Protokoll der Sitzung vom 10.02.2005

Mir liegt es fern – ich wiederhole das noch einmal –, in die bezirkliche Selbständigkeit und Kompetenz einzugreifen. Wir können auch nicht kulturelle Zwecke gegen bildungspolitische Zwecke austauschen, sondern beides ist sinnvoll.

[Vereinzelter Beifall bei der PDS – Frau Ströver (Grüne): Richtig! – Frau Senftleben (FDP): Man kann es auch kombinieren!]

Sen Böger

Was bislang fehlt, ist eine Konkretisierung und Operationalisierung des so genannten Korbes II des Solidarpaktes II. Dabei geht es um rund 51 Milliarden € ebenfalls für den Zeitraum von 2005 bis 2019. Um Sicherheit für die Finanzplanung des Bundes wie der ostdeutschen Länder zu schaffen, haben die Regierungschefs der ostdeutschen Länder in ihrer Regionalkonferenz am 31. Januar dieses Jahres die Länder Sachsen als derzeitiges Vorsitzland und Mecklenburg-Vorpommern beauftragt, mit dem Bund Verhandlungen über eine möglichst weitgehende gesetzliche Fixierung dieser Korb-II-Mittel aufzunehmen. Dazu gibt es bisher noch kein Ergebnis.

Zu 2: Die ostdeutschen Länder sind nach dem Solidarpaktfortführungsgesetz verpflichtet, in jährlichen Fortschrittsberichten über den Aufbau Ost in ihren Ländern gegenüber dem Finanzplanungsrat zu berichten. Dazu nimmt die Bundesregierung regelmäßig Stellung. Die Bundesregierung ihrerseits berichtet regelmäßig zum Stand der deutschen Einheit. Welcher Recherche- und Analysemittel sie sich dabei bedient, ist ausschließlich Angelegenheit der Bundesregierung.

Herr Regierender Bürgermeister! Bis wann liegt das Ergebnis der Korb-II-Verhandlungen vor? Das Land Berlin ist im Verwaltungsrat des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung vertreten. Dieses Institut ist unter anderem an den Fortschrittsberichten beteiligt. Insofern würde mich interessieren, wie sich das Land Berlin im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung für die Fortführung dieser Berichte einsetzt. Es ist auch eine wissenschaftliche Leistung, die das Institut damit erbringt.

Frau Kollegin Senftleben ruft mir zu, dass man es kombinieren kann. Das wäre sehr sinnvoll. – Ich höre auch, dass es Bewegung gibt, dass man noch eine gemeinsame Übereinkunft sieht. Das ist auch die Aufgabe der kommunalen Parlamente. Sie können am besten vor Ort prüfen, ob das nicht zusammengeführt werden kann.

Ich kann Ihnen nur so viel sagen, Frau Abgeordnete Ströver, mir liegt sehr an der bezirklichen, kommunalen Kultur und mir liegt ebenso daran, dass Bildung und eine solche internationale Schule im Bezirk Mitte Räumlichkeiten findet. Es ist Aufgabe der Politik vor Ort, das in einen Zusammenhang zu bringen. Vielleicht sind, angeregt durch das Landesparlament, die BVV und das Bezirksamt Mitte dabei, die Angelegenheit zu justieren und eventuell zur Freude aller zu lösen.

Danke schön! –

Ich rufe die Mündliche Anfrage Nr. 3 auf. Sie kommt vom Abgeordneten Hoff von der PDS:

Spart sich die rot-grüne Bundesregierung den Aufbau Ost?

Bitte sehr, Herr Hoff!

Vielen Dank! – Ich frage den Senat:

1. Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen zwischen der rot-grünen Bundesregierung und den ostdeutschen Ländern über die von SPD-Bundesministern angeregte Reduzierung des Solidarpaktes, und was tut der Senat, um die Bundesregierung an ihre Verpflichtung zum Solidarpakt bis 2019 zu erinnern?

2. Trifft es zu, dass die rot-grüne Bundesregierung die seit Jahren für unverzichtbar erklärte wissenschaftliche Begleitung des Solidarpaktes in den „Fortschrittsberichten Aufbau Ost“ wegfallen lassen und die verbliebenen Rudimente kritischer und unabhängiger Forschung auf diesem Gebiet einsparen will, und wenn ja, was tut der Senat dagegen?

Danke sehr! – Die Beantwortung übernimmt der Regierende Bürgermeister. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Hoff! Zu 1: Es gibt keine Anregung der Bundesregierung, den Solidarpakt zu verringern. Die Bundesregierung steht zu dem im Jahr 2001 zugesagten Solidarpakt II, der für die Zeit von 2005 bis 2019 Mittel in Höhe von insgesamt 156 Milliarden € für den Aufbau Ost vorsieht. Das hat der Vertreter der Bundesregierung im jüngsten Gespräch mit den ostdeutschen Ministerpräsidenten erneut bestätigt. Für den Korb I des Solidarpakts II in Höhe von 105 Milliarden € legt das Solidarpaktfortführungsgesetz die jährlichen SonderbedarfsBundesergänzungszuweisungen für die einzelnen ostdeutschen Länder bis 2019 fest.

Danke sehr! – Die Zusatzfrage geht an Herrn Hoff. – Bitte!

Herr Regierender Bürgermeister!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter! Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung bislang dafür bezahlen musste. Deshalb wird ein Forschungsinstitut nur dann tätig werden, wenn es auch einen Auftrag dafür erhält.

[Hoff (PDS): Die Mittel wollen sie weiter bekommen, das ist die Idee!]

Ja, das kann ja sein. Das ist sicherlich auch im Interesse Berlins. Nur muss auf der anderen Seite derjenige, der bestellt, bezahlen. Das ist die Bundesregierung. Wir können öffentliche Erklärungen dazu abgeben, aber die Entscheidungsbefugnis der Bundesregierung wird dadurch nicht tangiert.

Die andere Frage, wann wir zu Ergebnissen kommen, vor allen Dingen, in welcher Form, kann ich zurzeit nicht beantworten. Wir hatten die Diskussion, ob es noch einmal eine gesetzliche Regelung geben sollte. Jüngst hat auch der Bundeskanzler zu erkennen gegeben, dass er dem durchaus nähertreten könnte. Entscheidend ist

RBm Wowereit

Danke schön, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Hämmerling! An sich sind Sie üblicherweise urteilsstärker, als es jetzt Ihre Frage war, wenn ich das vorweg bemerken darf.

höchstwahrscheinlich, welche Bedingungen dort festgeschrieben werden, für welche Zwecke die Mittel ausgegeben werden können. Das war die aktuelle Diskussion, die immer wieder geführt wird um die Frage: Werden die Mittel, die für den Aufbau Ost zur Verfügung gestellt werden, auch richtig investiert? – Das ist eine lange Debatte. Da müssen wir aus Berliner Sicht relativ vorsichtig sein. Wir müssen auch die Definitionen erweitern, was für den Aufbau Ost richtig ist. Ich bin beispielsweise definitiv der Auffassung, dass auch Investitionen in eine Kitainfrastruktur und in Bildung Investitionen in die Zukunft und für den Aufbau Ost sind und nicht immer nur Investitionen in Beton. Aber das sind Definitionsfragen, die nachher bei einer Formulierung sowohl eines Gesetzes als auch eines erweiterten Vertrags eine Rolle spielen würden.

Danke schön! – Die zweite Zusatzfrage geht an Herrn Schruoffeneger von Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte!

Herr Regierender Bürgermeister! Können Sie denn erklären oder Vorschläge machen, was Berlin unternehmen wird, um die bisherige unbestrittene hundertprozentige Zweckentfremdung der Mittel in Berlin – die eben nicht in Zukunftsinvestitionen fließen, sondern ins Haushaltsloch – zu beheben und es damit dem Bund künftig leichter zu machen, die Mittel weiter bereitzustellen?

Herr Regierender Bürgermeister!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter! Mit einem solchen Beitrag liefern sie frei Haus Argumente, um Mittel zu streichen, die für Berlin und ganz Ostdeutschland wichtig sind. Man sollte auch in der eigenen Argumentation vorsichtig sein. Jeder weiß, dass die ostdeutschen Länder und Berlin als ein Teil der ostdeutschen Ländergemeinschaft nicht in der Lage sind, auf absehbare Zeit ohne die Transfermittel des Solidarpakts auszukommen und vor allen Dingen auch Pflichtaufgaben des Staats zu erfüllen. Sie müssen sich vorstellen, wenn diese Mittel nicht mehr nach Berlin fließen würden, dann ist eine solche Aussage wie Ihre eben unverantwortlich, weil es bedeuten würde, dass hier nicht aufgebaut wird, sondern abgebaut wird. Das kann in keinem Interesse liegen.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön!

Ich rufe nun die Frage Nr. 4 über

Spitzengehälter für armselige Leistungen

auf. Sie kommt von Frau Abgeordneter Hämmerling von den Grünen. – Bitte schön!

[Dr. Lindner (FDP): Jetzt kommt der Populismus wieder, weiß gewandet!]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie beurteilt der Senat die Tatsache, dass der Finanzsenator und Aufsichtsratsvorsitzende der BVG einen leistungsunabhängigen Dienstvertrag mit dem BVG-Chef über ein Gehalt von 300 000 € zuzüglich einer Leistungsprämie in Höhe von 30 % und dem sofortigen Anspruch von Versorgungsbezügen abgeschlossen hat?

2. Wer kontrolliert den Finanzsenator beim Abschluss von Verträgen mit Leitern von landeseigenen Unternehmen, und wer haftet für Fehlentscheidungen?

Danke schön! – Wer beantwortet die Frage? – Der Finanzsenator! – Bitte schön, Herr Dr. Sarrazin!

[Ritzmann (FDP): Nein, das ist häufiger so!]

Ich will sie aber trotzdem sachlich beantworten.

Die drei Vorstände der BVG – es sind nämlich drei – beziehen Gehälter, die sowohl im Verhältnis zueinander angemessen abgestuft als auch im Außenverhältnis angemessen zum Markt sind. Sie befinden sich auch in einem angemessenen Verhältnis zu den Gehältern bei den übrigen Vorständen der anderen Anstalten des öffentlichen Rechts in Berlin.

Neben diesen Gehältern haben alle drei Vorstände der BVG einen vertraglichen Anspruch auf eine leistungsabhängige Prämie, die bis zu 30 Prozent betragen kann. Dieser Umfang ist in den vergangenen Jahren nicht ausgeschöpft worden, jedenfalls nicht, solange ich Aufsichtsratsvorsitzender war.

[Frau Ströver (Grüne): Warum denn nicht?]

Bei der Auswahl der letzten beiden neu eingestellten Vorstände, die unter Einschaltung einer renommierten Personalberatung erfolgte, wurde gleichzeitig das Marktumfeld, was die Vergütung angeht, sorgfältig analysiert. Wenn der Versuch gemacht wird – und er muss aus meiner Sicht gemacht werden –, externe Bewerber für Managementpositionen in landeseigenen Unternehmen zu gewinnen, so ist es unvermeidlich, wenn auch von Ihnen vielleicht nicht gewünscht, sich auch, was die Vergütung angeht, an den externen marktüblichen Maßstäben zu orientieren. Niemand kommt nach Berlin, weil er diese Stadt besonders liebt und deshalb gern einen Teil seines bisherigen Einkommens opfert. Auch das müssen wir zur Kenntnis nehmen. – Danke schön!

Hat die Fragestellerin eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Es ist in diesem Fall der für die Anstalten des öffentlichen Rechts übliche Vertrag angewandt worden. Es ist auch üblich, dass mit dem Ende der ersten Amtsperiode die Unverfallbarkeit eines Versorgungsanspruchs eintritt, der im Übrigen einer umfassenden Anrechnung mit anderen Versorgungsbezügen unterliegt, solange man noch nicht der Altersgrenze mit anderen Arbeitseinkommen unterliegt. Dies ist üblich und wird auch in anderen Anstalten des öffentlichen Rechts so gehandhabt. Im Übrigen ist dies eine Frage, wie man insgesamt ein Paket zusammenschnürt, wenn man derartige Vertragsverhandlungen führt.

Abgesehen davon, dass Sie die zweite Frage nicht beantwortet haben, habe ich eine weitere Frage. – Vielleicht können Sie die zweite Frage mit beantworten. – Welche besonderen Voraussetzungen hat der Vorstandsvorsitzende der BVG auf dem Gebiet der Unternehmenssanierung und des öffentlichen Nahverkehrs vorzuweisen? Ist es besonders glaubwürdig und aus Ihrer Sicht vorteilhaft, wenn ein Unternehmenschef mit so außerordentlich hoher Gratifikation und mit quasi Beamtenstatus auf Zeit den Mitarbeitern des Unternehmens erhebliche Einsparungen zumuten will?

Herr Senator Sarrazin!

Zum ersten kann ich nur sagen, ich selbst habe den gegenwärtigen Vorstandsvorsitzenden ausgesucht und dem Aufsichtsrat vorgestellt. Der Aufsichtsrat hat ihm einstimmig zugestimmt. Das war im September 2002.