmenprogramm wirklich im Oktober geben wird. Wir erwarten, dass es vorher diskutiert wird, nicht nur mit den Regierungsfraktionen oder den Oppositionsfraktionen, sondern bitte auch mit den gesellschaftlichen Gruppen in dieser Stadt, mit den Beschäftigungsträgern, mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, mit all denen, die da agieren und die endlich erleben möchten, dass der Slogan, der hier einmal verkündet wurde, endlich umgesetzt wird: Wir wollen aus Betroffenen Beteiligte machen!
Wir erwarten, dass sich Berlin in die Debatte um die Vorschläge der Hartz-Kommission einschaltet, aber bitte nicht so wie die Bundesspitze der PDS, die nämlich genau wie Lothar Späth das gesamte Paket einfach nur komplett abgelehnt hat.
Wir wollen eine konstruktive Debatte – an einigen Stellen durchaus auch kritisch –, und wir wollen über Chancen diskutieren. Wir wollen sehen, was die Job-Center für Berlin bringen können, aber auch über die Dienstleistungsagenturen und die Zumutbarkeitskriterien diskutieren. Berlin hat einmal eine bundespolitische Stimme in der Arbeitsmarktpolitik gehabt – unter Christine Bergmann – und hat wichtige Impulse in die Bundesdebatte eingegeben. Seitdem gibt es diese Rolle nicht mehr, und wir erwarten, dass sich dies ändert. Wir erwarten, dass es von der Mangelverwaltung wieder hin zu politischen Impulsen geht.
An dieser Stelle noch ein Wort zu der Aufforderung der FDP, Herr Wolf solle wegen Befangenheit und Interessenkollision das Senatorenamt nicht antreten – in Ihrem Antrag haben Sie diese Forderung ja schon wieder etwas verändert:
Erstens erwarten wir von Harald Wolf, dass er klar und transparent darlegt, dass Entscheidungen, die er trifft und treffen lässt, nicht im Zusammenhang mit den Unternehmungen seiner Lebensgefährtin stehen.
Zweitens möchte ich der FDP-Fraktion empfehlen, sich langsam einmal in die Arbeitsmarktpolitik einzuarbeiten. Herr Ritzmann, das wäre für Sie auch nicht schlecht! Die Mittel, die im zweiten Arbeitsmarkt verteilt werden, werden über Arbeitsämter und über Servicegesellschaften verteilt. Da hat Herr Wolf gar nichts zu sagen. [Zuruf von der FDP]