Danke schön, Herr Kollege Goetze! – Das Wort für die Fraktion der PDS hat nunmehr der Kollege Wechselberg. – Bitte schön, Herr Wechselberg! Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei Steuermindereinnahmen in Höhe von 125 Milliarden € finde ich es allemal angemessen – auch wenn ich es lieber bei einer anderen Gelegenheit täte –, über die Steuerpolitik in der Bundesrepublik Deutschland zu sprechen und sich hier, im Abgeordnetenhaus, im Haushaltsnotlageland Berlin, darüber zu verständigen, wie wir die Krise, die in diesen Steuermindereinnahmen zum Ausdruck kommt, gemeinsam bewältigen. Sie beabsichtigen mit Ihrem Schaufensterantrag etwas zu tun, was ich in einer föderalen Gemeinschaftsordnung ziemlich abwegig finde. Aus dem Umstand, dass die Bundesebene – wahlweise die SPD oder eine zweite andere Partei – etwas will, zu folgern, wir müssten dies dann in Berlin auch wollen. Meiner Partei geht es gelegentlich auch so, dass wir in Berlin andere Positionen vertreten als unsere Bundespartei, damit muss man leben.
Lassen Sie mich noch zu einem anderen Thema etwas sagen: zu dem Problem, dass CDU und FDP das sehr gute und weit reichende Steuersubventionsabbaugesetz von Rot-Grün, das – was wir völlig richtig finden – versucht, bestimmte Fehlentwicklungen bei den Unternehmensteuern, bei den Belastungen von Unternehmen und Vermögenden zu korrigieren, im Bundesrat so weit blockiert haben, dass wir statt der 15 Milliarden €, die daraus resultieren sollten, nur noch gerade einmal 4 Milliarden € erhalten. Wenn man solch eine Politik betreibt, muss man sich nicht darüber wundern, dass uns die Finanzierung unseres Gemeinwesens immer schwerer fällt.
Deshalb sind Ihre Krokodilstränen auch völlig fehl am Platz. Deshalb wollen und müssen wir darüber reden, wie wir die finanzielle Basis, auf der unser Gemeinwesen steht, halbwegs wieder organisiert bekommen. Das bedeutet, dass diejenigen, die mehr haben, auch mehr abgeben müssen. Das ist der Grundsatz, dem sich Politik in Berlin verpflichten sollte. Deswegen werden wir Ihren Schaufensterantrag ablehnen. – Ich danke!
Danke schön! – Jetzt hat der Kolleg Eßer für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. – Bitte schön, Herr Eßer!
Das finden die gelegentlich ganz schlecht was wir hier machen, ich finde es oft richtig. Und in diesem Fall ist es eben so, dass das Haushaltsnotlageland Berlin und die rotrote Koalition jeweils eine andere Position vertreten als die Bundesregierung.
Das finde ich selbstverständlich. Wir wollen eine Vermögensteuer ganz ausdrücklich – Herr Dr. Lindner, das haben wir Ihnen auch schon mehrfach gesagt –, und zwar nicht nur deshalb, weil sie für das Haushaltsnotlageland Berlin 300 Millionen € bringt, sondern weil es auch ein Grundprinzip des Sanierungsprozesses ist, vor dem wir stehen, dass wir versuchen, eine möglichst faire Lastenverteilung zu erreichen, und dass wir diejenigen in besonderem Maße heranziehen, die Vermögen haben.
Wir haben ansonsten das Problem – das wird Ihnen nicht entgangen sein –, dass wir gerade Ihre Klientel mit unserem Sanierungsprozess kaum erreichen, weil sie in der Regel nicht auf öffentliche Leistungen und den lokalen Staat angewiesen sind. Wir wollen jedoch, dass es möglichst gerecht zugeht, soweit es auf Landesebene möglich ist. Deshalb wollen wir solch ein Instrument wie eine Vermögensteuer haben.
Hinsichtlich der Abgeltungsteuer findet in der Bundesrepublik Deutschland inzwischen eine ziemlich vehemente Debatte darüber statt, welche Wirkung sie hat. Der CSU-Landesfinanzminister Faltlhäuser erklärt explizit: Das mit der Abgeltungsteuer kann man nicht machen, weil das zu Mindereinnahmen für die öffentliche Hand führt. – Ich kann auch aus dem Referentenentwurf der Bundesregierung zitieren: „Das führt zu entsprechenden strukturellen Mindereinnahmen.“ Den Mechanismus, auf dem das basiert, hat sehr gut und ausführlich der Kollege Zackenfels dargestellt, weil es in erster Linie um eine strukturelle Änderung geht, die das Gesamtaufkommen aus den Zinserträgen, das im Moment bei einem Steuersatz von 35 % liegt, um 10 % absenkt und dann pauschal nur noch 25 % beträgt. Daraus resultiert eine entsprechende Verminderung des Aufkommens aus dieser Ertragsart. Dazu sage ich Ihnen: Ich finde es völlig unangemessen, dass wir angesichts der Krise des Finanzwesens dieses Landes darüber sprechen, weitere Steuersubventionen an Besserverdienende und Vermögende auszureichen. Um nichts anderes handelt es sich.
Andere mögen, weil sie andere Spielräume sehen, eine andere Haltung haben, aber das ist aus Sicht des Haushaltnotlagelandes Berlin die einzige Debatte, die man dazu führen kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Lindner! Ich habe nachgerechnet und meine Reden herausgesucht: Über die Vermögensteuer haben wir hier bereits zweimal diskutiert.
Ich werde den Teufel tun und zum dritten Mal wiederholen, was ich versucht habe, Ihnen und den Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion – damals sprach Herr Kurth über die Steuergesetzgebung – ins Stammbuch zu schreiben. Neue Argumente habe ich heute keine gehört, und neue Beschlusslagen sind nicht zu erwarten. Dieses Haus hat sich dafür ausgesprochen, die Vermögensteuer wieder zu erheben, und dabei wird es sicherlich bleiben – auch nach dieser namentlichen Abstimmung. Ob aus diesem Beschluss des Abgeordnetenhauses etwas wird, darüber entscheidet der Bundesrat.
Über die Abgeltungsteuer wiederum hat der Bundestag entschieden, und auch dieses Unternehmen liegt, wie die gesamte Steuergesetzgebung, zurzeit im Bundesrat auf Eis.
Ich weiß wirklich nicht, welchen praktischen Nutzen Ihre wiederholten Anträge zu diesem Thema hier im Abgeordnetenhaus haben sollen, Herr Lindner.
Gestern gab es eine solch sehr ernsthafte Diskussion im Hauptausschuss, aber da waren Sie wieder einmal nicht da, Herr Lindner, sondern haben Ihren Kollegen Matz die Arbeit machen lassen. Ich will Ihnen aber gern davon berichten und mich in der Gliederung an die Darstellung des Finanzsenators halten, die verdeutlicht das Problem nämlich ganz gut. Der Finanzsenator hat uns erklärt – das können wir auch alle gut nachrechnen – rund 5 bis 5,5 Milliarden €, abhängig vom Zinssatz, beträgt die Deckungslücke, die wir im Landeshaushalt schließen müssen. 1,5 Milliarden € Zinsersparnis muss dazu die
Entschuldung durch die bundesstaatliche Gemeinschaft beitragen, oder auch nur 1,2 Milliarden €. Eine weitere Milliarde € bringt der Ausstieg aus der Wohnungsbauförderung. Hier wüsste ich sowohl von der CDU als auch der FDP gern: Sind Sie für diese beiden Schritte, die immerhin 2,5 Milliarden €, also den größten Brocken, von diesem Finanzloch abbauen, oder sind Sie es nicht? Haben Sie Konzepte und Vorschläge, oder haben Sie sie nicht?
Eine weitere Milliarde, darüber besteht Einigkeit, bringt der Personalabbau. Dann bleiben noch 2 Milliarden € übrig, die der Finanzsenator bei den konsumtiven Ausgaben einsparen will. Das ist der Knackpunkt, an dem der Regierende Bürgermeister, sein Finanzsenator und seine rot-rote Koalition jetzt vor dem Offenbarungseid stehen. 2 Milliarden €, denke ich, sind hier nicht drin, jedenfalls dann nicht, wenn man die Zukunftschancen Berlins in Bildung, Wissenschaft und Kultur nicht zerstören und einen Rest an Sozialstaatlichkeit aufrecht erhalten will. Wenn man solche Kürzungen wirklich ernsthaft machen wollte, würde man die Zukunftsressourcen Berlins derart zerstören, dass an einen wirtschaftlichen Aufschwung, der Berlin wenigstens zum Bundesdurchschnitt aufschließen lässt, nicht mehr zu denken ist. Die Wirtschaft hat darauf deutlich hingewiesen. Wenn wir das sehr ernst nehmen und das überprüfen, haben wir ein weiteres Loch von 800 Millionen € bis 1 Milliarde €, die man eben nicht über die Ausgabenseite, wie Herr Sarrazin es vorgeschlagen hat, auffangen kann. Da gibt es jetzt die neue Diskussion. Am Ende der Rosskur sind 800 Millionen € bis 1 Milliarde € noch offen, die über die Einnahmeseite erzielt werden müssen.
Ich schlage Ihnen vor: Gehen Sie rüber zur Leipziger Straße, rütteln Sie an den Toren des Bundesrats und rufen Sie: Ich will hier rein!
Falls man – wie zu erwarten – Sie dort nicht hinein lässt, können Sie sich ganz alternativ dort anketten und unter dem Transparent „Abgeltungsteuer statt Vermögensteuer“ in den Hungerstreik begeben.
Ich fürchte bloß, solcher Heroismus ist so überflüssig wie Ihr Antrag, weil jeder, der eine Zeitung lesen kann, weiß: Der Bundesrat wird vermutlich keine neue Vermögensteuer beschließen. Das kann man gut finden, wie Sie, oder schlecht, wie ich, in jeden Fall braucht es dazu keine Initiativen und keine Anträge der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus.
Wissen Sie, Herr Lindner, in der Geschichte hat es gewisse radikale Strömungen von links – die sind mir nicht ganz unbekannt – und auch von rechts gegeben, die hielten Parlamente für sinnlose Schwatzbuden, die sich bestenfalls als Tribüne des Kampfes nutzen ließen. Ich habe das Gefühl, Ihr Marktradikalismus führt offenbar zu sehr ähnlichem Verständnis von parlamentarischer Arbeit. Denn Sie stellen hier immer wieder Anträge, die Sie für hoch symbolisch halten, vielleicht irgendwo aus einem Internet-Vorrat Ihrer Partei holen, die aber keinerlei Bezüge zur Berliner Realität und meistens überhaupt keinen Bezug zur praktischen Umsetzung haben.
Die sind alle nach dem Motto: Gut, dass wir darüber gesprochen – so, wie der heute auch – und eine liberale Duftmarke gesetzt haben. Wissen Sie, Duftmarken gehören in das Hundesauslaufgebiet,
aber nicht in das Parlament – hier gebe ich dem Kollegen Wechselberg, mit dem ich mich häufig befehde, Recht –, nicht in ein Parlament, das sich ernsthaft mit der existenzgefährdenden Finanzkrise dieser Stadt auseinander zu setzen hat.
Herr Lindner, weil Sie so gern an die Ampel-Gespräche erinnern: Ich kann mich erinnern, weder die SPD noch die FDP wollte diese beiden Schritte damals tun. Ich als Grüner bin froh, dass wir sie tun.
Der wichtigste Faktor dafür, darin sind wir uns einig, ist, dass Berlins Wirtschaftskraft den Bundesdurchschnitt erreicht. Ich habe das hier schon einmal gesagt, das wären 800 Millionen € mehr nach Finanzausgleich. Erst hier kommt die Vermögensteuer, hier ordne ich sie ein. Ich bin dann allerdings anderer Meinung als Sie. Auch die 150 Millionen €, die die Vermögensteuer bis Mitte der 90er Jahre jährlich gebracht hat, wären in diesem Zusammenhang nicht zu verachten.
Ich bin am Schluss. – Zumal ich nicht glaube, Herr Lindner – das ist das letzte Wort –, dass diese Steuer den Wirtschaftsaufschwung in Deutschland ernsthaft behindern würde. – Danke!
Nunmehr folgt die Abstimmung über die Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 15/119. Der Fachausschuss hat mehrheitlich die Annahme der Vorlage emp
fohlen. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, dazu getrennte Abstimmungen durchzuführen. Ich lasse zunächst über die Nr. I abstimmen, und zwar zuerst über die Flächennutzungsplanänderung unter Ziffer 1: Trabrennbahn Karlshorst. – Wer dem seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das waren die Fraktionen von SPD, PDS und FDP. Gegenprobe! – Das sind die Fraktionen von CDU und Grünen. Damit ist der Antrag angenommen. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall.
Die Ausschüsse empfehlen jeweils mehrheitlich gegen die Fraktion der CDU und die Fraktion der FDP die Ablehnung des Antrags. Wer dem Antrag mit der Drucksachennummer 15/1174 dennoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich gleich um die namentliche Abstimmung.
Hat jeder seine Karte? Das gelbe Licht? – Noch nicht drücken, es ist noch nicht so weit. Das gelbe Licht leuchtet überall? Funktioniert alles? – Herr Felsberg passt auf. Dann starte ich die Abstimmung!