Deshalb muss an dieser Stelle der Unabhängigen Kommission Parteivermögen dafür gedankt werden, dass sie nachdrücklich und über viele Jahre nach diesen veruntreuten Geldern gefahndet hat und in wesentlichen Teilen fündig geworden ist. Auch aus Österreich sind nach gut zwölfjährigem Rechtsstreit die ersten 3,7 Millionen € aus dem Vermögen der Ostberliner Außenhandelsfirma Novum eingetroffen. Das Bundesverwaltungsgericht hat endlich entschieden, dass dieses Geld nicht der KP Österreich gehört, sondern es sich dabei um getarntes SED-Vermögen handelt, das jetzt zurückgeführt worden ist. Weitere Novum-Gelder – man rechnet mit einer Summe von über 200 Millionen € – werden noch versucht zurückzuholen.
Berlin erhält – das haben die Kollegen und Kolleginnen schon gesagt – aus der zurückfließenden Summe
vermutlich gut 20 Millionen €, deren Verwendung für die Verbesserung der wirtschaftlichen Infrastruktur sowie für Sozialprojekte vorgesehen ist. Der CDU-Antrag enthält aus unserer Sicht zur Verwendung und zum Vergabeverfahren gute Vorschläge. Wir unterstützen es, dass hieran das Parlament beteiligt und über die Verwendung der Mittel – sofern sie denn eingegangen sind – während der Beratungen des Doppelhaushalts 2006/07 – wenn es denn ein Doppelhaushalt wird – beraten werden soll.
Was aber bedeutet Verbesserung der Infrastruktur Ost? – Aus unserer Sicht könnten dazu auch die Herrichtung der authentischen Unrechtsorte des SED-Regimes gehören. Dies sind die unbedingt notwendige Herstellung einer Dauerausstellung in der Gedenkstätte des StasiGefängnisses Hohenschönhausen sowie die notwendigen Investitionen zur Schaffung einer Dauerausstellung über die Stasi-Methoden in der ehemaligen Stasi-Zentrale in der Normannenstraße. Außerdem sollte die Gedenkstätte Bernauer Straße berücksichtigt werden, weil jetzt die Mittel aus dem Mauergrundstücksfonds nicht mehr fließen. Dies sind unsere Vorschläge, wie diese Mittel verwandt werden könnten. Aus unserer Sicht ist es wünschenswert, dass wir zu einvernehmlichen Lösungen im Parlament gelangen.
Aus diesen Mitteln sollte auch konkrete Erinnerungsarbeit mit finanziert werden, die Arbeit der Opferverbände sowie Sozial- und Jugendarbeit. Wir sollten uns hierüber nicht streiten, sondern uns auf eine sachgerechte Verwendung verständigen. Ich appelliere an die Koalitionsfraktionen, dem CDU-Antrag aufgeschlossen gegenüber zu stehen. Er ist diskussionswürdig, auch wenn er vielleicht etwas früh eingebracht worden ist.
Danke schön! – Liebe Frau Tietje! Würden Sie sich bitte der Würde des Hauses entsprechend hinsetzen! – Wunderbar. – Damit erhält das Wort der Abgeordnete Hoff von der PDS-Fraktion – bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorab: Unsere neue Geschäftsordnung beinhaltet, dass es Prioritätenthemen gibt. Die CDUFraktion hat dieses Thema als Priorität angemeldet. Wenn ich in Ihre Reihen schaue, stelle ich fest, was das bedeutet.
[Beifall bei der PDS und der SPD – Zurufe der Abgn. Frau Schultze-Berndt (CDU) und Niedergesäß (CDU)]
Frau Ströver hat ihre Rede damit beendet, die Koalitionsfraktionen mögen dem Inhalt – nicht der Präsentationsform – des Antrags aufgeschlossen gegenüber stehen. In der Sache wird dies so sein. Natürlich soll Geld, das aus dem Auslandsvermögen der SED stammt, auch für Opfer- oder Gedenkstättenarbeit zur Verfügung stehen. Der Punkt ist nur: Wir dürfen den Fehler nicht machen – den haben Sie nicht gemacht, er wurde aber im Anschluss an diesen Prozess gleich gemacht –, zu versuchen, das Fell des Bären zu zerteilen, bevor der Bär erlegt ist. Ich
möchte auf eine Mündliche Anfrage verweisen, die dankenswerterweise Frau Hiller aus meiner Fraktion in der 60. Sitzung des Abgeordnetenhauses am 25. November 2004 gestellt hat. Darauf wurde geantwortet, und die Anfrage und die Antwort machen deutlich, dass es zwar diesen einen Prozess gegeben hat, dass dem aber noch eine Reihe von zivilrechtlichen Prozessen folgen werden und dass erst dann feststehen wird, wie groß das Volumen dessen ist, was für das Land Berlin zur Verfügung steht. Frau Ströver hat darauf hingewiesen. Es ist wichtig, sich das zu vergegenwärtigen. Erst dann, wenn man präsent hat, wie viel Geld zur Verfügung steht, wird man sich darüber verständigen können, wie groß der Anteil für die unterschiedlichen Formen des Mitteleinsatzes sein wird. Das ist in diesem Haus wohl völlig unstrittig; so haben sich im Prinzip bisher alle Rednerinnen und Redner in dieser Diskussion geäußert, und ich will das auch für die PDS-Fraktion deutlich machen.
Ich möchte nun zur Form dessen, was Herr Hoffmann dargestellt hat, kommen und noch einige Anmerkungen machen. Herr Hoffmann, Sie können mir persönlich als dem in klassischem Sinn Nachgeborenen nicht den Vorwurf machen, dass ich aktiver Teil der DDR bzw. der SED und dessen gewesen bin, was im Politbüro der SED geschehen ist. Gleichwohl nehme ich mir das Recht, einige Bemerkungen zu machen: Das, was Sie dargelegt haben, hat in vielfacher Hinsicht nicht zur Aufklärung, sondern zur parlamentarischen Volksverdummung beigetragen.
Ad eins: Keine Partei in Deutschland, nicht mal Ihre Partei nach dem Parteispendenskandal vor einigen Jahren, ist finanziell so intensiv durchleuchtet und überprüft worden wie die SED im Übergang von der SED zur PDS und insbesondere nach dem Finanzskandal, den wir im Herbst 1990 hatten. Wir haben als PDS intensiv mit der Kommission zur Überprüfung der Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der DDR zusammengearbeitet, und alle Beteiligungen, die die PDS hatte bzw. die sie hat, standen zeitweise unter Treuhandaufsicht und sind nach der Treuhandaufsicht wieder in die eigene Verwaltung der PDS überführt werden. Sie werden sich vielleicht erinnern, dass das „Neue Deutschland“ eine Zeitlang titelte: „Einzige deutsche Zeitung unter Regierungsaufsicht“. Das heißt, der von Ihnen unterstellte Vorwurf, dass die PDS noch heute im Prinzip Geld veruntreue bzw. dass wir uns an der Aufklärung des Novum-Vermögens nicht beteiligten – –
Ja, Sie wollen eine Zwischenfrage machen und mich fragen, ob ich das bestreite: Ja, selbstverständlich bestreite ich das, weil das Parteiengesetz und die finanziellen Rechenschaftsberichte, die jede Partei aufstellen muss, deutlich machen, wie die finanzielle Situation meiner Partei ist. Aus diesem Grund – sage ich Ihnen noch einmal – entbehrt der Vorwurf, den Sie uns gemacht haben, jeder
Im Übrigen sage ich zum Thema Aufklärung: In diesem Falle bedauere ich, dass Herr Cramer nicht mehr Mitglied des Abgeordnetenhauses ist, der an dieser Stelle richtigerweise und immer wieder darauf hinwies, es wäre doch schön, wenn nicht nur die PDS so überprüft worden wäre, sondern wenn auch die Blockflötenparteien, die in der CDU und der FDP aufgegangen sind, in der gleichen Weise überprüft worden wären,
sowohl was Stasi-Mitgliedschaften betrifft als auch was die finanziellen Hintergründe der NDPD, des DBD usw. betrifft, die in CDU und FDP aufgegangen sind. – Vielen Dank!
Danke schön! – Jetzt hat das Wort – – Sie müssen Sie schon entscheiden, wer das Wort ergreift, Herr Niedergesäß oder Herr Hoffmann.
Herr Liebich! Es wäre schön gewesen, wenn Sie sich der Sache ernster angenommen hätten. Es ist nicht irgend etwas, was wir hier erzählt haben, sondern etwas, was die Kommissionen – ich habe aus Berichten der Kommissionen zitiert – festgestellt haben. Wenn Sie das als Volksverdummung bezeichnen, zeigt das, dass Sie sich mit dem Thema immer noch nicht abschließend auseinander gesetzt haben. Darüber würde ich mir Gedanken machen!
Entschuldigung! Ihre Fraktion hat den Abgeordneten Hoffmann gemeldet, und den habe ich auch drangenommen. Ansonsten kennen Sie ja das Prozedere! – Jetzt hat Herr Hoff das Wort. – Bitte sehr!
Herr Hoffmann! Man kann Fakten zitieren und damit versuchen, den objektiven Hintergrund der Fakten darzustellen. Oder man instrumentalisiert Fakten, indem man sie in einer zielgerichteten, möglicherweise willkürlichen Reihenfolge zusammensetzt und damit versucht, ein Ergebnis zu realisieren, das mit der Darstellung der Fakten nicht mehr das zu tun hat, was die ursprünglichen Autoren der von Ihnen zitierten Sachverhalte gewollt haben. Das ist der Punkt, über den ich spreche. Ich habe hier dargestellt: Ja, es hat zu Anfang der 90er Jahre
einen Finanzskandal gegeben. In diesem Zusammenhang sind Mitglieder der PDS nicht nur aus ihren Funktionen entfernt, sondern auch aus der Partei ausgeschlossen worden, weil dieser Übergang der SED einer demokratischen, in der Bundesrepublik und dem Parteiengesetz der Bundesrepublik verankerten Partei nicht entsprach. Im Übrigen ist dies ein Parteiengesetz, gegen das nicht die PDS 1998 oder nach 1998 verstoßen hat, sondern, wie ich mich erinnern kann, die CDU, nicht nur auf Bundesebene, sondern auch in Hessen, weshalb es zu einer Überarbeitung des Parteiengesetzes gekommen ist.
In diesem Zusammenhang habe ich auch dargestellt, Herr Hoffmann, dass es mir darauf ankommt, erstens die Aufarbeitung und Überprüfung des Novum-Vermögens weiterhin fortzuführen und mit den entsprechenden Institutionen zusammenzuarbeiten, aber zweitens, dass die PDS der Transparenz und den Publizitätspflichten nachkommt, die jede Partei in ihrem Rechenschaftsbericht erfüllen muss. Sie können dies nachlesen. Diesen Kriterien sind alle im Bundestag und den deutschen Parlamenten vertretenen und nach Parteiengesetz handelnden Parteien unterworfen. Gegen diese Sachverhalte konnten Sie kein sinnvolles Argument bringen. Deshalb stelle ich fest, dass Ihr Beitrag nicht zur Aufklärung beigetragen hat – den Begriff Volksverdummung nehme ich zurück.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der CDU-Fraktion – und um den sollte es in der Debatte gehen – beschäftigt sich mit einem Vorgang, der über mehrere Jahre die deutsche Verwaltungsgerichtsbarkeit beschäftigt hat. Wir begrüßen es außerordentlich, dass nun endlich der Weg für die Auszahlung der Novum-Gelder frei ist. Auch wenn wir das Grundanliegen des Antrags, nämlich eine ausführliche Berichtspflicht des Senats im Umgang mit den erwarteten Einnahmen aus den Mitteln des PMO-Vermögens, teilen, ergeben sich selbstverständlich auch aus unserer Sicht eine Reihe von Fragen, die in der Diskussion schon angesprochen wurden. Diese müssen wir in der parlamentarischen Beratung klären.
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die genaue Summe, die letztlich auf das Land Berlin entfällt, noch nicht abschließend geklärt ist. Es muss zunächst geprüft werden, ob noch vorrangige Zahlungsverpflichtungen aus dem PMO-Sondervermögen bestehen, und erst anschließend können wir sehen, welche Summe wirklich auf das Land Berlin entfällt.
Auch ist noch in keiner Weise bekannt, in welchem Zeitraum mit einem erfolgreichen Abschluss der schweizer Schadenersatzprozesse – Herr Hoff hatte bereits dar
auf hingewiesen – gerechnet werden kann. Erst im Anschluss an diese Verfahren können die in Rede stehenden 250 Millionen Euro eingetrieben werden.
Die Forderung der CDU, zu den Haushaltsberatungen 2006/2007 bereits einen konkreten Bericht vorzulegen – dieser müsste Einzelpositionen enthalten –, hat daher aus unserer Sicht nur Sinn, wenn bis zu diesem Zeitpunkt der Haushaltsberatungen die genaue Summe und vor allem der genaue Zeitplan der tatsächlichen Kapitalzuführung an das Land Berlin geklärt sind. Sollte dies nicht möglich sein, wäre eine Aufschiebung des Berichtsauftrags aus unserer Sicht dringend zu empfehlen.
Dem zweiten Teil des Antrags können wir nicht folgen. Auf Grund der Verwaltungsvereinbarung aus dem Jahr 1994 ist die Mittelverwendung nach dem bekannten 60:40-Schlüssel – Frau Spranger hat schon darauf hingewiesen – vorgeschrieben. Der 40 %-Anteil ist für soziale und kulturelle Zwecke einzusetzen. Für uns liegt es selbstverständlich nahe, Maßnahmen, welche im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der SED-Diktatur und ihrer Opfer stehen, besonders zu berücksichtigen. Eine vorherige Festschreibung lehnen wir allerdings ab und werden diese nicht mittragen. Die Aufstellung im CDUAntrag erscheint mir willkürlich, besonders in Bezug auf die Suchtpräventionsprojekte.
Durch die schwammige Formulierung des zweiten Teils wird überdies der Zweck des Antrags nicht richtig klar. Was sollen wir uns unter „Leistungen und Maßnahmen für Opfer der SED-Herrschaft“ vorstellen? Ist eine konkrete Einzelfallhilfe gewünscht oder z. B. die Unterstützung des Gedenkens an die SED-Opfer, wie Frau Ströver formuliert hat?
Ferner warne ich davor, eine Einmalzahlung – und nichts anderes werden diese Gelder sein – als kurzfristige Geldspritze in einem später nicht mehr ausfinanzierten Projekt zu versenken. Wie eingangs erwähnt, fordern auch wir einen umfassenden Verwendungsbericht. Anhand dieses Berichts kann das Abgeordnetenhaus am besten prüfen, ob der Senat seiner Verpflichtung zu einer sachgerechten Mittelverwendung nachkommt. Es kann auch überprüft werden, ob sich der rot-rote Senat seiner Verantwortung in Bezug auf den Umgang mit der SEDDiktatur und deren Opfern bewusst ist oder nicht.