Verantwortung für die deutsche Kolonialgeschichte in Afrika wahrnehmen – gemeinsame Aktivitäten mit der Partnerstadt Windhoek fördern
Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Zum Antrag Drucksache 15/2680 empfiehlt der Ausschuss gegen die Stimmen der CDU bei Abwesenheit der FDP die Annahme in neuer Fassung. Wer gemäß Drucksache 15/2958 beschließen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön! Das sind die Regierungsfraktionen und Bündnis 90/Die Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind CDU und FDP. Ersteres war die Mehrheit, dann ist das so beschlossen. Enthaltungen? – Sehe ich nicht!
Bevor wir in die Beratung eintreten, weise ich auf einen Schreibfehler hin. In Ziffer 2 Satz 3 der Vorlage muss der Klammerzusatz, der jetzt lautet: „Artikel 74 GG“ durch den Klammerzusatz „Artikel 75 Abs. 1 GG“ ersetzt werden. Ich bitte, dies zu berücksichtigen. Wir werden dies auch in das Beschlussprotokoll aufnehmen.
An Wortmeldungen liegt mir Herr Tromp für die Fraktion der CDU vor – und hat das Wort. – Bitte schön, Herr Tromp!
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht bei der Debatte über die Neuordnung des Föderalismus nicht allein um die Neuregelung
der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern oder aus Berliner Sicht vielleicht um die Verankerung der Hauptstadtfunktion im Grundgesetz, sondern es geht auch ein Stück weit um die Europatauglichkeit unseres deutschen Föderalismus. Wenn ich mir den letzten Sonntag anschaue und feststellen muss, dass nur knapp 40 % der Bürger Berlins von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten, muss uns das zu denken geben.
Europa ist für die meisten Menschen leider Gottes weit weg. Seine Entscheidungsprozesse sind oft nicht nachvollziehbar. Wenn man das vor dem Hintergrund betrachtet, dass mittlerweile 60 % aller deutschen Gesetze, die neu beschlossen werden, ihren Ursprung in Brüssel haben, ist dies eine gefährliche Entwicklung.
Die Regelung europäischer Angelegenheiten durch die Länder geschieht heutzutage leider meist durch reines Regierungshandeln, indem Richtlinien übernommen werden. Der europäische Integrationsprozess darf aber nicht nur einseitig eine Stärkung der Länderregierungen zur Folge haben, sondern muss auch eine stärkere Beteiligung der Landesparlamente sichern. Europapolitik darf nicht als eine Art Außenpolitik betrachtet werden, sondern sie muss als Innenpolitik wahrgenommen werden, die die Landesparlamente mitgestalten.
Wir fordern daher, dass das Informations- und Beteiligungsdefizit der Landesparlamente in europäischen Angelegenheiten durch eine Pflicht zur frühzeitigen Beteiligung der Landesparlamente behoben wird. Es ist gerade eines der großen Ziele der Föderalismuskommission, statt eines Beteiligungsföderalismus einen Gestaltungsföderalismus für die Länder wiederzugewinnen. Nur darf sich dieser Gestaltungsföderalismus, wenn er keine Worthülse bleiben soll, nicht auf die Beziehungen zwischen Bund und Ländern allein beziehen. Er muss in unseren heutigen Tagen einen europäischen Bezug als neue Komponente bekommen. Nur so hat der deutsche Föderalismus in Europa dauerhaft eine Daseinsberechtigung. Gelingt dies nicht, verkommt er zu einem Feigenblatt der Demokratie. Dieses kann nicht im Interesse unseres Hauses sein.
Nach der Gründung der Bundesrepublik waren in den ersten Jahren gerade einmal 10 % aller Gesetze zustimmungspflichtig. Sie wissen, heutzutage sind es über 60 %. Es ist ein zentraler Punkt in den Diskussionen der Föderalismuskommission, dass eine neue Austarierung von Eigenrechten und Mitwirkungsrechten der Länder im Bund kommen muss. Aber, und auch dieses ist wichtig, wenn wir eine Revitalisierung des Föderalismus haben wollen, müssen wir einen Weg zur Neuöffnung von eigenen politischen und legislativen Gestaltungsspielräumen für die Länder beschreiten. Die CDU – das ist bekannt – fordert hierzu eine Entflechtung und eine möglichst vollständige Aufteilung der Materien auf Bund und Länder.
Ich gebe Ihnen hier drei Beispiele. Das eine: Warum sollen nicht die Länder in Zukunft die Rechtsverhältnisse
ihrer Mitarbeiter allein regeln – mit Ausnahme allerdings der statusregelnden Fragen? Oder warum sollen Teilbereiche der öffentlichen Fürsorge wie z. B. in der Kinder- und Jugendhilfe und in der Sozialhilfe, die vor Ort geregelt werden, nicht durch die Länder bestimmt werden oder Teilbereiche des Rechts der Wirtschaft? Das Bundesverfassungsgericht hat vor kurzem erst entschieden, dass die Regelung des Ladenschlusses eigentlich in Länderhoheit gehört. Und ein letzter Punkt: Ich glaube Hartz IV zeigt uns deutlich, was schief laufen kann, wenn der Bund sich darum kümmert. Ich denke, hier wären die Länder die besseren Ansprechpartner.
Föderalismus lebt im Gegensatz zum Zentralstaat von der Vielfalt politischer Konzepte und Lösungsmöglichkeiten. Dieser Ideenwettbewerb setzt im Finanzbereich idealtypischerweise voraus, dass es Differenzierungsmöglichkeiten nicht nur bei den Ausgaben, sondern auch bei den Einnahmen geben müsste. Ein fairer Wettbewerb erfordert jedoch gleichartige wirtschaftliche Ausgangsbedingungen. Bei Steuerdeckungsquoten in der Bundesrepublik Deutschland von 37 % in Berlin bis zu 73 % bei den Südländern kann wohl von einem fairen Wettbewerb über Steuereinnahmen nicht gesprochen werden. Deshalb lehnen wir derzeit Zu- und Abschlagsrechte für die Länder bei den Ertragsteuern ab, weil wir glauben, dass Berlin bei seiner derzeitigen finanziellen Verfassung in solch einem Wettbewerb nicht erfolgreich bestehen könnte.
Zu guter Letzt zwei Worte zum Thema Berlins Verankerung im Grundgesetz. Es ist richtig, dass diese Klausel kommt, es löst aber das Problem nicht. Wir müssen mit den Ländern in einen engen Kontakt treten, wie das gelöst werden kann. Wir fordern deshalb den Regierenden Bürgermeister auf, einen Hauptstadthaushalt aufzustellen, damit dieses geregelt werden kann, damit wir unsere Hausaufgaben gemacht haben, wenn wir mit den Ländern in Verhandlungen treten.
Und ein Letztes: Neben dem Hauptstadthaushalt müssen wir auch die Länderfusion Berlin-Brandenburg vorantreiben. Das ist auch Ziel der Föderalismuskommission, denke ich, und hier muss auch über das Stadtstaatenprivileg verhandelt werden. Dazu ist bisher noch kein Wort von Herrn Wowereit gefallen. Ich denke, es wird höchste Zeit, sonst wird es nichts mit der Fusion. – Herzlichen Dank!
Danke schön, Herr Tromp! – Das Wort für die Fraktion der SPD hat nunmehr der Kollege Zimmermann. – Bitte schön, Herr Zimmermann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie werden sich wahrscheinlich wundern, dass wir schon wieder eine dringliche Beschlussempfehlung aus dem BundEuro-Ausschuss ins Plenum gebracht haben. Aber das hat zwei gute Gründe. Denn die Bundesstaatskommission hat inzwischen eine Reihe von sehr vernünftigen Vorschlägen auf dem Tisch, die zur Reform
des Föderalismus verhandelt werden. Dazu hat auch Berlin ein Stück beigetragen. Es ist absolut notwendig, dass auch das Parlament sich frühzeitig und rechtzeitig mit diesen Vorschlägen befasst. Das ist unser Anliegen.
Das Zweite ist: Wenn wir dieser Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten folgen, dann wird das Abgeordnetenhaus das erste Landesparlament sein, das in diesem Diskussionsprozess zur Reform Stellung bezieht. Das, glaube ich, steht unserem Haus ziemlich gut zu Gesicht.
Die lichtvolle Beschlussempfehlung, die Ihnen vorliegt, spricht eigentlich für sich. Ich will aber trotzdem einige wesentliche Punkte hervorheben, die wir mit großer Mehrheit beschlossen haben. Alle Fraktionen außer der FDP tragen dies mit, deswegen hat das auch ein gewisses Gewicht, wenn Berlin auf Bundesebene verhandelt. Das erste Ziel, das wir verfolgen müssen, ist die Entflechtung von Zuständigkeiten, auch auf Kosten von Zuständigkeiten der Länder. Das heißt, Mitwirkungsrechte der Länder im Bundesrat in bestimmten Verfahrensfragen müssen reduziert werden. Dazu sind die Länder auch bereit, und wir sollen auch bereit dazu sein. Dafür müssen aber andererseits Kompetenzen auf die Länder abgeschichtet werden. Da sind wir uns einig, und das ist Teil dieses Beschlusses. Wir müssen aber auch mit fordern und mit regeln, dass Länder in gewissen Bereichen eigene Zugriffsrechte, wo der Bund noch Verfahrensregeln selber trifft, erhalten müssen. Ich glaube, auch da haben wir einen Konsens, den wir dann auch einbringen werden.
Das Zweite sind die Kompetenzen selber. Da muss die Entflechtung in beide Richtungen gehen. Wir können nicht als Länder sagen: alles auf die Landesebene und der Bund muss alles abgeben, sondern wir müssen entscheiden: was des Bundes ist, muss auch beim Bund geregelt werden, und was die Länder machen müssen, müssen die Länder machen. Stichwort Umwelt: Aus meiner Sicht eine Materie, die auf Bundesebene konzentriert werden sollte. Andererseits Beamten- und Besoldungsrecht: Die Personalhoheit der Länder sollte auf jeden Fall ausgebaut werden und bis auf wenige statusregelnde Fragen, die bundeseinheitlich geregelt werden müssen, auf Länderebene übergehen. Auch da sind wir uns einig, und das finden Sie in dem Antrag.
Wozu wir nichts sagen, sind die Punkte, die in der Tat sehr schwierig zu entscheiden und die auch noch in der Diskussion sind. Ich nenne die Stichworte Bildungsplanung, Hochschulförderung, Forschungsförderung, Hochschulbau. Hier sind schwierigste Fragen der Mischfinanzierung u. Ä. zu behandeln. Ich glaube, da würden wir uns jetzt überheben, wenn wir dazu eine Position bezögen. Das sollten wir den Verhandlungen überlassen.
Ein wichtiger Punkt, Herr Tromp hat es angesprochen: Wir legen Wert darauf zu sagen, dass die Steuergesetzgebungskompetenz nicht zusätzlich bei Ländern angesiedelt werden soll oder dass die Länder keine zusätzliche Kom
petenz in diesem Bereich erhalten sollten, weil das kein geeignetes Wettbewerbselement wäre, das in der Kommission diskutiert wird, sondern wir müssen hier die steuerpolitische und steuerrechtliche Einheit des Bundes wahren. Deswegen lehnen wir zusätzliche Steuergesetzgebungskompetenzen für die Länder ab.
Ein Stichwort zu Europa: Artikel 23 Grundgesetz, der die Beteiligung der Länder an dem Entscheidungsprozess in Bund und EU regelt, ist auch in der Diskussion. Aus unsere Sicht sollte auf jeden Fall das Instrument der Beteiligung der Länder erhalten bleiben. Aber es muss verbessert werden. Und das kann durchaus unterhalb des Artikels 23 geschehen, durch Vereinbarung oder durch eine Verbesserung der gesetzlichen Regelungen. Jedenfalls muss klargestellt sein, dass die Länder rechtzeitig, frühzeitig ihre Interessen in ihren Kernbereichen der Kompetenz auch in den EU-Entscheidungsprozess einbringen können.
Ein letztes Wort zu dem Thema Bundeshauptstadt: Hier haben wir in der Beschlussempfehlung eine Formulierung gewählt, die breite Zustimmung finden kann. In der Tat darf das aber bestimmte Unterschiede in der Verhandlung und Diskussion nicht verdecken. Wir sind im Unterschied zu den Grünen der Meinung, dass es nicht angehen kann, dass in Fragen der Finanzierung der Bundeshauptstadt andere Bundesländer ihre Zustimmung erteilen müssen, sondern es kann nur in einem Verhältnis zwischen der Bundeshauptstadt und dem Bund geschehen. Ein Vorschlag, den die Grünen eingebracht haben, dies auf die Länder zu verbreitern, dass 16 Bundesländer zustimmen müssen, wenn es um eine Finanzentscheidung zugunsten der Bundeshauptstadt geht, halten wir für absolut kontraproduktiv. Dies sollte im Sinne des Vorschlags des Regierenden Bürgermeisters geregelt werden, nicht in einer Fassung, die die Sache nur erschweren würde. Das ist ein Unterschied, den wir herausarbeiten müssen trotz aller Konsenspunkte, die wir hier haben.
Abschließend möchte ich nur sagen, dass wir den Diskussionsprozess, den unsere Vertreter in der Föderalismuskommission auch vorantreiben, im Parlament aktiv weiter begleiten müssen. Wir werden im Ausschuss für Bundes. und Europaangelegenheiten dies auch wahrnehmen. – Herzlichen Dank!