Protokoll der Sitzung vom 11.11.2004

lfd. Nr. 8:

I. Lesung

Gesetz über die Statistik der Personalstruktur und der Personalkosten im unmittelbaren Landesdienst (Personalstrukturstatistikgesetz – PSSG)

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/3341

Hinsichtlich dieses Tagesordnungspunkts hat man sich gestern im Hauptausschuss darauf verständigt, zu den 1. und 2. Lesungen des Gesetzes jeweils die Mitglieder des Unterausschusses Datenschutz zuzuladen. Dies nur zur Information.

Wir sind jetzt bei

lfd. Nr. 9:

I. Lesung

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Senats (Senatorengesetz – SenG)

Antrag der Grünen Drs 15/3343

Ich eröffne die I. Lesung. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat um Beratung gebeten, wofür den Fraktionen eine Redezeit von bis zu 5 Minuten zur Verfügung steht.

Frau Meister

Ich erteile einem Vertreter der Fraktion der Grünen das Wort. – Herr Schruoffeneger, Sie haben das Wort und das gespannt lauschende Auditorium!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir bringen heute ein Gesetz zur Änderung des Senatorengesetzes ein. Hier geht es um die Ruhegehaltsansprüche der Senatorinnen und Senatoren in Berlin. Sie haben das in der Begründung lesen können. Wir hatten im Hauptausschuss eine Vorlage auf unseren Antrag erhalten, in der dargestellt wird, wie die Ruhegehaltsansprüche in Berlin geregelt sind und wie das in anderen Bundesländern geregelt ist. In Berlin gibt es einen sofortigen Ruhegehaltsanspruch nach zehn Amtsjahren ab dem, sonst ab dem 55. Lebensjahr. Eine solche grundsätzliche Regelung gibt es sonst nur noch in drei anderen Bundesländern: in Sachsen, in MecklenburgVorpommern und in Thüringen.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Es ist kein Standortvorteil, es ist ein Ausstattungsvorsprung!]

Nein, das ist kein Standortvorteil, das ist eher ein Ausstattungsvorsprung, und zwar einer nicht so sehr wegen der Höhe des Ruhegehalts, sondern wegen des Zeitpunkts, ab dem man es erhält. Wenn man sich die bundesweiten Debatten um Verlängerung von Lebensarbeitszeit ansieht, wenn man sich ansieht, dass normale Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen erst mit 65 einen Anspruch auf Renten- oder Ruhegehalt, wie immer man es nennen will, haben, dann ist das symbolisch nicht mehr zu vertreten.

Wie beantragen daher, zu der normalen Regelung zu kommen und erst ab dem 65. Lebensjahr, wie bei allen anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch, ein Ruhegehalt zu zahlen. Wir sagen allerdings, wer länger als zehn Jahre im Amt ist, soll dies auch ab dem 60. Lebensjahr erhalten. Das ist dann immer noch eine großzügige Regelung.

[Beifall bei den Grünen]

Dieses Gesetz soll sofort in Kraft treten, also auch für die jetzigen Senatsmitglieder gelten. Ich glaube, das kann man zumuten angesichts der diversen Einschnitte, die bei den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und vielen Bereichen der Privatwirtschaft gemacht wurden.

Für die Ausschussdebatte gibt es meiner Ansicht nach eine Diskussion, die wir noch ernsthaft führen müssen, ob man ähnlich wie bei anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine Regelung einführt, die eine vorzeitige Inanspruchnahme von Ruhegehalt ermöglicht, dann allerdings mit Abschlägen an der monatlichen Zahlung. Das haben wir bisher in dieses Gesetz nicht eingearbeitet, das könnte man aber machen, das ist ja im Rentenrecht üblich, dass man sagt: Wer ein Jahr früher seine Rente haben will, muss dafür prozentuale Abschläge in Kauf nehmen. Darüber sollten wir im Ausschuss noch einmal seriös diskutieren. In der Grundsatzfrage, glaube ich, kann es kaum Widerspruch gegen diesen Gesetzesvorschlag geben.

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Herr Kollege Schruoffeneger! – Es folgt die SPD, das Wort hat die Frau Kollegin Fischer. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Schruoffeneger! Nehmen wir an, es handelt sich bei Ihrem Antrag nicht um einen Schaufensterantrag,

[Eßer (Grüne): Nein!]

und, wie bei den Grünen zu vermuten, wollen Sie auch nicht die Stammtische bedienen.

[Eßer (Grüne): Nein!]

Und nehmen wir an, es ist reiner Zufall, dass in den letzten Monaten in der Mitgliedszeitschrift einer uns allen bekannten Polizeigewerkschaft die Versorgungsleistungen der Politiker immer wieder polemisch thematisiert werden.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Die lesen wir nicht!]

Das glaube ich Ihnen nicht, Frau Kollegin! – Gehen wir also davon aus, dass Sie in ernsthafter Absicht die Versorgungsleistungen der Senatsmitglieder unter die Lupe nehmen wollen.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Ja!]

Dann wissen Sie ja, dass die Höhe der Ruhegehälter von Senatsmitgliedern bereits 1998 abgesenkt wurde. Sie wissen auch, dass die Senatsmitglieder wie alle anderen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes an der Absenkung des 13. Monatsgehalts auf 640      * +   Urlaubsgelds teilnehmen. Ihnen ist bekannt – das nehme ich an –, dass die Anzahl der Senatsmitglieder seit 1990 von damals 16 auf nunmehr 9 reduziert wurde.

[Eßer (Grüne): 9 zu viel!]

Wir haben in Berlin die Anzahl der Staatssekretäre, die Bezirke nebst Bezirksamtsmitgliedern und die Zahl der Abgeordneten reduziert, einschließlich der damit verbundenen Versorgungsleistungen. Ich erwähne es deshalb, um deutlich zu machen: In Berlin sparen Politiker sehr wohl bei sich selbst.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Nun zu Ihrem Antrag, Herr Schruoffeneger. Sie suggerieren in der Begründung, die Berliner Senatsmitglieder leben mit einem großen Ausstattungsvorsprung ihrer Ruhegehälter und Versorgungsanwartschaften. Sicher, wie das so ist, eine Rosine – hier der Ruhegehaltsanspruch – lässt sich aus jedem Kuchen picken. Aber ist das fair? – Denn der so genannte Ausstattungsvorsprung der Berliner Senatsmitglieder muss im Ganzen gesehen werden, also auch in der Höhe der Versorgungsleistungen. Und der findet so nicht statt. Denn in den meisten Bundesländern, die Sie als Vergleich heranziehen, ist das Grundgehalt der Regierungsmitglieder höher als das der Mitglieder des Senats. Berlin liegt da am unteren Ende. Andere Vorsprünge in den Bundesländern wie Übergangsgelder und

Vizepräsident Dr. Stölzl

die Höhe der derzeitigen Besoldung lassen einen Vergleich mit Berlin nur schwer zu.

Wir werden die Thematik seriös und sachlich in den Ausschüssen beraten. Diesem eher populistischen Antrag werden wir aber nicht zustimmen.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Der Kollege Schruoffeneger hat um die Gelegenheit zu einer Kurzintervention gebeten und erhält sie. – Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kollegin Fischer! Sie haben in Ihren ersten Worten völlig Recht gehabt: Dies ist kein populistischer Antrag, und er ist völlig ernst gemeint. Man muss sich schon fragen, welche Vergleiche Sie heranziehen. Natürlich können wir einen Vergleich mit dem Land Nordrhein-Westfalen machen. Dann diskutieren wir aber auch über unsere Diäten, dann diskutieren wir plötzlich über die Senatorengehälter, und dann kommen wir zu dem Ergebnis: Die müssen alle deutlich hoch. – Das ist doch aber nicht die Berliner Situation. Der Vergleichsmaßstab sind doch auch Berliner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Beamtinnen und Beamte in diesem Land. Auch die haben Urlaubsgeld abgeben müssen wie die Senatoren, und sie dürfen trotzdem nicht mit 55 auf Rente gehen.

Ich lese Ihnen mal was vor, Frau Fischer, und zwar den Gesetzentwurf der Landesregierung von RheinlandPfalz. Rheinland-Pfalz ist ja für unseren Finanzsenator immer etwas ganz Wichtiges. Gesetzentwurf vom 12. Oktober 2004, also einen Monat alt. Das ist dann die Änderung: Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz schreibt, dass es bisher eine ungerechtfertigte Besserstellung ihrer Minister gegenüber normalen Arbeitnehmern gibt, und sie kommt zu dem Schluss Gesetzesänderung:

Ein Anspruch auf Ruhegehalt wird erst bei einer Amtszeit von 5 Jahren gewährt.

das ist strenger als unser Entwurf, wir sagen weiterhin 4 Jahre –

Die Regelaltersgrenze für den Ruhegehaltsanspruch wird vom 55. auf das 65. Lebensjahr angehoben.

Da treffen wir uns dann mit der Landesregierung von Rheinland-Pfalz. Ich finde, was einer SPD/FDP-geführten Landesregierung in Rheinland-Pfalz ansteht, sollte auch einem rot-roten Senat in Berlin gut anstehen.

[Beifall bei den Grünen und der FDP – Dr. Lindner (FDP): Das ist sehr richtig!]

Danke schön, Herr Kollege Schruoffeneger! – Wir fahren fort in der Redeliste. Die Unionsfraktion schließt an, der Kollege Goetze hat das Wort!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der bisherige Debattenverlauf zeigt meiner Ansicht nach sehr deutlich, dass der Antrag ohne eine Auseinandersetzung im Plenum sehr gut im Ausschuss aufgehoben gewesen wäre. Denn in der Tat gibt es ganz unterschiedliche Vergleichsmaßstäbe, die man heranziehen kann, und der Vergleich mit 15 anderen Bundesländern und auch andere Vergleiche sind legitim, sprengen aber das Maß der hier möglichen Auseinandersetzung und lassen im Plenum keine Entscheidungsfindung zu.

Ein anderer Maßstab z. B. könnte auch der Vergleich mit der Regelung für die Abgeordneten sein. Senatoren und Abgeordnete sind unzweifelhaft jeweils dem politischen Bereich zuzuordnen, und wenn ich mir dort die Regelungen anschaue, die wir zuletzt zu Ungunsten der Abgeordneten verändert haben, dann fällt schon auf, dass es einen gewissen Unterschied gibt. Die Senatoren erhalten ihre Ruhestandsvergütung bereits, wenn sie dem Senat 4 Jahre angehört haben, die Abgeordneten nach 9 Jahren. Warum kann man nicht das Senatorengesetz auch auf diese 9 Jahre z. B. ausdehnen? – Der Eingangssatz für die Abgeordneten beginnt mit 35 %, bei den Senatoren nach neun Jahren mit 41,5 %. Auch hier könnte man sich vorstellen, dass man zu vergleichbaren Größenordnungen käme, und die Abgeordneten beginnen, wenn sie in der kürzestmöglichen Zeit dem Parlament angehört haben, ihren Ruhegehaltsanspruch mit dem 63. Lebensjahr, bei den Senatoren ist der frühestmögliche Zeitpunkt das 55. Lebensjahr. Also, warum diskutiert man, wenn man die Maßstäbe heranzieht, nicht auch über solche Regelungen und passt letztlich die Situation der Senatoren dann z. B. der der Abgeordneten an?

In der Tat ist es richtig, Politiker sparen auch bei sich selbst. Das ist dankenswerterweise von Frau Fischer eben schon dargestellt worden. Sie müssen aber auch die Kraft haben, auch noch in anderen Bereichen, die öffentlich beeinflussbar sind, zu sparen, nämlich etwa bei den Vergütungen von Vorständen und Geschäftsführern von Unternehmen, die sich mehrheitlich im öffentlichen Besitz befinden oder anderweitig beeinflusst werden.