Protokoll der Sitzung vom 17.06.2004

Das ist auch ein Affront gegenüber den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, auf deren Kosten die 230 Millionen € Kredit in Eigenkapital umgewandelt werden.

[Beifall des Abg. Hoffmann (CDU)]

Das Unternehmen – das wurde in den gestrigen Diskussionen deutlich – hat seinen Beitrag zur Sanierung noch zu liefern. Es muss erklären, wie die Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Das Sanierungskonzept steht auf mehr als wackligen Füßen. Finanziell unterlegt ist bisher lediglich die Optimierung im nichtmedizinischen Bereich. Stichworte sind hier: Reinigung, Gartenpflege, Catering und Wäsche. Nicht unterlegt sind die notwendigen Optimierungen im medizinischen Bereich. Dazu gehörten bessere, strukturiertere Behandlungsprogramme und schnellere Diagnosen. Das ist das Risiko, das bleibt.

Ein großer Tanker wie Vivantes ist schwer umzusteuern. Es ist ein hoch gestecktes Ziel, ca. 10 Millionen € monatlich einzusparen, indem mehr Einnahmen bzw. weniger Ausgaben gemacht werden. Es ist zu befürchten, dass sich das, was in den vergangenen zwei Jahren geschehen ist, wiederholt. Ich befürchte, dass spätestens Ende des Jahres die Frage nach der Privatisierung nicht mehr nur von der FDP und der CDU gestellt wird, sondern vom Finanzsenator selbst. Dass Sie diesem nicht hinterlegten Konzept zugestimmt haben, dass Sie Geld ohne genaue Prüfung zur Verfügung gestellt haben, ist unverantwortlich. Und dass Sie dem Risiko nicht begegnen, widerspricht den Interessen der Beschäftigten, der Steuerzahler und des Landes. So werden Sie die Krankenversorgung nicht in der nötigen Qualität sichern. – Danke!

[Beifall bei den Grünen – Beifall des Abg. Hoffmann (CDU)]

Danke schön! – Das Wort für eine Kurzintervention hat der Abgeordnete Czaja. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Liebe Frau Jantzen! Sie können mit Beständigkeit eine falsche Behauptung wiederholen, aber ich werde sie auch immer wieder widerlegen. Die CDU und die SPD haben dieses Unternehmen gegründet. Dieses Unternehmen hatte einen Geburtsfehler, und zwar die Übertragung der Altschulden der zehn Häuser auf das Unternehmen und die im Gegenzug vorgenommene Übertragung der Grundstücke. Diesen Geburtsfehler hat die CDU-Fraktion am Anfang der Legislaturperiode geheilt, indem sie der Bürgschaft im Vermögensausschuss ebenso zugestimmt hat wie am Ende der Freistellung von den Zinsen. Damit sind die Altschulden überhaupt kein Problem mehr für das Unternehmen Vivantes. Die Zeit, wo Sie die Verantwortung auf die U

nion schieben können, ist seit diesem Tag vorbei, wo Herr Zimmer diesem Antrag im Vermögens- und im Hauptausschuss zugestimmt hat. Deswegen müssen Sie mit dieser Argumentation endlich einmal aufhören.

[Zuruf des Abg. Eßer (Grüne)]

An zweiter Stelle möchte ich, liebe Frau Simon, da Sie sonst immer mir den einen oder anderen Hinweis geben, noch einen Hinweis an Sie richten: Ich habe immer verstanden, dass es Daseinsvorsorge heißt und nicht Fürsorge und man nur bei der Volksfürsorge versichert sein kann, aber nicht bei der Daseinsfürsorge. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Danke schön! – Frau Jantzen, möchten Sie erwidern? – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Herr Czaja! Nur ganz kurz: Den Geburtsfehler hat es trotzdem gegeben. Darum kommen Sie jetzt nicht herum.

[Zuruf des Abg. Hoffmann (CDU)]

Ein anderer Geburtsfehler, den wir immer noch sehen, ist, dass man dieses Unternehmen in dieser Konzernsstruktur, in dieser zentralistischen Struktur gegründet hat. Das ist mit ein Hauptgrund dafür, dass es nicht funktioniert hat, dass die Geschäftsführung zentralistisch agiert und die Mitarbeiter nicht mitgenommen hat. Das ist bis heute nicht behoben. Das ist wirklich ein Jammer.

[Beifall bei den Grünen – Beifall des Abg. Hoffmann (CDU)]

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Migration und Verbraucherschutz sowie an den Hauptausschuss. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.

Die lfd. Nr. 20 ist bereits durch die Konsensliste erledigt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 21:

Antrag

Ein Leitbild für die offene Ganztagsgrundschule

Antrag der SPD und der PDS Drs 15/2905

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der Grünen vor, Drucksache 15/2905-1.

Eine mündliche Beratung ist nicht mehr vorgesehen. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, die Reden zu Protokoll zu geben.

Frau Jantzen

Berlin liegt im Betreuungsangebot von Ganztagsplät

zen an Kitas und Schulen bundesweit vorn. So bieten bereits mehr als 30 % aller Schulen eine Ganztagsbetreuung an. Auf einer Tagung der bildungspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der SPD-Fraktionen aller Bundesländer Ende Mai auf der Wartburg blickten alle anderen nach meinen Ausführungen neidvoll auf Berlin.

Doch gut ist uns nicht gut genug. Der Ausbau der

Ganztagsangebote muss weiter gehen. Dies ist nach PISA nicht nur bildungspolitisch, sondern auch familienpolitisch von großer Bedeutung. Das mangelnde Betreuungsangebot ist ein Hauptgrund dafür, dass sich junge Paare in Deutschland gegen Kinder entscheiden. So beteiligt sich Berlin selbstverständlich an dem Investitionsprogramm „Zukunft Bildung und Betreuung“ der Bundesregierung, das in den Jahren 2003 bis 2007 den Ländern insgesamt 4 Milliarden € für Ganztagsschulplätze zur Verfügung stellt. Aus diesem Programm erhält Berlin 147 Millionen €. Damit werden sowohl gebundene Ganztagsgrundschulen mit einem verbindlichen Unterrichtsangebot von 8 Uhr bis 16 Uhr als auch offene Ganztagsgrundschulen finanziert.

Um ein Leitbild für Letztere geht es in diesem Antrag.

Die offenen Ganztagsgrundschulen sind ein wichtiger Beitrag zu der oft geforderten Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Jugend und Schule. So soll nach dem flächendeckenden Ausbau sämtlicher Grundschulen Berlins zu verlässlichen Halbtagsgrundschulen, die ein Unterrichtsangebot von 7.30 Uhr bis 13.30 Uhr sicherstellen, am Nachmittag eine außerunterrichtliche Betreuung angeboten werden. Die Ausgestaltung dieser Angebote wird in den einzelnen Bezirken Berlins auf unterschiedliche Weise umgesetzt. Der Senat hat bereits auf Beschluss des Abgeordnetenhauses vom 12. Dezember 2002 ein Gesamtkonzept für die Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern – Drucksache 15/2355 – vorgelegt, das sich vornehmlich der qualitativen und quantitativen Verbesserung der ganztägigen Angebote für Grundschulkinder widmet. Wir fordern mit diesem Antrag den Senat auf, bis Ende des Jahres ein inhaltliches Leitbild für die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe zu entwickeln. Dabei kommt es uns vor allem auf folgende Aspekte an:

1. Wir bitten den Senat um ein gemeinsames pädagogi

sches Rahmenkonzept für unterrichtliche und außerunterrichtliche Angebote, denn es soll sich bei den offenen Ganztagsangeboten keineswegs um reine „Verwahranstalten“ von Kindern handeln.

2. Um dieses Konzept wirkungsvoll umsetzen zu können,

müssen die Personalausstattung und die Rahmenbedingungen für alle pädagogischen Fachkräfte gesichert sein.

3. Wir bitten um die Entwicklung von Kriterien für die

Integration von Kindern mit Behinderungen.

4. Die räumliche und sächliche Ausstattung muss gewähr

leistet sein.

5. Die Bedeutung der Kooperation der offenen Ganztags

grundschule in den jeweiligen Sozialräumen muss gewährleistet sein.

Ich sehe diesem Konzept mit Spannung entgegen und bitte Sie um Zustimmung zu unserem Gesetz.

SPD und PDS fordern in ihrem Antrag, ein Leitbild

für die offene Ganztagsgrundschule zu entwickeln. Seit Jahren laufen Diskussionen über die Einrichtung der verlässlichen Halbtagsgrundschule. Seit Monaten wird in den Schulen diskutiert, ob man Ganztagsschule in gebundener oder offener Form werden will. Im letzten Jahr wurden die ersten Investitionsmittel für Ganztagsschulen ausgereicht.

Die Diskussion ist, wenn nicht sogar schon beendet,

so doch in vollem Gange! Und in dieser Situation fällt der rot-roten Koalition nun ein, man müsse ein Konzept für den Betrieb der offenen Ganztagsgrundschulen entwickeln! Guten Morgen! Da hat die Koalition die aktuelle Situation wohl verschlafen! Hortplätze sollen in die Schulen verlagert werden, über Konzepte für die entsprechende Ganztagsbetreuung in den Schulen beginnen Sie jetzt erst nachzudenken!

Es prägt die Schulpolitik dieses Senats, Schlagworte

aufzugreifen und Vollzug zu melden, ohne vorher zu überlegen, was man denn erreichen möchte und wie man es denn erreichen möchte! So mussten sich die Schulen schon im letzten Jahr anmelden, um an der ersten und am besten ausgestatteten Runde der Fördermittel des Bundes teilzuhaben. Und nun sollen die inhaltlichen Konzepte entwickelt werden!

Schade, dass Rot-Rot so wenig konzeptionell denkt!