Protokoll der Sitzung vom 19.02.2004

Beschlüsse des Abgeordnetenhauses

Prüfung der Vorgänge um das Tempodrom durch den Landesrechnungshof

Der Landesrechnungshof von Berlin wird gemäß Artikel 95 Verfassung von Berlin ersucht, den Sachverhalt „Bau, Betrieb und wirtschaftliche Sanierung des Tempodroms“ in einer Gesamtschau zu überprüfen.

Dabei sind insbesondere folgende Komplexe zu berücksichtigen:

Bau und Finanzierung des Tempodroms,

Gründung und Kontrolle der Stiftung,

Private und öffentliche Zuwendungen an die Stiftung,

Wirtschaftliche Situation der Stiftung.

Auftragsvergaben im Zusammenhang mit Bau und Betrieb des Tempodroms unter besonderer Berücksichtigung der Auftragsvergabe an

die Mitglieder der Betreibergesellschaft,

die Stiftung,

den Stiftungsrat.

den Förderkreis.

Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Hintergründe um die Finanzierung und den Betrieb des Kreuzberger „Tempodroms“ und etwaige in diesem Zusammenhang geleistete Zuwendungen an politische Parteien

I.

Das Abgeordnetenhaus von Berlin setzt gemäß Artikel 48 der Verfassung von Berlin und dem Gesetz über die Untersuchungsausschüsse des Abgeordnetenhauses von Berlin einen Untersuchungsausschuss ein. Untersuchungsauftrag ist die Aufklärung der Konzeption und Durchführung der Finanzierung des Veranstaltungszentrums Tempodrom in Kreuzberg sowie möglicher damit in Zusammenhang stehenden Parteispenden. Dabei sollen auch etwaige Verflechtungen von politischen Entscheidungsträgern und Entscheidungsträgerinnen in ihren jeweiligen Funktionen mit der Stiftung Neues Tempodrom beleuchtet werden.

II.

Der Ausschuss besteht aus 9 Mitgliedern (3 Mitglieder der SPD-Fraktion, 2 Mitglieder der CDU-Fraktion, 2 Mitglieder der PDS-Fraktion, 1 Mitglied der FDPFraktion und ein Mitglied der Fraktion Bündnis90/Grüne) sowie deren Stellvertretern. Der Ausschuss soll seine Arbeit zum 31. Oktober 2004 abschließen.

III.

Der Untersuchungsausschuss soll folgende Sachverhalte prüfen: A. Betriebswirtschaftliche Konzeption und Situation der Stiftung Neues Tempodrom

1. Welche durch wen erstellte betriebswirtschaftliche Konzeption lag der Finanzierung der Stiftung Neues Tempodrom zugrunde? Inwieweit und durch wen wurde die Konzeption geprüft?

2. Welche mittelbaren oder unmittelbaren Finanzbeziehungen zwischen der Stiftung Neues Tempodrom und deren über Pacht- und Nutzungsverträge verbundenen Betreibergesellschaften gab oder gibt es mit dem Land Berlin?

3. Welche Finanzbeziehungen gab es darüber hinaus zu anderen juristischen und natürlichen Personen wie beispielsweise dem Förderkreis Tempodrom?

4. Wie entwickelte sich die betriebswirtschaftliche Situation der Stiftung Neues Tempodrom und deren über Pacht- und Nutzungsverträge verbundenen Betreibergesellschaften, und welche Ursachen lagen dieser Entwicklung zu Grunde? Wie wurde wann von welchen öffentlichen Stellen auf die veränderte betriebswirtschaftliche Situation reagiert?

B. Planung, Finanzierung und Betrieb des Neuen Tempodroms

1. Inwieweit waren Senatsverwaltungen, Abgeordnetenhaus, Bezirksverordnetenversammlung und Bezirksamt Kreuzberg in die Planung und den Bau des Tempodroms involviert? Wer waren die jeweils treibenden Personen?

2. Welche betriebswirtschaftliche Konzeption wurde bei der Finanzierung des Bauvorhabens von wem zugrunde gelegt und von wem und wann wurde sie einer Kosten- und Wirtschaftlichkeitskontrolle unterzogen?

3. Wie sah die ursprüngliche Finanzplanung des Projekts aus und welche Mittel sind tatsächlich an wen geflossen?

4. Wer hat wann welche Entscheidungen aufgrund welcher Grundlagen und Erwägungen zur Finanzierung des Tempodroms getroffen?

5. Unter welchen Voraussetzungen wurden Kredite und Bürgschaften zum Bau des Tempodroms an wen und in welcher Höhe vergeben und wie wurden sie besichert? Wer hatte ab wann Kenntnis von den Sicherungen und wer wurde hierüber informiert?

6. Wie und wofür wurden die ausgereichten Mittel verwendet? Wie wurden sie abgerechnet? Ist dabei gegen geltendes Recht verstoßen worden?

7. Welche Verträge wurden auf welcher rechtlichen Grundlage und wirtschaftlichen Betrachtung zum Betrieb des Tempodroms abgeschlossen? Wie wurde insbesondere die Dauer der Pachtverträge begründet?

8. Welcher finanzielle Schaden ist dem Land durch die getroffenen Entscheidungen entstanden?

9. Welche Kontrolle der Bauplanungen und –abläufe haben die finanzierenden Institutionen Klassenlotterie, IBB und Senat vor Zahlungebewilligungen und – auszahlungen vorgenommen?

C. Beteiligungen und Einflussnahmen von Stellen in öffentlicher Verantwortung

1. Inwieweit und auf welchen Grundlagen waren Stellen in öffentlicher Verantwortung an Entscheidungen im Zusammenhang mit der Planung, dem Bau und dem Betrieb des Neuen Tempodroms beteiligt?

2. Haben Organe und Gremien in öffentlicher Verantwortung etwas unternommen, um finanziellen Schaden vom Land Berlin abzuwenden?

D. Einflussnahmen und etwaige Verfehlungen von Politikerinnen und Politikern

In welcher Weise haben Vertreterinnen und Vertreter der Politik, insbesondere Wolfgang Branoner, Dr. Thomas Flierl, Juliane Freifrau von Friesen, Adrienne Goehler, Volker Hassemer, Peter Kurth, Volker Liepelt, Dr. Thilo Sarrazin, Peter Strieder, Alice Ströver und Harald Wolf als

Mitglieder des Senats

Mitglieder des Abgeordnetenhauses

Mitglieder eines Bezirksamts oder einer Bezirksverordnetenversammlung

Mitglieder in Vorstandsgremien ihrer Partei

Mitglieder im Stiftungsrat der Stiftung Neues Tempodrom oder in anderen Organen oder Gremien der Stiftung oder im Förderkreis,

Mitglieder in Gremien, in die sie aufgrund eines öffentlichen Amtes berufen wurden,

an Entscheidungen bezüglich des Tempodroms aufgrund welcher Interessenslage mitgewirkt oder Einfluss genommen ? Haben sie dabei gegen Recht der Europäischen Union, der Bundesrepublik Deutschland oder des Landes Berlin oder eine darüber hinaus bestehende Amtspflicht verstoßen ?

E. Etwaige Verflechtungen politischer Parteien mit dem Neuen Tempodrom

1. Welche Beträge oder Sachleistungen wurden zu welchem Zeitpunkt zwischen dem 1. Januar 1996 und dem 31. Dezember 2003 von welchen natürlichen oder juristischen Personen die mittelbar oder unmittelbar an der Planung, dem Bau oder dem Betrieb des Tempodroms beteiligt waren, an politische Parteien in Berlin geleistet? Wer hatte wann davon Kenntnis?

2. Wie wurde mit etwaigen Zuwendungen gem. 1.) verfahren? Wie wurden sie verteilt und verbucht? Wie wurden sie steuerlich behandelt, und wurden Spendenquittungen ausgestellt?

Bestehen Zusammenhänge zwischen etwaigen Zuwendungen gem. 1.) und der Bewilligung von Geldleistungen öffentlicher Stellen des Landes Berlin zur Planung, dem Bau oder Betrieb des Tempodroms? Wer hatte wann davon Kenntnis?

F. Die Rolle der IBB als Bank