Protokoll der Sitzung vom 11.09.2003

statt bloßer Ankündigungsrhetorik ein konkreter Zeitplan für die Realisierung der Projekte ausgearbeitet wurde.

Da war man erfreut. Man fragte sich, was als nächstes kommt. Als nächstes kam die Mitteilung, dass der Ausschuss für Verwaltungsreform Ende August nicht tagen kann, dass die Sitzung aufgehoben wird, weil das Tandem erst ab 12. September wieder aus dem Urlaub zurück ist und erst dann wieder Verwaltungsreform stattfinden kann. Zum Schluss will ich versöhnlich sein: Wenigstens harmoniert das Tandem in seiner Urlaubsplanung, aber die Verwaltungsreform, deren Push aussteht, müsste das leisten. Die ganze Radikalrhetorik, wer den Bürokratiedschungel lichtet und die Normenflut dämpft, sollten wir uns schenken.

[Beifall bei den Grünen – Dr. Lindner (FDP): Alter Oberlehrer!]

Die lfd. Nrn. 8 und 9 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 10:

a) I. Lesung

Gesetz zur Förderung der politischen Hygiene in Berlin

Antrag der FDP Drs 15/1993

b) Antrag

Lehren aus dem Fall Bielka I

Antrag der CDU Drs 15/2008

c) Antrag

Lehren aus dem Fall Bielka II

Antrag der CDU Drs 15/2009

Ich eröffne die I. Lesung. Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die FDP. Das Wort hat Herr Kollege Dr. Lindner. – Bitte schön!

Herr Präsident! Verehrte Damen, meine Herren! Lassen Sie uns kurz den historischen Hintergrund rekapitulieren. Wir hatten hier vor knapp zwei Jahren Neuwahlen. Hintergrund der Neuwahlen war die Affäre um die Bankgesellschaft, eine unglaubliche Vermischung von Staat, von Exekutive und staatlichen Beteiligungsgesellschaften, die über Jahre einen Filz in dieser Stadt zur Vorgeschichte hatte, der in deutschen Ländern und in deutschen Städten beispielgebend ist, und zwar negativ beispielgebend. Die SPD hat sich hingesetzt und uns allen erklärt: Das ist eine Sache der CDU. – Erstens wird die Bank verkauft. Dann haben Sie mit ihrem Finger hinübergedeutet und gesagt: Landowsky! – Aber das ist immer ein Problem, wenn man mit dem Finger hinüberdeutet, dann gehen drei zurück. Da sind wir heute. Wir sind bei dem Fall Bielka. Und keiner hat sich vor zwei Jahren vorstellen können, dass wir nach zwei Jahren wieder hier sitzen und wieder das alte Muster, wieder den alten Mief haben, wieder das alte Berlin haben. Was ist

Nichts gegen Hunde! Hunde wedeln immer mit dem Schwänzchen, und manchmal kläffen sie auch, z. B. wenn

sie im Rechtsausschuss eine Besprechung gemäß § 21 Abs. 5 GO Abghs beantragen. Das ist die strenge Maßnahme der PDS mit dem Titel: Rechtspolitische Probleme im Spannungsverhältnis von Amtspflichten und Berufsfreiheit usw.

Wir orientieren uns an § 20 der Bundesrechtsanwaltsordnung, die Ähnliches vorsieht. Auch ein kleiner Beamter irgendwo in der Gesundheitsverwaltung kann in Berlin dann fünf Jahre lang nicht Rechtsanwalt werden. Was für diese Leute gilt, ist erst recht für die hohen Funktionäre in dieser Stadt anzustreben, wenn es darum geht, die hohen Posten zu ergattern.

das für ein altes Muster? – Man nehme einen SPDKreischef, der gleichzeitig ein hohes Staatsamt bekleidet. Man setze ihn in dieser Funktion in diverse Aufsichtsräte von landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Er erhöht dann dort die Saläre der Geschäftsführer und Vorstände. Anschließend setzt er sich ins so gemachte Nest. Es ist das ganz alte Berliner Muster. Aus dem schwarzen Filz ist spätestens jetzt ein roter Filz geworden.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Es ist nicht das erste Mal. Ich nenne Ihnen ein paar Namen: Herr Arndt, Staatssekretär SPD, Vorstand BEWOGE,

[Zurufe der Abgn. Müller (SPD) und Gaebler (SPD)]

Herr Rommerskirchen, Staatssekretär SPD, Vorstand Flughafengesellschaft. Dazu kommt noch Herr Klemann, Senator, kann man auch nennen.

[Zurufe von der SPD]

Man kann auch noch die Gewerkschaftsfunktionäre und weitere SPD-Leute wie die Herren Pagels, Lange, Landerer u. a. nennen. Das ist, wie gesagt, das alte Berliner Muster.

Herr Lindner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schimmler?

Nein! – Was neu ist, Herr Schimmler, ist der Grad von Heuchelei. Den hat es vorher nicht gegeben.

[Beifall bei der FDP – Beifall des Abg. Reppert (CDU)]

Da setzt sich Herr Strieder hierher und erklärt uns: Das sind alles autonome Aufsichtsräte. Die können da machen, was sie wollen. Man kann doch nicht verlangen, dass wir hier jeden Einzelfall regeln. – Da zeigt sich der Fraktionsvorsitzende Müller völlig überrascht: Ganz neu ist die Sache. – Gestern hat der Finanzsenator gesagt, er suche bereits seit Anfang Juli einen Nachfolger für Herrn Bielka. Bereits am 30. Mai stand es zum ersten Mal in der Zeitung. Also eine ganz neue Sache! – Und der Herr Wowereit lässt anklingen, dass er über diese unglaubliche Affäre richtig böse, richtig sauer gewesen sei. Dass er zufällig für diesen Senat die politische Verantwortung trägt, das lässt er dabei völlig unter den Tisch fallen.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Da gibt es auch noch einen Koalitionspartner – den habe ich ganz vergessen.

[Zuruf von der CDU: Den können Sie vergessen!]

Das ist das Hündchen am Tisch der Macht. Das ist die PDS-Fraktion.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der PDS]

[Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU]

Es ist keine Affäre Bielka, es ist eine Affäre Wowereit, eine Affäre Strieder und eine Affäre Müller, über die wir hier reden.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Den Bürgern wird speiübel, wenn sie das sehen, um nicht das Wort des Bundeskanzlers in solchen Fällen zu benutzen.

Unser Vorschlag ist klar: fünf Jahre Sperre ohne Ausnahme, ohne Sonderregelung für alle hohen Beamten, für alle Senatoren, für alle Bezirksamtsmitglieder.

[Zuruf des Abg. Wechselberg (PDS)]

[Beifall bei der FDP]

Es gibt Einwendungen, es gibt § 42 des Beamtenrechtsrahmengesetzes und Artikel 12 des Grundgesetzes. Das ist alles machbar, das ist alles geklärt. Das betrifft eine ganz andere Geschichte. Ich lese Ihnen einmal vor, was zu § 20 BRAO gesagt wird:

Sie steht nicht im Widerspruch zu dem Grundrecht, seinen Beruf frei wählen zu können, sondern setzt nur nach Artikel 12 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz zulässige Schranken für dessen Ausübung. Durch § 20 wird nicht die Freiheit der Berufswahl berührt, da diese Regelung nicht die Zulassung zur Anwaltschaft ausschließt, sondern nur die Zulassung bei Gerichten in einem bestimmten Bezirk.

Immerhin geht es da um ganz Berlin. Wir reden hier nur über den Bestand an landeseigenen Unternehmen.

[Beifall bei der FDP]

Herr Kollege, bitte kommen Sie zum Schluss!

Ich komme gleich zum Schluss. – Wir diskutieren mit Ihnen im Ausschuss, wo es zu regeln ist, Einschränkungen des Personenkreises bei Beamten. Wir können auch darüber reden, die Fraktionsvorsitzenden in diese Regelung einzubeziehen.

[Zuruf des Abg. Liebich (PDS)]

Worüber wir nicht diskutieren, das sind laue, unverbindliche Verhaltenskodizes, unklare Rechtsbegriffe – wie auch