Dies ist es, worum es der FDP in diesem Sonderausschuss gegangen ist: Die BSR als Landesunternehmen in Frage zu stellen. Herr Lindner hat vorhin noch einmal in dieselbe Kerbe gehauen, indem er die konsequente Privatisierung forderte. Das sollten wir an dieser Stelle einmal festhalten.
Die FDP – und, wie ich gerade festgestellt habe, auch Herr Wellmann – hat offensichtlich im Ausschuss nicht zur Kenntnis genommen, dass es der Wirtschaftssenator Wolf war, der den Gebührenskandal aufgedeckt hat und sofort handelte. Es wurden durch ihn in der Unterneh
Auch die BSR selbst ergriff Maßnahmen, um zukünftig Fehler bei der Gebührenabrechnung zu vermeiden. Zu viel eingenommene Gebühren wurden inzwischen an die Vermieter, an die Hauseigentümer zurückgezahlt.
Der Ausschuss hat – Herr von Lüdeke und Herr Wellmann – genauso wie das von der BSR eingesetzte Wirtschaftsprüfungsunternehmen Ernst & Young nachgewiesen, dass die Fehler bei der Gebührenabrechnung, bei der Kalkulation selbst der offenbar unzureichenden Kommunikation auf der Vorstandsebene geschuldet waren sowie der mangelnden internen Revision.
Wir konnten in dem BSR-Sonderausschuss den Berichten der BSR-Vertreter entnehmen, was genau an diesen Punkten im BSR-Vorstand gearbeitet und nachgebessert wurde, um mögliche Pannen zu vermeiden. Aber: Pannen, Fehler und Vorkommnisse können durchaus auch in privat geführten Unternehmen auftreten.
Nein, da verharmlose ich an dieser Stelle gar nichts. Das ist durchaus auch in Privatunternehmen üblich.
Lieber Kollege Eßer, im Gegensatz zu Ihnen weiß ich, wovon ich rede, denn ich bin in Großunternehmen tätig gewesen.
Das Problem, das Herr Lindner, Herr von Lüdeke und Herr Wellmann haben, ist, dass sie im Ausschuss skandalisieren wollten und nichts gefunden haben, um skandalisieren zu können. Das ist ihr eigentliches Problem.
Die Annahme der FDP, dass der Fehler bei der Gebührenabrechnung aus einer Mixtur engsten Zusammenwirkens von Politik und den Landesunternehmen entstand und die Gebührenpanne schon strukturell in der staatsmonopolitischen Organisation der Abfallentsorgung und Straßenreinigung angelegt sei – so das Zitat der FDP –, zeigt, wie sehr doch die FDP in ihrer Ideologie, dass der Markt schon alles richten werde, verhaftet ist.
Fragen Sie, Herr Dr. Lindner oder aber auch die Grünen, doch einmal bei den Mieterorganisationen nach, wie viele Mieter sich regelmäßig mit falsch berechneten Betriebskosten privater Vermieter herumzuschlagen haben.
Einen breiten Raum in der Arbeit des Sonderausschusses nahm die „Entsorgungssicherheit 2005“ ein, so auch die Frage, wie und ob der Beschluss des Abgeordnetenhauses von der BSR und dem Lenkungsausschuss umgesetzt wird. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung war das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens noch nicht be
kannt. Die Entsorgungssicherheit ab 2005 ist nach dem abgeschlossenen Ausschreibungsverfahren und der Vergabeentscheidung gesichert, und die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses wurden in diesem Zusammenhang, Herr Wellmann, umgesetzt. Die Ausschreibung und Vergabe von 50 % des Berliner Siedlungsabfalls im Rahmen von Dienstleistung sowie eines PPP-Modells hat auch die vom Abgeordnetenhaus geforderten ökologischen Kriterien beinhaltet.
Zu dem Komplex „Deponierückstellungen“ steht der Bericht der BSR noch aus. Er sollte im Juni vorliegen. Ich lege aber wert auf die Feststellung, dass die BSR zu Recht Rückstellungen gebildet hatte, zumal es sich hier auch um eine Auflage des Umweltministeriums Brandenburg gehandelt hatte. Mit der Höhe und ob die Rückstellung notwendig war oder nicht, muss man sich noch befassen. Ich sagte bereits, dass dem Abgeordnetenhaus hierzu im Juni 2004 ein Gutachten der BSR vorgelegt werden und in den entsprechenden Fachausschüssen zur Beratung kommen wird.
Im Sonderausschuss wurde auch die Frage aufgeworfen, ob die Zinserträge aus den Deponierückstellungen in die Kalkulation der BSR einfließen müssen, um somit den Gebührenzahlern zu Gute zu kommen. Auch hier hat der Senat gehandelt: Mit der Tarifperiode 2003/2004 werden die Zinserträge aus den Deponierückstellungen in die Kalkulation mit einberechnet und können somit den Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahlern zu Gute kommen.
Zu guter Letzt möchte ich noch etwas zum FDPAntrag sagen, der so schön mit der Formulierung umschrieben ist: Müllentsorgung in Berlin reformieren. Ich übersetze das in: privatisieren. Ganz locker schreiben Sie in Ihrem Antrag: Die Zielvereinbarung zwischen BSR und dem Land Berlin wird aufgehoben. Ich vermute, Herr von Lüdeke und Herr Dr. Lindner, Sie haben die Zielvereinbarung gar nicht gelesen, oder Sie haben sie gar nicht verstanden.
Die Zielvereinbarung mit der BSR – im Übrigen, Herr Wellmann, aus dem Jahr 2000 – soll zu einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit und, liebe FDP, der Wettbewerbsfähigkeit führen. Dabei soll bis 2015 die Wettbewerbsfähigkeit der BSR erreicht werden. Im Gegensatz zu Herrn Wellmann denke ich, die BSR ist auf einem guten Weg. Mit dieser Zielvereinbarung hat die BSR einen Beitrag zur Entlastung des Landeshaushaltes geleistet, mit einer Summe von rund 805 Millionen DM – heute in etwa 400 Millionen €.
Diese Zielvereinbarung sichert der BSR die derzeitige Rechtsform zu. Wer diese Zielvereinbarung aufkündigen will, Herr Dr. Lindner, der muss auch sagen wie und der muss die Frage beantworten, wie das Geld, das das Land Berlin eingenommen hat, dann wieder zurückgezahlt werden soll. – Am Schluss halte ich fest: Die FDP will die Privatisierung, und nichts weiter.
Vielen Dank, Herr Kollege Doering. – Bevor wir uns weiter den Geschäften widmen, begrüße ich eine weitere hochrangige Delegation, die sich zu Gast in unserem Haus befindet. Es sind 29 Kommunalpolitiker aus Amsterdam, darunter zwei Bürgermeister. – Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fast ein Jahr hat der Sonderausschuss im Abfall der BSR gewühlt, und heute ziehen wir Bilanz.
Die Grünen haben durchgesetzt, dass dieser Sonderausschuss sich nicht nur mit der dubiosen Gebührenkalkulation beschäftigt, sondern auch einen Blick in die Zukunft wirft. Das bedeutet, dass Fragen der Entsorgungssicherheit ab 2005 auf die Tagesordnung gekommen sind und auch die anstehende Deponiesanierung der Berliner Deponien in Brandenburg. Für uns waren das elementare Bestandteile dieses Sonderausschusses, an denen sich auch die Qualität des Sonderausschusses messen lassen musste. Zu einer zukunftsfähigen Abfallpolitik gehört auch die Abfallvermeidung und eine abfallreduzierende Gebührengestaltung. Wir haben deshalb auch diese Fragen auf die Tagesordnung des Sonderausschusses gesetzt.
Nach diesen Ausführungen können Sie sicher nachvollziehen, dass meine Bewertung der Arbeit des Sonderausschusses sehr negativ ausfällt. Das Ergebnis ist dürftig. Da kann ich meinem Kollegen von der FDP nur Recht geben. Aber wir haben bei den Anhörungen einen sehr guten Einblick in die desolate Situation der BSRVorstandsetage erhalten: Fehlendes Kostenbewusstsein, fehlendes Umweltbewusstsein, massive Inkompetenz. Der alte BSR-Vorstand wurde für dieses Verhalten abgestraft und ausgetauscht. Ich hoffe, dass sich der neue Vorstand dieses schwarze Kapitel der BSR als Mahnung nimmt, daraus lernt und seine Arbeit besser macht als der alte Vorstand, der heute zum Glück nicht mehr im Amt ist.
Die Anhörungen im BSR-Sonderausschuss haben uns aber leider auch einen Einblick in das Verwaltungshandeln der Wirtschaftsverwaltung und insbesondere der Abfallbehörde gegeben. Was wir dort sehen, ist nicht viel besser als die desolate Situation in den BSR-Vorstandsetagen. Die Wirtschaftsverwaltung kontrolliert das Landesunternehmen nur mangelhaft und weist auch noch darauf hin, dass sie nicht über das kompetente Personal verfüge, um die Gebühren noch einmal nachzurechnen. Das ist wirklich ein Skandal erster Güte.
Und was macht die Abfallbehörde? – Sie erklärt sich von vornherein für nicht zuständig und überträgt gleich alle
Aufgaben auf die BSR. Die Fachaufsicht über die BSR wird mit der Begründung abgelehnt, dass kein kompetentes Verwaltungspersonal für diese Aufgabe vorhanden sei. So einfach macht man es sich. Auch die Mindestanforderungen an eine Abfallbehörde werden nicht erfüllt, Konzepte zur Abfallreduzierung – Fehlanzeige. Mit dem Hinweis darauf, dass es schon so viel weniger Müll als früher gibt, sieht man keinen Anlass, sich auch in der Zukunft anzustrengen, man sieht keinen Handlungsbedarf. Die Ausschreibung zur Abfallentsorgung ab 2005 wird der BSR überlassen, was meines Erachtens ein wirklich merkwürdiges Verständnis von Wettbewerb ist. Die BSR kann sich ihren eigenen Konkurrenten im Verfahren aussuchen. So soll es nach Ansicht des Senats auch künftig weitergehen.
Die Verwertung über die Biotonne soll die BSR regeln. Wenn das nicht klappen sollte, soll das Land Berlin einspringen.
600 Millionen € wurden bei der BSR für die Deponiesanierung zurückgelegt. Aber wie diese Summe ausgegeben werden soll, welche Maßnahmen durchgeführt, welche Kosten dafür wirklich entstehen, das bleibt ein Geheimnis. Die Abfallbehörde hat sich von Beginn an aus diesem Verfahren herausgehalten. Bei dem Gutachten, das die BSR jetzt in Auftrag gegeben hat, hat sich die Abfallbehörde in keiner Weise mit eingebracht. Wir dürfen gespannt sein, ob wir jemals erfahren, wie diese 600 Millionen € ausgegeben werden. Wir werden wahrscheinlich auch hierzu wieder keine Informationen erhalten. Die Haftung für die Risiken aus den Altdeponien soll per Schnelldurchlauf im Parlament vom Land Berlin auf die BSR übertragen werden. Auch hier werden wieder keine Kosten benannt. Wir erhalten eine Vorlage, die nicht einmal den Mindestanforderungen entspricht, und sollen über etwas abstimmen, dass unter Umständen erhebliche Folgekosten für das Land Berlin haben kann. So soll die künftige Abfallpolitik aussehen.
Dann setzt der Senat noch eins drauf. Nach Jahren vergeblichen Wartens auf das Abfallwirtschaftskonzept sollen die Ergebnisse der Abfallausschreibung zum neuen Abfallwirtschaftskonzept werden. Das ist wirklich eine Verhöhnung des Parlaments. Die Parlamentarier haben sich über einen langen Zeitraum vertieft mit der Abfallmaterie beschäftigt, um Rahmenbedingungen für die Ausschreibung zu formulieren. Wir haben Beschlüsse gefasst. Jetzt sollen diese Beschlüsse, das Abfallwirtschaftskonzept darstellen, dem wir dann zustimmen dürfen. Hier wird wirklich die parlamentarische Mitwirkung auf den Kopf gestellt.
Auf solch ein Abfallwirtschaftskonzept können wir gern verzichten. Das ist noch nicht einmal das Recyclingpapier wert, auf dem es geschrieben steht.
Es ist offensichtlich: Diese Koalition will die Abfallbehörde komplett aus ihrer Verantwortung für eine ökologische Abfallpolitik entlassen. Fast möchte man der FDP zustimmen: Wenn sich eine Behörde selbst für so entbehrlich hält, dann ist sie es wohl auch. So unwillig und – ich muss es wirklich so drastisch ausdrücken – unfähig, wie sich die Abfallbehörde zurzeit verhält, vermittelt es den Eindruck, sie habe nichts aus dem BSRSkandal gelernt.
Im Gegenteil, Herr Klemm! Durch ihre Passivität und Innovationsunfähigkeit schafft die Abfallbehörde alle Voraussetzungen für den nächsten Skandal im Abfallbereich.
Wir erwarten vom Senat, insbesondere von der Wirtschaftsverwaltung, die eine gewisse Bereitschaft gezeigt hat, dieses Landesunternehmen zu kontrollieren, und auch von der Abfallbehörde, dass sie ihre Aufgaben endlich ernst nehmen, dass sie sowohl wirtschaftliche als auch ökologische Rahmenbedingungen für dieses Landesunternehmen setzen und die Durchsetzung dieser Rahmenbedingungen auch kontrollieren.
Die Arbeit des Sonderausschusses ist beendet, aber wir können sicher sein, dass die Diskussionen über die BSR noch lange nicht beendet sind. Wir Grünen werden den Senat und die Koalition nicht aus ihrer Verantwortung für eine zukunftsfähige, ökologische Abfallpolitik entlassen.
Danke schön, Frau Kollegin Kubala! – Wir kommen jetzt zur zweiten Rederunde, in der die Redezeiten bereits drastisch reduziert sind. Es beginnt die FDP-Fraktion. Der Kollege Schmidt hat das Wort und drei Minuten dafür. – Bitte schön!