Das heißt praktisch: Handeln und Verhandeln im Interesse der Arbeitnehmer und mit dem Blick über den Tag hinaus und mit dem Blick auf das Ganze! - Das Ganze ist die Handlungsfähigkeit und die Zukunftsfähigkeit Berlins. - Schönen Dank!
[Liebich (PDS): Keiner mehr da! – Doering (PDS): Herr Steffel ist noch da! Warum redet der nicht? - Weitere Zurufe von der PDS]
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! - Ja, ich kann nichts dafür, dass Herr Nolte den einen oder anderen vergrault hat. Aber die Reihen auf unserer Seite werden sich sicherlich wieder etwas füllen, wenn man meine Stimme in den Gängen hört.
Eines möchte ich festhalten, denn ich habe mich etwas über die Beiträge gewundert - auch über den Beitrag der von mir sehr geschätzten Kollegin Klotz: Ich habe an keiner Stelle gesagt, dass ich nicht für einen Solidarpakt bin.
Ich habe an keiner Stelle gesagt, dass ich nicht für Verhandlungen bin. Ich habe an keiner Stelle gesagt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst sich nicht an den Konsolidierungsbemühungen in dieser Stadt beteiligen sollen.
- Wenn Sie mich so fragen, Herr Krüger: Ich bin sogar dafür! Mir geht es um die Art und Weise, mir geht es um das Wie, und mir geht es insbesondere darum, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer davon überzeugt sind, dass sie einen sinnvollen Beitrag leisten zu dem, was wir Konsolidierung des Haushalts nennen.
Wenn Sie meinen, dass das etwas ist, was man außen vor lassen kann, dann merken Sie auch, wo der psychologische Unterschied zwischen uns beiden offensichtlich an der Stelle liegt: Es geht nicht um die Frage des Zieles, sondern es geht um die Frage des Weges, und es geht darum, wie man die Grundvoraussetzungen definiert.
Wenn ich einfordere, dass man sich zunächst einmal Gedanken darüber macht - aufgabenkritisch -, wie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer man im öffentlichen Dienst abbauen kann, und darauf aufbauend dann sagt: Gut, Freunde, das ist jetzt die Zahl, über die wir reden! -
- Herr Liebich! Es ist Aufgabe des Senats und der Senatsverwaltungen, die nicht einmal in der Lage sind, dem Hauptausschuss eine entsprechende Personalstatistik vorzulegen, dies zu bewerkstelligen.
Ich frage mich allen Ernstes: Wer, wenn nicht dieser Senat, soll in der Lage sein, die tatsächlichen Voraussetzungen dafür zu erkunden und uns vorzulegen? - Ich weigere mich, wenn Sie mich jetzt ernsthaft auffordern, mich mit dem Zählwerk an die Senatsverwaltungseingänge zu stellen und nachzuzählen, wie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wir haben. Das ist die Aufgabe des Senats, und solange der Senat dazu nicht in der Lage ist, erübrigen sich die Diskussionen in bestimmten Bereichen.
Das ist auch das Problem, das Sie bei den Solidarpaktverhandlungen gehabt haben: Wenn Sie am 30. September mit Ihrem ersten Angebot gekommen sind und sich vorher mit der Frage beschäftigt haben, wie viele Arbeitnehmer wir eigentlich haben und wo die arbeiten, und wenn Sie sich dann noch auf irgendwelche Zahlen vereinbart haben - weil Sie es immer noch nicht so genau wussten, aber doch eine Schätzgrundlage gemacht haben -, dann sehen Sie, wie seriös solche Verhandlungen im Detail sind. Und dagegen wende ich mich.
Herr Liebich! Ich glaube allerdings nicht, dass der Senat hierbei in den letzten Monaten Handlungsfähigkeit bewiesen hat. Ich möchte als Beispiel nur das schon mehrmals zitierte Senatsgästehaus aufrufen. Das Senatsgästehaus ist noch da, und Herr Wowereit nutzt es auch gern. Herr Wowereit hat offensichtlich bekundet - vielleicht kann er dazu an geeigneter Stelle noch einen Satz sagen -, dass er zwar durchaus mitbekommen hat, dass der Hauptausschuss - übrigens auf Antrag der CDU-Fraktion - dieses Senatsgästehaus in den Liegenschaftsfonds gestellt hat, aber ob ihn das nun wirklich interessiert und ob er nicht meint, er würde es trotzdem gern weiter nutzen, steht auf einem völlig anderen Blatt. Das ist doch die entscheidende Frage. Das hat doch auch etwas mit Symbolik zu tun.
- Nein, Herr Wowereit! Das ist nämlich genau der Punkt. Es hat etwas mit Symbolik zu tun. Es hat etwas damit zu tun, ob man selber in der Lage ist, sich zu beschränken.
Es hat etwas damit zu tun, ob ich einen Empfang gebe für 25 000 Euro - zum Abschied als Bundesratspräsident.
- Ja, natürlich, damit hat es etwas zu tun. - Es hat etwas damit zu tun, ob ich mit Gayle Tufts feiere oder ob ich Politik mache, die ernst zu nehmen ist.
[Beifall bei der CDU – RBm Wowereit: Herr Zimmer, sagen Sie einmal, wie viel Ihre Fraktionsklausur den Steuerzahler gekostet hat! Ihre Fraktionsklausur, wenn Sie nach Cottbus oder sonstwohin fahren - erzählen Sie einmal, wie viel die gekostet hat!]
- Auch das haben wir gemacht. Wir waren sogar ökologisch wertvoll an der Stelle. - Aber wissen Sie, wenn das die Ebene der Diskussion ist, wie Sie sie führen wollen, dann tun Sie mir auch Leid.
Sie sind bis heute, wenn Sie sich über Personalabbau unterhalten haben, nicht in der Lage gewesen, uns ein schlüssiges Konzept für den Stellenpool vorzulegen. Das ist eine Aufgabe, die sich schon die große Koalition gestellt hat, die aber bis heute nicht erfüllt worden ist. Solange Sie nicht eine Antwort geben können, was Sie überhaupt mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffentlichen Dienst machen, die im Überhang sind, finde ich auch die Diskussion über betriebsbedingte Kündigungen etwas unstatthaft.
Zu der Frage: Klientelpolitik - ja oder nein? - In dem Augenblick, wo sich jemand - wie ich - hinstellt und sagt: "Das Einzige, was ich fordere, ist, dass wir uns in einem Interessenausgleich bewegen.", hat das überhaupt nichts mit Klientelpolitik zu tun, sondern es hat etwas damit zu tun, dass man sich gegenseitig ernst nimmt. Die Erzieherinnen, der Polizist, der Lehrer kann dann den Eindruck haben, dass die Arbeit, die er bzw. sie leistet, anerkannt wird. Und sie können den Eindruck haben, dass sie auch als Personen in dem gesamten Verfahren anerkannt werden und nicht nur eine Zahl auf dem Blatt Papier sind. Das ist doch der entscheidende Punkt dabei.
Jede Verhandlung - Herr Kollege Lindner hat es gesagt - ist geprägt von der Psychologie, die dahinter steckt. Sie werden nur dann ein Ziel erreichen, wenn der Verhandlungspartner auch den Eindruck hat, er hat verhandelt. Nichts weiter habe ich von Ihnen heute gefordert. Die Antworten, die Sie gegeben haben, lassen mich allerdings Schlimmes befürchten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag der rot-roten Koalition über die tarif- und beschäftigungspolitischen Ziele des Landes Berlin für die Wiederaufnahme der Solidarpaktverhandlungen machen wir deutlich, wie wir uns die Fortsetzung dieses für die ganze
Stadt wichtigen Projekts vorstellen. Lassen Sie mich zunächst auf einen Punkt eingehen, der dabei von zentraler Bedeutung ist: Wir brauchen einen eigenständigen tarifpolitischen Handlungsspielraum für das Land Berlin. Wir können uns erst wieder Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst, wie sie auf Bundesniveau üblich sind, leisten, wenn unsere Stadt einen Ausweg aus der Haushaltsnotlage gefunden hat. Jetzt brauchen wir für eine Übergangsperiode zeitlich und sachlich konkret begrenzte Öffnungsklauseln im Tarif- und im Besoldungsrecht. Der Vorwurf, SPD und PDS würden in Berlin dauerhaft aus dem deutschen Tarifsystem aussteigen wollen, ist daher grundlos und unberechtigt.
Auf die tarifpolitische Öffnung müssen wir in den nächsten Wochen unsere ganze Aufmerksamkeit richten. Wir stellen in diesem Zusammenhang mit einiger Erleichterung fest, dass wir dabei schon einen Schritt weitergekommen sind. Denn dass der Regierende Bürgermeister auf der hohen Ebene einer gemeinsamen Arbeitsgruppe der Ministerpräsidenten der Länder Einvernehmen erzielt hat, dass Bundesländer künftig einen eigenen Gestaltungsspielraum bei der Besoldung und den Zusatzleistungen bei den Beamten haben, ist ein Erfolg für das Projekt "Solidarpakt" und ist ein Erfolg für die ganze Stadt. Und es ist gut, dass der Beamtenbund sich jetzt bewegt und bereit ist, über die Gestaltung dieser Spielräume zu reden - in Interessenvertretung der Beschäftigten und im gesamtstädtischen Interesse.
Wir erwarten von Ihnen, werte Kollegen von der Opposition, dass Sie sich hier und heute und vor dieser Stadt zu den beschäftigungs- und tarifpolitischen Zielen der öffentlichen Arbeitgeber in Berlin erklären. Frau Klotz hat das in klaren Worten und in dankenswerter Offenheit und Kooperationsbereitschaft getan. Die CDU hat sich verweigert. Die FDP hat ihre Bereitschaft erklärt, uns bei der besoldungspolitischen Öffnung in anderen Bundesländern zu unterstützen. Es wäre hilfreich - und darum bitte ich Sie, verehrte Kollegin Klotz -, wenn Sie auch Ihren Einfluss gegenüber den Landesregierungen geltend machen können, an denen Sie beteiligt sind.
Wir können diesen Spielraum für die Stadt nicht ohne die Gewerkschaften gestalten. Deshalb gestatten Sie mir, auf einige Argumente und Sorgen der Kollegen einzugehen, wie sie beispielsweise auf einer Verdi-Konferenz im Oktober in Berlin formuliert wurden:
Erstens wurde dort erklärt, die rot-rote Koalition verfolge das Ziel, 60 000 bis 80 000 Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst abzubauen.
Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, liebe Kolleginnen und Kollegen: 12 000 Stellen sind das, was im Koalitionsvertrag steht. Und der Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite, Herr Innensenator Körting, hat das hier heute auch noch mal klargestellt. Ein solcher Arbeitsplatzabbau, wie Sie ihn befürchten, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist hier offensichtlich nur mit einer Fraktion dieses Hauses, der FDP, zu machen.
Zweitens wurde dem tarifpolitischen Sonderweg, wie ihn die rot-rote Koalition für einen Übergangszeitraum beschreiten will, eine generelle Absage erteilt. Ich gebe gern zu, dass Rot-Rot hier in der Tat tarifpolitisches Neuland zu beschreiten wagt, jedoch kein Neuland, das Verdi nicht bereits schon als Gewerkschaft beschritten hätte. Ein Beispiel dafür ist das Kündigungsschutzabkommen für die Berliner AOK. Hier wurde von Verdi vereinbart, dass im Tausch für die lediglich auf ein Jahr beschränkte Aussetzung von betriebsbedingten Kündigungen 3,5 Wochenstunden ohne Gehaltsausgleich in 2002 und 3 Stunden ab März 2003 ohne Gehaltsausgleich als Gegenleistung geliefert werden. Verdi vertritt diesen Abschluss als Erfolg für die Beschäftigten, als ein Stück sozialer Gerechtigkeit. Ich finde, unser Angebot - und Herr Senator Körting hat mit Recht festgestellt, dass wir stolz darauf sein können - ist viel vorteilhafter als dieser Tarifabschluss, der bei der AOK erreicht wurde. Und schließlich stellt die VerdiKonferenz vom 15. Oktober fest, es müssten gesamtstädtische Anstrengungen zur Sanierung der Berliner Finanzen unternommen werden, die Last gehört auf alle Schultern. Und: „Verbände aller Lebensbereiche müssten sich dieser Aufgabe stellen." - Ich finde, das ist völlig richtig, und bitte daher die Kollegen: Ziehen Sie Ihre Schulter nicht weg!
Ich möchte abschließend noch auf die Ausführungen eingehen, die der Kollege von der CDU hier gemacht hat. Ich finde, Sie machen es sich in der Inszenierung von Wehmut und Abschiedsschmerz von der Subventionsstadt Berlin recht bequem. Herr Kollege Zimmer, Sie sind hier heute, wie ich finde, völlig unberechtigt als Arbeiterführer tituliert worden. Sie haben etwas ideologisches Rouge aufgelegt. Das war alles.