Protokoll der Sitzung vom 21.02.2002

Der Ältestenrat empfiehlt eine Überweisung an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz sowie an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr. Die SPD beantragt die zusätzliche Überweisung an den Hauptausschuss und schlägt vor, den Bauausschuss als federführenden Ausschuss zu bestimmen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Damit haben wir das einstimmig so beschlossen?

Lfd. Nr. 38, Drucksache 15/194:

Antrag der Fraktion der Grünen über Koalitionsvertrag erfüllen: durch Stadtgüterverkauf regionalen Biomarkt entwickeln

Hier ist eine Beratung inzwischen nicht mehr vorgesehen.

[Och! von der SPD, der CDU und der FDP]

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz – federführend – und an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Migration und Verbraucherschutz. Die SPD beantragt die zusätzliche Überweisung – mitberatend – an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie und an den Hauptausschuss. Wir haben also noch genügend Gelegenheit, miteinander darüber zu debattieren. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Damit ist dies bei einigen Gegenstimmen so beschlossen.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 39, Drucksache 15/197:

Antrag der Fraktion der FDP über Bäder privatisieren statt schließen!

Hier war ursprünglich eine Beratung vorgesehen. Mir wurde inzwischen signalisiert, dass die Reden zu Protokoll gegeben werden. – Dies ist so. – Herr Gram, Sie müssen auch hier auf die Debatte verzichten.

[Gram (CDU): Ja, aber schweren Herzens!]

Ich bitte also demzufolge die Abgeordneten Frau Senftleben von der FDP, von der SPD Frau Seidel-Kalmutzki , von der CDU Herrn Borgis, von der PDS Dr. Kaczmarczyk und von den Grünen Frau Kubala, ihre Reden zu Protokoll zu geben. Ich gehe auch davon aus, dass alle Abgeordneten entsprechend der Geschäftsordnung jetzt hier ihre Reden zu Protokoll geben. Wir hatten vorhin eine Diskussion zur Geschäftsordnung, dass einige Abgeordnete dies später zu tun gedächten. Ich sage hier sehr eindeutig, dass dies nicht möglich ist. Wir wollen entsprechend unserer Geschäftsordnung verfahren. Die Reden werden jetzt gehalten oder jetzt zu Protokoll gegeben. Später zu Protokoll zu geben ist entsprechend der Debatte unfair. Demzufolge müsste jeder jetzt seine Rede zu Protokoll geben.

Herr Borgis hat sich zu Wort gemeldet.

(A) (C)

(B) (D)

Ich wollte nur sagen, dass ich mich an die Geschäftsordnung halten und meine Rede frei halten wollte und im Kopf habe. Daher kann ich sie nicht zu Protokoll geben. Ich verzichte daher auf meinen Redebeitrag.

Sehr richtig! Ich bin Ihnen dankbar, Herr Borgis, dass Sie das sagen, weil wir vorhin auch diesbezüglich diskutiert haben. Ich verfahre hier allerdings streng nach der Geschäftsordnung, denn es könnte theoretisch auch sein, dass sich jemand zunächst die Reden anhört, im Protokoll nachliest und dann zu Hause in aller Ruhe seine Rede schreibt. Die Debatte findet hier statt. Das ist, wie in diesem Fall, unangenehm, weil nicht vorhersehbar, aber ich denke, wir sollten generell so verfahren. interjection: [Goetze (CDU): Wir thematisieren das im Ältestenrat!]

Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie sich diesem Verfahren anschließen und auf Ihre Rede diesmal verzichten.

[Zuruf des Abg. Dr. Kaczmarczyk (PDS)]

Ich nehme an, Sie wollen dasselbe wie Herr Borgis vorbringen. – Ja, wir nehmen das zur Kenntnis und verfahren so.

Das Land Berlin steht vor den Scherben einer von Verantwortungslosigkeit und Unfähigkeit geprägten Politik.

Ein wenig ruhmreiches Kapitel dieser Politik: die öffentlichen Bäder. Die große Koalition stand für Klientelwirtschaft, Sicherung persönlicher Pfründe, Missmanagement, Investitionsstau, Stillstand! Und all das spiegelt sich im Kleinen in der Berliner Bäderlandschaft wieder. Dass Handlungsbedarf da war, wusste man – aber es tat sich nichts. Die Zukunftsfähigkeit dieser Stadt wurde aufs Spiel gesetzt! Jetzt haben wir den Salat!

In den vergangenen Jahren wurden die Berliner Bäderbetriebe als Anstalt des öffentlichen Rechts zu einem riesigen, ressourcenverschlingenden Apparat. 1 200 Angestellte – selbstverständlich unkündbar –, eine Überversorgung von rund 25 %, wie einige zurückhaltend schätzen! 18 Aufsichtsratsmitglieder! Es wurde auch schon mal investiert, aber nach welchen Kriterien? – Nach Kriterien der Wirtschaftlichkeit?

Herr Böger hat in der letzten Ausschusssitzung zu erkennen gegeben, dass dies keineswegs der Fall war. Ich zitiere: „Nach der Analyse des neuen Vorstandsvorsitzenden hat es bei den Bäderbetrieben keinerlei betriebswirtschaftliches Denken gegeben, Controlling und Reporting seien nicht vorgesehen gewesen.“ Einfach skandalös! Aber das war so in den letzten Jahren – und jetzt haben wir den Salat! Und wir haben auch Rot-Rot!

In einem Anfall von Aktionismus beschließen die Koalitionspartner in ihrer Weisheit, 12 Bäder zu schließen. Gleichzeitig verkündigen sie den überraschten Berlinern und Berlinerinnen, welche Bäder geschlossen werden sollen! Und wir fragen uns mehr oder weniger erstaunt: 1. Warum sind es gerade 12 Bäder und 2. warum ausgerechnet mein Lieblingsbad?

Aktionismus schützt vor Torheit nicht – warum, wieso, weshalb, Herr Senator? Wir fordern ein zukunftsfähiges Konzept, um die anstehenden Probleme, um die in dieser Stadt alle wissen, zu lösen! Mit der Methode, Bäder zu schließen, wird langfristig die Situation hier nicht verbessert! Da muss eben ein Konzept her, das wir dann gemeinsam hier im Plenum diskutieren werden!

Und wir müssen uns endlich fragen, ob der Betrieb von Sportstätten eine staatliche Aufgabe ist. Vielmehr sollten doch private Unternehmen und auch Vereine aufgefordert werden, sich hier zu betätigen. Sie sind motiviert und können effektiver und effizienter arbeiten.

Die Krise der Berliner Bäderbetriebe ist nur über eine sukzessive Privatisierung zu lösen. Nur auf dem Wege der Übertragung an private Pächter und Vereine kann ein umfassendes und ausreichendes Bäderangebot für die Berliner Bevölkerung gewährleistet werden. Private können es nun mal besser, das sehen wir an vielen Beispielen. Ein vernünftiges Konzept gehört jetzt endlich auf den Tisch!

Zugegeben, seit einer Woche ist Bewegung in die Sache gekommen, und die Anhörung in der nächsten Woche im Sportausschuss wird hoffentlich zur Klärung beitragen! Wir werden uns nicht mit voreiligen Reformvorschlägen zufrieden stellen lassen, sondern pochen auf ein durchdachtes Strategiepapier. Es geht nicht an, an jedem Tag ’ne andere Sau durch die Stadt zu treiben – die Bevölkerung hat endlich eine seriöse Politik verdient!

Handeln, ohne Argumente wahrzunehmen – Schließung des UKBF, Kürzung der Personalzuschüsse bei den Schulen in freier Trägerschaft, Schließung der Bäder – damit lösen Sie kein Problem in dieser Stadt!

Intelligente Lösungen, eine intelligente Politik, das ist es, was Berlin endlich braucht und auch verdient, nachdem diese Stadt und damit die Bürger und Bürgerinnen jahrelang verschaukelt wurden!

Bäder privatisieren statt schließen, diesem Vorschlag steht die SPD-Fraktion offen gegenüber, denn Betreiben durch Dritte ist immer besser, als die Türen abzuriegeln.

Angesichts der prekären Haushaltssituation des Landes wird es aber nicht möglich sein, alle 77 Frei- und Hallenbäder weiter offen zu halten. An der Schließung von einigen Bädern wird kein Weg vorbei führen. Verstärktes privates Engagement ist deshalb sogar wünschenswert. Für die 13 Naturbäder werden bereits in den nächsten Tagen private Betreiber gesucht und die Bäder ausgeschrieben. Das Beispiel Humboldthain könnte Schule machen. Durch die Verpachtung des Sommerbades Humboldthain konnten die Berliner Bäderbetriebe im Vorjahr mehr als eine halbe Million DM sparen. Mit der geplanten Neuordnung der Berliner Bäderbetriebe ist die Gründung einer GmbH vorgesehen. Diese soll sich künftig als Immobilienverwaltung um die Liegenschaften der Bäder kümmern, mit dem Ziel, für die Bäder private Pächter zu finden.

Außer privaten Investoren sind auch die von der geplanten Bäderschliessung betroffenen Vereine ausdrücklich dazu aufgerufen, Vorschläge für alternative Betreibermodelle zu unterbreiten. Dies wird aber weitgehend ohne den Einsatz von öffentlichen Mitteln geschehen müssen.

Die Initiativen des Landessportbundes sind dabei besonders lobenswert. Es besteht die Bereitschaft, bis zu zwölf Bäder in Eigenregie zu übernehmen, und Schwimmvereine möchten Freibäder kaufen. Diese Vorschläge gilt es, ernsthaft zu diskutieren.

Die SPD-Fraktion bittet deshalb um eine Überweisung in den Ausschuss für Jugend, Familie, Schule und Sport und in den Hauptausschuss.

Den Bäderbetrieben steht das Wasser bis zum Hals, und den Nichtschwimmern aus der FDP fällt nichts anderes ein als Privatisierung. Nichts gegen die unsichtbare

Vizepräsidentin Michels

Hand des Wettbewerbs, aber leider sind bisher auch die Investoren unsichtbar geblieben, die mit 20 Millionen Euro das SEZ sanieren und zum Spaßbad umbauen. Ganz zu schweigen von den anderen Bädern, die jetzt auf der Streichliste stehen.

Wer sich jetzt in die Debatte um die Zukunft der Berliner Bäder einbringt, sollte dies etwas ernsthafter tun und nicht mit vorschnellen Patentrezepten vorpreschen. Um die Finanzierungsnöte der Berliner Bäderbetriebe und des Landes Berlin anzugehen, sind innovative, kreative und insbesondere nachhaltige Konzepte gefragt.

Die große Koalition hat dem dilettantischen Treiben der Bäderbetriebe viele Jahre zugesehen. Keiner hat sich ernsthaft Gedanken gemacht um den Ausgleich zwischen entgeltfreier Nutzung durch Vereine, Schulen und Kitas einerseits und der bezahlenden Öffentlichkeit andererseits. Ganz zu schweigen von dem notwendigen Sanierungsbedarf, der dem Land Berlin jetzt als „Investitionsstau“ auf die Füße fällt.

Die Berliner Bäder-Infrastruktur ist vorzüglich. Wer sie jetzt zerschlägt, wird Nichtschwimmer ernten. Gesundheitliche Daseinsvorsorge heißt konkret: Bürgerinnen und Bürger aller Altersgruppen, ob in Vereinen organisiert oder auch nicht, den Zugang zum Schwimmbad zu ermöglichen – und das zu akzeptablen Preisen. In diesem Sinne ist der Senat aufgefordert zu überprüfen, was das in Euro und Cent als Zuschuss an die Bäderbetriebe bedeutet. Diese Transparenz ist uns der Senat bisher schuldig geblieben.

Die Vereine waren in der Vergangenheit mit Wasserfläche sehr gut ausgestattet. Ein guter Weg ist, dass sie sich jetzt aus den öffentlichen Bädern zurückziehen und zudem in den Vereinsbädern das Schulschwimmen personell mitbetreuen. Das ist ein solidarischer Weg, um Geld zu sparen. Aber es geht auch darum, die Betriebskosten systematisch zu senken. Wasser- und Energiesparmaßnahmen sind in Schwimmbädern attraktive Handlungsfelder. Ebenso die Erschließung von zusätzlichen Einnahmen durch Wellnessangebote, Schwimmunterricht oder Pooldiscos – aber die zusätzlich eingeworbenen Mittel müssen eingesetzt werden, um den Investitionsstau aufzulösen.

Der Ausstieg der Vereine aus den öffentlichen Bädern heißt noch nicht, dass jetzt automatisch die zahlende Öffentlichkeit in die Bäder strömt. Die Bäderbetriebe müssen sich auch noch einiges einfallen lassen, um neue Nutzergruppen zu erschließen. Aber als langjährige intensive Nutzerin der Berliner Bäder bin ich recht zuversichtlich, dass ihnen das gelingt. Voraussetzung ist jedoch Planungssicherheit. Was wir brauchen, ist ein verbindlicher Bädervertrag. Verpachtung, Vermietung oder auch Verkauf stehen am Ende der Überlegungen. Bevor Verträge geschlossen werden, müssen Rahmenbedingungen formuliert werden, die für die nächsten Jahre tragfähig sind und den Landeshaushalt nachhaltig entlasten. Die rigiden Einsparvorgaben haben schon so manches innovative Potential – insbesondere bei den Vereinen und beim LSB – freigesetzt. Es kommt jetzt darauf an, dass ihnen reale Handlungsoptionen offengehalten werden. Bäderschließungen sind keine Lösungen.

Die FDP bittet um sofortige Abstimmung. Gibt es einen Wunsch auf Ausschussüberweisung?

[Dr. Kaczmarczyk (PDS): Wir bitten um Überweisung in den Ausschuss für Jugend, Familie, Schule und Sport!]

Danke schön! – Dann lasse ich zunächst über diese Ausschussüberweisung abstimmen. Ich füge hinzu, es muss auch an den Hauptausschuss gehen, da es finanzpolitische Auswirkungen hat. Wer dieser Überweisung seine Zustimmung zu geben

wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Damit ist dies gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU und der FDP so beschlossen.

Die lfd. Nr. 40 ist bereits durch die Konsensliste erledigt.