Protokoll der Sitzung vom 19.02.2004

Es ist ganz klar, dass mit Ihnen im Beteiligungsmanagement dieser Stadt wieder alles möglich ist. „Moderne Unternehmensführung“ aus Ihrem Munde zu hören – da fällt mir nichts mehr ein. Und wenn aus Ihrer Perspektive

das beste Beteiligungsmanagement Privatisierung ist, nehme ich Ihnen das ab. Sie haben in den 90er Jahren so ziemlich alles „losgeschlagen“, womit in dieser Stadt Geld zu verdienen war. Wenn Sie uns jetzt die Verantwortung dafür zuschieben, dass wir defizitäre Landesunternehmen nicht schnell genug loswerden, und uns dann für die Konsequenzen des Ganzen schelten, dann bleibt mir nichts mehr hinzuzufügen außer: Überlegen Sie sich, was Sie mit Blick auf Ihre Verantwortung erzählen. Zu dem Antrag der Grünen haben Sie kein Wort verloren. Die Diskussion führen Sie auf dem Niveau der 90er Jahre Berlins, was schlimm genug ist. Wenn Sie die Diskussion, die wir jetzt führen, seinerzeit zu führen versucht hätten, stünden wir in Berlin jetzt besser da.

Wir haben also nach wie vor die Aufgabe, uns mit der Zukunft unseres Beteiligungsmanagements zu befassen. Die dem Parlament in der Senatsvorlage vorgelegten Vorstellungen reichen aber allein nicht aus. Da wird weitere Arbeit nötig sein. Sowohl Herr Zackenfels als auch Herr Eßer haben wesentliche Punkte genannt, über die wir weiter zu diskutieren haben. Für mich ist es nach wie vor offen, wie wir diese Stadt in die Diskussion mit einbeziehen. Ich habe nach wie vor den Eindruck, dass das, was wir mit den öffentlichen Unternehmen machen, die Stadt nicht interessiert und dass die Stadt uns nicht zutraut, dass wir unsere öffentlichen Unternehmen „flott“ bekommen. Wenn das so ist, muss die Koalition daraus die notwendigen Konsequenzen ziehen und sich überlegen, wie sie die breitere Diskussion um die Zukunft der städtischen Dienstleistungen und Vermögenswerte organisieren kann. Das ist unsere Aufgabe. Das wird kein einfacher Weg werden. Ich glaube aber, nur wenn die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt die Unternehmen der Stadt als einen eigenen Wert begreifen, werden wir auf Dauer die Chance haben, als Stadt auch öffentliche Dienstleistungen zu organisieren.

[Beifall bei der PDS]

Dabei ist aus meiner Perspektive eine Orientierung an den Inhalten der Corporate-Governance-Kodizes sinnvoll. Nicht unterschlagen werden darf dabei aber, dass es zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen Unterschiede gibt, denen entsprechende Kodexregelungen auch Rechnung zu tragen haben. Die Stockholder sind hier die Berliner und die Berlinerinnen. An Stelle der Börse sollten wir, das Parlament und der Senat, in ihrem Interesse die Schalthebel bedienen. Das Vertrauen der Stockholder ist das Vertrauen in die funktionierende Demokratie. Das ist bei der Diskussion zu berücksichtigen, soll es zukünftig tatsächlich zu einer sachgerechten Steuerung der Berliner Unternehmen und nicht zu ihrer Abschaffung kommen, wie sie von der von mir aus rechten Seite immer wieder gefordert wird.

Die Vorlage eines Corporate-Governance-Kodexes für die öffentlichen Unternehmen Berlins bietet aus meiner Perspektive die Chance für eine sachliche Diskussion, um Chancen und Defizite der Beteiligung auf einem anderen Niveau zu erörtern als auf dem, das uns Herr Kaczmarek

vorgeführt hat. Diese Chance gilt es zu nutzen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der PDS – Zurufe von der CDU]

Das wundert mich. Wenn Sie ein Interesse an der Beteiligungsdebatte haben, dann lassen Sie sie uns doch führen, und pumpen Sie sich nicht so auf!

Danke schön, Herr Kollege Lederer! – Nunmehr hat der Kollege Matz für die Fraktion der FDP das Wort. – Bitte schön, Herr Matz!

Schönen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf dem Meer der Landesbeteiligungen Berlins, auf dem es von Seelenverkäufern und Booten in Schieflage nur so wimmelt, kreuzt seit Anfang 2002 ein schmucker Flugzeugträger mit dem Namen „Sarrazin“. Aber nachdem man erst meinen sollte, dass das dazu beiträgt, dass es auf diesem Meer bald ordentlicher aussieht und dass die Schiffe entweder repariert oder entfernt werden, muss ich inzwischen feststellen: Es gibt erste Anzeichen von Rost an tragenden Teilen ausgerechnet dieses Flugzeugträgers. Das ist ein ärgerlicher Umstand.

[Zuruf von der CDU: Ein Tretboot!]

Sie mögen mir solche maritimen Bilder verzeihen, sie sind meiner hanseatischen Heimat geschuldet. – Die Vorlage, die der Senat jetzt beschlossen und uns zugeleitet hat – die Grünen wollten ihr mit ihrem Antrag zuvorkommen –, enthält aus meiner Sicht einige Dinge, die dazu beitragen werden, dass es weitergeht auf dem Weg, wie wir ihn in Berlin schon zu gut kennen. Wenn ich mir allein ansehe, wie Sie dem Parlament wiederholt und immer wieder mit Fristverlängerung verschobene Erläuterungen dort abhandeln, nach § 65 der Landeshaushaltsordnung die Voraussetzungen für die Landesbeteiligungen, die wir überhaupt haben, zu überprüfen und abzuchecken, ob diese Voraussetzungen überhaupt noch vorliegen, dann wird mir schwindelig dabei; denn Sie drücken sich erneut darum, diese Einzelprüfung vorzunehmen, und schildern stattdessen, dass Sie auch bei den Beteiligungen, bei denen es vielleicht keine Voraussetzungen mehr nach der Landeshaushaltsordnung gibt, dass der Staat das überhaupt noch macht, was dort an Aufgaben erledigt wird, dass man bei diesen Beteiligungen auch den optimalen Zeitpunkt am Markt abpassen müsste, um dann irgendwann zu verkaufen. Und das, Herr Finanzsenator, halte ich für einen bleibenden großen Irrtum, der auch unter diesem Senat nicht besser geworden ist.

Sie wollen erst ansanieren, und dann wollen Sie verkaufen. – Dieses schöne Wort „ansanieren“ habe ich jetzt gerade bei der KPM gehört; dort wird jetzt eher seit Jahrzehnten als seit Jahren „ansaniert“, aber es kam dabei bisher nichts Vernünftiges heraus. – Das heißt mit anderen Worten, Sie werden wieder nichts verkaufen. Es wird lange dauern, und es kommt nichts dabei heraus. Um bei dem Beispiel KPM zu bleiben, bedeutet das: Sie sind jetzt mit einem negativen Kaufpreis nicht zufrieden, dann stecken Sie noch einmal Millionen € hinein. Anschließend werden Sie, weil Sie die wirtschaftlichen Ziele innerhalb

des Unternehmens so nicht erreichen, wieder nur Angebote mit negativem Kaufpreis bekommen. Dann können Sie wieder sagen, Sie müssten erst einmal „ansanieren“, bevor Sie irgendwann privatisieren. So kommen Sie keinen einzigen Schritt weiter. Das ist der Fehler an sich. Bei manchen Beteiligungen ist es besser, ein Ende mit Schrecken zu bereiten und sie zu verkaufen, auch zu unbefriedigenden Bedingungen, anstatt ein Schrecken ohne Ende zu produzieren und dafür zu sorgen, dass man noch weitere Jahre Geld hineingeben muss.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Denn Sie haben zum Beispiel im Jahr 2001 mit 26 Gesellschaften und Anstalten, an denen Sie zu 100 %, und weiteren 38 Beteiligungen, an denen Sie zu über 50 % beteiligt sind und bei 240 indirekten Beteiligungen – allein diese Zahlen muss man sich immer wieder vor Augen führen – einen Zuwendungsbedarf von insgesamt 780 Millionen € gehabt. Das ist ein bleibender, immer wiederkehrender Beitrag zur Haushaltsnotlage Berlins, der weit über das hinaus geht, was immer unter dem Stichwort Bankgesellschaft in Berlin diskutiert wird. Deswegen müssen Sie die Haltung in diesem Punkt endlich ändern. Dort, wo es weiter Beteiligungen geben muss, und sei es nur auf Zeit, halte ich es für richtig, die Verantwortung nicht abzuwälzen.

Wir stimmen dem Antrag der Grünen zu, weil wir die Tendenz richtig finden, die Dinge einzufordern, die dort stehen. Wir halten es allerdings für falsch, sich nur auf eine Controllinggesellschaft zu verlassen, bei der uns dann irgendwann im Parlament wieder nur ein Senator gegenüber stehen würde, der uns sagt: Das tut mir furchtbar leid, das hat mir die Controllinggesellschaft nicht gesagt. Es hat keiner überprüft. Oder: Es hat keiner Bescheid gewusst. – Nein, politische Verantwortung kann man nicht abgeben. Die Verantwortung für die Beteiligungen liegen beim Finanzsenator und in Maßen auch bei den Fachsenatoren. Dort muss sie auch getragen und darf in gar keinem Fall abgewälzt werden. Verbessert werden müssen hingegen die Kontrollrechte des Parlaments.

Das Letzte, auf das ich während dieser kurzen Redezeit noch hinweisen möchte: Sie machen einen großen Fehler, Stichwort IBB und Stichwort KPM, wenn Sie aus dieser Investitionsbank Berlin ein Institut machen, das mit allen möglichen Aufgaben überfordert wird, das eine Strukturbank sein soll, in die Sie nachher die ganzen schwachbrüstigen Beteiligungen schieben. Diese IBB darf nur eine Förderbank sein und muss sich darauf beschränken. Ansonsten bekommen wir dieses ganze Beteiligungschaos, das wir bisher unmittelbar beim Land haben in Zukunft indirekt über die Investitionsbank Berlin. Das möchte ich nicht erleben.

[Beifall bei der FDP – Beifall des Abg. Wegner (CDU)]

Danke schön, Herr Kollege Matz! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Der

Lederer

Ausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen zwei Stimmen bei der CDU und gegen die Grünen, bei fünf Enthaltungen bei der CDU und Enthaltung bei der FDP die Ablehnung des Antrags. Wer dem Antrag mit der Drucksachennummer 15/2051 dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön! Das sind die Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind die Regierungsfraktionen. Damit ist der Antrag abgelehnt. Gibt es Enthaltungen? – Das sind CDU und FDP. Bei Enthaltung von CDU und FDP ist der Antrag somit abgelehnt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 28:

Beschlussempfehlungen

Effizienzsteigerung beim Facility-Management

Beschlussempfehlungen VerwRefKIT und Haupt Drs 15/2508 Antrag der Grünen Drs 15/2325

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat inzwischen auf die Beratung verzichtet, so dass wir gleich zur Abstimmung kommen können. Beide Ausschüsse empfehlen mehrheitlich – gegen die Fraktionen von FDP und Grünen, bei Enthaltung der CDU – die Annahme des Antrags in neuer Fassung im Wortlaut der Beschlussempfehlung des Fachausschusses.

Wer so beschließen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen! – Danke schön! Das sind die Regierungsfraktionen. – Die Gegenprobe! Das müssten jetzt die Grünen sein. Nicht? – Na, auch recht! – Die FDP hat dagegen gestimmt, Ersteres war die Mehrheit, dann ist so beschlossen. Enthaltungen? – Das ist die CDU. Dann sind mir die Grünen ganz abhanden gekommen, das tut mir leid.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 28A:

Dringliche Beschlussempfehlung

Fünfte Änderungsvereinbarung zum Konsortialvertrag vom 18. Juni 1999 über die Beteiligung an den Berliner Wasserbetrieben Anstalt des öffentlichen Rechts zwischen dem Land Berlin und RWE/Veolia Berlinwasser Beteiligungs AG (RVB)

Beschlussempfehlung Haupt Drs 15/2543 Vorlage – zur Beschlussfassung

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Wird die Beratung gewünscht? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Der Hauptausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen die Stimmen der Fraktion der FDP und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion der CDU die Annahme des Vertragsentwurfs. Wer so beschließen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen! – Danke schön! Das sind die Regierungsfraktionen.

Die Gegenprobe! – Das sind Grüne und FDP. Ersteres war die Mehrheit, dann ist das so beschlossen. Enthaltungen? – Das ist die CDU.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 28B:

Dringliche Beschlussempfehlung

Vermögensgeschäft Nr. 1/2004 des Verzeichnisses über Vermögensgeschäfte

Beschlussempfehlung Haupt Drs 15/2544 Vorlage – zur Beschlussfassung – gemäß § 38 Abs. 1 GO Abghs

Der Hauptausschuss empfiehlt einstimmig die Annahme des Vermögensgeschäftes. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke! Die Gegenprobe? – Das war einstimmig. Enthaltungen? – Die sehe ich nicht.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 29:

Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 50 Abs. 1 Satz 1 VvB

Gemeinsame Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung – 2. Bericht –

Vorlage – zur Kenntnisnahme – Drs 15/2497

Ein Redebedarf besteht seitens der CDU-Fraktion nicht mehr. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten und Medienpolitik, wozu ich keinen Widerspruch höre. Dann verfahren wir so.

Wir kommen zur