Protokoll der Sitzung vom 04.03.2004

Ich denke, es war von Anfang an das Problem, dass wir gesagt haben, diese Interessen sind nicht identisch. Ich will es nicht auf Lateinisch machen, wie Herr Lindner, sondern auf Deutsch und frage mich immer ganz banal: Wem nützt eigentlich etwas?

[Dr. Lindner (FDP): Cui bono?]

Ich weiß, wie es auf Latein heißt. Ich bin nicht blöd, Herr Lindner. Aber ich muss hier nicht damit angeben.

[Beifall bei den Grünen]

Ich habe mir deshalb bei den Schadensersatzprozessen die ganze Zeit die Frage gestellt, welches Interesse kann ein Bankvorstand haben, dass Bankvorstände zu Schadensersatzforderungen herangezogen werden. Er muss doch dann befürchten, dass er irgendwann einmal für Fehlleistungen von sich selbst auch zur Rechenschaft gezogen wird. Wir haben in der Rechtsprechung der Bundesrepublik kaum Prozesse, wo Bankvorstände, Wirtschaftsprüfer oder Aufsichtsratsmitglieder verurteilt worden sind. Das

ist der Grund der gesamten Problematik in der Auseinandersetzung um die Prozesse.

Wenn ich mir anschaue, wie sich die Bank verhalten hat – erst Beurlaubung, dann fristlose Kündigung, Kündigung hinterhergeschickt, dann betriebsbedingte Kündigung –, dann wundert es nicht, wenn die Richter fragen: Was macht ihr da? – Wenn es dann ein Gerichtsurteil gibt, das sagt, dass die Bank den wieder einstellen muss, dann sagt die Bank: Machen wir einfach nicht. – Damit haben sie sowieso schon ganz schlechte Karten. Hier geht es nicht um die Bankvorstände. Hier geht es um Mitarbeiter. Da hat man in der Tat den Eindruck, dass bei einzelnen Leuten ganz hart durchgegriffen werden soll. – Ich vergaß zu sagen: Zwischendurch bekommen sie dann ihren Betriebswagen wieder, weil ihnen betriebsbedingt gekündigt wurde. – Die Abstrusitäten, die in diesen Kündigungsprozessen laufen, machen deutlich, auf welcher politischen Ebene Prozesse geführt werden.

[Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Herr Zimmermann hat den Prozess mit dem Mitarbeiter angeführt, bei dem der Kündigung in der zweiten Instanz Recht gegeben wurde. Herr Zimmermann, Sie hätten bei der Begründung des Richters dabei sein sollen. Er hat es nicht versäumt, die Bank nach Strich und Faden auseinander zu nehmen, wie sie ihre Sachen vorbereitet. Der Großteil des Prozesses behandelte die Frage, wie die Bank ihre Kündigung begründet hat, und zwar wie mangelhaft. Es gibt ein Beispiel: Einige bekommen ihre Erfolgstantiemen. Ich habe im Gerichtsprozess festgestellt, dass für 2000 und 2001 noch Erfolgstantiemen bezahlt wurden. Und das zu einem Zeitpunkt, wo das ganze Desaster schon angerichtet war. Solche Dinge – einige bekommen die Erfolgstantiemen, und bei den anderen wird

Wir haben noch einen zweiten Antrag gestellt, dessen Notwendigkeit jetzt auch immer deutlicher wird. Wir haben gesagt: Wenn die Bankgesellschaft nicht bereit ist, diese Prozesse zu führen, dann soll sie sie ans Land Berlin

abgeben. Dann kann das Land diese Prozesse führen, denn schließlich muss es auch zahlen.

Es wird immer deutlicher, dass Vorschläge wie die, die wir im Lauf der letzten Jahre gemacht haben, umgesetzt werden müssen. Sie könnten das Problem ein wenig lösen. Man darf der Bankgesellschaft nicht die Möglichkeit geben, wie bisher fortzufahren. Ich spreche in diesem Zusammenhang Herrn Sarrazin als Aufsichtsratsmitglied an: Sie haben mir einmal gesagt, sie interessierten sich nicht für die Vergangenheit. Das ist ein großes Problem bei der Schadensbekämpfung. Zudem haben Sie gesagt: Wenn ich dem Vorstand nicht vertraue, dann kann ich gleich einen neuen wählen. – Ich bin der Meinung: Wenn Sie als Aufsichtsratsmitglied des Landes Berlin in diesem Aufsichtsrat sitzen, dann haben Sie scharf zu prüfen und nicht einfach zu vertrauen. Das ist in die Hose gegangen. Das darf nicht noch einmal geschehen. – Danke!

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Große Anfrage ist somit begründet, beantwortet und besprochen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der Grünen auf Drucksache 15/2180. Der Hauptausschuss empfiehlt – Frau Oesterheld wies bereits darauf hin – einstimmig die Annahme in neuer Fassung. Wer dem Wortlaut der Beschlussempfehlung – Drucksache 15/2581 – folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Damit haben wir das einstimmig beschlossen.

geklagt – und welche Politik die Bank dabei fährt, sind für die Gerichte schwer einzusehen.

Jetzt zu den Schadensersatzklagen: Die Substantiierung dieser Klagen wurde schon angesprochen. Wir hatten im Untersuchungsausschuss einmal eines dieser Rechtsanwaltsbüros. Als wir den Rechtsanwalt befragten, mussten wir feststellen, dass er keine Ahnung von dem Aubis-Komplex hatte. Er fragte, ob das Niesbrauchmodell eventuell ein Fonds sei. Man hat mitbekommen, dass der über die Sache nichts wusste. Ich kann die besten Rechtsanwälte beschäftigen. Wenn ich ihnen aber keine Informationen gebe, dann wird auch der beste Rechtsanwalt den Prozess vergeigen. Das ist klar. Das ist das Spiel der Bank.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Eine Sache hat mich stutzig gemacht. Sie liegt mir noch nicht schriftlich vor. Ich habe sie zugegebenermaßen in der Zeitung gelesen: Gerade im Fall Schoeps hat die Entlastung durch den Aufsichtrat dazu geführt, dass er nicht verurteilt werden kann. Wenn ich so etwas lese, dann steigt in mir das Grauen hoch. Wer war denn der Aufsichtsrat von Herrn Schoeps? – Das waren die Herren Landowsky, Rupf und Decken. Also all die Bankvorstände, die selbst angeklagt sind, haben Herrn Schoeps entlastet. Das kann nicht sein. Stellen wir uns einen Bankraub vor. Dann kommt einer und sagt: Ich habe gesehen, dass der andere gar nicht dabei war. – Kein Richter würde zulassen, dass ein Schurke den anderen entlastet, aber bei der Bankgesellschaft klappt das.

Zu den Äußerungen von Herrn Sarrazin: Er hat auf die mangelnde Kompetenz verwiesen und gesagt, man habe andere Vorstellungen vom Markt gehabt. Je länger ich mich damit beschäftige, desto mehr sehe ich, dass seit 1995 in den Aufsichtsratsunterlagen und in allen möglichen Zeitschriften zu erkennen ist, dass Herr Schoeps und andere Bankvorstände sehr wohl 1995 wussten, was am Immobilienmarkt läuft. Aber sie haben es nicht ernst genommen. Vielleicht wollte sie es auch nicht sehen oder für ihr Geschäft nicht wahrhaben. Das ist der Unterschied: Wenn jemand schon 1995 sagt, der Immobilienbereich bekomme wirtschaftliche Probleme und der Aufschwung, den sich alle erhofft haben, komme nicht, und trotzdem am großen Rad dreht, dann ist er verantwortlich und muss zur Verantwortung gezogen werden.

Aber dann kommt der nächste Ansatz: Wenn es so ist, dass die Rechtsanwälte schlecht informiert sind, kann ich nur auf unseren Antrag von früher verweisen, in dem wir gesagt haben, dass ein Sonderprüfer in die Bank muss. Dieser Sonderprüfer ist nämlich nicht davon abhängig, was ihm die Bank an Informationen gibt. Er geht vielmehr rein und kann sich alles anschauen, was er will. Nur so hätten wir die absolute Aufklärung.

[Beifall bei den Grünen]

Die lfd. Nrn. 10 bis 11 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 12:

Beschlussempfehlung

Keine viermonatige Schließung der Hallenbäder zulasten des Schwimmsports, des Schulschwimmens und der Kindertagesstätten

Beschlussempfehlung JugFamSchulSport Drs 15/2462 Antrag der CDU Drs 15/2395

Für die Beratung steht eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der CDU. – Herr Rabbach, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Freunde des Bäderwesens! Wenn ich nach links schaue, dann sehe ich nicht überall Freunde des Berliner Bäderwesens.

[Doering (PDS): An was machen Sie das fest?]

Um was geht es bei dem Antrag? – Im November des letzten Jahres wurde bekannt, dass von den 37 Berliner Hallenbädern 27 geschlossen werden, und zwar in den Sommermonaten. Erst klang das ganz harmlos. Dann

Ganz besonders schlimm war die Ausschusssitzung am 21. Januar. Erstens wollten Herr Dr. Kaczmarczyk für seine Fraktion, für die so genannte volksnahe PDSFraktion, und Frau Seidel-Kalmutzki für die SPDFraktion verhindern, dass der Präsident des Landessportbundes, der gewählte Vertreter von 550 000 Sportlern, das Wort erhält, und natürlich auch nicht der Präsident des Berliner Schwimmverbandes. Das sollte totgeschwiegen werden. Es sollte nur ein theoretisches Thema erörtert werden.

Älter, wie ich, Sie sind ja ein bisschen jünger, Frau Harant, nehmen Sie es mir nicht übel! – Ich hebe das deswegen hervor, weil sich die amtierende Vorsitzende des Ausschusses, Frau Seidel-Kalmutzki, schlicht geweigert hat, Herrn Hanisch und den Präsidenten des Berliner Schwimmverbandes anzuhören. Frau Harant hat dann einen Weg vorgeschlagen, der das ermöglicht hat, sonst hätten wir so einen Eklat gehabt, dass der Präsident des Landessportbundes und der Präsident des Schwimmverbandes nicht mehr hätten angehört werden können.

haben wir noch einmal genauer nachgelesen und uns erkundigt: Es war nicht von den Sommermonaten die Rede, sondern von vier Monaten. – So etwas hat es in Berlin noch nie gegeben. – Vom 1. Mai bis zum 31. August 2004 sollen die 27 Hallenbäder geschlossen werden. Und wie das bei dieser Koalition und diesem Senat so üblich ist, betrifft das alle Bäder, in denen die Berliner Schwimmvereine täglich und wöchentlich Schwimmunterricht geben und trainieren. Das haben wir dann auf unseren Antrag hin am 3. Dezember im Ausschuss behandelt. Die Antwort war aber völlig unbefriedigend. Es war eine Meisterleistung der Verdunkelung, Vernebelung und Schönfärberei – insbesondere von Dr. Kaczmarczyk, Frau Seidel-Kalmutzki und von Senator Böger, der Vorsitzender des Aufsichtsrats ist. Der Berliner Schwimmverband hat 15 000 Mitglieder. Ich weiß nicht, Herr Doering, wie viele Mitglieder die PDS jetzt hat, aber wahrscheinlich nicht über 15 000.

[Zuruf des Abg. Doering (PDS)]

Ach so! 10 % davon hat der Kreisverband TreptowKöpenick. Na gut, dann sollten Sie Dr. Kaczmarczyk mal ein bisschen auf Vordermann bringen, wenn Sie da so viele Mitglieder haben, die Schwimmfreunde sind.

[Zuruf des Abg. Doering (PDS)]

Wir haben das am 3. Dezember im Ausschuss gehabt, und es war völlig unbefriedigend, was der Senat und die Koalitionsparteien von sich gegeben haben. Auch enttäuscht waren natürlich der Landessportbund und der Berliner Schwimmverband, weil insbesondere Herr Senator es für richtig befunden hat, Herrn Hanisch, den Präsidenten des Landessportbundes, einen Teil der Schuld in die Schuhe zu schieben hinsichtlich der Beschlussfassung durch den Aufsichtsrat. Wir haben dann diesen Antrag gestellt und hatten zwei Veranstaltungen des Landessportbundes und des Berliner Schwimmverbandes, an denen ich teilgenommen habe. Es hat dann einen Kompromissvorschlag gegeben. In der Sitzung des Sportausschusses am 21. Januar wollten die Koalitionsfraktionen, dass wir diesen Antrag zurückziehen, weil sich alles erledigt habe. Mitnichten hat sich alles erledigt. Es hat sich ein Kompromiss für die Schwimmvereine ergeben, mit dem die – habe ich heute telefoniert – nicht einverstanden sind, der auch noch nicht umgesetzt wurde. Das wird noch hin und her gezerrt. Deswegen legen wir Wert darauf, dass über diesen Antrag abgestimmt und nicht so getan wird, wie meine Nachredner es gleich tun werden. Herr Dr. Kaczmarczyk und Frau Seidel-Kalmutzki werden herkommen und uns erklären, es habe sich alles erledigt, es sei alles bestens, alle seien zufrieden. Es gibt überhaupt keine Regelungen für den Schulschwimmsport. Es gibt überhaupt keine Regelungen für die Kindertagesstätten. Gucken Sie aber in unseren Antrag, Frau Seidel, werden Sie sehen, dass sich dieser Antrag auf Schulschwimmen und Kindertagesstätten gleichermaßen bezieht. Mir hat ein Schwimmlehrer aus Charlottenburg gesagt, im Freibad Jungfernheide sollten die Schulkinder der 5. Klasse jetzt schwimmen lernen, er werde dort nicht Schwimmunterricht erteilen, weil die Sichtweite nur 10 cm betrage. Er weigere sich, in einem Freibad mit

einer Sichtweite von 10 cm Schwimmunterricht zu erteilen. Alles solche skurrilen Sachen!

[Zuruf des Abg. Brauer (PDS)]

[Zuruf des Abg. Doering (PDS)]

Herr Doering, quatschen Sie hier nicht dauernd dazwischen, sondern kommen Sie nächstens in so eine Sitzung und hören Sie sich an, wie Ihr Fraktionskollege mit dem gewählten Vertreter von 550 000 Sportlern in Berlin umgeht. –

[Zuruf des Abg. Doering (PDS)]

Erst Frau Harant, eine ältere Kollegin aus der SPDFraktion, hat dann – –

[Gelächter bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Ich kann Sie nur bitten, diesem Antrag zuzustimmen, weil nichts erledigt ist. Mich wundert auch, dass sich die FDP – wie immer bei Angelegenheiten des Sports und der Sportvereine – enthält.

[Zuruf der Frau Abg. Senftleben (FDP)]