Ich stelle noch einmal klar, um was es beim Konzept der Drogenkonsumräume nicht geht: Sie helfen nicht beim Problem der Beschaffungskriminalität. Sie schaffen das Dealerunwesen nicht ab. Sie werden auch die Quote der Erstkonsumenten nicht senken. – Darum geht es hier auch nicht. Es geht um die langjährig abhängigen Menschen. Die Drogenkonsumräume dienen dem Ziel, die Gesundheit der bereits abhängigen Konsumenten zu erhalten. Für uns steht der Mensch im Mittelpunkt, dem es in einer konkreten Situation zu helfen gil
Die Zahlen aus anderen Städten, die dieses Konzept verwirklicht haben, sprechen eine deutliche Sprache: Im CDU-regierten Frankfurt am Main hat sich die Zahl der Drogentoten seit der Einrichtung der Drogenkonsumräume halbiert.
Ja, ich komme zum Schluss. – Das ist darauf zurückzuführen, dass die abhängigen Menschen in den Gesundheitsräumen auch niederschwellige Kontaktmöglichkeiten zu Hilfsorganisationen finden, die ihnen bei der Verbesserung ihrer individuellen Situation helfen können – bis hin zum Einstieg in den Ausstieg aus der Abhängigkeit. Gesundheitsräume können helfen, zwischen den Drogenprojekten und den Abhängigen, die bisher auf Grund ihres sozialen Status kaum zu erreichen waren, Kontakt aufzubauen.
Fazit: Gesundheitsräume werden Leben retten. Das ist wichtiger als die Verteidigung abstrakter Rechtspositionen, die von der Wirklichkeit längst überholt sind. – Danke schön!
Vielen Dank, Herr Kollege Pape! – Der Kollege Hahn hat eine Kurzintervention begehrt und erhält sie im Umfang von drei Minuten. – Bitte!
aber das, was eben zum Besten gegeben wurde, kann nicht unwidersprochen bleiben. Es ist unglaublich, was Sie den Berlinern zumuten, wenn Sie beginnen, die Drogenkonsumräume als Gesundheitsräume zu titulieren. Wissen Sie, was Sie damit anrichten? Wissen Sie, was das für eine Sprachverwirrung ist? Wie wollen Sie in der Zukunft die Gesundheitsstudios bezeichnen? Wie wollen
Sie im politischen Umfeld noch mit Gesundheit argumentieren, wenn Sie den Drogenkonsumraum so benennen? Der Drogenkonsumraum ist nichts anderes als die Resignation der Drogenpolitik.
Bei der Argumentation, die Sie hier vorbringen, frage ich mich, was eigentlich menschenverachtend ist. Es ist menschenverachtend, Menschen dazu zu zwingen, sich unter unhygienischen Zuständen und einem hohen äußeren Druck ihre – –
Es tut mir leid, dass es mir offensichtlich nicht gelingt, Ihnen den Sachverhalt zu erklären. Sie verstehen offenbar nichts von der Materie. Ich gebe diesen Versuch jetzt auf, um unsere Debatte nicht unnötig zu verlängern. – Danke schön!
Danke, Kollege Pape! – Nun erhält der Kollege Ritzmann für die FDP-Fraktion das Wort. – Bitte schön!
Es geht beim Thema Drogenkonsumräume nicht darum, was abstrakt wünschenswert ist – das wäre, das wir diese Räume nicht benötigen –, sondern es geht darum, was konkret notwendig und machbar ist.
Es gibt Städte, in denen es Vereinbarungen gibt zwischen Staatsanwaltschaft, Polizei und Betreibern, wo gesagt wird: Lasst uns einmal ein Auge zudrücken! Da wird also im Umkreis von einigen Hundert Metern um diese Räumlichkeit der Rechtsstaat außer Kraft gesetzt. Das ist für uns nicht akzeptabel. Es muss ein rechtsstaat
lich nachprüfbares und klares Verfahren geben, um sicherzustellen, dass wir nicht in die Situation kommen wie z. B. in Bielefeld und Bochum, wo es Strafverfahren gegen die Polizeipräsidenten gibt auf Grund von Strafvereitelung im Amt. So eine Situation ist für uns in Berlin nicht akzeptabel, deswegen brauchen wir hier eine klare Regelung.
Innensenator Körting hat, darauf angesprochen, gesagt, das machen wir schon. – Das beruhigt uns nicht wirklich. Rechtssicherheit brauchen wir hier insbesondere für die betroffenen Polizistinnen und Polizisten, die von sicherer Rechtslage her und auf sicherer Basis wissen müssen, wie sie hier agieren dürfen. Das steht noch aus. Also: Schließen Sie die Lücke der Rechtssicherheit, was die Eingriffe der Polizei angeht, schließen Sie die Sinnlücke, die Bürger nicht mit einzubeziehen. Das ist dann die Mindestvoraussetzung für die Akzeptanz in der Bevölkerung und damit auch die Mindestvoraussetzung für den Erfolg dieses Projekts.
Danke schön, Herr Kollege Ritzmann! – Für Bündnis 90/Die Grünen schließt die Rednerliste vorläufig Herr Ratzmann. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werter Kollege Ritzmann! Ich glaube, Sie waren doch auch im Innenausschuss anwesend, als der Herr Oberstaatsanwalt Körner, einer der renommiertesten Kommentatoren des Betäubungsmittelgesetzes,
wird ermöglicht, dass sie unter ärztlicher Aufsicht und Beratung hygienisch akzeptabel ihre Drogen konsumieren können. Wenn man das unterstützen oder auch ablehnen möchte, dann muss man sich die realistische Alternative vor Augen führen. Die besteht nicht darin, dass diese Menschen ihre Sucht beenden und ein reguläres Leben führen, sondern darin – wie in Berlin der Fall –, dass sie in die offene Drogenszene gehen bzw. dort bleiben.
Die Frage lautet demnach: Schaffe ich es, wenn im Kiez, auf Spielplätzen, in Parks oder Treppeneingängen Drogen konsumiert werden, was zu einer Gefährdung der Anwohner führt, den Betroffenen eine Alternative in Form eines Drogenkonsumraums anzubieten? Es ist kein Gesundheitsraum, sondern ein Drogenkonsumraum. – Darum geht es heute. Wer leugnet, dass das eine Hilfestellung ist, der verweigert diesen Menschen Hilfe und entzieht sich der Berliner Wirklichkeit.
Es muss sichergestellt sein, das die Anwohner beteiligt werden. Mich irritiert das Misstrauen der SPDFraktion. Sie hat zwar einen Antrag zur Bürgerbeteiligung in verschiedenen Fragen eingebracht. Aber, wenn es darum geht, Missverständnisse auszuräumen und Bürger zu überzeugen, rudert sie zurück und behauptet, allwissend zu sein. Das ist eine sehr seltsame Einschätzung der SPD, und die teilen wir nicht. Wir sagen, die Bürger vor Ort müssen überzeugt werden. Und sie werden nur dann überzeugt, wenn vor Ort die Einrichtung eines Drogenkonsumraums eine Verbesserung der Situation ist.
Nur dann darf dieser Drogenkonsumraum auch eingerichtet werden. Das ist keine Ideologie, sondern die Frage nach der Situationsverbesserung vor Ort.
[Beifall bei der FDP – Beifall der Abgn. Frau Dott (PDS) und Over (PDS) – Over (PDS): Aber das kann man doch erst feststellen, wenn man ihn hat, nicht wahr, Herr Ritzmann?]
Dazu kommt ein Problemfeld bei der Berliner Polizei, das wurde leider noch nicht wirklich angesprochen. Der Kollege Kleineidam hat es versucht. Die Rechtslage ist die, dass in diesen Drogenkonsumräumen die Drogen zum Eigenkonsum straffrei konsumiert werden dürfen. Problematisch ist allerdings, dass die Polizei auf Grund des Anfangsverdachts Personen, die sich im Umfeld dieser Räumlichkeit aufhalten oder sich darauf zu bewegen möglicherweise Drogen bei sich tragen, kontrollieren muss. Da es sich dort um Straftaten handelt, gibt es keinen Ermessensspielraum, das heißt, die Polizei müsste eigentlich jede Person kontrollieren, die auf diesen Raum zusteuert – Legalitätsprinzip. Das Problem ist nicht neu.
Und Sie wissen sicherlich auch, dass der Berliner Landesgesetzgeber gar nicht in der Lage wäre, gäbe es denn diese Regelung, dieses bundespolitische Problem zu lösen.
Was ich überhaupt nicht verstanden habe, sind die Ausführungen von Herrn Czaja. Herr Czaja, haben Sie hier eine Rede gegen Ihre Parteikollegin Roth gehalten, die in Frankfurt genau dieses Konzept der Einrichtung von Drogenkonsumräumen verfolgt und hervorgehoben hat, dass das zu einer signifikanten Reduzierung von Drogentoten geführt hat?
[Beifall des Abg. Zackenfels (SPD) – Frau Herrmann (CDU): Hat er doch gar nicht! Da haben Sie nicht zugehört!]
Vielleicht sollten Sie sich nicht nur die Publikationen zu Gemüte führen, die es dazu gibt, sondern auch in Ihren Parteigremien einmal über dieses Problem bundesweit diskutieren.
Von einer Regierung, die sich eine liberale Drogenpolitik auf die Fahnen geschrieben hat, kann man wohl erwarten, dass sie sich für dieses Ziel einsetzen wird. Seit 1990 existiert ein Netzwerk European Cities on Drug Policy auf Basis der Frankfurter Resolution. Die dort zusammengeschlossenen Städte – unter anderen eben auch Frankfurt – haben erkannt, dass Drogenmissbrauch ein soziales Problem ist, das mit repressiven Mitteln nicht zu lösen ist. Sie treten dafür ein, den Drogengebrauch zu kontrollieren und zu minimieren, statt mit Verboten die Drogenmärkte und ihre schädlichen Auswirkungen noch zu fördern.
Berlin ist Mitglied im konservativen Netzwerk der europäischen Städte gegen Drogen, das sich gegen jede Form der Legalisierung ausspricht. Ich glaube, es ist an der Zeit, das Lager zu wechseln, und fordere Sie auf, sich ernsthaft mit diesem Gedanken vertraut zu machen, denn die repressive Drogenpolitik hat versagt. Weder die ständige Verschärfung von Straftatbeständen noch die strafrechtlichen Instrumente zur Gewinnabschöpfung des Drogenmarktes haben zu einem Rückgang des Drogenproblems geführt.