Nun möchte ich mich nur noch zu einer Problematik äußern, und die befasst sich mit der Sorge, die in Ihrer Fragestellung zum Ausdruck kommt, nämlich der Sorge, ob die DRGs in Zukunft noch eine patientenorientierte Versorgung erlauben. Ich gebe Ihnen gerne Recht – auch die Senatorin hat das deutlich betont –, dass in der Umsetzung der DRGs ein erhebliches Problempotential steckt. Sie hat es umschrieben mit einzelnen Hinweisen wie Risikoselektion, keine hinreichende Versorgung von schweren Krankheitsfällen und der verkürzten Verweildauer in Krankenhäusern. Hier liegt in der Tat ein Problem und wird zur Herausforderung an die rot-rote Koalition, die DRGs so umzusetzen, dass die befürchteten Risiken ausbleiben. Die rot-rote Koalition wird die Chancen, die ebenfalls in diesem System stecken,
nutzen und für neue strukturelle Versorgungsstrukturen in dieser Stadt wirklich umsetzen. Da sind wir alle gefordert. Da gilt es, Trägeregoismen zu überwinden. Da geht es auch darum, berufliche Egoismen zu überwinden und anzuerkennen, dass in Zukunft durch die zu erwartenden verkürzten Verweildauern vor allem der ambulante ärztliche Bereich, die häusliche Krankenpflege und die Hospizversorgung eine neue Bewertung erfahren müssen. Das wird uns nur dann gelingen, wenn wir in Zukunft – auch das hat unser Antrag zur Krankenhausplanung festgehalten und festgeschrieben – zu einer komplexen Krankenhausplanung, eingebettet in eine Gesundheitsplanung für diese Stadt, kommen, wo ambulante, komplementäre und stationäre Strukturen so zusammengeführt werden, dass eine verkürzte Verweildauer kein Problem mehr ist, weil der Patient nach der Entlassung aus dem Krankenhaus ein angemessenes Versorgungsangebot finden wird, in dem er sich gut aufgehoben fühlen kann. Deshalb – und ich bin sehr dankbar, dass die Senatorin das noch einmal ausdrücklich deutlich gemacht hat –
werden wir neue Strukturen, neue Planungselemente einführen. Diese sind komplex und versorgungsbereichsübergreifend. Wir werden nicht nur Abschied nehmen von der Bettenzählerei, sondern wir werden auch Abschied nehmen von einer isolierten Planung, die sich nur auf das Krankenhaus bezieht. Das ist sehr anspruchsvoll. Da müssen alle Beteiligten mit ins Boot genommen werden und ihre Bereitschaft dazu bekunden. Dazu gehört auch, dass die Patienten mit ihren Rechten und Ansprüchen – auch darauf hat die Senatorin hingewiesen – in einer angemessenen Weise beteiligt werden, um dem Anspruch, aus Betroffenen Beteiligte zu machen, an dieser Stelle gerecht zu werden. Und wenn uns das gelingt,
diese komplexe Krankenhausplanung unter Integration unterschiedlicher Versorgungsebenen – Herr Eßer, ich hätte mir gewünscht, Sie hätten zugehört, dann hätten Sie das als Botschaft wohl verstanden –,
wenn uns das gelingt, dann werden wir die Bedenken und die Probleme, die im Augenblick mit den DRGs vorrangig diskutiert werden, überwinden können
Wiederholen Sie nur häufig, dass Sie meinen, dass ich Parkinson habe, aber liebe Frau Kollegin Simon, so lasse ich mich von Ihnen nicht bezeichnen, und zweitens habe ich nie geglaubt, dass ich in der PDS-Fraktion den Inbegriff des Besserwessis finde.
Sie sind wirklich der Inbegriff dessen, was ich Besserwessi nennen würde. So viel lehrerhaftes Zutun
mir gegenüber akzeptiere ich ja noch, aber zu diesem Thema haben wir als CDU-Fraktion, als Erste in diesem Parlament, eine Veranstaltung mit Jonitz, Eckernkamp, Müller, dem Verwaltungsleiter der Charite´, dem Verwaltungsleiter des UKBF und vielen anderen gemacht – 80 Experten der Stadt –, und alle haben gesagt: Dieses Thema ist das entscheidende Thema bei der Krankenhausplanung. – Wenn Sie meinen, die hätten Ihnen alle in den letzten zehn Jahren nicht zugehört, schreiben Sie es denen. Ich werde das Protokoll allen zuschicken. Sie haben Frau Simon alle nicht zugehört, und deswegen müssen sie jetzt alle bei Frau Simon in den Nachhilfeunterricht.
[Pewestorff (PDS): Sie reden immer für das Protokoll! Das ist Ihr Problem! – Heiterkeit und Beifall bei der PDS]
hat eine ähnliche Auffassung, wie Herr Matz sie hier vertreten hat, gerade vor ein paar Tagen formuliert. Die Sorge des Betriebsrats von Vivantes ist, dass 17 000 Beschäftigte von Vivantes keine Chance haben, bei Einführung der DRGs wettbewerbsfähig zu sein, dass dieser Zentralismus dazu führt, dass die lokalen Gesundheitszentren nicht vorhanden sind. Auch das sollten Sie hier festhalten. Sie können Herrn Matz und mich wie im Ausschuss tagtäglich belehren, aber nicht die Einrichtungen und die frei gewählten Gremien dieser Stadt. Das wollte ich Ihnen noch einmal ins Buch schreiben.
Herr Czaja! Es tut mir Leid, ich muss Sie darauf aufmerksam machen: Wenn Sie reagieren, dann können Sie nur auf das reagieren, was ich konkret gesagt habe, und nicht auf das, von dem Sie meinen, dass ich es hätte sagen können, eine Antwort geben.
Sie haben angeführt, dass Sie die versammelte Experten der Stadt zusammengeholt haben und dabei gelernt hätten, was die eigentlichen Probleme sind, und diese als Kronzeugen gegen meine Äußerungen benutzt. Das trifft es einfach nicht. Sie haben nicht zugehört. Ich habe nicht gesagt, dass ich
hören Sie doch bitte einmal zu! – grundsätzlich die Fragestellung der DRGs für nicht angemessen halte oder dass ich bestimmte Schlussfolgerungen, die hier thematisiert werden, nicht ernst nehme. Ich habe Sie darauf aufmerksam gemacht, dass diese Frage heute verfrüht ist. Dann muss ich daraus schließen, dass Sie offenbar das, was Ihnen die Experten sicher auch dargestellt haben, nicht richtig realisiert haben.
Sie können zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Antworten auf Fragen zu DRGs erwarten. Und Sie können den hiesigen Senat und die hiesigen Verantwortlichen für die Gesundheitspolitik nicht auffordern, etwas zur Umsetzung der DRGs zu tun, was Bundesaufgabe ist und was auf Bundesebene an Vorarbeit zu leisten ist, damit die Landesregierung überhaupt erst tätig werden kann.
Zum Thema Gesamtbetriebsrat Vivantes: Den habe ich in meinem Redebeitrag gar nicht erwähnt. Ich habe auch nicht davon gesprochen, dass die Beschäftigten in irgendeiner Form durch die DRGs in eine komplizierte Situation kämen, und habe deswegen keinen Bezug nehmen wollen, weil das im Augenblick überhaupt nicht auf der Tagesordnung steht und Vivantes mit der Fragestellung, die Sie heute aufwerfen, nicht unmittelbar berührt ist. Insofern haben Sie am Thema vorbei gesprochen und haben mir offenbar nicht richtig zugehört. Wenn Sie mir unterstellen, ich sei eine Besserwessi, dann sage ich: Wessi bin ich, und ich kann mit Recht behaupten, einiges besser zu wissen als Sie.
Dass Sie deswegen eine persönliche Erklärung abgeben müssen, zeigt aber, dass ich offenbar Ihre Eitelkeit tief getroffen habe. Ich bin gerne bereit, das eine oder andere in einem persönlichen Gespräch noch einmal mit Ihnen zu erörtern.
Danke schön, Frau Kollegin Simon! – Das Wort hat nun für die Fraktion der Grünen Frau Jantzen. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist eine undankbare Aufgabe, nach fünf Redebeiträgen und diesem wunderbaren Schlagabtausch zu einem Thema zu sprechen, das offensichtlich die meisten Menschen im Saal nicht die Bohne interessiert. Aber auch Abgeordnete sind einmal krank und dann auf eine gute Krankenversorgung angewiesen.
Auch ich habe mir beim Durchlesen der Großen Anfrage die Frage gestellt, was die CDU damit erreichen will. Mir ist klar geworden, dass der eigentliche Grund dieser Anfrage wahrscheinlich war, dass sich Herr Czaja gerne reden hört, denn noch nicht einmal die Kolleginnen und Kollegen aus seiner Fraktion haben ihm zugehört. Sie wollten nach einmal darstellen, was Sie bezüglich der DRGs wissen – oder auch nicht, wenn man Frau Simon folgen will. Ich sage damit nicht, dass ich das in Gänze tue.
Nichtsdestotrotz hat die CDU mit der großen Anfrage ein wichtiges Thema angesprochen, nämlich die gesundheitliche Versorgung. Diese kommt – ob der Fokussierung auf die Arbeitsmarktpolitik – sowohl im Bundestagswahlkampf als auch hier im Parlament zu kurz. Die Sicherung einer qualitativ hochwertigen und patientenorientierten Krankenversorgung in Berlin ist jedoch existentiell wichtig für die Menschen in Berlin und der Bundesrepublik. Die rot-grüne Koalition hat im Bund mit der Gesundheitsstrukturreform 2000 wichtige Weichen in Richtung von mehr Qualität, Transparenz, Wirtschaftlichkeit und Prävention im Gesundheitswesen gestellt. So sehr auch mich und unsere Fraktion interessiert, welche Veränderungen sich durch die Einführung der Fallpauschalen für die Patientinnen und Patienten und die Berliner Krankenhauslandschaft ergeben, so greift Ihre Anfrage – darauf wurde schon mehrmals hingewiesen – zu kurz.
Für uns Grüne gehört zu einer wirklich patientenorientierten Krankenversorgung nämlich auch die bessere Kooperation und Vernetzung der ambulanten und stationären Bereiche – also die integrierte Versorgung. Hier gibt es in Berlin erheblichen Handlungsbedarf. Die Grundlagen hat die rot-grüne Regierung im Bund mit der Gesundheitsstrukturreform gelegt.
Ihre Anfrage greift aber nicht nur zu kurz. Sie ist in der Einengung auf die möglichen Folgen der Fallpauschalenfinanzierung auf die Verweildauer, die Bettenzahlen und die Krankenhauslandschaft auch verfrüht. Es ist richtig, dass es zum jetzigen Zeitpunkt noch immer keinen gesicherten Fahrplan zur Einführung der Fallpauschalen gibt. Noch wichtiger: Es gibt derzeit lediglich eine noch nicht abgeschlossene Erstkalkulation deutscher DRGs. Ohne diese Kenngrößen können aber weder die Krankenhausträger noch der Senat verlässliche Planungen anstellen, die den verschärften ökonomischen Anforderungen an die Krankenhäuser gerecht werden.
Herr Czaja, Sie haben zwar gesagt, wir sollen von den Bettenzahlen und Hin- und Herschiebereien wegkommen, aber die Fragen in Ihrer Anfrage machen deutlich, dass Sie den Paradigmenwechsel in der Gesundheitspolitik und Krankenhausplanung nicht begriffen haben – zumindest nicht zu dem Zeitpunkt, als Sie die Fragen formuliert haben.
Die Bettenzahlen werden künftig keine Planungsgröße mehr sein. Im Übrigen zeigen die internationalen Erfahrungen mit der DRG-Einführung, dass es trotz sinkender Verweildauer nicht unbedingt zu einer Bettenreduktion kommen muss. Erstens nehmen die Fallzahlen zu, und zweitens stellen sich die Krankenhäuser darauf ein, auch für Spitzenlasten – Sie wiesen auf die Katastrophenfälle hin – Kapazitäten freizuhalten, um keinen einzigen Fall zu verlieren. – Soviel auch zu der Forderung der Krankenkassen, jetzt noch schnell fast 5 000 Betten abzubauen. Das ist ein letzter Versuch, bevor die Bettenzahl keine Planungsbehörde mehr interessiert – und auch Sie nicht mehr, Herr Czaja.
Eines ist klar: Die Krankenhausplanung muss, wenn wir das Überleben der Häuser und die Trägervielfalt im Auge haben, stärker als bisher in Zusammenarbeit mit den Leistungserbringern erfolgen. Die Senatsverwaltung hat mit der Wiedereinsetzung des Krankenhausbeirats einen ersten wichtigen Schritt unternommen. Sie darf sich nicht als oberste Planungsbehörde nicht
allein auf eine Mittlerrolle zurückziehen, was immer die Gefahr ist. Es wäre fatal, denn die Entscheidung über den notwendigen Bedarf an Kapazitäten darf keinesfalls den Gesetzen eines voraussichtlich brutalen Wettbewerbs – darauf wurde hingewiesen – überlassen werden. Damit wären zum Beispiel die Kinderheilkunde, die Altersmedizin und zahlreiche andere Bereiche existentiell gefährdet. Das wollen wir Grüne nicht.
In Zukunft wird mehr Planung denn je erforderlich sein, denn den Fehlentwicklungen, die sich durch den Konflikt zwischen Wirtschaftlichkeit und der Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung ergeben, muss aktiv entgegengesteuert werden, und zwar bevor ganze Bereiche verloren gehen, die später nur mühsam wieder aufgebaut werden können. Zum Beispiel müssen die Kinderheilkunde und die Altersversorgung in der Übergangszeit zum DRG-Zeitalter erst einmal geschützt werden.