Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe mich gemeldet, weil einige Dinge richtig zu stellen sind. Herr Flemming hatte es vorhin auch bereits so dargestellt, als hätten wir die Anträge eingebracht, – –
Herr Hoff hat den gleichen irrigen Eindruck wie Herr Flemming erweckt, dass wir die Anträge als Reaktion auf den SPD-Parteitag eingebracht hätten. Das ist schlichtweg falsch. Wenn man sich das Datum der Anträge anschaut, so sind diese inzwischen gut ein Jahr alt. Sie sind vom 20. April 2004, und wir haben sie nicht eingebracht, um die Koalitionspartner in irgendeiner Form gegeneinander auszuspielen, sondern weil wir davon überzeugt sind, dass die Studienkonten ein gutes Instrument sind, um die Idee des Bildungsgutscheins, für die sich die FDP bereits seit langem einsetzt, praktisch umzusetzen.
Sie haben die Frage gestellt, wieso wir nicht auch Studiengebühren in den Anträgen mit behandeln. Man kann den Anspruch erheben, dass in jedem Antrag die Weltformel enthalten sein müsse, um alle Probleme auf einmal zu lösen. Wir haben uns jedoch das Recht herausgenommen, nur den Aspekt zu beleuchten, wie man die Mittel des Landes nach möglichst effizienten Kriterien auf die einzelnen Hochschulen verteilt, und das Gebührenthema beiseite zu lassen.
Vor einiger Zeit hatten wir im Wissenschaftsausschuss eine Anhörung der privaten Hochschulen in Berlin, die recht eindrucksvoll gezeigt hat, dass dort, wo sich die Politik aus einem Bereich heraushält und es die Möglichkeit gibt, mit Gebühren zu arbeiten – wie dies an staatlichen Hochschulen nicht möglich ist –, so etwas wie ein privates Stipendiensystem entsteht. Dies zeigt mir, dass der Kurs der FDP ganz richtig ist: Auch bei den Gebühren für staatliche Hochschulen sollte sich die Politik zurücknehmen und den Hochschulen die Möglichkeit geben, Schritt für Schritt in ein Gebührensystem einzusteigen.
Die Entwicklung hinsichtlich der Stipendiendarlehen und Studienkredite ist auf dem richtigen Weg, und man muss nur die Hemmnisse abbauen, die noch immer beste
hen. Dann können wir zwar nicht von heute auf morgen, jedoch über einen mittelfristigen Zeitraum dazu kommen, dass Hochschulen mehr Finanzmittel zur Verfügung haben. – Vielen Dank!
Herr Schmidt! Wir haben in Deutschland 2 Millionen Studierende auf knapp 1 Million Studienplätzen. Sie wollen mit einigen ziemlich kleinen privaten Hochschulen argumentieren und behaupten, für diese 2 Millionen Studierenden mit einem Stipendienmodell eine Lösung realisieren zu können. Ich glaube, dass Sie damit schlicht die Unwahrheit gesagt haben.
Vor genau diesem Problem stehen nämlich die Wissenschaftsminister der CSU in Bayern und der CDU in den anderen Ländern – beispielsweise Minister Frankenberg in Baden-Württemberg –, die festgestellt haben, dass sie ihre bisherigen Überlegungen zum Thema Stipendien und Darlehensmodell nicht realisieren können. Es hat letztens eine umfangreiche Diskussion mit verschiedenen Interessengruppen in Baden-Württemberg gegeben, bei der Frankenberg versucht hat, ein von der Landesbank finanziertes Stipendienmodell zu realisieren. Er hat dabei festgestellt, dass dies erhebliche Risiken mit sich bringen wird.
In dieser Situation sagen Sie nun, dass Sie zwar zurzeit keine Idee hätten, aber mittelfristig ein Stipendiensystem realisiert werden könne, wenn sich die Politik aus bestimmten Regelungen heraushält. Die Union praktiziert hingegen derzeit das Gegenteil, indem sie sagt, die Politik solle sich einmischen, indem sie über die Kreditanstalt für Wiederaufbau und die Landesbanken Zinsvergünstigungen und Ausfallbürgschaften zu realisieren sucht. Sie müssen sich überlegen, was Sie als konsistenten Modellvorschlag realisieren können.
Mittelfristig kommen Sie mit dem Vorschlag, die Politik solle sich heraushalten, aber andererseits solle sie die Banken anweisen, und dem Hinweis, irgendwann hätten wir möglicherweise einmal ein Stipendienmodell, in der Diskussion nicht weiter. Die Ablehnung Ihrer Vorschläge ist offensichtlich der konsistentere Punkt, weil Sie letztes Jahr – nach dem PDS-Landesparteitag und im Wissen darum, dass die SPD eine andere Meinung dazu hat – den Antrag eingereicht haben und weil Sie versuchen, dies auf den Rücken der Koalition auszuschlachten, aber kein eigenes Modell in den Wettbewerb bringen.
Und noch ein kleiner Tipp: Das, was Sie als Bildungsgutscheinüberlegungen in der FDP erarbeitet haben, ist deutlich mehr als das, was das Studienkontenmodell realisiert, das Senator Flierl einmal überlegt hatte. Die Kritik der FDP in anderen Bundesländern an dem Studienkontenmodell, wie es in Rheinland-Pfalz und NordrheinWestfalen erarbeitet worden ist, war genau, dass Ihre Bil
dungsgutscheinidee von der Kita angefangen bis zur Weiterbildung geht und dass man nicht einen Bereich herausbrechen soll, die Studienkonten. Jetzt sagen Sie uns, dass Sie es eingereicht haben, weil die Studienkonten ein so guter Baustein Ihres Bildungsguthabenmodells seien. Ich finde, Herr Schmidt, Sie müssen es uns ein bisschen schwerer machen. Ganz so einfach können Sie hier nicht argumentieren und dann hoffen, dass wir dann eine qualitätsvolle Debatte bekommen. Das ist eine sinnlose Diskussion gewesen.
Danke schön, Herr Kollege Hoff! – Nun erhält Frau Kollegin Paus von den Grünen das Wort. – Bitte schön!
Herr Schmidt! Ich hatte Sie vorher auch gefragt, ob Sie das wirklich ernst meinen. Sie haben mir versichert, dass Sie diese beiden Anträge und das, was dort politisch steht, ernst meinen. Dann nehme ich das jetzt auch ernst.
Mir ist als Erstes aufgefallen: Es hat schon etwas Anrührendes, wenn man hier plötzlich und unvermutet auf so ein zartes sozialliberales Pflänzchen in der Berliner FDP trifft. Es verblüfft, dieses zarte sozialliberale Pflänzchen nun gerade in der Hochschulfinanzierung zu finden.
Aber es scheint tatsächlich zu gehen. Der Grummel, der bei der SPD noch im Bauch sitzt, endlich gegen diese revolutionären Bummelstudierenden vorzugehen, paart sich hier mit der FDP, die sagt: Endlich brauchen wir auch mehr Markt in der Hochschule. – Das scheint das Sie verbindende Band zu sein.
Dann gucke ich mir den Antrag noch näher an und konzediere auch: Bleiben Sie dabei! – Richtig an Ihrem Antrag ist, dass das Erststudium gebührenfrei bleiben soll. Wenn sich das bundesweit bei der FDP durchsetzt, dann finde ich das gut. Wenn Sie daran arbeiten, dass sich das durchsetzt, unterstütze ich Sie. Aber in Ihrem Antrag steht zwar eine Menge Text. Was dort jedoch nicht steht, ist zum einen, was bei Ihnen das Erststudium ist. Das ist für die Studienkontenbemessung schon eine relevante Frage, was BA oder MA ist. Aber vor allen Dingen fehlt in Ihren Anträgen eine klare Abgrenzung zu Ihren sonstigen Gebührenmodellen. Dort steht, wenn man Ihre Anträge zusammennimmt: Auf der einen Seite sollen tatsächlich Hochschulen – dafür wollen Sie das Berliner Hochschulgesetz ändern – Entgelte und Gebühren nehmen dürfen. Gleichzeitig soll aber das Erststudium gebührenfrei bleiben. – Was heißt das eigentlich? – Das bedeutete, dass die Hochschulen selbst festlegen können, wie viel an öffentlichen Zuschüssen sie vom Land Berlin bekommen. Das hat natürlich Charme. Das hat auch anarchistischen Charme, dass die Hochschulen jetzt selbst einen Hebel haben, dass sie frei wählen können: Darf es ein bisschen mehr sein? Darf es ein bisschen weniger sein? – 5 000 €, 10 000 € pro Studienplatz wie auch immer! Aber das ist natürlich Quatsch.
Obwohl Ihre Anträge – das müssen Sie selbst eingestehen – echt Quark sind, will ich der Debatte über die Studienkonten nicht ausweichen. Herr Hoff ist am Ende kurz darauf eingegangen. Wie ist es denn mit dieser Frage: Ist es tatsächlich so, dass man bessere Lehre und gute Lenkungswirkung hinkriegt durch den Wettbewerb um Bildungsgutscheine bzw. um Studienkonten? – Da ist mein Problem, auch innerhalb meiner Partei – das wird ja durchaus auch bei den Grünen diskutiert –, dass ich von Hause aus nicht nur Hochschulpolitikerin bin, sondern auch Wettbewerbspolitikerin.
Und deshalb stelle ich mir diesen Markt dann auch tatsächlich vor. Es ist nun einmal nach wie vor so: Auf dem Markt geht es um Preis und Menge. Und bei Ihnen ist der Anreiz ganz klar so gesetzt, dass es nur noch darum geht, Scheine und Abschlüsse zu machen. Um Inhalte, um das, was da vermittelt wird, geht es da überhaupt nicht. Insgesamt ist das eben das krasse Defizit bei Studienkontenmodellen. Was Sie machen, ist ein Anreiz für Abschlüsse und für Scheine. Damit liefern Sie direkt und ausdrücklich einen Anreiz zur Entwertung von Lehre. Außerdem ist es noch zusätzlich so, dass Sie alle Probleme der Studienorganisation, wo einiges im Argen liegt, komplett wieder zu Lasten der Studierenden organisieren. Das Ganze wird dann noch davon getoppt, dass die Abbuchungen in Ihrem Modell vorab stattfinden sollen. Das geht natürlich krass an der Tatsache vorbei, dass, wenn man sich Bildung als Gut vorstellt, Bildung ein meritorisches Gut ist, vor allem aber ist es ein Erfahrungsgut. Vorab komplett beurteilen zu können, was mich da erwartet, sowohl inhaltlich als auch von der Qualität des Professors her, der mir gegenübersteht, und wenn ich mich geirrt habe, komplett alleine dafür bestraft zu werden, ich glaube, das setzt dem ganzen Blödsinn dann noch die Krone auf.
Aber Sie haben das Problem richtig identifiziert. Wir haben im Land Berlin – in der Bundesrepublik insgesamt, aber insbesondere in Berlin – ein Problem bei der Qualität der Lehre, nur Ihr Lösungsansatz ist völlig falsch. Wir als Grüne-Fraktion haben einen Antrag eingebracht, der es schafft, positive Ansätze zur Verbesserung der Qualität der Lehre zu leisten. Wir brauchen an den Berliner Hochschulen ein Qualitätssicherungssystem. Wir sollten dazu kommen, forschungsorientierte Lehrveranstaltungen bereits in der ersten Studienphase anzubieten. Vor allem brauchen wir direkte und zielgerichtete Beratungsangebote für die kritischen Phasen im Studium, bei der Studieneingangsphase und insbesondere auch beim Ende. Solche Dinge brauchen wir. Wir brauchen auch eine stärkere Gewichtung des Lehrefaktors bei den Leistungskriterien. So kommen wir zu einer verbesserten Lehre. So kommen wir zu erfolgreicher und besser ausgebildeten Absolventinnen und Absolventen, nicht durch Ihr Studienkonten
Danke schön, Frau Kollegin Paus! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, so dass wir zu den Abstimmungen kommen. Zum 10. Hochschuländerungsgesetz Drucksache 15/2757 empfiehlt der Ausschuss mehrheitlich gegen die Fraktion der FDP die Ablehnung. Wer dem Gesetz jedoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der FDP. Gegenprobe! – Das sind alle anderen Fraktionen. Enthaltungen? – Keine! Dann ist das mit großer Mehrheit abgelehnt.
Zu dem weiteren FDP-Antrag Drucksache 15/2758 empfiehlt der Wissenschaftsausschuss ebenfalls mehrheitlich gegen die Fraktion der Antragsteller die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die FDP. Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen, die Grünen und die CDU. Mehrheitlich so abgelehnt!
Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der drei Artikel miteinander zu verbinden. – Widerspruch höre ich nicht. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I bis III, Drucksache 15/3552, unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlung Drucksache 15/3867. Beratung wird gewünscht. Es beginnt die Fraktion der CDU. Das Wort hat Herr Kollege Goetze. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jeder, der sich auch nur ein bisschen mit Bildungspolitik und der Situation an der Berliner Schule auseinander setzt, der weiß, dass wir offensichtlich nicht über zu wenig Lehrer und Lehramtsbewerber zu klagen haben, sondern über einen riesigen Einstellungsstau. Was ist die Lösung, die uns der Senat vorschlägt? – Ich zitiere aus der Begründung des Gesetzes:
Mit der Gesetzesänderung soll zum einen der fachliche Bedarf an qualifizierten Lehrkräften schnell gedeckt und gleichzeitig die Qualifikation von Lehrkräften ohne volle Lehrbefähigung gesichert werden.
Also auf der einen Seite massiver Andrang in die wenigen Möglichkeiten zur Einstellung im Land Berlin, auf der anderen Seite soll die Voraussetzung geschaffen werden,
Und was ist die Lösung? – Es soll Quereinsteiger geben mit einer geringeren Qualifikation als heute. Warum macht man das? – Man macht das deswegen, weil man sich heute nicht dazu durchringen kann, eine vernünftige Personalpolitik zu führen. 2003 sollte mit der 12. Novelle zum Lehrerbildungsgesetz die Nach-PISA-Zeit eingeläutet werden. Die EU-Bildungsoffensive aus der BolognaVereinbarung sollte umgesetzt werden. Die Berliner Hochschulen hatten dafür das passende Studienreformmodell entwickelt. Doch die angeblich sozialen und auch die sozialistische Partei witterten Verrat an der guten, alten Lehrerstruktur und machten eine „Novelle light“. Statt berufspraktischer und diagnostischer Ausbildungsmodule bis zum Bachelorabschluss und statt eines ersten berufsqualifizierenden Abschlusses auch für die pädagogischen Aufgaben in der Schule beschloss die PDS-SPD-Mehrheit eine besoldungs- und tarifkonforme Ausbildung für die Lehrerinnen und Lehrer in Berlin und senkte bei dieser Gelegenheit gleich noch die Anzahl der Studienplätze.
Lediglich § 9 a, der ins Lehrerbildungsgesetz aufgenommen wurde, schuf eine kleine Veränderung, ansonsten blieb alles so, wie es war.
Die Lehrerbildung in Berlin bleibt zweiphasig – Bachelorstudiengang und danach Master –, aber nach wie vor ohne Qualitätskontrollen beim Übergang, ohne nennenswerte Anteile der Erziehungswissenschaften und der Psychologie, ohne Fachdidaktik und ohne Soziologie. Das muss schief gehen, das ist keine Verbesserung der Lehrerausbildung, sondern eine Verschlechterung.