Protokoll der Sitzung vom 28.10.2004

Antrag

Sonderprüfung des LIT durch Rechnungshof – Moratorium für die LIT-Umwandlung in eine AöR!

Antrag der FDP Drs 15/3269

Eine Beratung ist nicht mehr vorgesehen. Es wird die Überweisung an den Ausschuss für Verwaltungsreform und Kommunikations- und Informationstechnik und an den Hauptausschuss empfohlen, wozu ich keinen Widerspruch höre. Dann ist auch das so beschlossen.

Jetzt komme ich zur

lfd. Nr. 35:

Antrag

Einsetzung eines Sonderausschusses zum Flughafen Tempelhof

Antrag der FDP Drs 15/3270

in Verbindung mit

Dringlicher Antrag

Flughafen Tempelhof für immer stilllegen – ohne Hintertür zur Wiederaufnahme des Flugbetriebs

Antrag der Grünen Drs 15/3300

Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen.

Für die gemeinsame Beratung steht uns nach der Geschäftsordnung eine Redezeit von bis zu fünf Minuten pro Fraktion zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der FDP, und zwar der Kollege von Lüdeke. – Bitte schön!

Was wollen wir mit dem Sonderausschuss? – Wir wollen Fragen klären: Seit wann und in welchem Umfang haben BBF – oder der Rechtsnachfolger FBS – und BFG den Abbau des Linienverkehrs in Tempelhof betrieben? Ist den Gesellschaftern ein wirtschaftlicher und haushaltsrelevanter Schaden entstanden? – Es gibt viele Hinweise, die darauf hindeuten, dass regelrecht geködert und verdrängt wurde. Diese Fragen wollen wir in einem Sonderausschuss klären. Wie hat die Beeinflussung der Tempel

hof anfliegenden Gesellschaften stattgefunden? – Und daneben interessiert uns die Liegenschaft. Es wird immer angeführt: Es gibt den Aviation- und den Non-AviationBereich, und die Verluste entstehen im Aviation-Bereich. – Nein, die entstehen auch im Non-Aviation-Bereich, und zwar in erheblichem Maß. Und wie es zu diesen Mängel in der Bewirtschaftung kommt, wollen wir auch gerne geklärt wissen. Inwieweit wurden Angebote Dritter auf Übernahme des Flughafenbetriebs ernsthaft geprüft? – Nach unseren Informationen steht das Angebot der Germania immer noch im Raum und findet bis heute kein Gehör. Die bieten immerhin die Entlastung von Betriebskosten und Investitionen an. Das OVG hat Ihnen, Frau Junge-Reyer, eine schallende Ohrfeige verpasst, indem es einfach klipp und klar festgestellt hat, Sie seien nicht befugt, einen betriebsbereiten und genehmigten Flughafen auf unbestimmte Zeit durch bloße Befreiung von der Betriebspflicht stillzulegen. So ein Flughafen ist keine Vorortbuslinie, die man einfach aus dem Verkehr zieht, sondern eine Sache, bei der es einer gründlichen Vorbereitung bedarf. Die haben Sie nicht geleistet.

Nach diesem Urteil kommen jetzt die ganzen Mätzchen. Jetzt geht Herr Johannsen-Roth hin und sagt im ersten Zug, es sollten nur noch die Kläger fliegen dürfen. Das kann es wohl nicht sein, wenn ich eine Fluggesellschaft habe und einen Antrag stelle, um auf einem international zugelassenen Flughafen landen zu dürfen. Zeigen Sie mir einmal, wie Sie das verhindern.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Flughafen Tempelhof erregt nicht zum ersten und sicher auch nicht zum letzten Mal die Gemüter, denn dass sich die Grünen mit ihrem Schließungsantrag durchsetzen, halten wir für ziemlich unwahrscheinlich. Wir verlangen die Einsetzung eines Sonderausschusses. Wir haben uns dazu entschlossen, weil wir der Überzeugung sind, dass es die politischen Unklarheiten und fragwürdigen Vorgänge im Umfeld dieser Flughafenschließung wert sind, einen Sonderausschuss einzusetzen. Wir wollen ganz genau wissen, was im Einzelnen dahinter steckt.

[Beifall bei der FDP]

Wenn man dieser Tage die Interviews des FBSGeschäftsführers, Herrn Johannsen-Roth, mit seinen merkwürdigen Rechtsauffassungen hört, dann erregt das nicht nur die Gemüter der Berliner, sondern inzwischen auch die der Bundestagsabgeordneten. Der eine oder die andere wird den Antrag, den Herr Rzepka von der CDU dankenswerterweise initiiert hat, kennen und wissen, dass der Antrag inzwischen 100 Unterzeichner hat. Ich habe in dem Ursprungsantrag mal die Abgeordneten der SPD und der Grünen markiert. Auch die sind gut vertreten. Das ist erstaunlich. Ich zitiere aus dem Antrag:

Die Schließung verstößt gegen die Vereinbarung mit Bund und Brandenburg und verstößt damit gegen den Konsensbeschluss von 1996.

Das haben Bundestagsabgeordnete von der SPD und den Grünen unterschrieben.

[Beifall bei der FDP]

Diese Abgeordneten verlangen eine Offenhaltung bis mindestens zum Vorliegen des rechtskräftigen Planfeststellungsbeschlusses für BBI. Sie bemängeln, dass es kein Konzept für die Nachnutzung gibt. Auch das haben wir schon in vielen Redeschlachten bemängelt. Die Entlassung aus der Betriebspflicht führt danach zur Rückgabe – auch das haben wir gesagt – des größten Teils der Liegenschaft an den Bund. Da sagen die Bundestagsabgeordneten zu Recht: Da fallen per anno Millionen Euro für Unterhalt und Instandsetzung an, und die soll der Bund übernehmen. – Wir können uns nicht vorstellen, dass die das einfach hinnehmen, wenn das so geschehen würde. Sie führen auch an, dass 76 % der Berliner nach einer Umfrage am Flughafen Tempelhof festhalten. Das alles haben Bundestagsabgeordnete von der CDU, FDP, SPD und den Grünen unterschrieben. Darunter sind so visionäre Leute wie Gaius Julius Cäsar von der CDU. Dieser Name stand schon immer für Visionen.

Dann überlegen Sie sich Schikanen: Schließung der Abflughalle. Das ist wohl auch lächerlich. Damit kann man auch nicht allzu viel anfangen. Also widmen Sie sich der Sache und betreiben Sie den Flughafen, den Sie ohnehin nicht vor 2006 zumachen können, bewirtschaften Sie ihn ordentlich, lassen Sie den Fluggesellschaften Gelegenheit, dort zu fliegen, dann ist es in Ordnung, nicht wie die Grünen, die auf die aberwitzige Idee kommen, das zweitgrößte Gebäude Europas fluchtartig zu verlassen. Das unterstützen wir nicht. Das werden ihnen die Berliner nicht danken, das wird ihnen die Berliner Wirtschaft nicht danken, die wird damit Schiffbruch erleiden.

[Beifall bei der FDP]

Ganz nebenbei: Auch die Grünen schweigen über direkten und indirekten Folgen der Flughafenschließung. Was kostet das alles, Herr Eßer? – Da haben Sie Material für die Haushaltsdiskussion, Rubrik: Lasten der Vergangenheit. Ich wundere mich, dass Sie das mittragen, was Ihre Fraktion da macht. Weil der Senat die Fakten nicht nennen will, muss das Parlament endlich Licht in die Tempelhofer Misswirtschaft bringen und die einfache Frage klären: Wie viel politischer Vorsatz steckte hinter dieser Schließung und diesen Anträgen? – Das wollen wir wissen. Ich bitte um Ihre Unterstützung für unseren Antrag. – Besten Dank!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Kollege von Lüdeke! Jetzt hat der Kollege Gaebler von der SPD das Wort. – Bitte schön, Herr Gaebler!

In dieser ultimativen Forderung, Tempelhof solle offen bleiben, kristallisiert sich eine Nostalgie, die völlig verkennt, dass Flughäfen heutzutage andere Notwendigkeiten haben, dass Tempelhof zwar ein schöner Museumsflughafen ist und ein Flughafen der kurzen Wege für Geschäftsreisende und andere, dass er aber erstens nicht wirtschaftlich betrieben werden kann und dass sie eben zweitens nicht alle Flugbewegungen der Region dort konzentrieren können. Das wollen, glaube ich, nicht einmal Sie. Wir brauchen einen Flughafen, der alle Bewegungen bündelt, um ihn wirtschaftlich betreiben zu können, um neue Flugverbindungen dorthin zu bekommen und ihn als Wirtschaftsmotor für die Region richtig entwickeln zu können. Ich bitte Sie inständig: Hören Sie auf, das immer kaputtzureden! Es geht hier um Investitionen in Milliardenhöhe. Das Finanzierungskonzept von Flughafen und Gesellschaftern werden wir hoffentlich noch in diesem Jahr bekommen. Das bietet dann eine realistische

Grundlage, darüber zu diskutieren. Alles andere, was jetzt passiert, macht diese Chancen kaputt, zerredet sie und verhindert letztendlich auch, dass dort neue Arbeitsplätze geschaffen werden und für Berlin und Brandenburg hier neue Chancen entstehen.

Zu dem Antrag der Grünen, den wir im Ausschuss noch beraten werden: Ich glaube, dass die Gerichtsentscheidung zeigt, dass das Vorziehen der Schließung gegenüber dem Konsensbeschluss rechtlich offensichtlich nicht so einfach ist, wie man sich das einmal vorgestellt hat. Wir sollten uns gut überlegen, ob wir neue rechtliche Schritte einleiten, die dann zu ähnlichen Ergebnissen führen. Das muss gut geprüft und diskutiert werden. Das werden wir uns im Ausschuss noch einmal darstellen lassen. Ich halte nichts davon, jetzt auf gut Glück irgendwelche neuen Rechtswege zu versuchen, die dann wieder langwierige Prozesse nach sich ziehen und eventuell wieder zu ähnlichen Ergebnissen führen. Wir haben jetzt erst einmal durch die Gerichtsentscheidung die Tatsache, dass der Flughafenbetrieb dort weiterlaufen kann. Da wäre es besser, wenn die Flughafengesellschaft nicht jeden Tag etwas anderes verkündete, auch noch durch unterschiedliche Mitglieder der Geschäftsführung, sondern einfach einmal ruhig ist und das macht, was an der Stelle richtig ist, nämlich die Sachen zu prüfen, die Fluggesellschaften, die fliegen wollen, so lange fliegen zu lassen, und die Schließung für das Jahr 2005/2006 mit rechtskräftigem Planfeststellungsbeschluss so vorzubereiten, dass sie auch vollzogen werden kann. Frau Hämmerling, Ihren Antrag werden wir im Ausschuss noch einmal beraten und gucken, ob es dort realistische Möglichkeiten für ein weiteres Vorziehen gibt. Dann sind wir gerne bereit, uns dem zu nähern.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Beitrag von Herrn von Lüdeke hinterlässt mich wie vielleicht viele von Ihnen etwas ratlos, weil er nicht richtig begründet hat, warum die FDP diesen Antrag stellt. Sie haben erzählt, was Sie immer erzählen, wenn es um den Flughafen Tempelhof geht. Sie haben die Behauptungen aufgestellt, die Sie immer aufstellen. Sie haben Fragen gestellt, die Sie auch schon beantwortet haben. Wozu sollen wir einen Sonderausschuss einsetzen? – Sie wissen, was Sie meinen wissen zu wollen. Wir sind der Auffassung, dass es anders ist. Wozu sollen wir uns dann diese Zeit nehmen, einen zusätzlichen Ausschuss mit dem entsprechenden Aufwand zu machen? – Ich glaube, der ist ziemlich überflüssig. Das hat Ihr Beitrag eben gut demonstriert.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Das Problem der Berliner Flughafenplanung ist seit der Wende, seit es die ersten Planungen dafür gab, dass die Berliner Neigung, alles zu zerreden und selbst das schlecht zu machen, was andere nicht schon schlecht machen, hier besonders stark zur Geltung kommt. Keiner bekennt sich klar zu einer Position, keiner sagt, was er erreichen will, sondern viele sagen immer nur, was sie alles nicht wollen, was sie vielleicht lieber noch behalten würden. Es gibt hier keine zukunftsgewandte Diskussion.

Herr von Lüdeke, es gibt einen Planfeststellungsbeschluss für einen neuen Flughafen in Schönefeld. Die Grundlage für diese Planfeststellung ist der Landesentwicklungsplan und damit die Konzentration der Flugbewegung in der Region Berlin an einem Standort und die Schließung der beiden anderen Standorte in Tegel und Tempelhof. Wer dieses in Frage stellt, wie Sie, Herr von Lüdeke, ihre Partei und die Leute, die Tempelhof unbedingt dauerhaft erhalten wollen, es tun, der stellt auch dieses Projekt für die Region Berlin in Frage. Er stellt damit einen entscheidenden Wirtschaftsfaktor für Berlin in Frage. Er hat dabei übrigens auch fast alle Wirtschaftsverbände, auch die IHK und andere gegen sich.

Aber zu dem Sonderausschuss muss ich noch einmal sagen: kein Sinn, keine Notwendigkeit, keine Zielsetzung und deswegen auch Ablehnung. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Schönen Dank, Herr Gaebler! – Jetzt hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Hämmerling das Wort. – Bitte schön, Frau Hämmerling!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Herren und meine Dame von der FDP, Ihr Antrag ist eine Zumutung, und das aus zweierlei Gründen: Erstens haben Sie auch im BSR-Ausschuss unter Beweis gestellt, dass Untersuchungsausschüsse nicht unbedingt Ihr Ding sind,

[Ritzmann (FDP): Das ist ein Sonderausschuss, Frau Kollegin! Das ist die falsche Rede!]

hinsichtlich der Zuarbeit und der Intensität der Befassung mit den Themen, zum Zweiten ist ein Untersuchungsausschuss, Herr Gaebler hat es schon gesagt, nicht notwendig. Ein Untersuchungsausschuss ist aus dem Grund nicht notwendig, weil alle Informationen, die Sie sich wünschen, auf andere Weise zu beschaffen sind, und weil ein Untersuchungsausschuss hier lediglich zusätzliche Perso

Es gibt in Berlin zwei attraktive Flughäfen. Der eine, der Flughafen Schönefeld, der zurzeit ein boomender Flughafen ist, hat eine ideale Anbindung. Der ist kein schlechter Flughafen, wie Sie ihn gern schlecht reden wollen. Sie kommen in 24 Minuten von der Friedrichstraße bis zum Flughafen. Nur wollen Sie das nicht wissen. Offenbar ist das Problem des Flughafens Schönefeld ein Imageproblem und nicht das Problem, dass er wirklich

nicht so toll ist wie Tempelhof. Er ist zum Teil von vielen zentralen Orten schneller zu erreichen als Tempelhof, der ein reiner Lobbyisten-Flughafen ist mit rückläufigen Fluggastzahlen. Wir wissen, ein Flughafen, der wirtschaftlich betrieben werden soll, muss mindestens eine Million Fluggäste haben. Tempelhof hat lediglich 250 000 oder 280 000 mit einer rückläufigen Tendenz. Das kann nicht wirtschaftlich sein, und deswegen sagen wir: Jetzt muss Tempelhof geschlossen werden, und zwar ohne eine Hintertür, ohne eine Möglichkeit der erneuten Öffnung. Dann wird es auch keine Probleme vor Gericht geben. Die Klage möchte ich sehen, die jemand gewinnt, wenn das Land Berlin sagt, wir wollen planungsrechtlich dort keinen Flughafen mehr haben, wir wollen den Betrieb einstellen, wir haben zwei Flughäfen, die uns ausreichen.

Wir fordern Sie auf, entscheiden Sie sich für die Schließung von Tempelhof, stimmen Sie unserem Antrag zu, ohne Wenn und Aber. Den FDP-Antrag können auch wir nur ablehnen.

Danke schön! – Für die PDS-Fraktion hat das Wort Frau Abgeordnete Matuschek. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Hämmerling! Über Ihren Antrag können wir im Ausschuss sprechen und auch darüber, welches Instrument der sofortigen Schließung Sie vorschlagen. Ich möchte mich mit dem Antrag der FDP auseinander setzen.

nalressourcen binden würde. Wir jedenfalls werden diesen Antrag ablehnen.