Protokoll der Sitzung vom 27.11.2003

Und dann die MEAB: Von unserem 300 Seiten dicken Beteiligungsbericht und unseren 170 Beteiligungen unsere Mini-Mini-Mini-Beteiligung an der KSW zum Beispiel, die den Finanzsenator alle 13 Jahre für einige Zeit in den KSW-Verwaltungsrat bringt, und ähnliche Beteiligungen spielen ja wohl keine Rolle in dem Zusammenhang.

Wenn Sie sich die Risiken anschauen, wenn Sie sich die Zahl der Beschäftigten anschauen, wenn Sie sich die Umsätze anschauen und die Belastungen für die öffentliche Hand, aber auch die potentiellen Einnahmen aus einer Unternehmensprivatisierung, dann geht es in diesem Zusammenhang im Land Berlin um genau 12 Unternehmen. Das ist die Bankgesellschaft, das sind 7 Wohnungsbauunternehmen, das sind 3 Anstalten des öffentlichen Rechts, das ist einmal das Unternehmen Vivantes, und jetzt ist es doch noch eins mehr, das ist die Messe. Der Rest ist Peanuts. Er ist nicht unwichtig, er existiert je aus eigenem Recht, er bestimmt aber nicht das Thema. Darum hören Sie bitte damit auf, mit diesem dicken Buch zu wedeln oder von der Zahl der Beteiligungen zu reden. Das ist nicht das Thema.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Und für alle diese Unternehmen haben wir eine eigene Logik entwickelt. Wir haben sie für das Unternehmen Bankgesellschaft. Dazu werde ich jetzt nichts mehr weiter sagen, außer dass ich ganz sicher bin, dass das Unternehmen bis Ende 2007 verkauft sein wird.

[Kaczmarek (CDU): Neuer Senat!]

Dann haben wir unsere 7 Wohnungsbaugesellschaften. Da kennen Sie meine Meinung: Die Haltung von Wohnungsbeständen ist heute keine staatliche Aufgabe mehr. Das kann man aber auch im Bereich einer vertretbaren Abwägung anders sehen. Entscheidend ist, dass der Senat sich einig ist, dass er von unseren Wohnungsbeständen einen wesentlichen Teil verkaufen wird.

[Wansner (CDU): Das sieht Herr Strieder aber anders!]

[Gelächter bei der FDP und den Grünen]

Wenn wir das geschafft haben, dann sehen wir weiter. Die Diskussion wird ja auch weitergehen. – Bis dahin sind wir uns einig, das ist doch eine positive Nachricht.

Dann haben wir das Unternehmen Vivantes. Vivantes ist heute als Unternehmen unverkäuflich. Im Augenblick muss es erst einmal saniert und in eine dauerhafte Rentabilität geführt werden. Und dann, Frau Kollegin, in 5 bis 8 Jahren, werden wir weitersehen. Und bis dahin gehen wir denselben Weg in dieser Angelegenheit.

[Matz (FDP): Wie viel Steuergeld verschlingt es bis dahin?]

Die Messe erfüllt öffentliche Aufgaben. Die Infrastruktur würde sowieso beim Staat bleiben. Was wir verkaufen würden, wäre das Messegeschäft. Und ob wir dann gut beraten wären, das ist auch eine Frage, über die man wirklich gut diskutieren kann.

[Dr. Steffel (CDU): Also privatisieren wir gar nichts!]

Und mir wäre es lieb, wenn die weitere Diskussion über Beteiligungspolitik sich von der Ideologie entfernen und sich den einzelnen Unternehmen zuwenden würde. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön, Herr Senator Dr. Sarrazin! – Wir kommen zur zweiten Rederunde. Es beginnt die SPD, die Frau Kollegin Kolat hat das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gern Herrn Sarrazin danken für seine sehr ausführliche Erläuterung hier,

[Beifall bei der SPD]

zum einen zum Thema Beteiligungsmanagement und -controlling insgesamt. Nach dem Beitrag von Herrn Sarrazin soll jemand noch sagen, dass der Senat sich nicht mit allen einzelnen Beteiligungen beschäftigt. Er hat hier sehr schön dargelegt, dass der Senat sich sehr wohl Beteiligung für Beteiligung vornimmt und sich Gedanken macht, wie es mit dieser in der Zukunft vorangehen soll.

Auch ich habe wie Herr Sarrazin nach den ersten Redebeiträgen leider festgestellt, dass die fachliche De

Der Wille zur Privatisierung ist also ganz klar da. Und wenn Sie denken, dass die aufwendigen Verfahren gemacht werden, um Ihnen zu imponieren, dann irren Sie sich. Der Wille ist ganz klar, und wir werden an diesen Zielen auch nach wie vor weiterarbeiten. Aber das Thema war nicht Privatisierungsoffensive, wie es von der CDU

oder von der FDP kam, steuern statt privatisieren, das Thema war heute Beteiligungsmanagement und -controlling. Mich hat sowieso gewundert, dass die FDPFraktion sich überhaupt zu Wort gemeldet hat. Denn Sie wollen ja, dass wir alles verkaufen. Ihr Beteiligungsmanagement müsste eigentlich aus einer Handlung bestehen: Jemanden losschicken, 300 Verkaufsschilder heraushängen lassen und an den Erstbesten verkaufen. Das wäre Ihr Konzept gewesen. Aber das ist heute leider nicht gekommen.

Wir haben heute viel gehört, ich will das nicht wiederholen. Herr Zackenfels und Herr Hoff haben sehr diffizil zu diesem Fachthema sehr vieles gesagt. Wir werden diese Fachdebatte fortführen und zu einem Ergebnis kommen und nicht reden, wie in der Vergangenheit, Herr Wegner, sondern die rot-rote Regierung handelt.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Zackenfels, mal zu Ihnen! Mangelnde Sachkenntnis durch Arroganz zu ersetzen, ist ein interessanter Versuch, aber er ist an der Stelle einigermaßen misslungen.

batte bei einigen Fraktionen auf der Strecke bleibt. In der Tat, das Thema Beteiligungsmanagement und -controlling ist eine Fachdebatte. Dazu braucht man Fachwissen. Wir haben festgestellt, dass nur drei Fraktionen – die Regierungsfraktionen und die Grünen – tatsächlich in der Lage sind, diese Fachdebatte zu führen.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Von der CDU und der FDP, das muss man wirklich feststellen, war das eine ideologisierte Debatte. Herr Wegner, das ist wirklich unerhört, wie Sie sich hier hinstellen und so tun können, als ob Sie mit der größten Beteiligungskrise dieses Landes überhaupt nichts zu tun hätten. Haben Sie einen Gedächtnisschwund?, will ich wirklich mal fragen.

[Ritzmann (FDP): Hat er gar nicht gesagt!]

Haben Sie vergessen, welche Fraktion hier diese Bankenkrise verursacht hat?

[Beifall bei der SPD]

Ich will nur noch mal ins Gedächtnis rufen: Die Bankenkrise hat 1,7 Milliarden € Kapitalnachbedarf 2001 erforderlich gemacht. 300 Millionen € jährlich stellen wir als Risikovorsorge ein, 21 Milliarden € Risikoabschirmung. Wir arbeiten an den Folgen, und Sie stellen sich hin und machen uns die letzten zwei Jahre dafür verantwortlich. Also wirklich, da kann man sich nur wundern. Herr Sarrazin hat dargestellt, das Sanierungskonzept wird umgesetzt. Die Bankgesellschaft ist in ruhige Fahrwasser gekommen. Vielleicht ist Ihnen das auch inzwischen aufgefallen. Und was Privatisierungen angeht: Der Senat sei nicht willig, die Regierung sei nicht willig, behaupten Sie. Am Beispiel der Bankgesellschaft, denke ich, kann man noch einmal klar machen – ich bedauere es, dass ich als Sozialdemokratin Ihnen hier erklären muss –, was wirtschaftliches Handeln angeht,

[Ritzmann (FDP): Das schließt sich ja aus!]

denn das Privatisierungsergebnis an der Stelle war: Wir zahlen bei der Bankgesellschaft drauf und behalten die Risiken. Ist das wirtschaftliches Handeln? Erwarten Sie das tatsächlich vom Senat oder von uns? – Auch die anderen Beispiele, da können wir gleich anknüpfen. Die GSW war heute mehrfach Thema. Das wäre unwirtschaftliches Handeln gewesen, wenn sie verkauft worden wäre. Hier wurde noch mal ganz klar als einheitliche Meinung des Senats dargestellt: Dort will veräußert werden. – Und das letzte Beispiel: BBI. Hier sind auch über lange Jahre Privatisierungsverfahren gelaufen. Da hätten wir auch zu einem Ergebnis kommen können. Aber der Preis wäre: Wir hätten neue Risiken eingehen müssen. Ich glaube, das alles wäre nicht nur unwirtschaftlich, sondern auch unsinnig gewesen.

[Beifall bei der SPD und der PDS – Ritzmann (FDP): Sie haben nicht zugehört!]

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön, Frau Kollegin Kolat! – Es folgt die CDU. Der Herr Kollege Kaczmarek hat das Wort. – Bitte schön!

[Pewestorff (PDS): Ein ganz sachlicher und völlig unideologischer Mensch!]

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Und Ihre Entdeckungsreise, die Sie durch die Wunderwelt der Berliner Politik machen, weil Sie gerade vom Himmel gefallen sind und nun alles neu entdecken – da hätte Herr Strieder Sie vielleicht einmal an die Hand nehmen und Ihnen erzählen sollen, was in den vergangenen Jahren alles passiert ist. Er hätte Ihnen erzählen können, dass die Privatisierung der GSW, einer Wohnungsbaugesellschaft, wie Ihnen vielleicht bekannt ist, daran gescheitert ist, dass Herr Strieder damals – um die Mieter und die Arbeitnehmer zu schützen – die geniale Idee hatte: Verkaufen wir das Ganze doch an eine Immobilientochter der Bankgesellschaft. – Da war er sich übrigens ganz einig mit Herrn Landowsky.

[Zuruf des Abg. Zackenfels (SPD)]

Vielleicht fragen Sie ihn mal, Herr Zackenfels. Dann können Sie vielleicht ein wenig weniger von Sachkenntnis befreit über diese Dinge reden.

Herr Sarrazin! Ich habe Ihnen mit Aufmerksamkeit zugehört. Ich gebe zu, es fiel mir schwer. Sie sagten irgendwann: Ich komme jetzt zum Schluss. Und dann dauerte es noch 30 Minuten. Ich habe es aber versucht. – Und ich habe genau hingehört bei der Antwort auf die Fragen: Was wollen wir eigentlich behalten? Was ist eigentlich Aufgabe, was ist Zweck von öffentlichen Unternehmen? –

Kaczmarek

Und, und, und. In der Gesamtbewertung ist das Ganze „nicht ausreichend“. Sie kennen das aus der Schule. Das ist mangelhaft, 5, leider durchgefallen. – An der Stelle gibt es dringenden Handlungsbedarf. Weiterer theoretischer Streit ist da nicht mehr angesagt. Die Controllingsysteme gibt es alle. Man muss sich nur auf ein einheitliches System einigen. Und man muss dafür sorgen, dass bei Wohnungsbaugesellschaften auch die entsprechenden Zahlen vergleichbar sind. Dann kann man auch vernünftig kontrollieren, was dort passiert.

Weil Sie so gelobt haben, die Koalition werde nun vorangehen, werde ich Ihnen einmal sagen, was die Politik der Koalition bisher war – ich wäre froh, wenn Sie das alles machen würden –: Die Politik der Koalition war bisher Verharmlosen und Vertuschen. Da wurden Verschuldungsgrade von 63 bis 87 % bei den Wohnungsbaugesellschaften einfach schöngeredet. Eine Eigenkapitalquote von 7 % – sie liegt gerade noch über der Nachweisegrenze einer Wohnungsbaugesellschaft – wurde einfach wegdiskutiert. Dass langfristiges Anlagevermögen mit kurzfristigen Kreditmitteln finanziert wurde, war auch kein Thema. Dass einige Gesellschaften kurz vor dem „Abkippen“ stehen – da hat Herr Senator Strieder immer gesagt: Sie von der Opposition reden hier die Wohnungsbaugesellschaften schlecht; es ist alles hervorragend. – Das kann nicht der Stil sein, in dem wir miteinander umgehen. Sie müssen auch selbst das vornehmen, was Sie immer von anderen einfordern, nämlich Mentalitätswechsel. Sonst wird es nicht funktionieren.

Und da sagten Sie bei den Wohnungsbaugesellschaften den kühnen Satz: Eigentlich kann man sie verkaufen. Das ist nicht mehr öffentliche Aufgabe. – Das ist eine interessante These, der können wir nahe treten. Aber im selben Moment sagten Sie: Man kann das aber auch ganz anders sehen. – Und das genau ist die Haltung des Senats: Man kann es so sehen, und man kann es auch ganz anders sehen, jedenfalls machen wir erst mal gar nichts. – Aber das ist nicht der richtige Umgang mit den Themen.

Sie sagen: Wenn es da einen Interessenten gibt bei der BVG, dann gebe ich dem noch ein bisschen Geld dazu, dann kann er sie haben. – Das ist eine interessante Aussage. Ich weiß nicht, ob sie koalitionsintern schon abgestimmt ist. Aber versuchen Sie es doch mal mit einer anderen Gesellschaft. In Bezug auf Vivantes gibt es sogar Interessenten, die durchaus bereit sind, für dieses Unternehmen Geld auf den Tisch zu legen. Versuchen Sie doch einmal, dieses Unternehmen zu verkaufen. Davon höre ich allerdings relativ wenig.

Man hört viel über Absichten und Konzepte, die es vielleicht einmal geben wird. Herr Hoff macht den Wettstreit der Konzepte innerhalb der Koalition. Herr Hoff! Am besten, Sie kommen irgendwann einmal zum Ergebnis dieses Wettstreits. Die Wahlperiode ist im Jahr 2006 zu Ende. Man kann den Streit natürlich auch so weit treiben, dass man bis 2006 noch keine Entscheidung getroffen hat. Das würde der Sache aber letztlich nicht weiterhelfen. Sie regieren schon eine ganze Weile – das auch noch mal an die Adresse aller Vorredner der Koalition; man hat immer den Eindruck, sie stellen sich hier hin und sagen: Wir bewerten jetzt mal, was uns die Opposition vorlegt. – Das können Sie machen, aber Ihre Aufgabe ist – da schlagen Sie am besten noch einmal nach – zu regieren. Man merkt es nicht immer, aber das war Ihr Ziel. Dann tun Sie es doch einfach!

[Lederer (PDS): Wie witzig!]