Ich war in der Politik immer als Generalist tätig, weil ich mich als Partei- oder Fraktionsvorsitzender mit allen Feldern zu beschäftigen hatte. Eine konkrete Ressortzuständigkeit ist für mich eine völlig neue Herausforderung.
Ich will, weil die Grünen danach gefragt haben, auch dazu etwas sagen. Ich habe niemals inoffiziell mit der Staatssicherheit zusammengearbeitet. Unabhängig davon gibt es eine Überprüfung für Senatoren, sie wird stattfinden. Und was das Öffentlichmachen des Ergebnisses betrifft – obwohl ich keinen Zweifel habe, wie es aussieht –, sage ich Ihnen: Da brauchen Sie nicht die geringste Befürchtung zu haben. In meinem Fall war es immer so, dass es lange vor der Behörde, die das angefordert hat, wenigstens zwei, drei Tage vorher schon beim „Spiegel“ lag. Also hinsichtlich der Öffentlichkeit müssen Sie sich keine Sorgen machen. Da war immer alles öffentlich, und da wird auch immer alles öffentlich sein. Und gegen unberechtigte Vorwürfe werde ich mich ebenso wehren, wie ich andere akzeptiere, weil natürlich auch mein Leben nicht frei von Kritik und Selbstkritik sein kann.
Lassen Sie mich noch einen Satz dazu sagen, dass ich die Absicht habe, in dieser Stadt etwas für die Herstellung der inneren Einheit zu tun. Sie, Herr Stölzl, haben gesagt, die PDS kann dazu keinen Beitrag leisten, sie ist das Problem der inneren Einheit. Wenn dem so wäre, bitte ich Sie, darüber nachzudenken, wie es dann kommen konnte, dass dieses Problem der Einheit von 1990 9,2 % inzwischen auf 22,6 % gestiegen ist, fast die Hälfte der Wählerinnen und Wähler im Ostteil der Stadt erreicht hat. Das hieße ja dann, dass die große Koalition eine Politik gemacht hat, dass das Problem der Einheit immer größer geworden ist. Damit müssen Sie sich dann auseinander setzen.
Ich sage Ihnen aber, ich will mich auf jeden Fall als Person bemühen, etwas für mehr Verständnis, für mehr Toleranz und für die innere Einheit in dieser Stadt zu tun. Ich denke, dass das auch gelingen kann, wenn wir kritisch zur Geschichte stehen, sie aufarbeiten, nichts vertuschen, aber gleichzeitig die Methoden des Kalten Krieges überwinden und wenigstens lernen, einander zuzuhören, zu verstehen, dass andere eine andere Sozialisation haben und deshalb auch eine andere Entwicklung genommen haben, ohne daraus gleich einen Vorwurf zu formulieren, egal in welcher Richtung des Hauses das geschehen sollte.
Zur Wirtschaftspolitik, zur Arbeitsmarktpolitik und zur Gleichstellungspolitik hinsichtlich der Frauen: Hier ist für mich das Wichtigste der Versuch, daraus wirklich eine Einheit zu machen, den engen Zusammenhang von Wirtschafts- und Arbeitsleben herzustellen, aber auch, dass die Gleichstellung der Frauen ohne Erwerbsarbeit niemals Realität werden kann. Das sind die wichtigsten Aussagen in der Zusammenfügung des Ressorts. Ich werde selbstverständlich darum bemüht sein, Investoren und Unternehmen nach Berlin zu holen, um die wichtigste soziale Frage, nämlich die Frage der Überwindung von Arbeitslosigkeit, immer wieder in den Mittelpunkt zu stellen und dort für die Stadt auch voranzukommen.
Ich will auch, dass wir neue intellektuelle Herausforderungen an diese Stadt stellen. Machen wir uns doch allesamt in einer Frage nichts vor: Noch ist in anderen Regionen nicht wirklich akzeptiert, dass wir die gemeinsame Hauptstadt aller Bewohnerinnen und Bewohner der Bundesrepublik Deutschland sind. Und nur wenn wir das hinbekommen, haben wir auch eine Chance, die Probleme dieser Stadt zu lösen. Auch diesbezüglich fühle ich mich verpflichtet.
Viele Parteien in diesem Hause hatten bisher die Chance nach der Einheit 1990. Die Ergebnisse kennen wir. Jetzt muss es neue Chancen geben. Wir und ich wollen es auf jeden Fall versuchen.
Dr. Sarrazin: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin 1945 in Gera in Thüringen geboren worden. Ich bin aber dort nur etwa acht Wochen geblieben, bin insoweit kein echter Ostdeutscher. Dann gingen meine Eltern in den Westen. Ich bin in Recklinghausen in Westfalen aufgewachsen und habe dort auch Abitur gemacht.
Ich habe in Bonn Volkswirtschaft studiert und bin dann auch in Bonn geblieben und war nach einer Zeit an der Universität Bonn und bei der Ebert-Stiftung für etwa 15 Jahre im Bundesfinanzministerium. Ich habe dort vor allem auf dem Gebiet Haushaltswirtschaft, Beteiligungsverwaltung sowie Geld- und Währungspolitik gearbeitet. In dem Zusammenhang habe ich dann im Jahr 1989/1990 die deutsche Währungsunion konzipiert und federführend vorbereiten dürfen.
Ich bin im Jahr 1991 als Finanzstaatssekretär nach RheinlandPfalz gegangen, habe dort auch einige Akzente setzen können, so beim Thema Verwaltungsmodernisierung. Ab dem Jahr 1997
bis zum Jahr 2000 war ich Vorsitzender der Geschäftsführung bei der TLG, Treuhandliegenschaftsgesellschaft, ein bundeseigenes Immobilienunternehmen hier in Berlin. Danach war ich bis Dezember Vorstand bei der DBNetz AG.
Zu meinen Akzenten will ich, so weit sie Zahlen betreffen, jetzt noch nichts sagen, da ich den Berliner Haushalt im Augenblick nur so weit kenne, wie man ihn als aufmerksamer Zeitungsleser und Teilnehmer an politischen Diskussionen kennt. Ich kenne ihn noch nicht, was die internen Zahlen angeht, und deshalb kann ich auch keine Aussagen machen. Ich kann Ihnen allerdings einiges zu der Art sagen, wie ich vorhabe, zu verfahren. Zunächst möchte ich für mich – das möchte ich dann auch weiter vermitteln – was den Berliner Haushalt angeht ein klares Bild von der Zukunft gewinnen.
Es reicht nicht aus, nur zu sagen, dass das Geld fehlt, man muss auch wissen, wo es am Ende hingeht und wo der Endpunkt einer solchen Entwicklung ist. Dabei zähle ich auch gern auf die Unterstützung der CDU.
Zum anderen werde ich mich um absolut ehrliche Zahlen bemühen. Ehrlichkeit ist immer so eine Sache: Es gibt auch Ungewissheit um Zahlen, die so ehrlich sind wie möglich.
Im weiteren werde ich mich um möglichst weit gehende Transparenz der Finanzpolitik bemühen. Zahlen sind immer etwas, was nicht allen leicht zugänglich ist. Man kann es aber häufig auf eine Ebene bringen, die eine allgemeine Diskussion ermöglicht. Darum werde ich mich bemühen.
Ich werde in engem Zusammenwirken mir dem gesamten Senat daran arbeiten, eindeutige Alternativen, die klare Optionen vermitteln, aufzuzeigen. Das eigentliche Konsolidieren, und es ist in Berlin mehr, es ist ein Sanieren, da bin ich mir klar, kann nur erfolgen, wenn alle wesentlichen politischen Kräfte mitmachen und dies gemeinsam mitgestalten. Ich weiß, dies geht nicht im Einzelkampf.
Zum Abschluss Folgendes: Die eine oder andere Zeitung hat aus meiner Vergangenheit zitiert, der Umgang mit mir sei nicht einfach.
Ich möchte das ausdrücklich unterstreichen. Dies gilt aber nur für einen Punkt: Wenn ich mir einmal eine Meinung gebildet habe – sie werden jetzt auch gemerkt haben, es dauert immer einige Zeit bis ich mir eine bilde –, dann ist es eine Meinung, die ich auch verfechte, und das empfinden manche als anstrengend. Aber auch das führt dazu, dass man geistig regsam bleibt. In diesem Sinne muss ich sagen, dass ich mich auf meine zukünftige Aufgabe freue. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Dr. Sarrazin! Nunmehr bitte ich Frau Dr. Heidi Knake-Werner, sich vorzustellen. – Sie haben das Wort!
Frau Dr. Knake-Werner: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin 1943 in Polen geboren. Ich bin in Wilhelmshaven aufgewachsen und habe dort bis zum Abitur die Schule besucht. Ich habe, im Unterschied zu Ihrer Vermutung, Herr Dr. Rexrodt, nicht in Moskau studiert, sondern an der guten traditionellen Alma Mater in Göttingen.
Okay! – Dort habe ich in den 60er Jahren studiert und zugegebenermaßen mit dazu beigetragen, manch unnötige traditionelle Zöpfe abzuschaffen.
In Moskau hatte ich die Gelegenheit, den Glasnost-Prozess des von Ihnen heute sehr geschätzten Michail Gorbatschow zu studieren. Das war für mich in der Tat eine sehr interessante Erfahrung, die sicher auch meinen späteren politischen Weg mit beeinflusst hat. Ich habe nach meinem Studium in Oldenburg an
der Oldenburger Universität gearbeitet. Ich habe dort im Zusammenhang mit der Arbeit promoviert. Danach habe ich in Bremen an der Universität gearbeitet.
1991 bin ich mit der PDS-Bundestagsgruppe nach Bonn gegangen und habe dort als Mitarbeiterin im Bereich Arbeit und Sozialpolitik gearbeitet. Ich bin von Beruf und von meinen Studien her Sozialwissenschaftlerin. Ich habe mich auch in meiner wissenschaftlichen Arbeit mit diesen Fragen wesentlich beschäftigt. Ich habe dann 1994 auf der Landesliste der PDS in Sachsen-Anhalt für den Bundestag kandidiert und bin in den Bundestag gewählt worden. Dort habe ich bis vor kurzer Zeit die Schwerpunkte Arbeits- und Sozialpolitik für die Fraktion bearbeitet. Ich war stellvertretende Ausschussvorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung.
Ich hatte mich im Oktober 2000 entschieden, die Funktion der ersten parlamentarischen Geschäftsführerin meiner Fraktion zu übernehmen. Das war auch keine ganz leichte Entscheidung. Das Amt hat mir Spaß gemacht. Bis heute hat es mir Spaß gemacht, ich bin ja auch noch in diesem Amt. Sicherlich war das mit ein Grund, dass ich auch gezögert habe, mich nunmehr für dieses Amt zu entscheiden.
Ich habe mich entschieden – wohl wissend, dass ich damit eine schwere Aufgabe übernehmen werde, die auch für mich eine große Herausforderung darstellt. Dessen bin ich mir bewusst.
Und ich bin mir auch bewusst, dass diese Aufgabe nicht zu bewältigen sein wird ohne die Erfahrungen, die Kompetenz und die Kenntnisse der Menschen, die in den Behörden arbeiten und dort ihre Aufgaben wahrgenommen haben, und derjenigen, die außerhalb im so genannten außerparlamentarischen Bereich genau von diesen Themenfeldern betroffen sind. Eines will ich hier deutlich sagen: Ich werde versuchen, alle diese Menschen für mich zu gewinnen und sie dafür zu gewinnen, dass sie die Arbeit unterstützen und mit mir gemeinsam um die besten Lösungen auf diesen Feldern ringen.
Ich gelte bei meinen Kolleginnen und Kollegen als teamfähig, als ziemlich entschlossen, aber auch als dialog- und konsensbereit. Das verstehe ich als Angebot nach innen und nach außen. – Vielen Dank!
Ja, viele kennen den. Das stimmt. Aber einige wollen ihn noch kennenlernen. – Bitte schön! Sie haben das Wort, Herr Dr. Flierl!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin Berliner, 1957 geboren, in Pankow aufgewachsen und dort auch zur Schule gegangen. Ich habe 1976 das Abitur gemacht und dann fünf Jahre Philosophie an der Humboldt-Universität studiert – anschließend Forschungsstudium an der Sektion Ästhetik/Kunstwissenschaften.
Danach war ich im Kulturbereich tätig, im Zentrum für Kunstausstellungen und später von 1987 bis 1990 unter drei Kulturministern – also auch in der Zeit der politischen Wende in der DDR – im Kulturministerium der DDR. Dort war ich zunächst zuständig für Grundsatzarbeiten für internationale Zusammenarbeit. Da ging es um die Entwicklung europäischer Konzepte aus der Perspektive der Überwindung des Ost-West-Gegensatzes. Ein eklatanter Widerspruch, den ich da erfahren habe, war etwa der zwischen der immer starrköpfiger werdenden Innenpolitik und den Möglichkeiten der Öffnung im auswärtigen Bereich. Dieser Widerspruch war ja auf Dauer nicht aufrechtzuerhalten. In dieser Zeit hatte ich auch Kontakte und Kooperationen mit vielen Institutionen im Westteil der Stadt. Man kennt mich also auch in diesem Bereich durchaus. Aus diesen Zusammenhängen resul
tiert z. B. meine Mitarbeit im Arbeitsausschuss der Stiftung Topographie des Terrors, in der ich seit Jahren mitarbeite. Schließlich war ich in der Übergangszeit dann Ko-Vorsitzender der Arbeitsgruppe Kultur im Regionalausschuss Berlin-Brandenburg.
In dieser Zeit war ich in der SED, aber reformpolitisch orientiert. Wenn vorhin zu Recht auf die schwierige Zeit von 1976 hingewiesen wurde, ist es keine Entschuldigung, wenn ich sage, dass ich damals 19 Jahre alt war. Ich habe aber sehr gute Erinnerungen, wie frustrierend die Atmosphäre damals war. Natürlich hatte man auch Kenntnisse von den Auseinandersetzungen und hat daran auch sehr eng Anteil genommen. Dass ich mich nicht immer nur Ja-sagend – auch nicht in der SED – verhalten habe, ist bekannt. Ich wurde aufgrund öffentlicher Kritik am Abriss eines denkmalgeschützten Bauwerkes der Industriekultur in Berlin von der Universität verabschiedet und war dann – wie gesagt – im Kulturbereich tätig.
1990 bis 1996 war ich Leiter des Kulturamtes Prenzlauer Berg. Das verstehe ich als einen Nachweis, dass PDS-nahe kommunale Kulturarbeit durchaus dazu beitragen kann, kulturelle Strukturen zu erhalten, neue Vielfalt zu ermöglichen und das Neue aufzunehmen. Insofern ist dieser Lernprozess, der uns durch die Veränderung im Osten gegeben war, natürlich etwas, was mich im starken Maße geprägt hat. Ich war dann 1995 bis 1998 – daher kennen mich auch einige der hier anwesenden Kolleginnen und Kollegen – Mitglied des Abgeordnetenhauses für die PDS und 1998 bis 2000 Baustadtrat in Berlin-Mitte.