Für die Beratung steht uns eine Redezeit von bis zu 5 Minuten pro Fraktion zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der Grünen. Das Wort hat Frau Kollegin Oesterheld. – B
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Sarrazin! Liebe Aufsichtsratsmitglieder der Bankgesellschaft! Die Pleiten der vergangenen Jahre haben dazu geführt, dass das Vertrauen in das System der Jahresabschlüsse und Bilanzen unserer Unternehmen nachhaltig zerstört wurde. Deshalb wurden neue Regeln für Unternehmensleitung und Unternehmenskontrollen zu ihrer Überwachung eingeführt, damit nicht nur die Anleger, sondern auch das internationale Kapital wieder Vertrauen in die Unternehmen der Bundesrepublik gewinnen können. Diese Regeln nennen sich CorporateGovernance-Kodex und werden auch von der Bundesregierung regelmäßig weiter fortgeschrieben. Es gibt ein 10Punkte-Programm, in dem die gewünschten Veränderungen enthalten sind.
Nun steht es aber jedem Unternehmen und so auch der Bankgesellschaft frei, sich selbst Regeln zu geben, Regeln, die über diese Regelungen, die im Kodex festgeschrieben sind, hinausgehen können. Das haben mehrere Unternehmen und Banken gemacht, dass sie in dem Moment, in dem sie in die Krise wegen irgendwelcher Vorkommnisse geraten sind, mit solchen Unternehmensrichtlinien eingestiegen sind, die sie auch veröffentlicht haben. Bestimmte Veröffentlichungen haben sie über ihre Gesellschaft vorgenommen. Sie haben tatsächlich zu einer größeren Vertrauensbildung geführt.
Warum es mir so dringlich ist, es jetzt zu diskutieren, möchte ich erklären. Wir haben in einer Woche die Hauptversammlung der Bankgesellschaft Berlin. Herr Sarrazin, wie kommen Sie eigentlich dazu, bei der Hauptversammlung begründet mit dem Corporate-GovernanceKodex und dem TransPuG ausschließlich als Satzungsänderung zu verlangen, dass man Bilanzergebnisse im Bundesanzeiger veröffentlicht und die Aufsichtsratsvergütungen erhöht? Warum haben Sie nicht dafür gesorgt, dass die Bank selbst in ihrem eigenen Interesse weitestgehende Verhaltensrichtlinien aufstellt, um ein Stück weit das Vertrauen zurückzugewinnen, das sie in den letzten Jahren berechtigt verloren hat?
Sie können über diese Regeln hinausgehen. Es gibt viele Unternehmen, die das getan haben. Wenn Sie wollen, dass die Bankgesellschaft Berlin wieder ein größeres Ansehen erlangt, sollten Sie das auf diese Art und Weise tun. Stattdessen bieten Sie den anderen Aktionären an, die Gelder der Aufsichtsratsmitglieder zu erhöhen, während wir im Untersuchungsausschuss noch darüber streiten, wie man die Aufsichtsratmitglieder zur Verantwortung
ziehen kann. Ich habe keine Lust, irgendjemanden mehr Geld zu geben, wenn ich nicht gleichzeitig seine Verantwortung und seine Aufgabenstellung erweitere.
Danke schön! – Es folgt die Fraktion der SPD. Das Wort erhält der Herr Kollege Dr. Flemming – bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Oesterheld! Sie rennen offene Türen ein. Wir sind mit vielen Ihrer Vorschläge einverstanden, sind allerdings der Auffassung, dass wir nicht nur appellieren, sondern im Rechtsausschuss prüfen sollten, welche rechtliche Möglichkeiten wir haben, das auch wirklich umzusetzen. Deshalb beantrage ich, dass der Antrag nicht nur an den Wirtschafts- und den Hauptausschuss überwiesen wird, sondern auch an den Rechtsausschuss, der prüfen soll, welche Ihrer Anregungen, die von uns durchaus unterstützt werden, umgesetzt werden können. Mehr ist dazu nicht zu sagen. – Danke!
Danke schön, die Uhr zeigt Null. Vielen Dank für diese vorbildliche Redezeitdisziplin. – Für die CDU-Fraktion folgt der Herr Kollege Stadtkewitz – bitte schön, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es tut mir Leid, so kurz kann ich es nicht machen. Ich glaube, das war auch ein bisschen dünn, was Herr Flemming hier gebracht hat.
Nun zu den Forderungen der Grünen. Diese stärken auf der einen Seite die Aufsichtsräte und machen Schluss mit der teils undurchschaubaren Rolle von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, insbesondere von Testaten von Jahresabschlüssen. Auch dies, das hat der Untersuchungsausschuss gezeigt, ist außerordentlich wichtig. Wenn gefordert wird, dass ehemalige Aufsichtsratsmitglieder nicht in den Vorstand berufen werden sollen, dann ist das
aus unserer Sicht sinnvoll. Es darf keinen Automatismus geben, dass Vortandsmitglieder gleitend in den Aufsichtsrat wechseln. Der Aufsichtsrat muss unabhängig sein, insbesondere durch seine Personen. Nur so kann er die wichtigen Aufgaben der Kontrolle und Überwachung der Aktivitäten des Vorstandes auch wahrnehmen. Es macht keinen Sinn, wenn Aufsichtsratmitglieder darüber urteilen sollen, ob sie in der Vergangenheit, in ihrer Vorstandzeit, Richtiges vollbracht haben. Richtig ist auch, dass der Aufsichtsrat durch einen ihm untergeordneten Prüfungsausschuss die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auswählt, die dann – nur für eine begrenzte Zeit – die Abschlussbilanzen testiert, die Testate direkt dem Aufsichtsrat übergibt und vor allen Dingen keine Beratungs- und Gutachteraufträge nebenher für die gleiche Gesellschaft vornehmen darf. Dies alles stärkt nicht nur den Aufsichtsrat, sondern schafft auch mehr Transparenz. Wenn diese Forderungen über den Kodex hinausgehen, dann begrüßt die CDU-Fraktion dies und unterstützt den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ausdrücklich.
Als Mitglied des Untersuchungsausschusses kann ich ein Lied davon singen, wie die mangelnde Transparenz, gepaart mit fehlendem Gesamtcontrolling in der Addition mit vielen anderen Ursachen zu dieser Bankenkrise geführt haben. Auch wenn wir längst nicht alle Ursachen kennen, kann dennoch eines klar gesagt werden: Die mangelnde Transparenz und ein dadurch möglicherweise unüberschaubar gewordenes Handeln einiger Akteure, insbesondere der Tochtergesellschaften wie IBG und IBAG, tragen die Hauptverantwortung. Die Politik hat versagt, weil sie ihr Kontrollrecht nicht ausreichend wahrgenommen hat. Ob die Vorschläge dieses Antrags ausreichen, vermag ich nicht einzuschätzen. IBG und IBAG werden wir damit nicht ausreichend erreichen. Dennoch ist dies ein Schritt in die richtige Richtung. Wir unterstützen deshalb diesen Antrag und finden es richtig, dass er eingebracht worden ist. – Danke!
Die Überweisung in einen Ausschuss ist, wie wir wissen, manchmal auch die gewollte Beerdigung eines Antrags, zumindest ein zeitliches Verschieben. Wenn Sie es gar in mehrere Ausschüsse überweisen, wissen wir ganz genau, was dabei herauskommt.
Wir reden heute wieder über die Bankgesellschaft, und wieder geht es um mehr Transparenz. Das Thema kann uns gar nicht wichtig genug sein, so dass wir auch zu dieser späten Stunde darüber sprechen. Transparenz kann Vertrauen sowohl der Kunden als auch der Gesellschaft, der Aktionäre, aber auch der Mitarbeiter wieder zurückgewinnen. Gerade die Arbeit im Untersuchungsausschuss zur Bankgesellschaft hat deutlich gemacht, welche Defizite der Konzern Bankgesellschaft in Sachen Transparenz hatte und immer noch hat. Nicht nur für ihre Kunden ist diese Bank ein undurchsichtiges Konstrukt geworden, bei dem nicht einmal mehr verantwortliche Mitarbeiter den Durchblick hatten. Ob sie ihn heute haben, wissen wir immer noch nicht. Vielleicht ist die Bankgesellschaft einfach nur zu groß geworden, am Ende ist es aber die mangelnde Transparenz gewesen, die letztlich dazu geführt hat, dass viel zu wenige die Risiken erkannt haben, Risiken, die uns noch lange beschäftigen werden. Damit meine ich nicht nur die Inanspruchnahme des Landes Berlin auf Grund der Bürgschaft, sondern auch solche Risiken, über die wir heute noch gar nicht gesprochen haben, die noch gar nicht genannt wurden, die wir noch gar nicht gesehen haben. Wollen wir die ohnehin vorhandenen Risiken nicht weiter erhöhen und soll die Bankgesellschaft – in welcher Form auch immer – eine Zukunft haben, braucht sie ein neues Image. Hierin gebe ich der Kollegin Oesterheld Recht.
Weil Sie, Herr Sarrazin, gescheitert sind, weil es Ihnen nicht gelungen ist, die Bank zu verkaufen – ich erspare mir an dieser Stelle die Kritik an Ihren dilettantischen Verkaufsverhandlungen –, ist es nötig, dass Sie sich Gedanken machen, wie das Image der Bankgesellschaft verbessert werden, wie die Bankgesellschaft verloren gegangenes Vertrauen wieder zurückgewinnen kann. Es reicht ganz sicher nicht, ein wenig an der Gesellschaftsstruktur zu basteln, wie in den vergangenen Tagen geschehen, vielmehr muss ein neues Image her. Weil Sie sich dafür nicht einsetzen, kommt dieser Antrag. Die darin geschilderten Maßnahmen sind sicher ein Weg, um zu einem besseren Image zu gelangen. Ein Unternehmen, das nichts zu verbergen hat, wird von mehr Transparenz am Ende auch profitieren.
Danke schön, Herr Kollege Stadtkewitz! – Die PDS-Fraktion folgt, und der Kollege Dr. Nelken erhält das Wort. – Bitte, da ist das Pult, das Mikrofon und das Wort bei Ihnen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Beitrag des Kollegen Stadtkewitz zeigt wieder einmal: Wenn man das Thema Bankgesellschaft aufruft, dann geht es gleich um Transparenz und Imageverbesserung und leider auch ziemlich durcheinander. Dieses Problem habe ich mit dem Antrag. In der Tendenz stimme ich dem Anliegen der Grünen zu, habe aber Probleme mit der Darbringung.
Eingangs möchte ich feststellen, dass das Image der Bankgesellschaft letztlich nicht durch das Anerkennen des Corporate-Governance-Kodex verbessert werden kann, sondern dadurch, dass es bei der Sanierung sichtbare Fortschritte gibt. Abgesehen davon halte ich die Stoßrich
Insofern sind wir gut beraten, den Antrag in den Ausschüssen zu qualifizieren. Die Richtung ist meines Erach
tens richtig vorgegeben. Ich bin nur gespannt, ob die Grünen an einer sachgerechten Ausgestaltung dieses Antrags ebenso aktiv mitarbeiten und nicht nur dazu aufrufen, etwas zu tun.
Letzte Bemerkung: Wir müssen im Land Berlin darüber nachdenken, inwiefern wir den CorporateGovernance-Kodex auch als ein Instrument betrachten, das nicht nur auf Aktiengesellschaften anzuwenden ist, sondern in Analogie mit gleichartigen Transparenzkriterien auch auf andere öffentliche Unternehmen. In den Unternehmen, bei denen Berlin Eigentümer ist, stellt die Bürgerschaft die Masse von Eigentümern dar, vergleichbar zu Aktiengesellschaften, und derartige Regeln wären hier ebenfalls sinnvoll. – Danke!
tung des Antrags für durchaus unterstützenswert. Mein Vorredner hat sich nicht der Mühe unterzogen zu fragen, wovon eigentlich gesprochen wird. Bei ihm ist durch das Wort „Bankgesellschaft“ ein Reflex ausgelöst worden: Sofort war von Intransparenz die Rede, es wurde nicht weiter differenziert. Man muss dazu feststellen, dass die Bankgesellschaft dem Land Berlin eine Entsprechenserklärung zum derzeit gültigen Corporate-GovernanceKodex abgegeben hat. Allerdings gibt es zwei Ausnahmen: Hier geht es beispielweise um die Zeitigkeit der Jahresabschlüsse. Als Grund wird dabei angeführt, dass man sich derzeit in Umstrukturierungsprozessen befinde.
In dem Antrag geht es darum, dass die Bankgesellschaft, wenn sie diese Erklärung abgegeben hat, auch – das ist Bestandteil des Kodexes – einen Prüfungsausschuss im Aufsichtsrat haben müsste. Ich gehe davon aus, dass die Bank ihn entweder schon hat oder in Kürze einrichten wird. Dies ist aber letztlich nicht unser Hauptproblem, sondern die Fragen, in denen der Antrag der Grünen über den derzeit gültigen Kodex hinausgeht, und die Diskussionen, die jetzt schon über die Erweiterung des Kodexes geführt werden.
Mich hat ein wenig verwundert, dass man sich nur auf die Aufsichtsräte und die Wirtschaftsprüfer kapriziert hat. Ich halte die Debatte um die Transparenz der Vorstandsvergütungen für viel spannender, und zwar dahin gehend, dass es zu einer individualisierten Offenlegung der Vorstands- und der Aufsichtsratsvergütung kommt. Wenn wir diesen Antrag in den Ausschüssen debattieren, sollten wir diesen Punkt des Kodexes ebenfalls aufrufen. Ich halte ihn für ziemlich wichtig.
Man könnte jetzt fragen, warum man darüber noch einmal diskutieren sollte. Dies kann man vielleicht daran sehen, dass wir sagen, es müsse einen Wechsel bei den Wirtschaftsprüfern geben. Ob eine Zeitspanne von 5 Jahren die richtige ist, bleibt zu diskutieren; sie hat Vor- und Nachteile. Hier muss man zu einem sinnvollen Ausgleich zwischen Verlust an Einsicht und Kompetenz in die Vorgänge auf der einen Seite und der Gefahr auf der anderen Seite, dass dann Abhängigkeiten, Vertrautheiten und Betriebsblindheiten entstehen, kommen.
Genauso problematisch – und das muss man ausgestalten – ist die wichtige Frage der Unvereinbarkeit von Abschlussprüfung und Beratungs- und Gutachtertätigkeit von demselben Unternehmen. Wenn man bedenkt, wie groß die Bank ist und wie viele Teilbanken und Tochtergesellschaften sie hat, wissen wir, dass fast alle renommierten deutschen Wirtschaftsprüfungsinstitute in der Bank tätig sind. Wenn nun niemand von denen eine Beratungs- oder Gutachtertätigkeit für die Bank annehmen kann, heißt es, einen Weg zu finden, eine sinnvolle Strukturierung zu schaffen. So pauschal kann man das jedenfalls nicht formulieren.
In letzter Zeit habe ich mit den Grünen bei einigen Anträgen gerade in Sachen Bankgesellschaft auch andere Erfahrungen gemacht.
Danke schön, Herr Kollege Dr. Nelken! – Als Letzter in der Rednerliste folgt für die FDP der Abgeordnete Matz – bitte schön!
Herr Präsident! Herr Dr. Nelken! Herr Dr. Flemming! Meine Damen und Herren! Ich verstehe nicht, warum dieses Thema so kompliziert ist. Eigentlich ist es doch ganz einfach.
Frau Oesterheld hat hier ein paar sinnvolle Vorschläge vorgetragen, und nun müssen wir das einfach nur umsetzen. Da verstehe ich nicht, Herr Dr. Flemming, warum der Rechtsausschuss erst einmal prüfen muss, welche rechtlichen Möglichkeiten zur Umsetzung überhaupt bestehen. Herr Dr. Flemming, was Sie brauchen, ist kein Rechtsausschuss, sondern sie brauchen den Thilo und den Martin. Die machen das für Sie. So einfach ist das, und dafür benötigen Sie keinen Ausschuss mehr.
Sie brauchen nur die Hauptversammlung der Bankgesellschaft Berlin am 4. Juli – welch ein denkwürdiges Datum.
Ich habe noch meine alten Belegschaftsaktien, die lange gesperrt waren, weshalb ich sie nicht verkaufen konnte. Als ich sie dann verkaufen konnte, waren sie nichts mehr wert, und ich habe sie einfach behalten.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie sowie an den Hauptausschuss. Inzwischen soll der Wirtschaftsausschuss durch den Rechtsausschuss ersetzt werden. – Ich höre hierzu keinen Widerspruch.
Herr Kollege! Stimmen Sie mir zu, dass das nicht nur für die Bank gut wäre, sondern auch für andere Betriebe, an denen das Land Berlin beteiligt ist? Zweitens: Stimmen Sie mir zu, dass moralische Appelle durchaus gut sind, aber wenn wir Möglichkeiten haben, darüber hinaus zu gehen und mehr zu tun, dies auch machen sollten? Moral ist richtig – da stimme ich Ihnen zu –, aber wir sollten auch sehen, welche Möglichkeiten wir haben Dinge, tatsächlich umzusetzen.