Protokoll der Sitzung vom 11.12.2003

Die Ausschüsse empfehlen mehrheitlich gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen die Annahme. Der Fachausschuss empfiehlt gleichzeitig eine Änderung in § 2 Absatz 2 Satz 2. Wer so gemäß den Drucksachen 15/2186 und 15/2344 beschließen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön! Das waren die Regierungsfraktionen. Gegenstimmen? – Gegen die Stimmen aller Oppositionsfraktionen. Ersteres war die Mehrheit. Damit ist das Gesetz angenommen. – Gibt es Enthaltungen? Nein! – Eine Enthaltung, aha. Das Landespflegegeldgesetz ist somit beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 5C:

Präsident Momper

Senator Flierl ist müde und erschöpft, nicht nur wegen der Proteste der Studierenden in dieser Stadt, sondern auch wegen dieser unendlichen Geschichte.

Nein, ist er nicht. Ich weiß, dass er ziemlich erschöpft ist. Wir alle, jedenfalls die Oppositionsfraktionen, haben ihn in der letzten Zeit herausgefordert. – Ich möchte noch einmal betonen, dass wir – die Oppositionsfraktionen – es waren, jede auf ihre Weise, die konstruktiv an einer Lösung des diffizilen Opernproblems dieser Stadt mitgearbeitet haben. Meine Fraktion hat einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, bei dem wir die Hoffnung hatten, dass sich durch zwei Stiftungen die Chance bietet, Dritte mit ins Boot zu bekommen und damit eine stärkere Opernfinanzierung herbeizuführen.

Wir haben außerdem eine Vielzahl von Änderungsanträgen vorgelegt. Diese waren gedacht dafür, die vielen Unklarheiten, die in diesem Gesetz vorhanden waren, zu einer konstruktiven und zustimmungsfähigen Fassung zu machen. Leider haben Sie es pauschal abgelehnt. Das finde ich nicht gut. Ich glaube, dass Sie eine Vielzahl von Problemen damit umgangen haben, die jetzt auf Sie zukommen werden.

(D

Werben Sie, Herr Senator und die Kollegen von der Koalition, um Zustimmung für Ihr Gesetz, aber fangen Sie damit in den eigenen Reihen an. Auf der Zielgeraden wollte der Regierende Bürgermeister dem Kultursenator noch ein Bein stellen. Wir wissen es alle. Den Hauptstadtkulturvertrag hat er abgelehnt und an den Bund mit ziemlicher Chuzpe zurückverwiesen. Mit einer unglaublichen Ignoranz und Raffgier hat er damit ein Projekt in Frage gestellt, ohne das das Opernstiftungsgesetz gescheitert wäre. Er hat damit riskiert, dass die Bundesmittel nicht gekommen wären.

a) Dringliche II. Lesung

Gesetz über die „Stiftung Oper in Berlin“

Beschlussempfehlungen Kult und Haupt Drs 15/2346 Vorlage – zur Beschlussfassung Drs 15/2149

b) Dringliche Beschlussempfehlungen

Den Operndreiklang erhalten – Bekenntnis Berlins zu seinen Häusern!

Beschlussempfehlungen Kult und Haupt Drs 15/2347 Antrag der FDP Drs 15/1849

c) Dringliche II. Lesung

Gesetz über die Opernstiftungen in Berlin

Beschlussempfehlungen Kult und Haupt Drs 15/2348 Antrag der Grünen Drs 15/2221

d) Dringliche II. Lesung

Gesetz zur Neustrukturierung der Opern in Berlin

Beschlussempfehlungen Kult und Haupt Drs 15/2349 Antrag der FDP Drs 15/2223

Der Dringlichkeit wird ersichtlich nicht widersprochen.

Dann eröffne ich die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatungen der jeweiligen Paragraphen zu verbinden. – Auch dazu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe die Überschriften und die Einleitungen sowie die jeweiligen Paragraphen der Drucksachen 15/2346 bis 15/2349 auf. Eine Beratung wurde gewünscht. Es beginnt ein Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, und zwar Frau Ströver, die hiermit das Wort erhält. – Bitte schön, Frau Ströver!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Atmen wir tief durch. Es ist wirklich die vorerst letzte Runde zur Verabschiedung des Opernstiftungsgesetzes. Wir sind allesamt ziemlich froh. Wenn Sie hier mit den Stimmen der Koalition dem Opernstiftungsgesetz heute folgen, muss es heißen, dass Sie alle etwas tun: Sie sollten möglichst zahlreich unsere Berliner Opern besuchen. Wenn Sie wollen, dass drei Opern unter einem Stiftungsdach erhalten bleiben, bedeutet dies: Wenn die öffentliche Hand weniger Geld gibt, müssen die Einnahmen gesteigert werden. Sie werden steigen, wenn Sie alle in die Opern gehen. Also kann ich Sie nur auffordern, hinzugehen und die Opernhäuser zu unterstützen. Sorgen Sie dafür, dass die Opern möglichst künstlerisch profiliert in eine gute Zukunft gehen! Das wollen wir doch.

[Beifall bei den Grünen und der PDS]

Wir sind erleichtert, dass dieses Opernstiftungsgesetz nun endlich dieses Parlament passiert, nicht wegen seines guten Inhalts, sondern weil es das erste Projekt ist, dass der Kultursenator nun nach beinahe zwei Jahren Amtszeit geschafft, erledigt und zur Verabschiedung vorbereitet hat. Deshalb wollen wir ihn an dieser Stelle doch einmal loben, dass er ein sehr umfangreiches Projekt nun bis zur Entscheidungsreife gebracht hat.

[Beifall bei der SPD]

[Doering (PDS): So sieht er gar nicht aus. Er sieht sogar sehr munter aus!]

Werben Sie bei der Fraktion der SPD. Wir wissen, dass viele Kollegen der SPD lieber eine Fusion der Opern gehabt hätten als eine Stiftung mit drei Opernhäusern. Werben Sie dafür, dass der Finanzsenator grünes Licht gibt, dass die 8,5 Millionen €, die die drei Opern Schulden haben, zum Jahresende aufgelöst werden und nicht den Kulturetat und nicht in einer Weise weiterhin die Projekte belasten.

Werben Sie dafür, dass in der Durchsetzung des Opernstiftungsgesetzes inhaltlich keine Querfinanzierung zwischen den Opernhäusern möglich ist, und werben Sie dafür, dass es endlich eine Klärung gibt, wie die Werkstättenstruktur aussehen soll. Das sind alles offene Fragen. Ich möchte Sie auch darum bitten, dafür zu sorgen, einen sicheren Status für das Ballett herbeizuführen. Nur mit diesem Ballett, das als eigener Teil in den Opern stark ist, haben wir eine Chance auf eine große künstlerische Zukunft für das Ballett.

Am wenigsten haben Sie bisher dafür getan, das Personal mit auf den Weg zu nehmen. Das ist Ihr größter

Sicher ist, dass wir mit der Opernstiftung eines der größten Musiktheaterensembles der Welt haben. Das muss dann auch weltweit beworben werden. Die Berliner

Touristen bringen für die Stadt inzwischen einen jährlichen Umsatz von 3,2 Milliarden €. Man kann es nicht oft genug betonen: 16 % aller Touristen kommen nur der Kultur wegen in die Stadt. Deswegen muss das kulturelle Angebot auch auf die Bedürfnisse der Touristen zugeschnitten werden. Dazu gehört beispielsweise die Montags- und Sommerbespielung. Aus Wien habe ich mitgebracht, dass die Theater an sieben Tagen in der Woche spielen, außer Heiligabend, Karfreitag und den Theaterferien. Man sieht, dass es geht.

Viele Kritikpunkte aus den Anhörungen und den Gesprächen mit der Opposition sowie den Mitarbeitern sind in das Gesetz eingeflossen. Es gibt eine fünfjährige Planungssicherheit. Ein Bündnis für die Bühnen wird verhandelt. Sponsorengelder oder Spenden sind zweckgebunden. Der Stiftungsrat wird vom Senat vorgeschlagen und vom Parlament gewählt. Darüber hinaus wurden Eckpunkte für den Zuwendungsvertrag durch das Parlament vorgegeben, ein Ausschluss von Querfinanzierung, Sanktionsmöglichkeiten, Kontrahierungszwang für die Service GmbH, Festlegung eines effizienten Controllings und ein genauer Termin für die Gründung des Ballettbetriebes. Die Zeitschiene für die Begründung der Altschulden wurde für die erste Januarsitzung festgelegt, und im Februar muss der Zuwendungsvertrag vorgelegt und vom Parlament bestätigt werden.

Fehler. Das bedauere ich sehr. Nur wenn Sie dem Personal eine gesicherte Zukunft geben, ist es bereit, in die Flexibilisierung, in Haustarife zu gehen. Sie können ihnen nicht sagen, dass Sie sie möglicherweise in zwei Jahren auf die Straße setzen und darüber hinaus noch eine tarifliche Unsicherheit schaffen. So geht es nicht!

20 Millionen € weniger bekommt diese Opernstiftung. Das sind 40 Millionen € weniger gegenüber der Bundestheaterholding in Wien. Es wäre ein Stück ehrlicher gewesen zu sagen, dass es mit diesen 20 Millionen € kaum möglich ist, drei Opern zu erhalten.

Würden Sie bitte zum Schluss kommen, Frau Kollegin!

Diese Ehrlichkeit in der Debatte hat mir ein Stück gefehlt. Dennoch kann ich Ihnen sagen, dass wir alles tun werden, damit die Opern in Berlin eine Überlebenschance haben, wenn Sie es jetzt so auch ohne unsere Stimmen beschließen. Vielleicht sind wir uns an dieser Stelle mit diesem Ziel einmal einig.

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Frau Kollegin. – Für die Fraktion der SPD hat nunmehr die Kollegin Lange das Wort. – Bitte schön, Frau Lange!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Verehrte Frau Ströver! Ich danke Ihnen für die Anregung, dass die beste Unterstützung für die Opern der Kauf einer Eintrittskarte ist. Ich kann dazu von einem Projekt aus der Sozialdemokratie berichten. Wir haben ein Projekt gestartet: Genossen in die Oper. Wir waren in der Deutschen Oper und haben fast 100 Karten gekauft. Wir werden auch in die anderen Opern und Theater gehen. Ich kann es nur zur Nachahmung für die anderen Parteien empfehlen.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Im November wurde vom BAT-Forschungsinstitut in Hamburg eine Statistik veröffentlich, wonach Berlin nach Auffassung von 71 % der Bundesbürger die Stadt mit der größten kulturellen Attraktivität in Deutschland ist. Damit rangieren wir vor München, Hamburg und Dresden. Wenn wir uns heute für die Opernstiftung entscheiden, beweist diese Koalition, dass der Erhalt der kulturellen Substanz kein Lippenbekenntnis ist und wir die langfristige Entwicklung eines kulturellen Profils als europäische Metropole wollen.

Außerdem werden wir in Berlin ein Modell entwickeln, das wegweisend für die gesamte Kulturlandschaft der Bundesrepublik sein kann. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal allen danken, die an diesem Projekt beteiligt waren, ganz besonders aber der Kulturstaatsministerin Frau Dr. Christina Weiss!

Dann gilt es auch endlich, ein gemeinsames Ticket- und Marketing einzuführen. Die lange Nacht der Museen beispielsweise wurde von Berlin aus in der ganzen Republik kopiert. Warum soll nicht eine lange Nacht der Oper in Berlin stattfinden? Das Publikum ist da.

Was den Zuwendungsvertrag angeht, muss ich doch noch einmal Kritik üben: Sehr gegehrter Herr Senator, wenn uns der Zuwendungsvertrag rechtzeitig vorgelegen hätte – zumindest in Eckpunkten –, hätten wir uns viel Arbeit und Ärger erspart.

[Beifall bei der SPD und den Grünen]

Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die per Gesetz zur Stiftung übergehen, gilt der Berliner Anwendungstarifvertrag. Diese tarifliche Bindung kann nicht vor Ablauf von zwei Jahren geändert werden. Es wird dann ein Bündnis für die Bühnen geben. In diesem Zusammenhang muss auch mit den Orchestermusikern verhandelt werden. Angebote liegen bereits auf dem Tisch.

Mit der Errichtung des Ballettbetriebes werden die Rahmenbedingungen für Ballett und Tanz geschaffen, damit sich dieses große künstlerische Potential in der Stadt entfalten kann. Gestern Abend, bei der Verleihung des Kulturgroschens an William Forsyth, wurde von der Befreiung des Tanzes von der Oper gesprochen. Hier in Berlin braucht der Tanz unsere Unterstützung, um sich als künstlerisch autonome Sparte entwickeln zu können.

[Beifall der Abg. Frau Ströver (Grüne)]