Protokoll der Sitzung vom 17.03.2004

Ich rufe auf

lfd. Nr. 9:

II. Lesung

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Ausschuss für Gnadensachen

Beschlussempfehlung Recht Drs 15/2591 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/2274

Die lfd. Nrn. 10 bis 12 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 13:

a) I. Lesung

Gesetz zur rechtlichen Verselbstständigung der Investitionsbank Berlin

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/2603

b) Beschlussempfehlung

Konsequenzen aus dem Bankenskandal (III) – Investitionsbank Berlin ausgründen

Beschlussempfehlung Haupt Drs 15/2578 Antrag der Grünen Drs 15/2182

Die Gesetzesvorlage wurde bereits vorab an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie sowie an den Hauptausschuss überwiesen. Ich stelle dazu die nachträgliche Zustimmung des Hauses fest. Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt Frau

Vizepräsidentin Michels

Aber in diesem Gesetzentwurf findet sich davon nicht ein einziges Wort. Stattdessen ist auch mit diesem Gesetzentwurf wieder alles möglich. Selbst darüber, ob die Investitionsbank künftig weiterhin die Landesbank von ihren günstigeren Kreditmöglichkeiten profitieren lassen soll, wird heute noch diskutiert. Beteiligungen, selbst an Wettbewerbsunternehmen, sollen möglich sein. Wir sagen: Das Land braucht diese Art von Landesstrukturbank nicht mehr. Wir wollen eine Landesförderbank, ja, die wollen wir, die ist notwendig, aber eine deutlich veränderte und verbesserte Landesförderbank – mit klarem Aufgabenspektrum, ohne langfristige Beteiligungen, mit klaren Strukturen und Entscheidungen, die sich der parlamentarischen Kontrolle stellen und Zielvorgaben vom Parlament akzeptieren muss.

Für ihre Aufgabe braucht die Investitionsbank auch eine ausreichende Eigenkapitalausstattung, denn sonst passiert hier auch wieder das bekannte Berliner Schicksal, sonst droht der Investitionsbank das Gleiche wie Vivantes, wie der BVG, wie anderen, dann wird auch die Investitionsbank zum nächsten Sanierungsfall. Nur wenn das Gesetz in diesem Sinn umfangreich geändert wird, nur dann macht die Investitionsbank als Landesförderbank des Landes Berlin Sinn.

Abgeordnete Paus für die Fraktion der Grünen. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Endlich liegt der Gesetzentwurf des Senats zur Ausgliederung der Investitionsbank vor. Die Ausgründung ist aus unserer Sicht überfällig, denn als Teil der Bankgesellschaft ist die Investitionsbank mit jedem Tag, den sie in der Bankgesellschaft verbleibt, einen Tag länger Spielball der Bankgesellschaft, statt ein Förderinstitut für die Berliner Wirtschaft zu sein. Deswegen haben wir in unserem Antrag vorgesehen, dass sie bereits rückwirkend zum 1. Januar 2004 ausgegründet werden sollte, ein Antrag, dem Sie sich wieder nicht anschließen konnten.

Dieses Gesetz ist aber nicht nur überfällig, sondern jetzt, wo der Entwurf vorliegt, kann man leider nur kopfschüttelnd sagen: Return to sender! – Es gibt erheblichen Nachbesserungsbedarf bei diesem Gesetz. Man muss sich das einmal vorstellen: Diese Stadt erlebt zurzeit, was der Senat, was Herr Strieder, was Herr Sarrazin, was Herr Wolf darunter verstehen, wenn sie von der IBB als Landesstrukturbank reden, nämlich 1,7 Millionen € an das Tempodrom zu überweisen, um die Insolvenz abzuwenden, ohne Sanierungskonzept, ohne irgendetwas. Das ist ein Skandal, deswegen ermittelt die Staatsanwaltschaft, deswegen hat dieses Haus einen Untersuchungsausschuss eingerichtet. Aber obwohl das so ist, werden hier daraus keine Lehren gezogen. Völlig unbeleckt von diesem Vorgang wird uns hier heute ein Gesetzentwurf vorgelegt, das die alte Westberliner Selbstbedienungsmentalität von CDU und SPD munter weiterführt.

[Hoff (PDS): Im Ausschuss handzahm und im Plenum Krawall!]

So viel politische Borniertheit, meine lieben Herren und Damen von SPD und PDS, hatte ich nicht einmal diesem Senat zugetraut.

[Hoff (PDS): Warum haben Sie denn im Ausschuss nichts gesagt und machen hier Krawall? – Pewestorff (PDS): Weil hier mehr Publikum ist!]

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Natürlich gehe ich davon aus, dass sich Herr Strieder und Herr Sarrazin nicht hinter dem derzeit geltenden weiten gesetzlichen Mantel der Investitionsbank werden verstecken können. Hier geht es jetzt aber darum, dass wir mit dem Gesetz klarmachen, dass man gar nicht mehr auf die Idee kommen kann, dass politische Selbstbedienung möglich ist.

[Beifall des Abg. Eßer (Grüne)]

Es muss endlich Schluss sein mit dem System der Selbstbedienung und mit dem System russische Puppe, wo die Königlich Porzellan Manufaktur notleidend in die Gewerbesiedlungsgesellschaft gestopft wird, wo die Gewerbesiedlungsgesellschaft notleidend in die Investitionsbank gestopft wird, Hauptsache das Problem wird aus dem politischen Problemfeld abgeräumt. Damit muss Schluss sein.

[Beifall bei den Grünen – Hoff (PDS): Das ist doch wider besseres Wissen, was Sie hier erzählen. Hören Sie doch einmal zu im Ausschuss, Frau Paus, damit Sie wissen, was Sie hier erzählen!]

Wenn Sie sich von der Koalition hier heute meiner Aufforderung: „return to sender“ nicht anschließen wollen, bitte ich Sie doch zumindest, dass wir eine ausführliche parlamentarische Beratung zu diesem Gesetz machen

[Hoff (PDS): Wer hat denn das bestritten, Frau Paus?]

und dass wir auch umfangreiche Änderungen an diesem Gesetzentwurf vornehmen. Nur dann macht dieses Gesetz Sinn. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen – Hoff (PDS): Überheblichkeit gepaart mit Dummheit ist das Schlimmste! Reden Sie doch nicht so dummes Zeug hier!]

Danke schön! – Für die SPD-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Jahnke das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der heute zu beratenden Gesetzesvorlage zur rechtlichen Verselbständigung der Investitionsbank Berlin beginnt die Umsetzung eines weiteren zentralen Anliegens der Koalitionsvereinbarung von SPD und PDS. Es handelt sich hierbei also keineswegs um einen bloßen Reflex auf eine veränderte Rahmenbedingung seitens der EU, oder wie die Grünen das formulieren, um die Konsequenz aus dem Bankenskandal III,

interessanten Kunden mehr sind, dann liegt ein partielles

Der zweite Aspekt, die finanzielle Förderung von Unternehmen, ist ein ordnungs- und wirtschaftspolitisch viel heiklerer Punkt. Die bedeutensten Autoren aus der Volkswirtschaftslehre haben sich immer wieder mit dem Moral-Hazard-Problem befasst, also mit dem Problem, inwiefern der Staat überhaupt finanzielle Zuschüsse geben oder Risiken aus dem Bereich der Privatwirtschaft übernehmen darf, ohne hierdurch die Verantwortlichkeiten zu verwischen und damit zu leichtfertigen Unternehmensentscheidungen beizutragen. Hinzu kommen wettbewerbsrechtliche Probleme. Direkte finanzielle Zuschüsse an Unternehmen müssen daher stärker noch als in der Vergangenheit die Ausnahme darstellen, die an strenge Kriterien hinsichtlich Verwendungszweck und Adressatenkreis gebunden sind. Das Fördergeschäft der neuen IBB muss vor allem im Bereich der Kreditvergabe liegen. Sowohl mit eigenen Programmen wie etwa KMUFonds, Liquiditätsfonds u. ä. als auch gerade mit der Durchreichung von Fördermitteln des Bundes oder der EU. Wenn kleine und mittlere Unternehmen für die großen Geschäftsbanken und Sparkassen keine

dann liegt ein partielles Marktversagen im Bankensektor vor! Dies rechtfertigt nicht nur, sondern verlangt auch im wirtschaftlichen Interesse unserer Stadt geradezu, dass die IBB die Hausbankenfunktion übernimmt und dadurch die Unternehmensfinanzierung in dem für Berlin so wichtigen Bereich der mittelständischen Wirtschaft sicherstellt. Revolvierende Fonds können dazu beitragen, dass EUMittel zur mehrfachen Ausreichung kommen und damit eine Vervielfachung des Fördervolumens über mehrere Jahre erreicht wird.

Noch kurz einige Worte zum Verfahren der Ausgliederung und dem von den Grünen hergestellten Zusammenhang mit der Krise um die Bankgesellschaft: Natürlich lässt sich rückblickend sagen, dass es ein Fehler war, die ehemalige WBK als IBB in den Bankkonzern zu integrieren – sowohl aus tatsächlichen als auch aus juristischen Gründen. Die zweite Bankrechtskoordinierungsrichtlinie der EU, die bereits die Entwicklung weg von allseits gesicherten öffentlich-rechtlichen Banken nach deutschem Muster einleitete, war auch Anfang der 90er Jahre schon bekannt.

Frau Oesterheld möchte gerne. – Bitte sehr!

sondern es ist politischer Wille der Koalition, Berlin eine schlagkräftige Landesstruktur- und Förderbank zu geben,

[Frau Oesterheld (Grüne): Schlagkräftig!]

die der Berliner Wirtschaft, insbesondere der mittelständischen, mit einem umfassenden Förderinstrumentarium zur Seite steht.

[Beifall bei der SPD]

Die Neuausrichtung der IBB ist im Zusammenhang mit der Bündelung der Wirtschaftsförderung nach klar gegliederten Aufgabenfeldern zu sehen, die bereits zur Gründung der One-Stop-Agency im vorigen Jahr geführt hat. Die Rolle der IBB in diesem neuen Förderspektrum wird schwerpunktmäßig die monetäre Seite der Förderung sein. Angesichts der bekannten Haushaltslage des Landes Berlin kann es hierbei keineswegs um das Ausschütten von staatlichen Füllhörnern gehen, sondern entweder um gezielte Maßnahmen zur Unterstützung einer regionalen Strukturpolitik oder um die Kompensation von Marktversagen bei der Finanzierung mittelständischer Unternehmen – daher, wenn es manch einem bei der Opposition auch nicht passt, diese zwei Aspekte: Landesstruktur- und Förderbank.

Beim erstgenannten Aspekt, der Strukturpolitik, geht es zuvörderst um die Bereitstellung öffentlicher Güter beispielsweise im Bereich der Bildungsinfrastruktur, der Verkehrsinfrastruktur, aber auch um Forschung und Entwicklung, die Förderung von Vorhaben, die der Innovationsfähigkeit unserer regionalen Wirtschaft dienen und damit sowohl zu nachhaltigem Wirtschaftswachstum und zu zukunftsträchtigen Arbeitsplätzen beitragen als auch zur Sicherung der Lebensqualität in unserer Region. Hierbei wird nicht mit der Gießkanne zu fördern sein, sondern gezielt in den Kompetenzfeldern Berlins: Informations- und Kommunikationstechnologie, Verkehrstechnik, Umwelttechnik, Medizintechnik sowie Biotechnologie und nicht zu vergessen in der touristischen Infrastruktur.

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