Protokoll der Sitzung vom 21.02.2002

[Beifall bei der CDU]

Es darf nicht passieren, dass nur wieder eine weitere Institution mit weiteren Versorgungsposten geschaffen wird, um wieder die Kontrolle der Kontrolleure mehr schlecht als recht zu erfüllen.

Das große Problem des moral hazard – der Kollege Eßer hat es angesprochen – finden Sie immer in den Principal-agentTheorien. Ich will nicht in Betriebswirtschaft abgleiten, aber das ist das Problem. Wenn Sie einen anderen Aufgaben für sich erfüllen lassen, müssen Sie Kontrolle sicherstellen, denn es gibt immer ein moralisches Risiko. Es hat sich in grausamer Art und Weise in dieser Bankgesellschaft materialisiert. Deswegen stehe ich den Erklärungen, die ich jetzt höre, dass es dort einen Interessengleichklang zwischen der Bankgesellschaft einerseits und dem Land Berlin andererseits gebe, ausgesprochen skeptisch gegenüber. Ich will nicht am guten Willen einzelner zweifeln. Das nehme ich gern zur Kenntnis. Auch persönliche Integrität steht nicht zur Debatte. Aber die Frage ist: Wird die Institution als solche, wenn sie abzuwägen hat zwischen ihrem eigenen Fortbestand und den möglichen Problemen, die auf das Land Berlin zukommen, die richtige Entscheidung treffen? Das ist auch eine Frage, die weiterhin völlig unbeantwortet ist und die es mir auch ganz schwer macht, den Freibrief zu geben.

Die Strategie für die Neuausrichtung der Bankgesellschaft ist im Augenblick ausgesprochen schwammig. Die Zielvorgabe, wir wollen sie herunterstufen auf ein Regionalinstitut, klingt erst einmal vernünftig. Aber der Weg dorthin erscheint mir noch ausgesprochen steinig zu sein, gerade im Hinblick auf die vorhandenen Bestände im Immobilienbereich und das weitere Schicksal dort. Man kann es hier nicht im Detail erörtern, es ist auch nicht der richtige Ort, es gehört in den Vermögensausschuss, aber man muss es mal anreißen. Es ist in der Tat so, dass viel zu viele unaufgeschnürte Pakete in diesem großen Raum mit der Überschrift Bankgesellschaft liegen, und keiner weiß, ob man nicht die Büchse der Pandora öffnet, wenn man das nächste Paket zur Hand nimmt.

Ich sehe, die 10 Minuten sind vorüber, obwohl ich noch nicht gerügt wurde. Ich möchte zum Abschluss eines sagen: Wir werden nicht umhin kommen, – –

Möchten Sie das? Dann unterbreche ich Sie sofort, Herr Zimmer!

Vielen Dank, Herr Präsident! Ich nahm an, dass es Ihrem geburtstäglichen Wohlwollen geschuldet war, dass Sie nicht sofort darauf eingegangen sind.

Das stimmt.

Also der letzte Satz meinerseits. Wir werden morgen im Vermögensausschuss intensiv darüber diskutieren. Ich kann an dieser Stelle überhaupt nicht sagen, wie es ausgehen wird, ich glaube, das kann keiner so richtig. Wir werden hier im Hause darüber diskutieren. Wir müssen uns diese Entscheidung deutlich schwerer machen als wie die Lemminge hinterherzulaufen und in den Abgrund zu springen. Das jedenfalls können wir als Parlamentarier, als Volksvertreter im Land Berlin nicht verantworten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege Zimmer! – Das Wort hat nunmehr für die Fraktion der PDS der Kollege Wolf. – Bitte schön, Herr Wolf!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als der Finanzsenator vor einiger Zeit die Eckzahlen für den Haushalt für diese Legislaturperiode vorlegte, hat er nach einem Superlativ gesucht und hat das Adjektiv geprägt, dass diese Zahlen „abartig“ seien. Es fällt mir schwer, für diesen Vorgang, über den wir diskutieren, einen anderen Superlativ zu finden. Aber das ist mindestens „abartig“, worüber wir diskutieren, nämlich dass das Land Berlin vor der Frage steht, ob es für die Immobilienrisiken der Bankgesellschaft in die Haftung geht und damit die Steuerzahler im Land Berlin in die Haftung für die fehlgeschlagenen Geschäfte der Bankgesellschaft und für die Rendite der Anleger genommen werden. Ich glaube, das ist – da sind wir uns auch alle einig – ein ungeheuerlicher Vorgang, wahrscheinlich auch ein in dieser Form einmaliger Vorgang in der Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland und wahrscheinlich auch darüber hinaus.

Auch die Diskussion heute hat deutlich gemacht, dass das für alle, die mit dieser Entscheidung zu tun haben und darüber diskutieren – letztendlich müssen wir hier alle die Entscheidung treffen –, so ziemlich die schwierigste Entscheidung ist, die in der bisherigen politischen Laufbahn getroffen werden musste. Das ist vor allem eine Entscheidung mit einer Tragweite nicht nur über das nächste Jahr, für die nächste Legislaturperiode, sondern eine Entscheidung, die nachwirken wird in einem Zeitraum, an dem wir hier alle lange keine Politik mehr machen. Ich glaube, dessen sind sich auch alle bewusst. Dass das keine Entscheidung ist, die man einfach so übers Knie brechen kann, wo man sagen kann, was soll’s, weg mit Schaden, es kommt jetzt so nicht mehr drauf an. Das ist jetzt in der Diskussion – und auch in den Beiträgen von Herrn Zimmern und Herrn Eßer – deutlich geworden.

So sehr moralische Empörung bei diesem Vorgang angesagt ist, so ist sie aber auch kein guter Ratgeber bei der Entscheidung, die wir treffen müssen, sondern es ist in der Tat eine Entscheidung, die getroffen werden muss in Abwägung, wie man den Schaden für das Land Berlin begrenzen kann. Ob Schaden eintritt, darüber diskutieren wir ja gar nicht, denn er ist in riesigem Umfang, in Milliardenhöhe eingetreten. Da geht es auf der einen Seite um das Überleben der Bank. Da geht es um mehr als 10 000 Arbeitsplätze. Und es geht um die Frage, die ich am Anfang angesprochen habe, ob es hinnehmbar ist, ob es zwangsläufig ist, dass die Berliner Steuerzahler, dass diejenigen, die auf öffentliche Leistungen angewiesen sind, auf Sozialleistungen, auf Leistungen an den Schulen, auf Schwimmbäder etc. dafür bluten müssen, dass wir diese Risikoabschirmung vornehmen müssen. Dann geht es natürlich auch um die Frage, was die Alternative dazu ist, und ob das alles, wenn wir das nicht machen, noch viel teuerer wird. Das ist letztendlich die Abwägung, die wir alle hier treffen müssen.

Da ist völlig richtig, was Frau Oesterheld eingeklagt hat, was Herr Eßer angesprochen und was Herr Zimmer gesagt hat, dass wir natürlich diese Abwägung in möglichst umfassender Kenntnis sowohl der rechtlichen Bedingungen als auch der ökonomischen Fakten nach der Information über die Risikolage bei der Bankgesellschaft im Immobilienbereich und der Bankgesellschaft selbst treffen müssen. Deshalb machen wir auch eine Sondersitzung des Vermögensausschusses. Deshalb haben wir alle – über die Fraktionen hinweg – sehr umfangreiche Unterlagen angefordert. Sowohl für mich als Person als für meine Fraktion sage ich: Wir werden darauf achten, dass diese Entscheidung so getroffen wird, auf einer Grundlage getroffen wird, die es ermöglicht, sie auch zu verantworten, und zwar nicht nur für die Regierungsfraktionen, sondern für alle Fraktionen in diesem Haus. Das halte ich für eine Grundvoraussetzung in einer solchen Frage.

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ich will aber auch gleichzeitig sagen: Die Frage ist komplizierter und schwieriger, als sie öffentlich häufig diskutiert wird. Ich wäre unglaublich erleichtert, wenn es so einfach wäre, wie es öffentlich manchmal diskutiert wird. Die Fragen von Frau Fehrle sind Fragen, die man sich in der Tat stellen muss. Man muss aber auch als jemand, der im Vermögensausschuss sitzt und der die Sachverhalte etwas genauer kennt, schon ein paar Antworten darauf geben.

Natürlich ist es so, dass sich die Gewährträgerhaftung des Landes Berlin im unmittelbaren Sinne nur auf die Landesbank erstreckt und dass es keine Gewährträgerhaftung für das Immobiliengeschäft und auch keine Gewährträgerhaftung für den privaten Bankbereich gibt. Aber die Kundinnen und Kunden wissen auch, dass es z. B. im großen Umfang eine Kreditierung der Landesbank für die Bankgesellschaft insgesamt gibt und auch eine Kreditierung des Fondsgeschäfts. Mit anderen Worten: Wenn diese Bereiche, für die wir zurzeit keine Gewährträgerhaftung haben, in den Konkurs gehen, haben wir die Kreditausfälle bei der Landesbank und haften damit wieder für dieses Volumen, nicht für die Bankgesellschaft, sondern für die Landesbank. Damit hat man auch hier wieder dieses Insolvenzrisiko in vollem Umfang bei der öffentlichen Hand. Das ist der eine Punkt, der es deutlich macht, dass es nicht so einfach ist: „Lassen wir doch den privaten Bereich jetzt einfach knallen, das ist zwar nicht schön, aber das ist eine Risikominimierung.“ – Es ist schwieriger, komplizierter. Und es hat mir bisher noch niemand einen Ausweg aus dieser Situation aufzeigen können.

Wir wissen auch alle – jedenfalls diejenigen, die sich etwas intensiver mit dem Geschäftsgebaren, soweit man das so nennen kann, der Bankgesellschaft in der Vergangenheit befasst haben –, dass es eine Vielzahl von Patronatserklärungen der Landesbank auch für diesen Fondsbereich gibt, die erst einmal rechtlich Bestand haben. Damit existiert auch eine Haftung der Landesbank für diese Immobiliengeschäfte, damit indirekt wieder des Landes Berlin.

Für das Fondsgeschäft gilt das Gleiche. Das Fondsgeschäft ist auch in erheblichem Umfang entweder von der Bankgesellschaft oder von der Landesbank Berlin kreditiert worden. Das haben wir ja auch alles ausführlich diskutiert, dass dieses irrsinnige Fondsgeschäft auch deshalb aufgebaut wurde, um die Bankgesellschaft richtig schön aufzublasen, damit sie ihrer Bewertung, die Anfang der 90er Jahre vorgenommen worden ist, hinterherlaufen kann. Das hat jetzt aber den Effekt, dass es hier diese erhebliche Kreditierung für das eigene Fondsgeschäft gegeben hat und damit man auch sagen kann, wir haften zwar für die Fonds und wir lassen die insolvent gehen, damit aber, wenn wir das tun, gleichzeitig die Kreditausfälle bei der Landesbank existieren.

Das sind alles die Probleme, die das nicht so einfach machen, die sagen lassen, nach meinem gegenwärtigen Erkenntnisstand ist die Lösung, die Frau Fehrle in der „Berliner Zeitung“ vorgeschlagen hat, nicht gangbar. Ich gebe mich aber mit diesen Antworten auf diesem Stand noch nicht zufrieden, das sollten wir alle nicht tun, sondern wir müssen wirklich versuchen, daran zu arbeiten, dass nach menschlichem Ermessen alle Auswege und auch alle Möglichkeiten zur Risikominimierung bzw. zur Minimierung der Risikoübernahmedurch das Land geprüft worden sind.

[Beifall des Abg. Hoffmann (CDU)]

Und da sagen Sie, Herr Sarrazin, das ist gemacht worden von vielen Beratern – das will ich nicht in Abrede stellen –, aber das Parlament und alle diejenigen, die diese Verantwortung übernehmen müssen, müssen zumindest die Möglichkeit haben, das intensiv zu überprüfen, ob sie sich diesen Argumenten anschließen können.

Ein reales Problem, das angesprochen worden ist, sind die Kontrollrechte. Vertrauen, das alles besser wird, haben wahrscheinlich sehr wenige, die Hoffnung vielleicht manche noch, aber man möchte Garantien haben, doch keine Garantien für Verluste, die man übernimmt, sondern Garantien dafür, dass sich wirklich etwas ändert bei der Bankgesellschaft Berlin. Natürlich, wir müssen klar Kontrollrechte installieren, damit nicht alles so

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weitergeht wie bisher. Aber die Probleme sind auch benannt worden. Ich sage auch klar meine Überzeugung: Eine Änderung bei der Bankgesellschaft Berlin wird nur gehen, wenn es auch einen Eigentümerwechsel gibt und damit auch ein Mentalitätswechsel in dieser Bank stattfindet. Aber das löst unser Problem nicht kurzfristig. Und ich finde, wir müssen auch darüber diskutieren, dass wir jetzt im Vorfeld einer möglichen Privatisierung nicht eine Entscheidung treffen, die es möglichen Erwerbern einfacher macht, bestimmte Risiken nicht zu übernehmen und auf wirtschaftliche Art und Weise abzuarbeiten und dann auf das Land Berlin abzulassen. Das sind alles Fragen, die wir diskutieren und klären müssen. Ich sage aber auch gleichzeitig, dass wir uns alle über die Bedeutung dieser Entscheidung nicht nur bewusst sein müssen im Hinblick darauf, was es heißt, dass wir möglicherweise Risiken übernehmen, sondern wir müssen uns auch über die Bedeutung dieser Entscheidung bewusst sein, was es heißt, wenn wir diese Risiken nicht übernehmen oder wenn wir keine Sanierungsperspektive für die Bankgesellschaft übernehmen. Und das ist die Frage dieser Risikoabwägung jetzt für uns als Parlament, für das Land.

Und – klar, ich bin jederzeit dafür, darüber zu diskutieren: Können Fondsanleger mit herangezogen werden? Können wir darüber diskutieren, dass zumindest über die Androhung von Teilinsolvenzen zu Vergleichslösungen gekommen wird; dass darüber diskutiert wird: Können nicht bestimmte Mietgarantien, Rückgaberechte usw. zurückgenommen werden bzw. Verträge modifiziert werden? Das sind alles Fragen, da bin ich jederzeit dafür, nicht nur dafür, sondern selbst davon überzeugt, dass man diese wirklich ernsthaft prüfen und klären muss. Ich sage nur: Irgendwann wird auch der Punkt sein, wo wir alle entscheiden müssen. Und ich hoffe, dass wir dann diese Entscheidung durch von mir aus auch Sitzungen in Permanenz bis Ende März so vorbereitet haben, dass wir sie alle guten Gewissens treffen können; nicht mit einem guten Gefühl dabei, das ist ziemlich klar, aber guten Gewissens, dass wir uns da alle geprüft haben und alle Möglichkeiten abgewogen haben. Aber dann erwarte ich auch, dass diese Entscheidung nach der Sache getroffen wird – das ist jetzt auch hier angesprochen worden – und nicht nach parteipolitischen Kriterien, weil ich glaube, dass dies wirklich eine Entscheidung ist, die von allen geschultert werden muss, wenn sie zu einer bestimmten Erkenntnis gekommen sind. – Danke für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der PDS und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege! – Der Kollege Matz hat nunmehr für die Fraktion der FDP das Wort. – Bitte schön, Herr Matz!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst eine Vorbemerkung vorwegschicken. Woran wir keinen Bedarf mehr haben, sind die üblichen gegenseitigen Schuldzuweisungen von SPD und CDU, wer hier die Sache eigentlich verantwortet hat und wer das ausgelöst hat. Denn dass hier immer die einen auf den andern zeigen, beweist in erster Linie eigentlich nur eines: dass die große Koalition aus CDU und SPD die Verantwortung dafür trägt, wo wir heute hier stehen. Und das brauchen wir dann irgendwann auch nicht mehr länger zu diskutieren und uns anzuhören, dass SPD und CDU sich das gegenseitig vorzuhalten versuchen.

[Beifall bei der FDP]

Das wird nämlich dann in diesen Passagen der Debatte auch nicht der Ernsthaftigkeit des Themas so gerecht, wie es sich eigentlich stellt und wie es zum Schluss auch hier in den nachdenklichen Worten von Herrn Wolf dargestellt worden ist. Denn so ernsthaft ist diese Entscheidung in der Tat. Und ich glaube auch, dass sie mit zu den wichtigsten gehört, wenn es nicht überhaupt die wichtigste ist, die in dieser Legislaturperiode ansteht und viele Nachwirkungen auf andere Entscheidungen dieses Parlaments haben wird. Ich habe deswegen auch, weil das so wichtig ist, nicht verstanden, warum Frau Dunger-Löper die Grünen hier so angegangen ist, die die nötigen Fragen

gestellt haben, die sich in der Stadt viele stellen. Und das Fragen stellen ist in der Tat nicht von vornherein mit einer Schere im Kopf zu machen, sondern die Antworten, die der Senat gibt, die muss er in der Tat daran ausrichten, dass die Aufsichtsratsmitglieder, auch wenn sie dem Senat angehören, bestimmten Pflichten unterliegen usw. und dass der Senat auch nicht die Unternehmensstrategie zu entwerfen hat. Das ist alles richtig, aber die Fragen, die müssen doch hier gestellt werden.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Und wenn man sich die Beantwortung der Großen Anfrage noch einmal anschaut, dann überfällt den Leser an einigen Stellen doch mindestens Stirnrunzeln; Frau Oesterheld hat es etwas heftiger ausgedrückt. Denn wir fragen uns, ob dem teuren Blindflug der Vergangenheit hier ein weiterer künftiger noch mal teurer, aber eben auch Blindflug folgen soll. Wenn ich jetzt lese, auf die Frage Nr. 3 nach den Risiken aus Andienungsrechten und Rückkaufoptionen, dass der Senat antwortet:

Aufgrund der langen Fristen von bis zu 30 Jahren ist die konkrete Marktsituation für die Fondsobjekte zum jeweiligen Zeitpunkt maßgeblich. Hinzu kommt, dass Immobilien nicht nur in Berlin liegen und somit die Marktsituation in anderen Regionen berücksichtigt werden muss.

Das habe ich erst mal gelesen, und dann habe ich gedacht: Hallo? Es wird nicht versucht, die Risikoszenarien konkret zu beziffern? Ja, ich meine, wann, wenn nicht jetzt, müssen denn die Risiken mal abgeschätzt werden, die uns hier insgesamt gegenüberstehen und mit denen wir uns hier beschäftigen sollen? Und die 3,73 Milliarden §, die der Senat ja selber in seiner schönen Glockenkurve mit den Wahrscheinlichkeiten – das habe ich auch erst verstanden, nicht nachdem ich die Vorlage gelesen habe, sondern nach den Erläuterungen des Herrn Senators –, dass zwar offensichtlich verschiedene Szenarien sehr wohl gerechnet worden sind, auch wohl worst case- und best case-Szenarien und dass das hier so eine Art mittleres Szenario darstellt, was Sie uns in der Drucksache präsentieren. Aber auf der anderen Seite ist man bei bestimmten Risiken noch gar nicht dazu in der Lage, sie zu beziffern oder in Wahrscheinlichkeiten auszudrükken, und schon gar nicht die Marktsituation in anderen Immobilienregionen noch mit einzubeziehen. Das kann ja wohl dann nicht angehen. Und da überfällt einen ein sehr komisches Gefühl, wenn man hier mal eben so über 3,73 Milliarden § entscheiden soll. Diese Summe scheint dann doch eher ausgewürfelt zu sein oder eher sehr zufällig, als dass dahinter irgendetwas steckt, auf das man sich verlassen sollte.

Ich will über einen Nebenaspekt jetzt einfach einmal hinweggehen und auf eine andere Sache zurückkommen, die ich für entscheidend wichtig halte. Ob es dem Land angesichts der Risikoabschirmung, die hier geplant ist, die sich nur auf das Altgeschäft beziehen soll, egal sein kann, wie die strategische Ausrichtung in der Zukunft ist, das wage ich doch sehr zu bezweifeln. In der Antwort 26 jedenfalls heißt es:

Die strategische Ausrichtung der IBAG-Gruppe ist zunächst Angelegenheit der Bankgesellschaft Berlin als der verantwortliche Eigentümer.

Und ob die Risikoabschirmung, von der Sie sprechen, aber Mitnahmeeffekte wirklich ausschließen kann, das ist mir, dachte ich erst, nicht erkennbar. Wenn ich mir aber die Drucksache angucke, dann kann ich eigentlich schon erkennen, dass es Mitnahmeeffekte geben kann, nämlich insoweit, als sich die Garantien, die Sie teilweise aussprechen wollen, auch auf die Zins- und Tilgungsverpflichtungen der IBAG, IBG und anderer Gesellschaften gegenüber den Teilbanken Bankgesellschaft, Landesbank und Berlin Hyp beziehen. Denn dann ist es doch wohl offensichtlich entscheidend dafür, ob Sie aus den Garantien einen Anspruch genommen werden, ob die IBG und IBAG aus eigener Kraft in der Lage sind, ihren Verpflichtungen Folge zu leisten oder nicht. Und in diese Frage wäre dann doch auch mit einzubeziehen, wie das künftige Geschäft verläuft und wie die weitere Unternehmensstrategie aussieht. Es kann Ihnen jedenfalls, es kann uns allen als denjenigen, die auf viele Jahre hinaus offensichtlich für dieses Konglomerat noch Verantwortung in

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finanzieller Form tragen sollen, nicht egal sein, wie das strategisch ausgerichtet wird. Die Zeiten, in denen das als privatwirtschaftliche Einheit bezeichnet wurde, wo das Land sich möglichst wenig einmischen soll, die müssen doch jetzt eigentlich auch vorbei sein.

Die Alternative kann nicht die Insolvenz der Bank sein. Insoweit teile ich hier auch die Ausführungen von Herrn Wolf, was insbesondere die Frage der Gewährträgerhaftung und deren Folgewirkungen angeht. Das kann es nicht sein, was hier angestrebt wird. Aber zum Schluss stellen sich denn doch noch mehrere ungeklärte Fragen, und die müssten dann bis Ende März zumindest, wenn das der Zeitplan sein wird, sehr zweifelsfrei geklärt werden. Das Gesamtrisiko ist für uns hier in keiner Weise irgendwie schlüssig bezifferbar; das ist der erste Punkt. Der zweite ist, es ist auch noch nicht klar, ob es richtig sein kann, dass alle anderen vollständig schadlos gehalten werden, während auf der anderen Seite der Steuerzahler hier vollständig und zu 100 % für die Risiken verantwortlich gemacht werden muss,

[Beifall bei der FDP]

und drittens, ob es da andere Wege geben kann, das ist erst noch richtig darzustellen. Es besteht insoweit nicht nur die Alternative dieser Form der Garantie oder der Insolvenz der Bankengruppe.

Letztlich stellt sich die Frage, ob es nicht vorteilhafter ist, wenn das Land Berlin jetzt ein Ende mit Schrecken anstrebt als ein Schrecken ohne Ende – wenn auch ohne Insolvenz aber trotzdem so anstrebt, dass wir nicht noch 30 Jahre lang verpflichtet sind zuzuschauen, ob noch etwas geschieht oder nicht. Ich gebe zu bedenken: Kaufpreise müssen nicht positiv sein. Aber man sollte in Erwägung ziehen, jetzt die Frage für das Land Berlin so zu beantworten, dass wir uns in Zukunft wieder solide mit den Haushaltszahlen des Landes befassen können. – Danke schön!

[Beifall bei der FDP]