Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Lange! Sie kennen doch den Vorgang. Sie wissen doch, dass die Betreiber des Tränenpalastes potentielle Investoren haben. Aber welcher Investor steckt Geld in ein Projekt, das nur noch drei Jahre Existenzberechtigung hat? – Das macht doch keiner, so irre ist doch niemand.
Alle Investoren, alle, die bereit sind, dort Geld hineinzustecken, sagen, das machen wir nur, wenn wir eine langfristige Perspektive haben. Sonst fasst man doch kein Geld an. Das wissen Sie. Deswegen ist es so unfair vom Senat, zu sagen: Kriegt ihr mal eure finanzielle Situation in den Griff, nehmt ihr mal die Insolvenz bis 2008 wieder zurück– dann lösen wir euch erst 2008 auf! – Das funktioniert nicht. Man muss die langfristige Sicherheit schaffen.
Sie wissen, dass die Betreiber des Tränenpalastes in den letzten Jahren viele Millionen privater Mittel dort investiert haben. Sie wissen, dass sie fähig sind, so etwas
Kommen wir zur Haltung des Senats. Ich habe mich in dem Umfeld umgehört. Der Kultursenator wird mit seinem Engagement als „blasse Nummer“ beschrieben. „Blasse Nummer“ ist ein berlinischer Ausdruck für Passivität. Er hat nichts erreicht oder durchgesetzt. Der Regierende Bürgermeister – wer weiß, wo er jetzt gerade Tee trinkt – ist sowieso an solchen Dingen uninteressiert. Er schätzt andere Etablissements und Events als so einen Kulturstandort mitten in Berlin. Dann gibt es den Finanzsenator, auf den die Richtlinienkompetenz in Sachen Kultur übergegangen ist, eine Art linker „Gnadenlos“. Dieser hat schon im Jahr 2002, wenn man in den Unterlagen nachliest, ein Gesprächsangebot gegenüber dem Betreiber abgelehnt. Eine besonders volksnahe Art und Weise, Politik zu machen!
auf die Beine zu stellen. Eine Kulturinitiative ohne öffentliche Zuschüsse, die Aufrechterhaltung dieses Gebäudes, das marode war, hat dem Land Berlin schon Millionen an Interesse eingespielt. Das ist ein wichtiger Kulturstandort. Das schafft die Attraktivität dieser Stadt. Ein Kulturwirtschaftsbericht, der uns sagt, wir müssen private Räume für Kultur sichern, ein Bericht einer Enquetekommission, der sagt, Kultur ist die Standortfrage für Berlin, das alles ist nichts wert, wenn man dann in der Realität mit solchem Desinteresse und mit solcher Ignoranz wie dieser Senat handelt.
Kommen Sie zur Vernunft! Dieses Projekt hat nur eine Chance mit einer mittel- bis langfristigen Absicherung. Ob es nun 15 oder 20 Jahre sind, ist egal, aber wer soll Geld in ein Projekt stecken, das nur noch drei Jahre gesichert ist!
Herr Schruoffeneger! Wir können alle Hilfe anbieten, die zur Bewältigung dieser Insolvenz nötig ist, aber Sie können mir nicht erzählen, dass die Investoren nicht im Hintergrund stehen, nur weil der Mietvertrag jetzt nur noch 3 Jahre läuft und nicht 15 Jahre, wie Sie das gern hätten. Wenn es so ist, kann man auch davon ausgehen, dass sich bis 2008, 2007 oder vielleicht schon im nächsten Jahr die Situation bereinigt hat.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um gleich mal bei der Schlussdebatte anzufangen: Ich weiß nicht, ob die Damen und Herren von der Sozialdemokratie unseren Antrag gelesen haben. Das ist kein Haudraufantrag. Ich lese Ihnen das mal vor:
Dieser Antrag nimmt sowohl Bezug auf die finanzielle Situation und das Haushaltsrecht einerseits, aber eben auch auf das kulturelle Interesse der Stadt daran, dass dieser Kulturstandort nicht baden geht.
Sehen wir kurz auf die rechtliche Situation. Rechtlich wäre und ist der Senat über das Grundstück verfügungsberechtigt.
Er hat sich in seinem Vertrag mit dem Investor sogar das Recht vorbehalten, einen solchen Mietvertrag abzuschließen. – Den Bund hat er allerdings abgewimmelt; der hätte zur Verfügung gestanden, um das Problem zu lösen. –
Daraus folgt eine gewisse moralische Verpflichtung des Senats, nun zu diesem Kulturstandort zu stehen.
Politisch – das ist schon gesagt worden, ich habe mich nicht mit Frau Ströver oder mit den Grünen abgesprochen, ich schwöre Ihnen das, aber sie hat völlig Recht: Seit 14 Jahren ist der Betreiber dort erfolgreich tätig. Er hat die Stätte entwickelt und zu einem international beachteten Kulturstandort dieser Stadt gemacht, und vor allem auch subventionsfrei. Dass dort 30 Menschen arbeiten und 8 Azubis tätig sind, ist eine Qualität, die nicht unberücksichtigt bleiben darf.
Wir alle kennen den Kulturwirtschaftsplan, in dem die hervorragende Rolle der Kultur für die Stadt Berlin, nicht nur für die Kultur, sondern auch für die Einnahmen der Stadt, gewürdigt worden ist. Ich glaube, es sind 8 Milliarden €, die die Kultur hier Jahr für Jahr einspielt. Deshalb ist es meiner Ansicht nach bestürzend und auch beschämend zugleich, wenn in dieser Weise mit diesem Kulturstandort umgegangen wird.
Bestürzend ist es deshalb, weil der Senat offensichtlich von diesen Ergebnissen keine Kenntnisse nimmt oder aber hat. Oder es handelt sich um Sonntagsredenmaterial, das man beiseite schiebt, wenn der Finanzsenator mit seinen Papieren raschelt. Es handelt sich also offensichtlich bei solchen Erwägungen und bei solchen Fakten um Spielmaterial. Frau Lange hat dies unfreiwillig ergänzt, indem sie von Sandkastenspielen sprach. Das ist die Haltung des Senats gegenüber einem so wichtigen Standort im Zentrum von Berlin.
Deshalb mein Appell an Frau Lange und die anderen Damen und Herren von der Kulturfraktion der Sozialdemokraten: Sie wissen es besser als dieser Senat, und stimmen Sie deshalb unserem Antrag zu! Sie tun damit der Stadt und möglicherweise auch sich selbst einen großen Gefallen. – Vielen Dank!
[Wellmann (CDU): Brauer schreibt dann wieder anschließend im „Neuen Deutschland“! – Frau Senftleben (FDP): Aber in der dritten Person!]
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt den schönen Satz: Gut gemeint ist nicht immer gut gekonnt. Das trifft auch auf Ihren Antrag zum Tränenpalast zu, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Entgegen Ihrer Behauptungen ist der Kulturstandort Tränenpalast nicht gefährdet. Die kulturelle Nutzung des Hauses wird für die nächsten 25 Jahre festgeschrieben werden. Ihr Antrag und Ihre Reden suggerieren allerdings trotz besseren Wissens das Gegenteil und sind deshalb unseriös.
Sie kennen auch genauestens die Geschichte dieses Grundstücksgeschäftes, und es ist höchst bedauerlich – das ist soeben wieder bei dem Kollegen Lehmann-Brauns deutlich geworden –, dass Sie diese Geschichte und Ihren eigenen Anteil daran so tapfer ignorieren.
Es geht nur um das Jahr 2000, Herr Kollege, Sie haben Recht! – Stattdessen geht es Ihnen um die vom Anliegen her sicher ehrenwerte Absicherung des gegenwärtigen Betreibers. Hier ist aber ein Hinweis angebracht: Wenn eine GmbH über Monate hinweg mit großer Ernsthaftigkeit – und das ist offenkundig der Fall gewesen – über einen Grundstückskauf für eine relativ beträchtliche Summe verhandelt, dabei übrigens den Vorschlag eines langfristigen Mietvertrages abweist und – nach dem Scheitern der Kaufverhandlungen – nun Insolvenz anmeldet, weil sie sich offenbar nicht mehr in der Lage sieht, die laufenden Verpflichtungen zu bedienen, provoziert dies schon Fragen. Allerdings – das möchte ich einschränkend bemerken – ist dieses hohe Haus nicht der richtige Ort, die Solidität privatwirtschaftlicher Unternehmenskonzepte zu beurteilen, jedenfalls nicht solange öffentliche Fördermittel nicht tangiert sind.
Einem sich im Insolvenzverfahren – und das ist die eigentliche Krux Ihres Antrages – befindlichen Unternehmen jedoch einen langfristigen Mietvertrag per Parlamentsbeschluss anzubieten, ist jedoch unseres Erachtens ein hochgradig merkwürdiges Verfahren und provozierte im Falle eines Vollzuges zwangsläufig parlamentarische Fragen an eine Landesregierung, die solches exekutierte. Ihr Anliegen ist unsittlich, verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Herr Brauer! Ich dachte eigentlich, Sie sind des Lesens kundig. Ist Ihnen bekannt, dass in dem dringlichen Antrag der Satz steht:
Der Mietvertrag wird ungültig, wenn der Insolvenzfall des Betreibers nicht mehr abzuwenden ist. Zum Schutz des Kulturstandortes soll der Mietvertrag allerdings eine Regelung zur Übertragung auf eine Auffanggesellschaft enthalten.
Das ist ganz übersichtlich, Frau Kollegin Ströver: Im Gegensatz zu Ihnen erlaube ich mir keine Beurteilung des gegenwärtigen Standes des Insolvenzverfahrens. Ich erlaube mir keinerlei Beurteilungen der Bonität des Betreibers und der daraus folgenden Konsequenzen. – Ich weiß nur eines: Sollte diese Koalition, sollte dieser Senat Ihrem Anliegen zustimmen und tatsächlich einen langfristigen – egal, ob 10, 15 oder laut „taz“, den Kollegen Schruoffeneger zitierend, sogar 20 Jahre – Mietvertrag abschließen und diese Angelegenheit dann schief gehen, sind Sie die erste, die einen Untersuchungsausschuss beantragt.
[Beifall bei der PDS und der SPD – Frau Ströver (Grüne) macht mit der Hand eine Scheibenwischerbewegung vor ihrem Gesicht]
Genau das sollten wir uns ersparen. – Frau Staatssekretärin a. D., Sie hatten seinerzeit auch durchaus Einflussmöglichkeiten, zwar relativ kurz, aber Sie haben sie nicht wahrgenommen. Ich erinnere mich an einen Schriftwechsel mit der Senatorin Krajewski. – Vielen Dank, mehr ist dazu wohl nicht zu sagen!
Liebe Frau Ströver! Diese berühmte Handbewegung vor dem Kopf muss ich als unparlamentarisch betiteln. Sie wissen, das ist nicht üblich, und ich bitte Sie, dies abzustellen.
[Frau Ströver (Grüne): Okay! – Ritzmann (FDP): Das ist strafbar!– Pewestorff (PDS): Sie hat doch nur den Pony aus der Stirn gemacht!]