Protokoll der Sitzung vom 02.06.2005

Nach einer Meldung von gestern hat der Chef der Bundesagentur, Weise, verlauten lassen, dass sie für eine Privatisierung der Agentur gut gerüstet seien. Wir werden den Vorschlag von Herrn Weise im Herbst dieses Jahres genau prüfen und die entsprechenden Schritte einleiten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung federführend an den Ausschuss für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen empfohlen. Hierzu höre ich keinen Widerspruch. – Dann ist das so beschlossen.

Zum Antrag der Fraktion der Grünen Drucksache 15/3878 empfiehlt der Ausschuss mehrheitlich gegen CDU und Grüne bei Enthaltung der FDP die Annahme mit neuer Überschrift und in neuer Fassung. Wer so beschließen möchte, den bitte ich das Handzeichen. – Danke schön! Das sind die Koalitionsfraktionen. Die Gegenprobe! – CDU und Grüne. Enthaltungen? – FDP. Damit ist dieser Antrag so angenommen.

Ich rufe nun auf als Priorität der Fraktion der Grünen

lfd. Nr. 4 b:

Dringlicher Antrag

Vizepräsidentin Michels

Dieser Standort ist gefährdet, schon weil von der CDU-SPD-Koalition im Jahr 2000 ein grottenschlechter Vertrag über den Verkauf des umliegenden Geländes beschlossen wurde. Was aber bisher niemand nachvollziehen kann, ist, dass der damalige Mitverkauf eines Grundstücks, das dem Land Berlin überhaupt nicht gehört hat, zu hohen und freiwilligen Entschädigungen an eben diesen Investor führt. Womit konnte der Bauinvestor den Se

nat, und hier insbesondere den sonst so aufs Geld schauenden Finanzsenator, dermaßen unter Druck setzen, dass er mit 8,5 Millionen € in bar, zwei Grundstücken und zusätzlich einer Kaufoption für den Tränenpalast so fürstlich als Entschädigung entlohnt wurde? Können Sie mir das beantworten? – Ich verstehe das nicht, und niemand hat bisher eine Erklärung dafür bekommen. Das ganze Vorhaben ist damit höchst mysteriös und harrt noch der Aufklärung. Jetzt besteht für uns offensichtlich nur noch eine Chance: Sie müssen von Senats Seite vor dem Verkauf an den Investor den jetzigen Betreibern des Tränenpalasts einen Mietvertrag mit einer längeren Laufzeit sichern. Das ist das Mindeste, das Sie tun müssen!

Kulturstandort Tränenpalast sichern – Mietvertrag endlich abschließen

Antrag der Grünen und der CDU Drs 15/4024

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Für die Beratung steht eine Redezeit von bis zu 5 Minuten zur Verfügung. – Es beginnt die Fraktion der Grünen. – Frau Abgeordnete Ströver, bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für den Tränenpalast stehen alle Zeichen auf Rot. Nach monatelangem Hickhack hat die Tränenpalast Veranstaltungs GmbH Insolvenz angemeldet. Das ist bitter und nicht zuletzt der Situation geschuldet, dass dieser Senat nichts tut, um für diesen kleinen Kulturveranstalter Rahmenbedingungen zu schaffen, die ihm helfen, im rauen Geschäft des nicht öffentlich geförderten Kulturbetriebs zu überleben. Was aber ist ein Kulturwirtschaftsbericht wert, den der Senat dieser Tage vorgelegt hat, wenn derselbe Senat dem gedruckten Papier keinerlei Taten folgen lässt?

[Brauer (PDS): Quatsch!]

Am Umgang mit dem Tränenpalast ließe sich diese Arbeit messen. Aber die Realität spricht eine andere Sprache. Mit diesem Versagen müssen wir Sie hier konfrontieren.

[Beifall bei den Grünen]

Der Tränenpalast ist eine Kultureinrichtung ohne öffentliche Förderung. Er bereichert das Berliner Kulturleben. Der Betreiber Marcus Herold hat aus der maroden Abfertigungshalle des ehemaligen Grenzkontrollpunkts Friedrichstraße eine anerkannte Kultureinrichtung gemacht. Unter dem Einsatz erheblicher privater Mittel ist es ihm in den letzten 14 Jahren gelungen, ein denkmalgeschütztes und für Berlin unverzichtbares Gebäude zu erhalten und wieder nutzbar zu machen. Wir möchten, dass diese Vorleistung endlich vom Senat gewürdigt und der Tränenpalast zumindest eine Chance zum Weitermachen bekommt.

[Beifall des Abg. Schruoffeneger (Grüne)]

Dazu braucht der Betreiber einen langfristigen Mietvertrag, damit er wirtschaftlich wieder auf die Füße kommt.

[Beifall bei den Grünen]

Hier geht es auch – das darf man im Zusammenhang mit Kultur auch einmal sagen – um 30 feste Arbeitsplätze und sechs Ausbildungsplätze und nicht nur um einen Kulturstandort. Das können Sie doch nicht einfach ignorieren und so tun, als hätte das Land Berlin damit nichts zu schaffen!

[Zurufe der Abgn. Pewestorff (PDS) und Gaebler (SPD)]

Aber störrisch sperrt sich der Senat. Wir hatten Herrn Finanzstaatssekretär Schulte im Ausschuss. Er war dagegen, obwohl der Senat selbst vor einiger Zeit genau diesen langfristigen Mietvertrag angeboten hatte.

[Pewestorff (PDS): Da waren sie auch noch nicht pleite! – Gaebler (SPD): Ja, mit einer festgeschriebenen Miete!]

Es geht um einen Mietvertrag, umsonst geht es nicht, Herr Gaebler, ich glaube, Sie wissen überhaupt nicht, um welchen konkreten Vorgang es sich handelt.

[Beifall bei den Grünen – Gaebler (SPD): Besser als Sie!]

Da es eine Nutzungsbindung im Vertrag – Herr Gaebler! – für kulturelle Zwecke für den Tränenpalast über die Dauer von 25 Jahren gibt, spricht doch nichts, aber auch gar nichts dagegen, einen Vertrag abzuschließen, der eine marktgerechte Miete für die jetzige Tränenpalastbetreiber vorsieht.

[Gaebler (SPD): Mit einer Nutzungsbindung auf 25 Jahre!]

So ist der dringliche Antrag von uns gemeinsam mit der CDU auch formuliert. Das Vorkaufsrecht für den Tränenpalastbetreiber, wodurch die Verhandlungsposition bei Nutzungseinschränkungen durch die Nachbarbebauung gestärkt worden wäre, ist an nicht erfüllbaren Kaufbedingungen und Kaufpreisforderungen des Landes gescheitert. Aber der langfristige Mietvertrag ist ein Weg, der Kulturwirtschaftsinitiative in diesem Fall einmal konkrete Taten folgen zu lassen.

[Gaebler (SPD): Steht aber gar nicht in dem Antrag drin!]

Ich kann Sie nur herzlich bitten: Lassen Sie uns im Hauptausschuss noch einmal darüber sprechen, denn ich denke es besteht, wenn man eine Kulturwirtschaftsinitiative in dieser Stadt machen will, wirklich eine Verpflichtung, einen Kulturveranstalter nicht im Regen stehen zu lassen. Deswegen kann ich nur an Sie appellieren, dass die Finanzverwaltung nicht voreilig diesen Vertrag mit dem Käufer des umliegenden Grundstücks abschließt. Ich kann Sie nur herzlich bitten, unserem Dringlichen Antrag

Herr Schruoffeneger! Eines verstehe ich auch weiterhin nicht. Ich schätze Sie sonst sehr als seriösen, kompetenten Haushälter, aber ich verstehe nicht, wie man einem Betreiber, der gerade Insolvenz angemeldet hat, bei aller Wertschätzung für den Tränenpalast, einen Mietvertrag über 20 Jahre anbieten kann. Mit dieser Art von Geschäften schlagen wir uns gerade in einem anderen Ausschuss herum.

Der neue Investor ist gezwungen, auf Grund der Zweckbindung einen Mieter zu finden, der ein kulturell attraktives und abwechslungsreiches Programm anbietet. Das, meinen wir, sollten die jetzigen Betreiber des Tränenpalastes sein. Deshalb fordern wir alle Beteiligten auf, ihre Sandkastenspiele zu beenden und sich möglichst bald an einem runden Tisch einzufinden, um zu einem gemeinsamen Ergebnis im Interesse des Tränenpalastes zu kommen. – Vielen Dank!

Ihre Zustimmung zu geben, weil es ein gutes Signal für Rot-Rot wäre, wenn Sie sich hier auch einmal in der Verantwortung sehen würden, sich der Verantwortung stellen würden und diesen Kulturveranstaltungsort auf Dauer sichern könnten. – Danke schön!

[Beifall bei den Grünen und der CDU]

Danke schön! – Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Lange das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Priorität für uns ist: Der Tränenpalast als historischer Ort und als Ort für Kulturveranstaltungen muss erhalten bleiben.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Darum wird die kulturelle Nutzung für 25 Jahre im Kaufvertrag festgeschrieben. Das Gebäude selbst steht unter Denkmalschutz. Die jetzigen Betreiber haben kulturell erfolgreich gearbeitet. Es muss an dieser Stelle auch gesagt werden: Dass der Tränenpalast als Gebäude von stadtgeschichtlicher Bedeutung erhalten bleiben konnte, ist auch den jetzigen Betreibern zu verdanken.

In dem neuen Vertrag werden die Nachbarrechte festgeschrieben. Das heißt, der Investor muss sich verpflichten, bei Abendveranstaltungen für entsprechende Ruhe zu sorgen und eine eigene Zuwegung zu gewährleisten, auch während der Bauphase. Sollte der Tränenpalast durch den Bau zu Schaden kommen, was wir nicht hoffen wollen, soll der Investor verpflichtet werden, das Gebäude wiederherzustellen. Auch bei Weiterverkauf geht die Verpflichtung der kulturellen Nutzung auf den neuen Käufer über.

Jetzt haben die Betreiber anscheinend ökonomische Probleme und Insolvenz angemeldet. Wie es zu dieser Insolvenz gekommen ist, kann ich nicht beurteilen. Auf jeden Fall waren die Tränenpalastbetreiber jetzt nicht in der Lage, das Grundstück zu erwerben.

Bei der Veräußerung der Nachbargrundstücke wurde dem Investor ein Vorkaufsrecht für den Fall zugesichert, dass der Tränenpalastbetreiber das Grundstück nicht erwirbt, mit der Denkmal- und der kulturellen Zweckbindung, so dass nun der Investor der Bewerber ist.

Ich muss noch sagen, dass es mir nach wie vor unerklärlich ist, wie eine Finanzverwaltung im Jahr 2000 einen Vertrag abschließen kann, dessen Bestandteile zum Teil Grundstücke sind, die dem Land nicht gehören. Das kann man nennen, wie man will. Ich sage, es ist nach wie vor nicht zu verstehen. Aber noch schlimmer finde ich, wenn dann die, die dieses Problem lösen müssen, beschimpft werden.

Es stimmt nicht, dass sich der Kultursenator nicht stark engagiert hätte. Noch im Herbst ist ein langfristiger Mietvertrag angeboten worden. In Ihrem Antrag sprechen

Sie von einem langfristigen Mietvertrag, äußern sich aber nicht dazu, was Sie als langfristig verstehen.

[Brauer (PDS): 20 Jahre!]

Aus der Presse konnte ich entnehmen, dass Sie als langfristig 20 Jahre mit einer Mietpreisbindung verstehen.

[Frau Ströver (Grüne): Nein! Steht doch gar nicht hier drin!]

Es ist zu hoffen, dass der jetzige Betreiber bis 2008 seine ökonomischen Probleme lösen kann, dass die Insolvenz bald vom Tisch ist und die Situation sich bis 2008 stabilisiert hat und dass auch die Arbeitsplätze und Lehrstellen dann erhalten werden können.

[Beifall bei der SPD und der PDS]