Zum Schluss noch einen Satz: Wir haben nicht den Anspruch, dass unser Modell zu einhundert Prozent umgesetzt wird. Wir wollten einen Diskussionsbeitrag leisten, weil wir es für wichtig halten, die Hochschulfinanzierung weiterzuentwickeln. Das Vorgehen, das Rot-Rot bisher an den Tag gelegt hat, reicht nicht aus. Deshalb bitte ich Sie, sich Gedanken darüber zu machen, ob Sie nicht doch den großen Schritt und nicht nur den kleinen Schritt gehen wollen. Der Anreiz, den Sie mit den aktuellen Entwicklungen setzen, reicht nicht aus, um die Kürzungen –
Sofort! Jetzt kommt wirklich der letzte Halbsatz –, die Sie zu verantworten haben, zumindest teilweise aufzufangen und für die Studierenden die Lehrqualität nicht weiter zu senken. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Schmidt! – Das Wort hat Herr Kollege Dr. Flemming für die Fraktion der SPD. – Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stehe vor einer Schwierigkeit: Mein Vorgänger hat bis auf den letzten Satz gesagt, was ich auch hätte sagen können. Er hat kein Copyright darauf, denn in Rheinland-Pfalz und dort, wo die FDP mitregiert, sind Studienkonten als ein Instrument von Lenk- und Leitwirkung entwickelt worden. Sowohl die SPD-Fraktion als auch die SPD als Ganzes ist der Meinung, dass Studienkonten ein geeignetes Mittel sind, um Studierende anzuregen, schneller und effektiver zu studieren und Leistungseffekte an den Hochschulen zu haben.
Nun ist es so, dass man in Koalitionen immer gemeinsam entscheiden muss. In der PDS, die eine demokratische Partei ist, ist es auch so, dass nicht alle dem Senator oder dem Fraktionsvorsitzenden folgen. Auch da ist es so, was bei der SPD und auch bei der FDP manchmal, so viel ich weiß, nicht anders ist.
Trotzdem können wir zumindest einen Punkt weiterverfolgen – da danke ich Herrn Schmidt, dass er ihn angesprochen hat –, nämlich die Frage: Wie kann man die Leistungen der Hochschulen exakter bemessen? – Sie wissen, an vielen Stellen sind die Leistungen, die wir den Hochschulen erstatten, aus vielen kameralistischen Betrachtungen entstanden, dann aus entsprechenden Kür
zungen, und sie haben mit den tatsächlichen Leistungen kaum etwas zu tun. Parameter, die darstellen, was die Hochschulen liefern, sind schwierig zu bestimmen. Eine Möglichkeit wäre: Man nimmt Studienanfänger. – Das ist schwierig, weil man nicht weiß, welche Größenordnungen das sind. Oder man nimmt Studierende. – Nicht alle Studierenden studieren aber tatsächlich. Wir haben eine ganze Menge Parkstudenten. Die meisten Jurastudenten müssen auf das Referendariat warten und haben sich für ein Zweitstudium eingetragen. Sie erscheinen natürlich nie und wollen nur den Status des Studenten haben. Umgekehrt ist die Summe der Absolventen in Berlin deshalb als Parameter ungünstig, weil wir eine Menge Studenten haben, die in Berlin zwei oder drei Jahre studieren und dann an ihren Ursprungsort zurückgehen, um dort den Abschluss zu machen. Aus dem Grund sind credit points, die es bereits gibt, eine wunderbare Möglichkeit, etwas zu erfassen. Wir gehen auch davon aus, dass das in den Hochschulverträgen stärker dargestellt wird. Das ist noch nicht ganz der Fall. Wir haben die Möglichkeit, über die Hochschulverträge noch einmal zu beraten. Ich sehe in der FDP zumindest einen, der das unterstützt.
Allerdings möchte ich eines sagen: Sie müssen auch mit den Hochschulen darüber reden. Da werden Sie merken, dass ein Großteil von Hochschullehrern das vehement ablehnt: Nur nicht reingucken lassen, um nicht erkennen zu lassen, was man wirklich als Leistung abgibt. – Ich sehe aber, dass die Zustimmung dazu, dass man Leistung auch an credit points misst, über die SPD hinaus zumindest ansteigt. Ich weiß nicht, was die Grünen dazu sagen. Sie müssten es positiv sehen, weil in NRW das Gleiche der Fall ist. Dann werden wir sehen, welche Möglichkeiten es gibt. Auch die CDU müsste an diesen Punkten zustimmen, denn in Bremen bestehen die gleichen Überlegungen, wo die CDU vertreten ist. Ich hoffe, dass das dann eine breite Mehrheit ergibt. Die PDS wird dann auch noch Entscheidungen treffen, die vielleicht dann Studienkonten in Berlin einführen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Danke schön, Herr Kollege Dr. Flemming! – Nun hat die CDU das Wort. Frau Kollegin Prof. Grütters hat es und nimmt es. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Hochschulfinanzierung geht es weniger um Details der Studienkonten, sondern eher um das große Ganze. So titelte vor kurzem eine Zeitung: „Der Wettbewerb um die Jugend in der Großstädten hat begonnen“, denn Berlin droht nach aktuellen Studien eine Vergreisung. So hat der Wirtschaftssenator gesagt, dass sich Berlin nun endlich und richtig um den Zuzug junger Menschen bemühen werde. Die billigen Wohnungen, das tolle Freizeitangebot, die Kultur, das alles spricht für Berlin und auch für den Zuzug junger Menschen hierher.
Aber was macht Berlin daraus? – Es schickt die jungen Menschen wieder weg. Man vertreibt sie regelrecht, denn für viele Jugendliche gibt es weder einen Ausbil
dungs- noch einen Studienplatz. Statt, wenn überhaupt, in den Zeiten klammer Kassen in den Zukunftsfaktor Bildung und Wissenschaft zu investieren, werden die Zuschüsse an die Unis – das ist auch eine Frage der Hochschulfinanzierung – überproportional gekürzt.
Im vergangenen Jahr – Herr Flemming, doch! – sind bereits über 5 000 Studienanfänger weniger hier immatrikuliert worden als noch in den zwei Jahren davor.
Dabei sehen die Experten das stärkste Potential – das wissen Sie – vor allem im Hochschulbereich, und Unternehmen folgen dem qualifizierten Personal. Gerade die stärksten Branchen IT, Filmwirtschaft und Kultur setzen auf junge Menschen, und die gibt oder gab es vor allem an Berlins Hochschulen.
Was macht der Senat? – Statt diese einmal gegebene und funktionierende Ressource zu nutzen, würgen Sie das eher systematisch ab. Das ist ein Kahlschlag, gepaart mit sehr ideologisch gefärbten Strukturüberlegungen, was kennzeichnend für Ihre Wissenschaftspolitik ist. Gerade sind die neuen Hochschulverträge abgeschlossen worden, und zum ersten Mal trauen Sie sich zuzugeben, dass Berlin nicht mehr 85 000 ausfinanzierte Studienplätze bereithält. Die 84 000 sind – Herr Flierl, das wissen Sie – nach unserer Meinung eine Milchmädchenrechnung, aber viel wichtiger ist, dass es mit der finanziellen Aushöhlung der Hochschulen weitergeht. Sie, Herr Flemming, haben zu Anfang der Woche bei einer Podiumsdiskussion der Initiative „An morgen denken“ zugegeben, dass die finanzielle Auszehrung der Hochschulen weitergehen wird.
Doch, so sind Sie im „Tagesspiegel“ zitiert worden, mit der Begründung, wegen der Klage in Karlsruhe müsse man schließlich den Ländervergleich anstellen, und Berlin gebe anders als andere Bundesländer vor allem im Bereich Wissenschaft und Kultur nach wie vor mehr als diese anderen Länder aus. Dabei wäre diese These erst noch zu beweisen. Und wenn es so wäre, Herr Flemming, könnten Sie sogar darauf stolz sein. Aber eines haben Sie vergessen: Alle anderen Bundesländer haben etwas mehr an produktiven Potentialen zu bieten.
Wir haben als stärkstes Potential die Ressource Wissenschaft – das müssten Sie, Herr Hoff, ja wissen –, und vielleicht noch die Kultur, aber die liefern Sie dem Spardiktat auch aus.
Wir können und müssen uns hier über Varianten der Hochschulfinanzierung auseinander setzen, aber dies gehört in eine Diskussion über die Zukunft Berlins als Ganzes. Von diesem Senat ist noch nie ein Wort über die Entwicklungsperspektiven der Hauptstadt zu hören gewesen. Sie denken ausschließlich in Zahlen, auf die Inhalte, die sie abbilden, lassen Sie sich nicht ein. Zumindest Herr Sarrazin nicht: Der hat immerhin Ihre Studiengebühridee
verbreitet und gleich 10 Millionen € an Einsparpotential auf die Hochschulen umgelagert, obwohl im Berliner Hochschulgesetz steht, dass Sie allesamt Studiengebühren nicht haben wollen. Mich interessiert, wie Herr Flierl diese 10 Millionen € wieder wettmachen und in seinem Haushalt ausgleichen möchte. – Ja, spielen Sie mal mit den Muskeln, Herr Flierl, und tun Sie es mal mit Erfolg! Das wäre ja schön, wenn Sie sich gegen Herrn Sarrazin mal durchsetzen würden. Tatsächlich hat er Ihnen auch diktiert: 98 Millionen € in der Medizin und 75 Millionen € an den Hochschulen wegzunehmen, 54 Millionen € zusätzlich Tarifvorsorge einseitig in den Hochschulhaushalten. –
Die Folgen sind verheerend. – Und das in dreieinhalb Jahren, Herr Hoff! Da wäre mir an Ihrer Stelle gar nicht mehr zum Lachen zumute, denn schon heute werden drei von vier Bewerbern aus den Berliner Unis wieder weggeschickt. Nun also Herr Dr. Flemmings öffentliche Ankündigung, dass diese Sparwut gegen die Wissenschaft weitergehen wird.
Nein! Das Geplänkel tragen wir lieber im Wissenschaftsausschuss aus. – Mal abgesehen von Ihrer offenen Studiengebührenrechnung sollten Sie, Herr Flierl, versuchen, den Finanzsenator von dem abenteuerlichen 10-Millionen-Euro-Studiengebührentrip wieder herunterzuholen.
So oder so: Sie alle sollten sich endlich zum Wissenschaftsstandort bekennen. Das muss sich auch finanziell bemerkbar machen, denn die Verantwortung für die Zukunft liegt vor allem in den Bereichen Wissenschaft und Jugend. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Kollegin Grütters! – Nun hat das Wort der Kollege Hoff für die Fraktion der PDS. – Bitte schön!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Diskussion ist wieder eine bunte Mischung aus allen möglichen Fragen zur Hochschulfinanzierung. Es wird mit der Hochschulmedizin angefangen, geht weiter über die Studienkonten, aber eigentlich drückt man sich um die interessante Frage, was Union und FDP in den letzten Monaten zu dem Thema Studiengebühren zu bieten hatten.
Nun bringt die FDP gegen ihre eigene Intention auf Bundesebene einen Studienkontenantrag ein, der nicht das abbildet, was Union und FDP auf ihren jeweiligen Bundesparteitagen beschlossen haben. Das läuft darauf hinaus, dass Sie versuchen, mit den Parteitagsbeschlüssen von SPD und PDS ein Spiel zu treiben und die Koalitionsfraktionen gegeneinander auszuspielen. Herr Schmidt, dies haben Sie auch ziemlich deutlich gemacht.
Der eigentlich interessante Punkt wäre jedoch die Beantwortung der Frage gewesen, warum die auf den Bundesparteitagen formulierten wissenschaftspolitischen Überlegungen der FDP bezüglich Studienkonten- bzw. Studiengebührenmodelle nicht in das Parlament eingebracht und gestärkt werden. Warum wird mit der eigenen partei- und wissenschaftspolitischen Überzeugung hinter dem Berg gehalten und versucht, ein doch recht durchsichtiges Spielchen zu treiben?
Warum setzen Sie sich nicht mit einem Punkt auseinander, den wir bereits im Wissenschaftsausschuss diskutiert haben? – Seit Monaten kündigen die Wissenschaftsminister der Union und die Wissenschaftspolitikerinnen und -politiker der FDP im Bundestag – sofern sie nicht zurücktreten – an, nunmehr unter Einbeziehung der Banken ein Studentendarlehensmodell zu entwickeln. Nachdem Ihnen das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit gibt, in diese Richtung agieren zu können, machen Sie nichts weiter als zu sagen: Das können wir nicht. Wir können es deshalb nicht, weil der Bund beispielsweise nicht über die Kreditanstalt für Wiederaufbau eine entsprechende Finanzierung dieser Darlehen zur Verfügung stellt.
Herr Schmidt, Sie sind auf der ideologischen Seite schnell bei der Hand, zu sagen, Studiengebühren finde ich gut, und sie sollen so schnell wie möglich eingeführt werden – auch wenn Sie heute lieber von Studienkonten reden, um eine Diskussion in der Koalition herbeizuführen, die Sie aber nicht erhalten werden, weil wir in dieser Frage eine recht klare Beschlusslage haben, die auch nicht geändert werden wird. Mit diesen Positionen werden wir uns im nächsten Jahr dem Wahlkampf stellen und sehen, welches Konzept sich durchsetzen wird.
Ich glaube, dass diese Koalition auf eine ganze Reihe von Reformüberlegungen zurückblicken kann. Mit diesen werden wir uns zur Wahl stellen und mit Sicherheit ein gutes Ergebnis realisieren. Auch wenn Frau Grütters ein sehr schlechtes Bild der Hochschulentwicklung zeichnet – ich denke, dies ist hochschulpolitisch eher schädlich –,
gibt es eine sehr positive Entwicklung in diesem Bereich, die an den Hochschulen auch honoriert wird. Es gibt Hochschulverträge, die zeigen, dass sich die Hochschulen an Stellen bewegt haben – was auch Anerkennung verdient –, wo man ihnen dies Mitte der 90er Jahre nicht zugetraut hat. Hier wurde ein Reformmotor initiiert.
Interessant bleibt jedoch, dass Sie zu den eigentlichen Vorstellungen von Schwarz-Gelb nichts sagen, mit denen Sie sich im nächsten Jahr zur Wahl stellen werden, sofern Sie überhaupt in der Lage sein werden, im nächsten Jahr deutlich zu machen, dass Sie mit Schwarz-Gelb eine politische Alternative zu Rot-Rot realisieren können – bei einer schwindenden FDP-Fraktion und einer in sich zerstrittenen CDU eher unwahrscheinlich. Ich schlage vor: Trei
ben Sie nicht so ein einfaches Koalitionsspiel, sondern konzentrieren Sie sich darauf, mit Ihren Vorschlägen in den hochschulpolitischen Wettbewerb zu gehen. Hierüber habe ich heute von Ihnen nichts gehört.
Ich gehe davon aus, dass Sie sich jetzt zu einer Kurzintervention melden werden und hoffe, dass Sie mir die Frage beantworten werden, warum von den Überlegungen zu den Studierendendarlehen, die die Union und die FDP vollmundig in den letzten Monaten verkündet haben, nichts, aber auch gar nichts übrig geblieben ist.
Danke schön, Herr Kollege Hoff! – Der Kollege Schmidt wünscht und erhält die Kurzintervention. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe mich gemeldet, weil einige Dinge richtig zu stellen sind. Herr Flemming hatte es vorhin auch bereits so dargestellt, als hätten wir die Anträge eingebracht, – –