Protokoll der Sitzung vom 26.06.2003

[Beifall bei der CDU]

[Beifall bei der SPD]

Das sind am Tag mehrere Hundert, die Sie aufzählen können. Das alles wollen Sie videoüberwachen? – Ich glaube nicht, dass Sie das wirklich wollen.

Ich danke Ihnen für den Beitrag, der meinen Punkt noch einmal ganz klar gemacht hat: Wir müssen den Menschen zeigen, dass echte Sicherheit nicht durch Kameras, sondern durch Polizisten vor Ort entsteht. Sie werden sich davon überzeugen lassen. Deswegen, liebe Kollegen von der CDU, spielen Sie nicht mit den Ängsten! Hier geht es nicht um einen Wettbewerb um den größten Sheriffstern, sondern um objektive Verbesserungen der Sicherheitslage. Dazu ist dieses Instrument offensichtlich nicht geeignet. Deshalb werden wir es weiterhin ablehnen.

[Beifall bei der FDP, der PDS und den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege Ritzmann! – Die PDS folgt, und das Wort hat Herr Kollege Zillich. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gute an diesen beiden aufeinander folgenden Rederunden ist, dass sie die ganze Palette der sicherheitspolitischen Vorschläge im Berliner Parlament offen legen. Ich glaube, dass sich die Koalition in dieser Palette in dem, was sie tut, sehr gut und richtig am eher liberaleren Rand dieser Palette bewegt.

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

zumal man sich damit schon oft und viel zu ernsthaft auseinander gesetzt hat.

Der zweite Antrag, den Sie vorlegen, setzt sich damit auseinander, was die Verkehrsunternehmen für mehr Sicherheit tun können. Darüber wir man sich vor allem im Verkehrsausschuss auseinander setzen müssen, sicherlich auch unter der Prämisse, welchen Investitionsbedarf man den Verkehrsunternehmen in Berlin zumuten kann und darf. Aber eines ist letztlich klar: Die meiste Sicherheit auf Bahnhöfen und in Zügen bringt, wenn sie angenommen werden, wenn viele Menschen mit ihnen fahren, wenn es dort voll ist. Insofern sollte es vor allem darum gehen, ein attraktives Verkehrsangebot anzubieten, und dies muss insbesondere unter verkehrspolitischen Aspekten diskutiert werden. – Danke!

Danke schön, Herr Kollege Zillich! – Letzter in der Rednerliste ist Herr Ratzmann von Bündnis 90/Die Grünen. – Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die hier erneut eingebracht Forderung nach Einführung einer Rechtsgrundlage zur Ausweitung der Videoüberwachung – denn das ist wohl Ihr Gesetzesantrag, Herr Henkel – mag zwar eine der Hauptforderungen Ihrer Partei zu sein, aber so viel Interesse sehe ich in Ihren Reihen nicht, diese Hauptforderung weiter umzusetzen bzw. der Debatte dieser Hauptforderung zu folgen.

Immer wieder Videoüberwachung – in der Tat, bei jedem Anlass fällt der CDU die Videoüberwachung ein. Insofern ist die CDU ehrlich: Wenn man sich ihre Begründung ansieht, heißt es dort im ersten Satz:

Die Einführung der Videoüberwachung so genannter gefährlicher Orte ist seit langem eine der Hauptforderungen der CDU-Fraktion.

[Beifall bei der CDU]

Ich glaube, die Begründung hätte dort aufhören können, denn nichts anderes, als dass es eine Hauptforderung von Ihnen ist, ist der Grund, weshalb Sie diesen Antrag einbringen. Eine konkrete Verbesserung der Sicherheitslage oder ein gutes Instrument versprechen Sie sich damit nicht. Herr Henkel, Sie haben völlig Recht, die Koalition und der Senat haben nicht die Videoüberwachung öffentlicher Plätze eingeführt, sie wollte das nicht, sie hat es auch nicht verschämt vermieden, nein, wir sind der Auffassung, dass allenfalls eine Videoüberwachung konkreter gefährdeter Objekte unter strengen Restriktionen in Frage kommt. Wir sagen ganz deutlich und nicht zum ersten Mal – insofern auch für alle nicht überraschend, und deswegen braucht man sich darum nicht herumzudrücken –, eine Videoüberwachung gefährlicher Orte und öffentlicher Plätze kommt für uns nicht in Frage.

Viele Argumente sind schon genannt worden. Das grundsätzliche Problem ist, dass öffentliche Plätzen sich gerade dadurch auszeichnen, dass Menschen dort ungehindert miteinander kommunizieren und zusammenkommen können, dass dort Öffentlichkeit entsteht. Genau dort wäre der Konformitätsdruck, den der Kollege Ritzmann aus der Entscheidung des Verfassungsgerichts zitiert hat, eine sehr fragwürdige Entwicklung für eine offene Demokratie. Deswegen wollen wir keine Videoüberwachung öffentlicher Plätze. Es ist auch kein wirksames Instrument.

Umso schwieriger ist es, dass Sie bei fast jeder sich bietenden Gelegenheit auf dieses alte Instrument zurückkommen.

[Gram (CDU): Ist auch nötig!]

Insbesondere der Zusammenhang mit dem 11. September ist einer, der sich nahezu selbst entlarvt, denn solche Anschläge sind keineswegs mit auch nur irgendeiner Überwachung von öffentlichen Plätzen zu verhindern. Insofern wird jeder Anlass genommen, um einen Vorschlag, der allenfalls einen propagandistischen Effekt für Sie haben soll, immer wieder vorzubringen. Neue Argumente kommen nicht hinzu. Deswegen wird man es leid, immer wieder zu sagen, es ist nicht wirksam, es bringt einen Verdrängungseffekt, es bringt keine strukturelle Kriminalitätsbekämpfung, es ist viel wirksamer, wenn man Polizisten auf der Straße hat, und natürlich kommt eine Videokamera nicht herunter und hilft. Deswegen ist es keine Forderung, mit der man sich ernsthaft auseinander setzen muss,

[Beifall bei der PDS]

[Beifall bei der PDS – Henkel (CDU): Wenn sie sauber und sicher sind, werden sie auch angenommen!]

Eines hat die Debatte gebracht: Wir konnten zumindest den Kulturpolitiker Herrn Brauer heute erfreuen, der sich über das Wort „Tatbegehungsstrukturen“ von Herrn Trapp, über die Vielfältigkeit der deutschen Sprache so gefreut hat, dass es schon eine Erheiterung für ihn war, dieser Debatte zu lauschen!

[Brauer (PDS): Ja, danke, Herr Trapp!]

Ansonsten finde ich diese Debatte nicht sehr erheiternd. Es ist nur ein Abklatsch dessen, was wir vor kurzem schon zur Änderung der Rechtsgrundlage zur Einführung von Videoüberwachung debattiert haben, damals noch von SPD und PDS getragen, allerdings mit einem weniger umfassenden Eingriff. Aber auch dieses Gesetz hatte es schon in sich, denn auch damit ist bereits weit reichend in Grundrechte eingegriffen worden. Damit haben Sie den Vorgriff erst einmal getan und haben diese Art der Überwachung mit in das ASOG eingeführt.

Herr Henkel, Ihr Gesetzentwurf ist nicht nur überflüssig, weil es ein Instrument versucht zu implementieren, das wir zum Teil in einem eingeschränkten Bereich schon haben, sondern es ist auch handwerklich im Rahmen des ASOG nicht zu vertreten. Allein die Überschrift: Sie greifen die Datenerhebung bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen auf. Das ist bereits in § 24 ASOG geregelt, den brauchen Sie nicht noch einmal aufzugreifen. Das Gefährliche, das Sie mit Ihrem Gesetzentwurf zu implementieren versuchen, ist, dass in Teilberei

Im Bereich der Bahn – auch darauf ist hingewiesen worden – geht das sowieso alles schon. Dort haben wir privatrechtlich organisierte Räume, und die Bahn macht es ja. Sie macht es allerdings sehr uferlos und setzt es nicht nur zu der von Ihnen beschworenen Kriminalitätsbekämpfung ein, sondern auch zur Fernhaltung von in ihrem Sinne unerwünschten Personen. Dies muss man kritisch betrachten, wie auch das Bundesverwaltungsgericht schon sehr früh festgestellt hat, dass die Struktur des gläsernen Menschen nicht dazu führen darf, dass wir die Sauberkeit innerhalb der Gesellschaft auf diese Art und Weise durchsetzen wollen. – Danke!

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zum Antrag Drucksache 15/1827 empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und zum Antrag Drucksache 15/1832 ebenfalls – dort federführend – an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und mitberatend an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr. – Dies ist ohne Widerspruch so beschlossen.

Die Große Anfrage unter der lfd. Nr. 13 hatten wir bereits mit der Aktuellen Stunde behandelt.

chen von öffentlich zugänglichen Orten und Räumlichkeiten personenbezogene Daten erhoben, übertragen und aufgezeichnet werden sollen. Das ist genau die flächendeckende Videoüberwachung, die Sie in diesem Bereich ermöglichen.

[Zuruf des Abg. Henkel (CDU)]

Sie negieren wieder das, was Herr Garska uns damals bei der Einführung der Videoüberwachung durch SPD und PDS ins ASOG gesagt hat. Sie differenzieren in keiner Weise hinsichtlich der Eingriffstiefe und der Voraussetzungen für die Eingriffe in Bezug auf die Erhebung, die Übertragung und die Aufzeichnung von Bildern. Genau das ist es gewesen, was von sämtlichen Datenschützern der Bundesrepublik kritisiert worden ist, dass es überhaupt keine Differenzierung gegeben hat.

Dass Ihr Instrument, das Sie als ein sinnvolles der Kriminalitätsbekämpfung lobpreisen, nichts taugt, hat sich in vielfältigen Studien ergeben, und zwar in seriösen Studien und nicht in jenen, auf die Sie sich offensichtlich berufen, die hauptsächlich wohl Gefälligkeitsgutachten für die Elektronik- und Überwachungsindustrie gewesen sind, die natürlich bestätigen, dass das das allein seligmachende Mittel der Kriminalitätsbekämpfung sei.

[Zuruf des Abg. Henkel (CDU)]

Selbst die Polizei, auf die Sie sich ja immer so gerne beziehen, hat sich sehr kritisch zu diesem Instrument geäußert. Sie wissen sehr genau, dass sich in Brandenburg die GdP vor einem Jahr dagegen ausgesprochen hat, das bereits eingeführte Projekt der Videoüberwachung fortzuführen, weil sie gesagt hat, wir leisten uns einen teuren Quatsch, der nichts bringt, der einzig und allein dazu führt, dass Kriminalitätsschwerpunkte verlagert werden, und der zudem noch dazu führt, dass es Personalabbau bzw. Arbeitsplätze minderer Qualität gibt, weil die Beamten und Beamtinnen, die darauf eingesetzt wurden, diese ihnen zugewiesenen Aufgabe als Abschiebeposten begriffen haben.

[Zuruf des Abg. Henkel (CDU)]

Dass das Ganze nichts taugt, ergibt sich aber nicht nur für den ländlichen Bereich Brandenburgs, wo es natürlich andere Kriminalitätsstrukturen gibt, da gebe ich Ihnen Recht, sondern es ergibt sich auch aus einer wissenschaftlichen Untersuchung, die in London angestellt wurde. Das Fazit dieser Untersuchung in London war: Straßenlaterne schlägt Videokamera. Der Kriminalitätsrückgang, der auf Grund der Installation von Videokameras verzeichnet werden konnte, lag bei 4 %. Wenn in ähnlich strukturierten Bereichen mehr Straßenlaternen angebracht worden waren, lag der Kriminalitätsrückgang bei 7 %. Das heißt, dass durch viel einfachere Mittel, die städtebaulich umgesetzt werden konnten, genau die gleichen kriminalitätsmindernden Merkmale zu verzeichnen waren. Wir täten besser daran, uns in Berlin um vernünftige Straßenbeleuchtung und in Kriminalitätsschwerpunkten um mehr Personal zu kümmern, anstatt wieder teuren technischen Klumpatsch an irgendwelche Laternen zu hängen, der nichts bringt.

[Beifall bei den Grünen und der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Die lfd. Nr. 12 ist bereits durch die Konsensliste erledigt.

Die lfd. Nr. 14 steht als vertagt ebenfalls auf der Konsensliste.

Dadurch kommen wir jetzt schon zu

lfd. Nr. 15:

Große Anfrage

Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit – Schattenhaushalte beenden

Große Anfrage der Grünen Drs 15/1754

Die Begründung durch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erfolgt durch Herrn Kollegen Schruoffeneger.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Große Anfrage haben wir am 3. Juni dieses Jahres eingebracht, also vor dreieinhalb Wochen. Wir scheinen ein sehr schwieriges Thema angesprochen zu haben, denn die eigentlich zugesagte schriftliche Beantwortung liegt nicht vor. Ich weiß nicht, ob es Schlamperei des Senats ist, oder ob dem Finanzsenator die Antwort bis heute nicht klar ist. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, was er uns dazu zu erzählen hat.