Bei Leitungspositionen in Haupt- und Bezirksverwaltungen beträgt der Frauenanteil bei Abteilungsleitungen beschämende 9,8 %.
Das ist kaum beispielgebend für die Privatwirtschaft. Die gestern im Ausschuss begonnene Diskussion hierüber werden wir daher intensiv fortsetzen müssen.
Unmittelbar auf den Bereich der Privatwirtschaft soll mit den §§ 13 und 14 des Landesgleichstellungsgesetzes eingewirkt werden. Hier fällt zunächst unangenehm auf, dass der aktuellste besondere Bericht dazu vom 30. Januar 2001 datiert. Das ist doch etwas lange her, Herr Wolf! Auch jetzt vermögen die Antworten des Senats nicht wirklich zu befriedigen. § 13 sieht die Verknüpfung von öffentlicher Auftragsvergabe und Frauenförderung vor. Zu seiner Umsetzung wurde vom Senat am 23. August 1999 die Frauenförderverordnung erlassen. Es beruhigt
ungemein, dass dieses Instrument bei den erfolgten Ausschreibungen grundsätzlich beachtet wurde. Dass es aber über die tatsächliche Durchführung und Wirkung der Auftragsvergaben keine Angaben gibt, ist unbefriedigend. Wenn statistische Auskünfte von den Vergabestellen mangels Regelungen in der Förderverordnung nicht gegeben werden, so zeigt das ein Versäumnis des Verordnungsgebers. Hier muss auch nachgebessert werden.
In diesem Zusammenhang möchte ich dick unterstreichen, dass Gleichstellungspolitik generell nur effektiv wirken kann, wenn statistische Erfolgskontrollen stattfinden und Nachbesserungen ermöglichen. In diesem Sinne war die Bemühung des Senats im Bundesrat richtig, eine Änderung des Gesetzes zur Statistik im produzierenden Gewerbe abzulehnen. Es ist kontraproduktiv, statistische Angaben nicht mehr nach der Beteiligung von Frauen und Männern aufzulisten. Dagegen hat sich der Senat gewehrt. Das finde ich gut. Diese Verpflichtung, das so aufzulisten, ist vor 2001 eingeführt worden – leider nur für Unternehmen mit mehr als einem Betrieb. Statt einer Ausweitung auf alle Unternehmen will der Bundesrat sie nun ganz streichen. Angeblich ist der bürokratische Aufwand zu hoch. Das kommt von Seiten der CDU. Das muss ich an dieser Stelle einmal deutlich sagen. Diese Behauptung ist angesichts der Realität der Datenverarbeitung in den Unternehmen schlicht Unsinn.
Zurück zum Landesgleichstellungsgesetz: § 14 sieht vor, die Gewährleistung staatlicher Leistungen an private Unternehmen von Maßnahmen der Frauenförderung abhängig zu machen. Für die Umsetzung auch dieser gesetzlichen Regelung ist eine Verordnung erforderlich. Leider liegt die immer noch nicht vor.
Sie wollen es nicht. Das ist mir klar. – Die Gründe dafür überzeugen nicht. Es ist nicht einsichtig, welche rechtlichen Hindernisse dem entgegenstehen sollten. Vor allem ist nicht einzusehen, aus welchen Gründen die Privatautonomie hier vor der Berliner Verfassung, vor dem Grundgesetz, dem EG-Vertrag und gegebenenfalls vor dem europäischen Verfassungsvertrag Vorrang haben soll.
Unsere Große Anfrage war notwendig und hilfreich. Die Antworten des Senats zeigen, dass schon viel geleistet worden ist, aber auch noch unerledigte Aufgaben anstehen, die wir gemeinsam anpacken müssen. – Danke!
Wir haben die erfreuliche Tatsache mitzuteilen, dass jetzt ein Exemplar der Antwort bei der Parlamentsverwaltung eingetroffen ist. Diese ist rastlos bestrebt, dieses Exemplar zu vervielfältigen und den Fraktionen zur Verfügung zu stellen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Neumann, Sie sagten, Sie hätten einigen Mut zusammengenommen, um dann einen Beschluss zu fassen. Sie werden sich an Ihrer Koalitionsvereinbarung messen lassen müssen und sicherlich noch Mut brauchen, wenn Sie irgendwann den Wählerinnen und Wählern Rechenschaft ablegen müssen.
Ich möchte Sie jetzt zu einer Reise in die Zukunft einladen. Ich schaue mir einmal an, wie die Presseberichte der Zukunft lauten könnten. Ich würde dann zitieren, wenn die Zukunft heute schon Gegenwart wäre. Jetzt ist sie es nicht, so dass ich nur mutmaße, was dann in der Zeitung stehen könnte:
Die IHK-Präsidentin des Bundeslandes BerlinBrandenburg lobt in ihrem Jahresbericht die wirtschaftliche Entwicklung der Region. Dabei profitiert die Region vom allgemeinen Aufschwung in der Bundesrepublik. Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, die Rücknahme einiger HartzGesetze, das deutliche Zurückführen der Staatsquote, die Entbürokratisierung und vor allem die Auswirkungen des Steuersenkungsgesetzes der CDU-Bundesregierung haben die Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland deutlich verbessert.
Finanzminister Friedrich Merz kann trotz der historischen Steuersenkung mit erheblichen Mehreinnahmen für den Bundeshaushalt rechnen.
[Henkel (CDU): Der ist Bundeskanzler! – Frau Dr. Klotz (Grüne): Heute ist der 1. April und nicht Karneval!]
Dank der innovativen Familienpolitik der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel haben Frauen von dieser Umwandlung der Gesellschaft profitiert.
So werden fast die Hälfte aller Unternehmen von Frauen geführt. Am Beispiel eines jungen Software-Unternehmens, das mittlerweile über 20 Programmiererinnen beschäftigt, macht die IHKPräsidentin deutlich, dass die hier von Frauen programmierte Software am Markt nicht nur reißenden Absatz findet, sondern dass Frauen bei der Nutzung der modernen Medien den Männern in nichts mehr nachstehen. Dabei hat sich für dieses Unternehmen besonders bewährt, dass durch die CDU-Landesregierung das modifizierte Eigenkapitalhilfeprogramm insbesondere den Frauen zugute gekommen ist. Diese haben oft beim Schritt in die Unternehmertätigkeit eine Eigenkapitalschwäche, aber hier in vollem Umfang von diesem Programm profitiert. Dieses Programm hat umfänglich gegriffen.
Nein! – Ich habe nicht den Überblick, wie gut ich mit meiner Redezeit hinkomme. Deswegen möchte ich das erst einmal durchziehen.
Die Einführung des Familiengeldes sowie steuerliche Anreize für die gemeinsame Beteiligung von Unternehmen an Kinderkrippen, Kindergärten und Schulhorten haben eine neue Qualität der Kinderbetreuung gebracht.
Die Nähe des Arbeitsplatzes von Müttern und Vätern zu ihren Kindern hat in vielen Unternehmen ein Umdenken bewirkt. Durch die weitgehende Freistellung der Unternehmen von Risiken aus schwangerschafts- und krankheitsbedingten Ausfällen sind auch allein erziehende Frauen längst nicht mehr benachteiligt.
Die Gesellschaft in Deutschland hat die Gesamtverantwortung für ihren Nachwuchs voll verinnerlicht. Jeder trägt somit ein Stück Zukunft mit. In den Ausschüssen des Berlin-brandenburgischen Landtages wird nun über ein Ende des Landesgleichstellungsgesetzes nachgedacht, denn nach erfolgreicher Einführung des Gender-Budgets werden nunmehr alle Haushaltstitel auf die unterschiedlichen Auswirkungen von Frauen und Männern geprüft.
Doch nun komme ich zurück zur Gegenwart. Warum bin ich diesen Weg gegangen? – Ich bin ihn sicher nicht gegangen, weil ich der SPD sagen wollte, dass Sie die nächsten Wahlen nicht gewinnen kann. Das war nicht mein Ziel. Vielleicht habe ich sagen wollen, dass unserem Land eine Bundeskanzlerin ganz gut tun würde. Das war auch nicht mein vordergründiges Ziel.
Aber ganz sicher habe ich etwas sagen wollen: Wir müssen aufpassen, dass wir in der Diskussion nicht den Blick für das Ganze verlieren. Es reicht nicht, Statistiken und Zahlen auszuwerten. Es reicht nicht, Seiten über Seiten voll zu schreiben. Es reicht nicht, endlose Debatten zu führen und mit Begriffen herumzuwerfen, die außerhalb dieses Hauses kaum jemand versteht. Wenn wir, wie gestern, im Ausschuss für berufliche Bildung, Arbeit und Frauen über den 6. Bericht zum Landesgleichstellungsgesetz diskutierten, dürfen wir uns nicht in die Tasche lügen. Vieles in den Zahlenwerken hat eben in erster Linie mit dem Rückgang der Mitarbeiterzahlen in allen Verwaltungsbereichen zu tun und weniger mit dem Gesetz selbst.
Natürlich ist dieses Landesgleichstellungsgesetz heute ein wichtiges Instrument. Das ist gar keine Frage. Aber man muss auch mit Blick – Frau Neumann, Sie haben § 14 angesprochen – auf diesen Paragraphen zum Beispiel fragen dürfen, ob all diese Teile auch die richtigen Instrumente sind. Wenn das Ergebnis ist, dass vorhandene Investitionsmittel nicht mehr abgerufen werden und so wichtige und notwendige Investitionen nicht mehr getätigt werden, dann muss man fragen dürfen, ob wir mit der Bürokratie nicht übertrieben haben.
Es geht nicht um das Ob, sondern um das Wie. Ganz sicher, Frau Neumann, ist der Ruf nach weiteren Verordnungen und Gesetzen falsch. Nun per Anordnung sozusagen gesetzlichen Druck auf Wirtschaft und Unternehmen auszuüben und Chancengleichheit erzwingen zu wollen, kann nicht der richtige Weg sein. Wenn wir über Wirtschaft sprechen, müssen wir endlich anerkennen, dass gerade die Politik über viele Jahre dazu beigetragen hat, dass der Freiraum, den die Politik der Wirtschaft heutzutage lässt, immer enger geworden ist. Vom globalen Wettbewerb will ich in diesem Zusammenhang gar nicht reden.
Neue Gesetze oder Verordnungen helfen uns nicht, sondern verschlechtern die Situation mehr und mehr. Das müssen wir einfach anerkennen. Wir wollen aber gerade Frauen, die von Haus aus eine geringere Risikobereitschaft mitbringen als Männer – das ist oft so, muss aber nicht unbedingt schlecht sein –, dazu bewegen, in Märkten unternehmerisch tätig zu werden, in denen sich kaum noch Betätigungsfelder bieten. Dann muss die Lösung eine andere sein.
Hören Sie doch lieber zu! – Wir müssen den Unternehmen wieder Freiräume schaffen. Wir müssen Märkte frei geben, den Staat dort zurücknehmen, wo Unternehmen es besser können. Die Staatsquote muss auf ein niedrigstmögliches Maß zurückgefahren werden, um so Unternehmen die Chance zu geben, neue Betätigungsfelder zu erschließen. In Begleitung dieser Umwandlung muss durch Anreize und nicht durch Diktion dafür gesorgt werden, dass viele Frauen die sich dadurch ergebenden Chancen auch nutzen.
Die gepriesene Vereinbarkeit von Beruf und Familie, von Familie und Unternehmen darf keine leere Worthülse sein. Eine moderne, innovative Familienpolitik muss ganz oben auf der Prioritätenliste der Politik stehen. Mit Verlaub, Herr Wolf, eine Landesregierung, die nicht erkennen will, dass die Erhöhung der Kitakostenbeiträge die Bedingungen für viele Frauen in dieser Stadt – das ist nur ein Beispiel – abermals verschlechtert, muss aufpassen, dass Wort und Tat nicht weiter auseinander driften.
Danke schön, Herr Kollege Stadtkewitz! – Für die PDS hat jetzt das Wort die Frau Kollegin Holzheuer-Rothensteiner. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor gut einem Jahr gab es auf Antrag der Regierungsfraktionen im Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie eine Anhörung zum Thema Chancengleichheit von Frauen und Männern in Wirtschaft und Beruf. Dieses Thema im Wirtschaftsausschuss zu beraten und nicht im Ausschuss für Arbeit, berufliche Bildung und Frauen, wo typischerweise Frauenthemen platziert sind, ist bis heute ungewöhnlich.
Der Wirtschaftsausschuss wurde konfrontiert mit einer für ihn unüblichen weiblichen Sichtweise auf Existenzgründungen, Unternehmensführungen und Unternehmenserfolg, auf die Probleme der Vereinbarkeit von Karriereplanung und Kindererziehung aus der Sicht erfolgreicher Frauen, auf Unternehmerinnentum und Familie, auf den Widerspruch von individuellen Entwicklungschancen, institutionellen Blockaden und gesellschaftlichen Vorurteilen, der Diskriminierung im Beruf und beim Erwerbseinkommen.
Gerade beim Einkommen geht durch die Zunahmen von Teilzeit- und Minijobs, die in erster Linie von Frauen ausgeübt werden, die Schere ganz dramatisch weiter auseinander. Diese klassischen Widersprüche und die Herausforderungen sind in der Wirtschaft, die kürzlich ein japanischer Unternehmer als „a man´s world“, eine männliche Welt, bezeichnete, in der Frauen nichts zu suchen hätten, normalerweise kein Thema. „Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine Frau, die ihm den Rücken frei hält und die ihn und die Familie versorgt.“ So lautet ein geflügeltes Wort der Frauenbewegung. Wer steht hinter den Frauen? – Sie haben ihre Familie meist im Nacken. Die Versorgungskette fehlt für unternehmerisch Tätige oder Frauen in Führungspositionen.
Auch deshalb ist das Thema, das wir heute hier beraten, die Förderung der Chancengleichheit von Frauen in der Berliner Wirtschaftspolitik, so außerordentlich wichtig. Ganze Generationen von weiblichen Abgeordneten in diesem Haus haben sich in den vergangenen Jahren mit Anträgen, mit Kleinen und Großen Anfragen, mit parteiübergreifenden Diskussionsveranstaltungen dafür eingesetzt, dass der Gegensatz von Wirtschaft und Arbeit und Frauen aufgehoben wird, dass Frauen als Wirtschaftssubjekte wahrgenommen werden und in die Bewertung von förderungswürdigen wirtschaftspolitischen Zielen auch die so genannten weichen Ziele wie Bildung, Kultur oder personenbezogene soziale Dienstleistungen eingehen.
Mit der Politik von Rot-Rot haben wir genau diesen Weg beschritten, für den weibliche Abgeordnete aller Parteien in diesem Haus jahrelang gestritten haben, die Benachteiligung von Frauen im Wirtschafts- und Arbeits
leben mit einem Gesamtkonzept anzugehen durch die Verbindung von Wirtschaft und Arbeit mit Frauenfördermaßnahmen, Gender-Mainstreaming und GenderBudgeting.