Protokoll der Sitzung vom 04.03.2004

Der Senat, Herr Abgeordneter, hält daran fest, dass die Dresdner Bahn nicht im Flughafen Schönefeld enden kann, sondern

dass sie durchgebunden werden muss. Und unser großes Interesse ist auch, die neuen Ost-West-Beziehungen, die durch die europäische Erweiterung zum 1. Mai noch virulenter und von größerem Interesse für Berlin werden, zu nutzen. Wir hatten vor dem Krieg eine Verbindungszeit von 3 Stunden zwischen Berlin und Breslau, zurzeit sind es 6 Stunden. Das wieder auf 3 Stunden herunterzubringen, ist im elementaren Interesse von Berlin. Deswegen halten wir daran fest.

Herr Senator Strieder!

Frau Abgeordnete! Ich kann das bestätigen, wobei man sehen wird, welche Optimierungen wir im Laufe der Zeit hinbekommen werden. Es spricht alles dafür, die S-Bahnverbindung über die Stadtbahn zu lassen. Das ist auch in den Verträgen so vorgesehen. Die Vertragsgestaltung ist so, dass wir auf den gegenwärtigen Status quo aufsetzen und Veränderungen, Optimierungen von Fall zu Fall miteinander diskutieren. Wenn bspw. die S 21 neu eingeführt wird, wird an anderer Stelle etwas wegfallen müssen. Das wird aber im Zusammenhang mit der gesamten Stadtstruktur zu sehen sein, damit, wie diese sich verändert und wie sich Verkehrsströme in der Stadt verändern. Bei einem 15jährigen Vertrag wird es nie so sein, dass all die Linien nach 15 Jahren noch mit den Taktzeiten bedient werden wie zu Beginn eines solchen Vertrages. – Aber die Intention der Anbindung des Flughafens Schönefeld teilen wir.

Danke schön, Herr Senator!

Dann ist der Abgeordnete Kaczmarek von der Fraktion der CDU dran mit einer Anrage zu dem Thema

Zweifelhafte Einstellungspraxis des Senators für Finanzen I

Bitte schön, Herr Kaczmarek!

Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Trifft es zu, dass der Senator für Finanzen mit dem Leiter des Stellenpools einen Sondervertrag abgeschlossen bzw. vorbereitet hat, der diesem sowohl die Vorteile der Beamten – ungekürzte Monatsbezüge und volle Arbeitszeit – als auch die Vorteile der Angestellten – Urlaubs- und Weihnachtsgeld – zugesteht?

Herr Kaczmarek! Es kommt darauf an, dass man bei bedeutenden Führungspositionen den jeweils Besten, den man gewinnen kann, bekommt. Das war hier der Fall. Hier hat die Aufgabe Vorrang.

Eine Nachfrage von Frau Dr. Klotz! – Bitte!

Herr Sarrazin! Wie viele ehemalige Staatssekretäre sind mit 70 % der Bezüge im Dauerurlaub? Halten Sie niemanden von ihnen für einen der „Besten“, wie Sie sich eben ausgedrückt haben, und damit auch für qualifiziert, als Leiter des Stellenpools wieder reaktiviert zu werden?

Keiner der im einstweiligen Ruhestand befindlichen Staatssekretäre war an einer Bewerbung gehindert. Eine derartige hat aber nicht vorgelegen.

2. Wie rechtfertigt sich dieser Vertrag angesichts der Tatsache, dass sich Beamte oder vergleichbare Angestellte in der betr. Besoldungsgruppe B3 im Überhang – sogar im Überhang der Senatsverwaltung für Finanzen – befinden und von der Senatsverwaltung für Finanzen mit dem Haushaltswirtschaftsrundschreiben bestimmt wurde, dass Außeneinstellungen grundsätzlich unzulässig sind?

[Henkel (CDU): Unerhört!]

Der Senator für Finanzen, Herr Dr. Sarrazin hat das Wort. – Bitte schön!

Danke schön! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das trifft so nicht zu, Herr Abgeordneter Kaczmarek! Der Betroffene hat einen Dienstvertrag nach B3, und es werden in dem Fall keineswegs die Vorteile – welche immer das sein mögen – aus dem Beamten- und dem Angestelltenstatus miteinander kombiniert.

Zu Frage 2: Der Bewerber durchlief das im Lande übliche Auswahlverfahren. Dabei hatten alle internen Bewerber – die allerdings nicht sehr zahlreich waren – ebenfalls ihre Chancen. Das Auswahlverfahren wurde intensiv durchgeführt. Es endete bei dem jetzt ausgewählten Bewerber. Wir halten dies, auch wenn es eine Außenanstellung ist, angesichts der großen Bedeutung des zentralen Überhangmanagements für den Landeshaushalt auch für richtig und geboten. – Danke schön!

Danke schön! – Eine Nachfrage von Herrn Kaczmarek? – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Senator! Gibt es im Land Berlin weitere Fälle ähnlicher Vertragsgestaltung, wonach Angestellte wie Beamte bezahlt werden und gleichzeitig – sozusagen brutto für netto – die Sozialabgaben, die sie haben, on top gezahlt werden?

Herr Senator Dr. Sarrazin!

Jetzt haben Sie etwas anders gefragt als vorhin, Herr Abgeordneter. Es ist hier der Fall, dass ein Angestellter einen Dienstvertrag für B3 hat und in seinem Gehalt so wie ein Beamter gestellt wird. Ob es einen derartigen Fall sonst noch gibt, kann ich im Augenblick nicht beurteilen. Jedenfalls ist dies ein in solchen Fällen bundesweit übliches Verfahren.

Herr Kaczmarek! Eine weitere Nachfrage? – Bitte schön!

Danke, Herr Präsident! – Herr Senator! Sind Sie nicht mit mir der Meinung, dass der Stellenpool, der die Aufgabe hat, Überhangkräfte innerhalb der Berliner Verwaltung zu vermitteln, bei der Besetzung der eigenen Stellen mit gutem Beispiel vorangehen und sich aus dem Überhang des Landes bedienen sollte?

Herr Senator Dr. Sarrazin, bitte!

Herr Senator Dr. Sarrazin!

Es handelt sich hier um eine Stelle nach B3, nicht um einen politischen Beamten nach B7.

Der Kollege Schruoffeneger hat das Wort zu einer Nachfrage! – Bitte schön!

Herr Sarrazin! Sie haben jetzt sowohl in Bezug auf die im vorläufigen Ruhestand befindlichen Staatssekretäre als auch auf die 3 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Überhang gesagt, keiner habe sich beworben bzw. es hätten nur sehr wenige Bewerbungen im Innenverhältnis vorgelegen. Habe ich Sie bisher nicht richtig verstanden, dass es Ihre Aufgabe als politisch verantwortlicher Chef des Stellenpools sein muss, Menschen zu motivieren, sich zu bewerben, und notfalls auch zu drängen und nicht zu warten, bis sie freiwillig springen und diesen Job machen?

[Beifall des Abg. Hahn (FDP)]

Herr Senator Dr. Sarrazin!

Derjenige, der diese bundesweit einmalige Behörde leitet und sie aufbauen muss, hat eine besondere Aufgabe. Er muss durch die Aufgabe selbst motiviert sein. Wer zu dieser Aufgabe gedrängt werden muss, ist schon deshalb nicht geeignet.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Aber fragen kann man ja mal!]

Danke schön, Herr Senator Dr. Sarrazin!

Jetzt hat die Frau Abgeordnete Dr. Schulze von der Fraktion der PDS das Wort zu einer Anfrage zum Thema

Präsident Momper

Was hat sich jetzt im Einzelnen insbesondere für die von Ihnen genannten Gruppen – Sozialhilfeberechtigte, Asylbewerber und Asylbewerberinnen und Wohnungslo

se – geändert? – Die faktische Gleichstellung mit Krankenversicherten hat dazu geführt, dass die Belastungen auch künftig von Sozialhilfeberechtigten zu tragen sind, das heißt, sie müssen Praxisgebühr zahlen und alle Zuzahlungen für medizinische Leistungen selbst erbringen. Dies folgt daraus, dass leider – ich betone das ausdrücklich – die so genannte Härtefallklausel, die es bis Ende 2003 im Gesundheitsgesetz gegeben hat, entfallen ist. Deshalb müssen auch Sozialhilfeberechtigte mit ihrem sehr geringen Einkommen, aber auch andere Personen, die früher unter die Härtefallklausel gefallen sind, mit bis zu 2 % ihres Bruttoeinkommens im Jahr für Gesundheitskosten aufkommen, beziehungsweise, wenn sie chronisch krank sind, bis zu 1 %. Das ist für viele eine enorme Belastung. Für Sozialhilfeberechtigte bedeutet dies 71 € im Jahr, was sich zunächst nicht nach viel anhört. Umgelegt sind es 6 € im Monat, aber bezogen auf den Regelsatz sind das 2 %. Das ist für Menschen, die kein Geld auf der hohen Kante haben, sehr schwierig. Zusätzlich tritt als Problem hinzu, dass die Praxisgebühr und die Zuzahlungsverpflichtung eine abschreckende Wirkung auf die notwendige Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen hat. Auch dies muss man sorgfältig beobachten.

Die Einschränkungen, die es auf Grund des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes im Leistungskatalog gibt, dürfen für Sozialhilfeberechtigte auch nicht mehr aus der Krankenhilfe der Sozialämter finanziert werden. Notwendige Brillen, Entbindungsgeld oder nicht verschreibungspflichtige Medikamente müssen jetzt aus dem Regelsatz bezahlt werden. Auch das führt zu einer erheblichen Belastung dieser Personengruppen.

Auswirkungen des Gesundheitssystemmodernisierungsgesetzes

Recht herzlichen Dank! – Ich frage den Senat!

1. Welche Auswirkungen hat das Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz (GMG) auf Sozialhilfe- und Grundsicherungsempfänger, auf Obdachlose und Asylbewerber/-innen?

Frau Dr. Schulze! Haben Sie die zweite Frage vergessen?

[Frau Dr. Schulze (PDS): Habe ich nicht!]

Haben Sie nicht? – Gut! – Bitte, Frau Dr. KnakeWerner!

Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Schulze! In der Tat gilt seit dem 1. Januar 2004 ein neues Gesundheitsgesetz, das Ende letzten Jahres im Bundesrat als Kompromiss verabschiedet worden ist. Dieses Gesetz enthält eine Reihe neuer finanzieller Belastungen für Versicherte. Diese Belastungen wirken sich gerade für Sozialhilfeberechtigte und andere bedürftige Menschen im Bundesgebiet, aber auch in Berlin äußerst belastend aus. Ich glaube, dass genau das einen Großteil der öffentlichen Kritik an diesem Gesundheitsreformgesetz bestimmt.

Im Verlauf der Zeit – wir haben jetzt acht Wochen Erfahrung mit diesem Gesetz – präzisieren sich die Probleme bei der Umsetzung in der Praxis. Im Moment sind wir damit konfrontiert, dass wir diese Umsetzung auch begleiten müssen. Wie es immer ist – weil die Menschen Landes- und Bundesebene nicht mehr so gut auseinanderhalten können –, landen auch eine Reihe Beschwerden bei mir.

Worum geht es im Einzelnen? – Ich habe es für richtig gehalten, dass in diesem Gesetz eine Neuregelung getroffen worden ist in der Weise, dass bisher nicht krankenversicherte Sozialhilfeberechtigte im Krankheitsfall auch von den gesetzlichen Krankenkassen betreut werden können. Das war längst überfällig, und es ist gut, dass es jetzt geregelt ist, weil damit eine faktische Gleichstellung der Sozialhilfeberechtigten mit den anderen in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten entstanden ist. Das Problem dabei ist, dass man sich nicht dazu durchringen konnte, alle Sozialhilfeberechtigten zu Vollmitgliedern der Krankenversicherung zu machen. Das hätte nämlich zu einer wirklichen Entlastung der Kommunen beitragen können, sowohl in finanzieller Hinsicht als auch bezogen auf den Verwaltungsaufwand.

Schließlich möchte ich ein letztes Problem nennen: Es ist zwar so, dass ein Großteil der Sozialhilfeberechtigten künftig von den Krankenkassen versorgt wird, aber es gibt dennoch einen Personenkreis, der nicht unter diese Regelungen fällt, der deshalb weiter durch das Bundessozialhilfegesetz betreut wird. Das sind Personen, die weniger als vier Wochen am Stück Sozialhilfe erhalten, das ist aber auch die große Gruppe der Wohnungslosen. Bei den Betroffenen herrscht Unruhe und Unkenntnis, insbesondere wirkt sich das in den Obdachlosenpraxen aus, die ein sehr niedrigschwelliges Angebot für Wohnungslose sind. In diesen Praxen ist unklar, was man den Wohnungslosen abfordern muss. Müssen Wohnungslose Praxisgebühr bezahlen? – Müssen sie nicht. Ich weise ausdrücklich darauf hin: Wohnungslose und Sozialhilfeberechtigte, die weniger als vier Wochen Sozialhilfe beziehen, müssen weder Praxisgebühr bezahlen noch bei Medikamenten zuzahlen. – Vielen Dank!

Danke schön, Frau Senatorin! – Darf ich noch einmal an den Grundsatz erinnern: Kurze Fragen, kurze Antworten!