Nicht unerwähnt bleiben soll auch das Vorgehen der Polizei bei der NPD-Demo am 1. Mai. Ich fand es sehr eindrucksvoll, wie besonnen, umsichtig und dennoch mit der notwendigen Konsequenz vorgegangen wurde, um linke und rechte Demonstranten voneinander zu trennen. Auch die sich anschließende Gewalt Linksautonomer in der Frankfurter Allee wurde relativ zügig in den Griff bekommen. – So weit zu den positiven Aspekten und dem Kern der Behandlung des Themas dieser Aktuellen Stunde.
Aber wenn wir denn schon über diesen 1. Mai sprechen, dann müssen wir auch zur Kenntnis nehmen, dass dieser 1. Mai erneut von schweren Ausschreitungen überschattet wurde. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es wieder einmal Polizisten waren, die dem Straßenterror einiger Hundert Linksautonomer und Krimineller ausgesetzt waren, denen sowohl die Versammlungsfreiheit als auch die Einhaltung von Recht und Ordnung schlichtweg egal ist. Der Umstand, dass es auch in diesem Jahr 250 verletzte Polizisten gegeben hat, von denen jeder einzelne verletzte Polizist einer zu viel ist, gibt – erstens – keinen Anlass, in Euphorie auszubrechen und – zweitens – keinen Grund, von einem Durchbrechen des Ge
Während der Kollege Wolf vorhin auf seine gemeinsame Beobachtung des 1. Mais seit 1987 mit dem Abgeordneten Wieland in Kreuzberg hinwies, möchte ich mit einem anderen Ereignis beginnen, das erst seit der Wende zum 1.-Mai-Ritual gehört: 1989, als alles möglich schien, beschlossen Bewohner im Prenzlauer Berg, den 1. Mai anders zu begrüßen als vorher in den verordneten Bahnen. Um ein großes Feuer auf dem Kollwitzplatz sammelten sich Hexen und Teufel, junge und alte Anwohner, um ein Fest zu feiern. Es wurde getrommelt, getanzt und über das Feuer gesprungen. Am nächsten Tag wurde sogar aufgeräumt.
Wir müssen feststellen, dass der diesjährige Auftakt zum 1. Mai zwar nicht ohne jede Auseinandersetzung abging, aber die Ansätze waren richtig – das ist hier schon erwähnt worden –, niemanden mit Flaschen in den Park zu lassen und stattdessen Plastikbecher auszugeben. Aber letztlich wird es die Walpurgisnachtfeier in ihrer alten Form erst wieder geben, wenn sich die Anwohner wie in Kreuzberg ihr Terrain zurückerobern und Polizisten in gelben Westen die einzigen sind, die benötigt werden. Das wird ein langer Weg, aber wir reden heute darüber, um aus Fehlern zu lernen. Das haben auch die vergangenen drei Jahre gezeigt. Wenn die Zusammenarbeit zwischen Bezirksamt, Polizei und Anwohnerinitiativen intensiviert wird, dann hätten wir Innenpolitiker auch einmal freie Maifeiern, was eine schöne Abwechslung wäre, ganz sicher auch für die Polizei.
waltrituals zu sprechen, wie es der Herr Innensenator getan hat. Nach wie vor wurden Polizisten mit Flaschen und Steinen beworfen, nach wie vor wurden Barrikaden errichtet, nach wie vor wurden Brände gelegt, und nach wie vor, Herr Senator, gab es Sachbeschädigungen in Größenordnungen. Die Tatsache, dass das polizeiliche Konzept richtig war und die Einsätze erfolgreich verliefen, ist wohl in erster Linie dem Aspekt geschuldet, dass rund 8 000 Polizisten tagelang im Einsatz waren, um dieses so erfolgreiche Konzept umzusetzen. Wer erlebt hat, mit welch beispielloser Brutalität die Krawallmacher zu Werke gingen, und wer erlebt hat, wie die Veranstalter der so genannten revolutionären 1.-Mai-Demo auf ihrer Abschlusskundgebung am Kottbusser Tor unverhohlen und skrupellos dazu aufgefordert haben, Polizeibeamte in Zivil anzugreifen, kann sich ein Bild von der Menschen verachtenden Denkweise dieser Typen machen. Ich hoffe, dass dieses kriminelle Handeln noch ein juristisches Nachspiel haben wird.
Es bleibt dabei, von einem Durchbrechen des Gewaltrituals kann man nicht sprechen. Hier gibt es nichts zu verharmlosen, und hier gibt es nichts zu relativieren. Ich teile in diesem Zusammenhang vorbehaltlos die Auffassung des Protestforschers Rucht, der erstens das Gewaltritual als nicht durchbrochen ansieht und zweitens aus meiner Sicht völlig zutreffend feststellte, dass die gewaltbereite Menge nicht abgenommen habe. Ich stimme mit ihm auch darin überein, wenn er sagt, dass die Gewaltausbrüche in diesem Jahr lediglich durch die polizeiliche Taktik besser kanalisiert wurden. Genau, Herr Senator, das ist der Punkt.
Kurzum: Meine Fraktion bewertet diesen 1. Mai als in der Sache vom polizeilichen Konzept her gesehen erfolgreich. Wir bleiben allerdings auch dabei, dass es keinen Grund zur Euphorie geben darf. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege Henkel! – Für die PDS erhält Frau Kollegin Seelig das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Henkel! Es ist ein Novum in diesem Hause, dass rot-rote Überlegungen zum 1. Mai durch Sie gewürdigt werden.
Dass Sie heute keine so große Freude daran hatten, diese Aktuelle Stunde durchzuführen, war durchaus zu merken. Aber ich kann Ihnen sagen: Motiviert ist die Polizei durch die Verläufe in den letzten drei Jahren zum 1. Mai und die Entwicklung, die kontinuierlich stattgefunden hat, durchaus. Unter CDU-Innensenatoren wirkten die Ergebnisse der jährlich wechselnden Konzepte eher demotivierend.
Es war ein langer Weg, der dann mit Krawallen weiterging, die auch damals schon zum Teil importiert waren, und auch mit einer Polizei, die damals das Wort Deeskalation entweder nicht kannte oder missinterpretierte und bei der es verpönt war. Dann zogen die Ereignisse in den Mauerpark, und die Krawalle Jahr für Jahr zogen mit.
Ein anderes Kapitel, das stärker politisch relevant ist, ist die jährliche NPD-Demonstration am 1. Mai. Es gibt kein Patentrezept, wenn wir das Versammlungsrecht ernst nehmen. Da heißt es auch immer wieder, in den eigenen Reihen zu überzeugen, dass auch Neonazidemos nicht ohne gerichtsfeste Gründe verboten werden können und ihre Route nicht einseitig durch die Versammlungsbehörde festzulegen ist. Auflagen der Behörde stoßen schnell an ihre Grenze, wie das Verwaltungsgericht auch in diesem Jahr wieder bewies. Es gibt ein aktuelles Urteil, das heute im Internet nachzulesen war, wo das Bundesverfassungsgericht das dem Neonazi Christian Worch selbst nachträglich noch umfassenden Rechtsschutz in Sachen Demonstrationsfreiheit zubilligt.
Trotzdem verstehen sicher viele den Frust der Einwohner in Lichtenberg und Hohenschönhausen, dass diese Aufmärsche fast ununterbrochen in ihrem Kiez stattfinden, denn meist sind sie durch rechte Jugendliche und so genannte Kameradschaften im Alltag schon genug geplagt. Die Bezirke machen auch eine Menge: Einwohner schließen sich zu antifaschistischen Bündnissen zusammen. In Hohenschönhausen gab es die erste Studie
Das Versammlungsrecht ist ein Grundrecht, und es wäre gut, wenn auch die CDU neben einigem, was sie bei der Auswertung dieses 1. Mai begriffen hat, auch begreifen würde, dass die so genannten revolutionären 1.-Mai
Demos schon in den letzten Jahren friedlich verlaufen sind. Deshalb gab es in diesem Jahr weder einen Grund noch eine Möglichkeit, sie zu verbieten, wie der Abgeordnete Henkel im Vorfeld martialisch forderte. Auch in diesem Jahr blieben die Aufzüge zahlreichen Unkenrufen zum Trotz gewaltfrei. Ich finde es richtig, dass die Demoabschlüsse trotz des „Myfests“ durch das Engagement der Bürgermeisterin in Kreuzberg selbst und nicht abseits vom Geschehen stattfinden konnten. Eines sollten wir auch nicht zulassen – dass das Recht der fröhlich Feiernden gegen das Recht, politisch seinen Unmut zu bekunden, ausgespielt wird.
zum Rechtsextremismus im Bezirk in Zusammenarbeit mit den mobilen Beratungsteams. Es gibt Konzerte gegen rechts und viele andere Aktivitäten. Durch die Aufmärsche und ihre Medienwirksamkeit fühlen sich die Menschen stigmatisiert.
Weil nach dem 1. Mai auch immer vor dem 1. Mai ist, müssen wir uns mit diesem sensiblen Thema besonders gründlich auseinander setzen. Wie kann die Polizei mit Protesten und Gegendemonstrationen so umgehen, dass sie das Versammlungsrecht schützt, aber gleichzeitig Bilder verhindert, die eine Dominanz der Neonazis auf der Straße vorgaukeln, weil kein Protest in ihre Nähe gelassen wird? Wie ist es möglich, verlässliche Absprachen mit den Gegnern der Neonazis zu treffen, damit der Aufstand der Anständigen nicht nur eine von der Bundesregierung einmal inszenierte Veranstaltung bleibt, sondern mit legalen Mitteln alltagstauglich auch am 1. Mai möglich ist? – Es gab in diesem Jahr erste Ansätze. Blockaden wurden gewaltfrei geräumt. Der Unmut gegen den Aufmarsch konnte artikuliert werden. Deshalb sind mir die später erfolgten Fehler eher schwer erklärlich, als beispielsweise doch ungezielt und mit großer Härte Festnahmen durchgeführt wurden. Deshalb möchte ich auch die Gelegenheit nutzen, von hier aus dem Lichtenberger stellvertretenden PDS-Bezirksvorsitzenden Michael Stadler, dem dabei die Kniescheibe gebrochen wurde, meine Genesungswünsche auszusprechen.
Warum nach Flaschenwürfen, die aus der NPDKundgebung heraus auf Polizisten erfolgten, zum Schluss auch noch ein Wasserwerfereinsatz notwendig war, um den Aufmarsch noch eine Straßenecke weiter voranzubringen, obwohl klar war, dass er nicht zu Ende geführt werden kann, muss geklärt werden.
Wir müssen uns bewusst sein, dass bei aller Freude über das „Myfest“ in Kreuzberg und den verhältnismäßig friedlichen Verlauf des 1. Mais dort der erfolgreiche und sichtbare Protest gegen die NPD-Märsche die eigentliche Herausforderung ist. Eine wichtige Voraussetzung ist aus meiner Sicht die verbesserte Kommunikation. Um friedlichen Widerstand zu organisieren, braucht es Zeit, die in diesem Jahr nur begrenzt zur Verfügung stand. Ich halte es für einen Irrtum zu glauben, wenn man die Strecke nur lange genug geheim hält, dann bleiben Auseinandersetzungen aus. Diejenigen, die bereit sind, den Aufmarsch militant zu verhindern, werden immer schnell genug da sein. Es geht uns doch aber gemeinsam um die Bilder der Bewohner des Bezirks, die Alten und die Familien, die zeigen: Wir wollen hier keine Nazis, und wir sagen es denen auch. Das sind unsere Straßen und unser 1. Mai.
Der 1. Mai wird immer beides sein: politischer Kampftag und Feiertag. Wenn das friedlich zusammen geht und es uns in den nächsten Jahren immer besser gelingt, soll uns das recht sein.
Zum Schluss möchte auch ich ein Wort zum innenpolitischen Kollegen Wieland sagen, der uns hier und heute verlässt: In der Opposition, lieber Wolfgang, waren wir fast immer einer Meinung. Aber dass es uns gelungen ist, bei allem natürlichen Streit auch in den nun unterschiedlichen Lagern, immer da, wo es um Bürgerrechte ging, sehr häufig übereinzustimmen und miteinander auf derselben Seite zu sein, hat für einen Oppositionspolitiker – jetzt ein bisschen Pathos – durchaus Größe. Es waren spannende 13 Jahre mit dir, danke schön!
Vielen Dank, Frau Kollegin Seelig! – Für die FDP naht sich und erhält das Wort der Kollege Ritzmann. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 18 Jahren liefern sich immer um den 1. Mai herum Chaoten Auseinandersetzungen mit der Polizei. Es hat verschiedene Konzepte gegeben: vom Konzept der Deeskalation bis zum Konzept der harten Hand, vom Konzept der ausgestreckten Hand bis zum Konzept der geballten Faust. Eines ist jedoch gleich geblieben: Es hat immer Krawalle gegeben. Klar war allerdings auch, insbesondere in den letzten Jahren, dass die Demonstrationen immer friedlich geblieben sind. Dennoch war es auch in diesem Jahr wieder nur eine Frage der Zeit, bis von der CDU eine Presseerklärung erschien mit der Forderung, dieses Mal die Demonstrationen doch wieder zu verbieten, weil Demonstrationen als Ursache der Gewalt bekannt seien. Das ist eine Art untote Forderung, die jedes Jahr wieder aus der Schublade kriecht,
mit der wir uns dann befassen dürfen und aufklären müssen, dass von den Demonstrationen in den letzten Jahren keine relevanten Straftaten und keine Gewalt ausgegangen ist. Forderungen, diese zu verbieten, sind deswegen weltfremd und populistisch.
Wichtig ist außerdem die Ausweitung der Beweissicherung gewesen, weil wir letztes Jahr die Situation hatten, dass wir zwar relativ viele Festnahmen hatten; die Krux besteht aber darin, den Festgenommenen nachzuweisen, dass sie konkret eine Straftat begangen haben, um dann optimalerweise eine zügige Anklage und Verurteilung zu erreichen. Dieser Forderung ist der Senat dieses Jahr sehr gut nachgekommen. Es gab über 200 Polizisten, die als Fotografen und Videofilmer vor Ort im Einsatz waren. Das muss kombiniert werden mit einer weiteren Forderung der FPD, mehr Staatsanwälte vor Ort präsent zu haben, um eben zügig und zeitnah von der Festnahme über die Dokumentation zum Staatsanwalt einen Haftbefehl zu erreichen und gleich zu zeigen, dass es hier keine Spielerei ist, sondern dass sich der Staat durchaus wehren kann, wenn Krawalle mit Gewalt provoziert, wenn Bürger und Polizisten angegriffen werden. 95 Haftbefehle, doppelt so viele wie im letzten Jahr, auch das ist sicherlich ein Erfolg.
Nach den Demonstrationen gibt es allerdings eine krude Mischung, die sich versammelt, eine Mischung aus so genannten Antifaschisten und unpolitisch erlebnisorientierten oder vielleicht besser: gewaltorientierten jungen Leuten. Da mischen sich dann Möchtegernweltverbesserer mit jungen Leuten, die einmal im Jahr die Sau herauslassen wollen, die einmal ordentlich Spaß haben wollen. Das Potential geht von der Was-guckst-du-Fraktion aus Kreuzberg und Neukölln bis zum Zehlendorfer Oberschüler.
Wir haben im letzten Jahr verschiedene Vorschläge gemacht, wie die Polizei, wie der Innensenator besser auf diese Art von Gewalt reagieren kann. Wir haben in mehreren Anträgen mit der Überschrift „Gewaltritual am 1. Mai durchbrechen“ verschiedene Vorschläge, insbesondere zur Prävention, gemacht. Zum einen hatten wir gefordert, dass die Polizei im Vorfeld stärker aufklären solle in Bildungseinrichtungen, Schulen, Universitäten, hingehen solle, um zu zeigen, was die Folgen des gewaltsamen 1. Mai sind, insbesondere für Opfer, aber auch für Täter. Das hat der Senat in Teilen umgesetzt. Es wäre aus unserer Sicht mit geringem Aufwand möglich, das zu steigern, weil dadurch dem Image des 1. Mais als Cowboy- und Indianerfestspiel entgegengetreten werden kann. Das wäre eine richtige Sache.
Außerdem haben wir den Senat aufgefordert, eine Initiative zu starten mit populären Persönlichkeiten, z. B. Sportlern und Musikern, die dafür werben, die appellieren, dass es in diesem Jahr einen friedlichen und bunten 1. Mai gebe. Da geht es nicht darum, dass der Senat das finanziert, sondern dass es der Senat koordiniert. Da könnte sich unser Regierender Bürgermeister einmal sinnvoll einbringen. Diesen 1. Mai hat er sich nur als Prophet der Gewalt positioniert. Er hat bereits Tage vor dem 1. Mai vorausgesagt, dass es auch dieses Jahr wieder Krawalle geben wird. – Das brauchen wir nicht vom Regierenden Bürgermeister, er muss sich für einen friedlichen und bunten 1. Mai einsetzen.
Des Weiteren haben wir im letzten Jahr die konsequente Ausschöpfung der polizeilichen Mittel eingefordert. Das beinhaltet die gezielte Ansprache bereits bekannter Straftäter von vorherigen 1.-Mai-Krawallen, aber auch, weiter ins gewaltbereite Spektrum einzugreifen, insbesondere bei Hooligans. Das ist dieses Jahr besser geworden, da wurden Fortschritte erzielt.
Wir haben auch eine Ausweitung der Platzverweise gefordert, einen stärkeren Einsatz gegen auffällige Störer. In diesem Jahr gab es eine zentrale Platzverweisdatei, die für den 30. April und den 1. Mai gegolten hat. D. h. wer am 30. April rund um den Mauerpark bereits auffällig wurde, durfte am nächsten Tag nicht mehr nach Kreuzberg. Das war aus unserer Sicht eine sinnvolle Idee. Es gab 620 Platzverweise. Auch hier wurde unser Vorschlag