Vor dem Phänomen des Frauenhandels darf niemand die Augen verschließen. Es gilt, die lange erkannten und notwendigen Schritte zu mehr Opferschutz zu gehen – durch Veränderung im Aufenthaltsrecht zu Gunsten der Opfer und durch ausreichende Beratungs- und Unterbringungsangebote für Frauen und Kinder, damit sie sich aus den Gewaltverhältnissen lösen können und wissen, wohin sie gehen können. Dafür hat die Politik, dafür haben wir zu sorgen. – Vielen Dank.
Da muss man schon aufpassen, dass man keinen falschen Eindruck gewinnt. Ich habe Ihnen zudem gesagt, dass auch ich es mir wünsche, dass diejenigen, die die Leistung billig einkaufen – die Freier –, besser bestraft werden können, obwohl dies auch jetzt schon möglich ist. Es ist ja nicht so, dass das nicht auch mit den jetzigen Gesetzen machbar sei. Ich finde es auch gut, dass Sie hierzu etwas ins Rollen gebracht haben. Ich mit meinen bescheidenen Möglichkeiten werde mich dafür einsetzen, dass das nicht einfach im Nirvana verschwindet, sondern dass das möglicherweise auch Berücksichtigung findet. Der entscheidende Punkt zum Opferschutz aber – und das meine ich wirklich ernst, und ich bitte Sie, das nicht polemisch zu verstehen – ist, dass wir die aufenthaltsrechtliche Situation von Opfern und Zeuginnen von Menschenhandel – der fast immer Frauen- und Mädchenhandel ist – verbessern. Diese Opfer sollen ein Aufenthaltsrecht über die Dauer des Prozesses hinaus bekommen. Wenn Sie mir darin zustimmen, dann mache ich den Vorschlag, dass zu diesem Thema aus dem Land Berlin eine Bundesratsinitiative – vielleicht auch von allen Parteien getragen – hier ihren Ausgangspunkt findet. Das fände ich ein wunderbares Signal am Ende eines solchen Tages.
Ich vermisse das Thema Kinderhandel. Frau Klotz war vorhin die Erste, die es genannt hat, alle drei anderen Fraktionen haben es nicht genannt. Kein Wort hierzu von Ihnen, Herr Wolf, obwohl wir wissen, dass das leider ein Thema ist.
Die Aktivitäten des Berliner Senats dürfen sich nicht nur auf die Zwangsprostitution konzentrieren. Wir müssen verstärkt gegen Kinderhandel und „Männerhandel“ aktiv werden, denn letztlich reden wir hier über eine moderne Form der Sklaverei. Diese können und wollen wir nicht akzeptieren.
Den Menschenhandel wirksam zu bekämpfen, bedeutet, dass wir uns nicht auf die Strafverfolgung und Beratung hier vor Ort konzentrieren dürfen. Wir müssen auch präventiv und im Vorfeld tätig werden. Das bundesweite Engagement in der AGV „Handeln ist notwendig!“ reicht aber nicht aus.
Gibt es zum Beispiel eine Kooperation mit der „Baltic Sea Task Force on Organized Crime“? Gibt es ein Berliner Engagement in der Arbeitsgemeinschaft für polizeiliche Zusammenarbeit mit den Staaten Mittel- und Osteuropas, in der zum Beispiel Bayern, Brandenburg und Sachsen mitarbeiten? Gibt es einen Informationsaustausch mit Europol und Interpol? Gibt es die verstärkte Zusammenarbeit von Senat und Polizei mit den Herkunftsländern, die erst kürzlich der EU beigetreten sind? – Gerade dort steht Menschenhandel mit jungen Frauen von Ost- nach Westeuropa auf der Tagesordnung, teilweise geduldet von der politischen Elite und von der Polizei. Hier muss Berlin mit den Regierungen verstärkt zusammenarbeiten.
Herr Präsident! Meine Herren, meine Damen! Vorab eine ganz kleine Bemerkung. Herr Senator! Ich finde es schon erstaunlich, dass den Pressevertretern diese schriftliche Antwort zeitig zugesandt wurde, während wir als Oppositionspartei – jedenfalls die FDP – in die Röhre geschaut haben.
Frauen werden gehandelt, misshandelt, verkauft und gekauft. Das kürzlich im Bundestag verabschiedete Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches erkennt den dringenden Handlungsbedarf – alle Parteien haben diesem Gesetz zugestimmt, das ist absolut erfreulich. Das Thema ist wichtig, insbesondere weil Deutschland ein freies Land ist, den Anspruch hat, ein Rechtsstaat zu sein und somit Menschenrechtsverletzungen, um die es sich handelt, nicht zulässt.
Ein deutlich stärkeres Engagement des Berliner Senats ist notwendig, zumal wenn Sie, Herr Wolf, herausstellen, dass die Bekämpfung des Menschenhandels eine Aufgabe mit herausragender Bedeutung für den Berliner Senat darstellt. Herausragend sind Ihre Aktivitäten mit Verlaub jedoch nicht – schauen wir uns die Maßnahmen genauer an: „Verbesserung der ausländerrechtlichen Situation betroffener Frauen durch Weisungen der Senatsverwaltung für Inneres und der Ausländerbehörde“. Das ist für mich Wischiwaschi. Von welchen Weisungen sprechen Sie? – Das sollten Sie näher beschreiben. Vielleicht auch noch ein kleines Apercu. Es heißt in dem Papier zur Umsetzung der Koalitionsvereinbarung zwischen Rot-Rot so wunderbar: „Berlin wird die gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um Frauen und Kindern, die Opfer von Menschenhandel wurden, den bestmöglichen Schutz zu gewähren“. Weiter heißt es: „Die eingeleiteten Maßnahmen zur Vermeidung von Abschiebehaft und zur Verbesserung der Situation im Abschiebegewahrsam müssen weitergeführt werden“. Wie sieht es mit der Umsetzung aus? – Da sage ich nur, dem Internet sei Dank! Dort ist zu lesen, dass dies nur zum Teil geschehen sei. Gelobt wird eine Veranstaltung vom 8. März und natürlich die heutige Große Anfrage. Es tut mir Leid, das entbehrt nicht einer gewissen Komik.
Sie sprechen von den vorhandenen Beratungsstellen, und dabei sprechen Sie primär von Beratungsstellen für Frauen – das ist auch absolut richtig, denn Frauen sind nun einmal die größte Opfergruppe der vom Menschenhandel Betroffenen. Es wäre jedoch ein Fehler, die Problematik auf Menschenhandel und Frauen zu reduzieren. Gerade in der letzten Woche konnten wir in einer Berliner Zeitung zwei Artikel zum Menschenhandel lesen, bei dem Männer betroffen waren – männliche junge Vietnamesen, die nach Berlin geschleust wurden, damit sie hier illegal Zigaretten verkaufen. Nicht umsonst weist das im Bundestag beschlossene neue Gesetz die Tatbestände des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung
Zum Thema „Zwangsheirat“ hatten wir gestern eine gute Anhörung im Ausschuss für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen. Es ist richtig: Ein Gesetz, das Zwangsheirat als Straftatbestand definiert, ist lediglich ein erster Schritt. Parallel dazu brauchen wir zum Beispiel Präventions- und Schutzmaßnahmen. Wir brauchen auch Lösungen zur Aufenthaltsproblematik. Das ist völlig klar. Aber dies Gesetz setzt ein Signal an die Täter und Opfer. Es setzt aber auch ein politisches Signal, nämlich, dass unsere Gesellschaft Zwangsehen nicht billigt, sondern missbilligt.
Dieses Gesetz ist aber auch eine Aufforderung an die relevanten gesellschaftlichen Gruppen, in denen Frauen zur Ehe gezwungen werden, sich eindeutig auch nach außen hin zu positionieren. Ich möchte hier aber deutlich sagen, dass sich die Zwangsehe nicht nur auf den islami
Bei den Themen „Zwangsheirat“, „Zwangsprostitution“ und schließlich „Menschenhandel“ handelt es sich nicht um Kavaliersdelikte. Das wird heute Abend allen klar geworden sein. Im Rahmen der Prävention gilt es jedoch, das Unrechtsbewusstsein der Täter zu schärfen, zum Beispiel beim Thema „Zwangsprostitution“. Da gibt es einen, der die Frauen aufkauft, einen anderen, der die Frauen schleust, einen Dritten, der die Frauen abnimmt, und einen Vierten, der die Dienste der Frauen in Anspruch nimmt.
Die Frage sei erlaubt: Ist nicht jedem Freier mehr oder weniger bewusst, ob er die Dienste einer Zwangsprostituierten in Anspruch nimmt oder nicht? Vielleicht ist es einem nicht bewusst, wenn man sich zukokst und dann mit mehreren Frauen eine Orgie feiert. Steht man dann aber vor Gericht und entschuldigt sich lediglich dafür, dass man gekokst hat, nicht aber dafür, dass man mit Zwangsprostituierten verkehrte und somit den Menschenhandel unterstützte, dann wird deutlich, dass hier null Sensibilität vorliegt.
Hier geht es nicht um eine Frage der Moral, es geht um die Frage der Doppelmoral. Es geht um Missbrauch und Menschenhandel. Es geht schlicht und einfach um die Missachtung der Menschenrechte. Hier ist ein Umdenken notwendig. Eine rechtlich einwandfreie Lösung ist notwendig.
Nun ein letztes Wort zu den Bundesgrünen und den Auswirkungen ihrer Außenpolitik: Die Praxis der Visaerteilung durch das Auswärtige Amt ist uns in der Vergangenheit noch aus dem so genannten Vorne-Erlass und der Anerkennung der so genannten Rechtsschutzversicherung bekannt. In der Folge wurde es den Menschenhändlern besonders leicht gemacht, Frauen nach Deutschland zu schleusen – auf ganz legalem Weg. Das bewährte Prinzip, ein Visum dann zu verweigern, wenn Sicherheitsbedenken bestehen, wurde nach dem Motto umgekehrt: in dubio pro libertate, also im Zweifel für die Freiheit, wobei es hier lediglich um die Reisefreiheit ging. Vielleicht hat da jemand nicht genug nachgedacht. Tatsache ist jedenfalls, dass dem Missbrauch damit Tür und Tor geöffnet wurde.
Am internationalen Tag “Gegen Gewalt an Frauen“ ein kleines Kompliment an Sie, Herr Senator: Die Kampagne „Gewalt kommt nicht in die Tüte“ ist super, besser noch der Aufruf: „Sehen Sie fern, aber sehen Sie nicht weg!“, aber eine gute Kampagne macht noch keine gute Politik. Da müssen wir noch viel tun.