Protokoll der Sitzung vom 19.02.2004

Wir kommen zur

lfd. Nr. 30:

Zusammenstellung

Vorlagen – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Abs. 3 VvB

Drs 15/2517

Das ist die Zusammenstellung der vom Senat vorgelegten Rechtsverordnungen. Überweisungswünsche liegen nicht vor. Ich stelle fest, dass das Haus von den Verordnungen Kenntnis genommen hat.

Die lfd. Nrn. 31 bis 33 sind durch die Konsensliste erledigt.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 34:

Antrag

Anreize für Gewerbeneuansiedlungen in den Bezirken schaffen

Antrag der CDU Drs 15/2511

Präsident Momper

Die Fraktion der CDU hat inzwischen auf die Beratung verzichtet. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie sowie an den Hauptausschuss. Widerspruch dazu höre ich nicht, dann ist das so beschlossen.

Lfd. Nr. 35:

Antrag

Verkehrskonzept für die Mitte Berlins

Antrag der CDU Drs 15/2512

Dazu werden die Reden zu Protokoll gegeben, und zwar von den Kollegen Tromp und Frau Hämmerling.

Nunmehr seit mehreren Wochen ist die Wilhelmstraße

vor der britischen Botschaft gesperrt. Ein Ende ist nicht in Sicht. Wenn es denn käme, dann kann schon mit der nächsten Sperrung gerechnet werden. Denn immer, wenn der Bund die Sicherheitslage in Bezug auf die britische Botschaft für angespannt hält, kann er das Land Berlin anweisen, die Strasse wieder zu sperren. Und das Land Berlin kann sich nicht mal dagegen wehren.

Bereits jetzt sind die Parallelstraßen zur Wilhelmstra

ße, wie zum Beispiel die Glinkastraße, stärker belastet. Wie stellt sich aber erst die verkehrliche Situation dar, wenn die amerikanische Botschaft gebaut wird, geschweige denn fertiggestellt und eröffnet wurde? – Was geschieht am Mahnmal für die ermordeten Juden in Europa? – Man kann sich die Situation unschwer ausmalen: Trotz aller Planungen, trotz Sicherheitszone wird man schnell zu dem Schluss kommen, dass besondere Sicherheitsmaßnahmen nötig sind. Man wird schlichtweg nicht nur die Wilhelmstraße vor der britischen Botschaft sperren, nein, auch die Ebert- und Behrenstraße rund um das Brandenburger Tor werden dann nach aller Wahrscheinlichkeit für den Individual- und öffentlichen Verkehr geschlossen.

Der gesamte Bereich rund um das Brandenburger Tor

ist dann eine Barriere, die zumindest in Sachen Verkehr die Stadt wieder teilt. Dies kann und darf in niemandes Interesse sein! Als einzige leistungsfähige Ost-WestVerbindung bliebe dann die Leipziger Straße übrig, die bereits jetzt schon an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit kommt und wo verkehrsbehindernde Staus an der Tagesordnung sind.

Die CDU fordert deshalb schnellstmöglich die Erar

beitung eines Verkehrskonzeptes, das der veränderten Sicherheitslage gerecht wird. Das Parlaments- und Regierungsviertel und der Wirtschaftsverkehr in Berlin brauchen ein leistungsfähiges Straßennetz im Herzen der Stadt. Hierzu sind funktionierende Ost-West-Verbindungen zwingend notwendig.

Bestandteil dieses Konzeptes müssen auch weitere

Ost-West-Verbindungen sein, die das Parlaments- und Regierungsviertel für den Verkehr durchlässiger werden lassen. Einzelne Straßensperrungen lassen sich dann leichter verkraften.

Eine erste wichtige Maßnahme wäre der sofortige und

vollständige Ausbau der Französischen Straße, die der Senat aber erst ab 2006 und dann auch nur unvollständig angehen will. Dieses ist aus Sicht der CDU zu spät!

Wir können es uns nicht leisten – und das im wahrsten

Sinne des Wortes –, den Verkehr in der Mitte der Stadt lahm zu legen. Regierung, Parlament und vor allem zu viele Unternehmen sind darauf angewiesen, dass der Verkehr in der Stadtmitte zwischen Ost und West fließen kann. Daran hängen auch Arbeitsplätze und Steuereinnahmen, was leider allzu oft vergessen wird.

Ein neues Verkehrskonzept für Berlins Mitte ist des

halb dringend notwendig!

Die Forderung ist richtig – Berlins Mitte braucht ein

Verkehrskonzept. Aber es geht um mehr als um die Konsequenzen der Straßensperrungen rund um das Brandenburger Tor. Es geht auch um die europäisch verbindlich vorgeschriebene Lärmminderung, die Bedürfnisse der steigenden Anzahl von Tourist(inn)en, die Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs und des Radverkehrs als leistungsfähige Möglichkeit, Verkehr abzuwickeln – auch um die Klimaschutzziele des Landes wenigstens annähernd zu erreichen – und um mehr Verkehrssicherheit für nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer/-innen – 70 % der Unfallopfer sind nicht motorisiert, obwohl ihr Anteil am Gesamtverkehr nur 15 % beträgt. Für diese Probleme brauchen wir Lösungen. Wir brauchen Konzepte für die Schwächeren, und wir brauchen Konzepte für den größeren Bevölkerungsanteil der Stadt, das sind die NichtAutofahrer/-innen.

Sie wissen doch: Wer Straßen sät, wird Verkehr ern

ten. Alle Versuche, die Probleme durch Straßenaus- oder -neubau zu lösen, sind zum Scheitern verurteilt, weil Platzmangel besteht, Investitionen in Asphalt oder Beton vorgenommen werden, anstatt in Köpfe und Arbeitsplätze bei Bus und Bahn, weil der Entlastungseffekt von leistungsfähigeren Straßen nur von kurzer Dauer ist, die neuen Straßen den Zielen der Lärm- und Schadstoffminderung sowie Energieeinsparung zuwider laufen und die touristische Attraktivität Berlins vermindern.

Wir denken, die Verkehrsprobleme in der Mitte Ber

lins und in Berlin insgesamt sind nur mit Mut und Weitsicht zu lösen. Der öffentliche Nahverkehr muss noch attraktiver werden, und zwar mit mehr Zuverlässigkeit, Schnelligkeit und zu verträglichen Preisen. Die Rahmenbedingungen für den Radverkehr müssen verbessert wer

Präsident Momper

den, und wir brauchen eigene Radbahnen auf den Straßen, die kostengünstiger und für die Fußgänger sicherer sind. Wir müssen die Anforderungen an die Lärm- und Schadstoffminderung ernst nehmen, der Wirtschaftsverkehr muss Vorrang vor dem motorisierten Individualverkehr bekommen, und wir brauchen überall Barrierefreiheit – auch bei der S-Bahn unter den Linden.

Nicht Berlins Mitte braucht ein Verkehrskonzept,

sondern der Senat braucht ein Verkehrskonzept, und bei Senatsentscheidungen muss es Zuverlässigkeit geben. Der STEP-Verkehr ist in seinen Vorschlägen halbherzig, aber selbst diese Vorschläge bleiben Ankündigungen. Der Senat eiert orientierungslos zwischen dem Straßenneubau in der Französischen Straße und dem Baustopp für die Straßenbahn am Alexanderplatz hin und her. In der Bernauer Straße sollen 150 Bäume gefällt werden, obwohl dort der Bau der Straßenbahn in den Sternen steht. Aus dem Boulevard Unter den Linden soll ein Boulevard ohne Linden werden. Dabei ist nicht die Breite der Bürgersteige ein Problem, sondern die Breite der Straße und die Geschwindigkeit, die auf ihr gefahren wird.

Wissenschaftliche Gutachten zu Möglichkeiten der vorgeschriebenen Lärmminderung verschwinden im

Giftschrank der Senatsverwaltung, weil sie

Entscheidungen zu Lasten der Autofahrer/-innen vom Senat verlangen. Wir brauchen einen Senat, der den Mut hat, im Sinne aller Verkehrsteilnehmer/-innen zu handeln – auch der Schwachen. Was wir brauchen, das ist ein mutiges, zukunftsfähiges und eindeutig grünes Verkehrskonzept für Berlin.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr. Wiederspruch dazu höre ich nicht. Damit wird auch hier so verfahren.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 36: