Uwe Lehmann-Brauns

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kein Zweifel, die Straßenszene, das Bild von Ernst Ludwig Kirchner, ist das wichtigste Gemälde des Berliner Brücke-Museums gewesen. Wer es materiell wissen will: Sein Wert wird auf ca. 25 Millionen € geschätzt. Fast drei Jahre lang hat der Senator, abgeschottet von der Fachwelt, abgeschottet von kunstwissenschaftlichen Forschern, darüber gebrütet, wie er, unbeobachtet von der Öffentlichkeit, das Bild an die Anspruchstellerin zurückgeben könnte.
Herr Kollege Brauer, das ist nicht nur meine Auffassung, wie Sie wissen, sondern auch die Auffassung des Kollegen Hilse von der SPD-Fraktion im Kulturausschuss.
Insoweit sind wir voll einig. In der Tat, das Bild ist weg. Das Brücke-Museum ist das wichtigste Stück seiner Sammlung los. Betrachtet man Rechtslage und Fakten, dann bleibt nur eine Frage offen, Herr Senator: Haben Sie aus Verbohrtheit oder aus Hilflosigkeit so gehandelt?
Auch das ist kein Wahlkampfvokabular, das ich hier bringe, sondern das Verhalten des Senators wird in der Fachöffentlichkeit – ich darf das mal zitieren – als Kapitulation, als leichtfertig, fahrlässig, respektlos, angreifbar oder unhaltbar bezeichnet. Kommen wir also nicht mit Wahlkampfargumenten. Wir als Parlament wären ein zahnloser Papiertiger, wenn wir hierüber einfach zur Sache übergehen würden.
Zur Sach- und Rechtslage: Erstens. Unstreitig ist der Restitutionsanspruch der Erben schon vor Jahren verfallen. Dies festzustellen, bedurfte es nicht der Hinzuziehung eines gefälligen Advokaten seitens der Senatsverwaltung. Berlin hatte juristisch eine starke Position gegenüber der Anspruchstellerin.
Es hätte sich auch kein Streit erhoben, hätte der Senat im Bewusstsein dieser Argumente in einer fairen Abwägung mit der Anspruchstellerin eine für das Land Berlin verträgliche Lösung gefunden. Aber es schlicht wegzugeben, das sprach der Sach- und Rechtslage Hohn. Angemessen wäre es gewesen, einen für beide Seiten erträglichen Kompromiss zu finden und die Öffentlichkeit einzubeziehen, statt sich von den amerikanischen Anwälten über den Tisch ziehen zu lassen. Nichts drängte den Senat, außer den materiellen Interessen der Anwälte und Christie’s, zu einer schnellen Entscheidung.
Eine fast böswillige und kontraproduktive Rolle hat auch der Regierende Bürgermeister gespielt. Statt sich wenigstens heute zum Fürsprecher und Werber einer angemessenen Lösung zu machen – immerhin steht er der Lottostiftung vor –, hat er kategorisch erklären lassen, dass er nicht daran denke, sich weiter um dieses Bild zu scheren.
Wir haben uns der Washingtoner Erklärung von 1998 angeschlossen, welche besagt, dass eine Beweislastumkehr stattzufinden hat. Das heißt, wir – die Nachfahren der Täter – müssen beweisen, dass ein Verkauf ohne Druck und mit angemessener Bezahlung erfolgt ist. Für derartige Fälle gelten eindeutige Kriterien, wie sie auch für Deutschland in der so genannten Handreichung zusammengefasst sind. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts besagt weiter, ein verfolgungsbedingter Entzug von Besitz liege auch dann vor, wenn die Veräußerung nur
mittelbar durch die NS-Herrschaft bedingt war, auch wenn der Verkauf aus dem Ausland erfolgte. Die Familie Hess musste vor den Nazis ins Ausland fliehen und wurde 1961 vom Entschädigungsamt Berlin als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt. 1936 verkaufte Frau Hess das Kirchner-Bild für 3 000 Reichsmark an IG-FarbenVorstandsmitglied und Kunstsammler Karl Hagemann, nachdem – laut eidesstattlicher Aussage – die Familie von der Gestapo unter Druck gesetzt wurde. Die eidesstattliche Aussage ist von Frau Thekla Hess.
Das Verhalten des Senators war nicht nur hilflos, sondern auch verbohrt und arrogant. So weigerte er sich, Recherchen von Fachleuten über die Geschichte des Bildes entgegenzunehmen und den Sachverständigenausschuss für Kulturgüter einzubeziehen, um wenigstens zu erreichen, dass das Bild in Deutschland bleiben konnte. Er hat auf eigene Faust gehandelt, in Gutsherrenart, als ob es sein Privateigentum wäre. Nicht einmal der Kultursenator ist von ihm informiert worden,
wie mir dieser vor einigen Tagen erklärte. – Der Kulturminister, Entschuldigung!
Was hat der Senator erreicht? – Ich komme zum Schluss. – Die amerikanischen Anwälte werden eine Menge Dollars an diesem Geschäft verdienen. Das Auktionshaus Christie’s wird einen großen Schnitt machen. Der Rest bleibt der Anspruchstellerin, und Berlin geht leer aus. – Ihre Genossenschaft wird dem Missbilligungsantrag nicht zustimmen, aber eines muss Ihnen, Herr Senator, bewusst sein: Das Vertrauen der Öffentlichkeit in Ihre Kompetenz haben Sie endgültig verloren. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Flierl, nun haben Sie also Ihre Schularbeiten gemacht, und Ihre Klientel ist damit zufrieden, selbst die FDP springt mit ins Körbchen, wobei man nicht genau weiß, ob das eine neue Wendung der Liberalen ist, die sich den Sozialdemokraten angedient haben.
Ich möchte an dieser Stelle bekannt geben, dass es mittlerweile gelungen ist, das Grundstück Ackerstraße 41 anzukaufen, so dass ausgeschlossen ist, dass eines der zentralen Grundstücke die Gestaltung des Areals behindert. Auf diese Art und Weise werden wir Schritt für Schritt sicherstellen, dass die Konzeption umgesetzt wird, was an diesem Beispiel und mit der Eröffnung der Galeriewandausstellung nicht nur in der nächsten Legislaturperiode, sondern auch schon in dieser begonnen wurde.
Schließlich will ich darauf verweisen, dass, wie hier zu Recht angemahnt, die Verantwortung des Bundes gefragt ist. Wir beziehen uns ausdrücklich auf den Bundestagsbeschluss vom 30. Juni 2005. Da heißt es, dass sich der gesamtdeutsche Charakter der Aufgabe von selbst ergibt und deswegen der Bundestag zuständig ist. Der Bundestag hat gewissermaßen bestellt. Er hat nämlich eine Erweiterung und Ergänzung der Gedenkstätte Bernauer Straße und einen Ort für die Information am Brandenburger Tor gefordert. Das haben wir geliefert. Wir sind im engen Kontakt mit den Mitgliedern des Deutschen Bundestags, vor allem des Ausschusses für Kultur und Medien, und haben auch Zusagen von Bundestagsmitgliedern der Regierungsfraktionen, sich bei der Haushaltsaufstellung für das Jahr 2007 – und das ist genau die Frage, auf die es hier ankommt – zu engagieren.
Da danach mehrfach gefragt worden ist, und ich glaube, dass es dazugehört, obwohl es nicht meine Eigenschaft als Mitglied der Regierung angeht, will ich Sie, da immer nach vertrauensbildenden Zeugnissen der Position der PDS gefragt wurde, darauf hinweisen, dass ich selbst mitgewirkt habe, dass es im Jahr 2001, also zum 40. Jahrestag des Mauerbaus, eine Erklärung des Parteivorstands der PDS gab, die an Klarheit nichts zu wünschen übrig lässt. Das zeigt sich etwa in folgenden Sätzen:
An der bitteren Einsicht, dass der Staatssozialismus in der DDR am Ende war, als die Mauer gebaut wurde und es kein Konzept zu ihrer Überwindung gab, führt kein Weg vorbei.
Oder:
Sozialismus gedeiht eben nicht als Befehlssystem, nicht unter Bajonetten, nicht im Schatten von Panzern, nicht hinter Mauern. Ein Staat, der sein Volk einsperrt, ist weder demokratisch noch sozialistisch. Was immer die konkreten historischen Umstände waren, diese Lehre ist für die PDS unumstößlich.
Ich bitte, dies einfach zur Kenntnis zu nehmen.
Aus aktuellem Anlass hat der Parteivorstand am 12. Juni 2006 beschlossen:
Der Parteivorstand wendet sich gegen alle Versuche, die kritische Aufarbeitung der Geschichte durch die Linkspartei.PDS zurückzudrehen und die
für die Gesellschaft der DDR prägenden autoritären Strukturen zu relativieren.
Das war sehr eindeutig gegen den Auftritt organisierter Obristen gemeint.
Das ist eine Entwicklung – der Jagdhund ist gerade nicht im Raum – zum Stofftier, ob das gut geht, weiß ich nicht.
Aber zurück zu dem Konzept. Die CDU hat 2005 ein eigenes Konzept vorgelegt.
Sie hat ihre punktuelle Kritik mehrfach geäußert. Herr Zimmer hat sie vorgetragen. Wir haben sie im Kulturausschuss gehabt. Wir haben Anhörungen gehabt. Sie lautet zusammengefasst: Die mangelnde Einbeziehung der Opferverbände, die fehlende Zustimmung des Bundes, Fehlen eines Gedächtnisortes in der Mitte, die kalte und arrogante Aussperrung des Museums am Checkpoint Charlie, die wir heute bedauerlicherweise wieder von Frau Lange erlebt haben. Unsere Kritik hat sich auf die mehr oder minder gelungenen Versuche bezogen, die DDR weichzuspülen bzw. Demokratie und Diktatur gleichzusetzen.
An diesem konstruktiven Nein halten wir fest, und wir sind zuversichtlich, dass der Bund aus diesen vorliegen
Aus diesem Grund kam mir auch die Parallelität zur Konstruktion einer Bundesgartenschau in den Sinn. Wenn ich mir anhöre, wie viel Wert darauf gelegt wird, wo eine Cafeteria steht, wie viele WCs da sein müssen, das ist Zivilisationsschnickschnack. Das transportiert nichts. Das macht Sachen bequem, die an sich in ihrer Aufnahme abstoßend wirken sollen, denn das ist das Vermächtnis, das wir haben.
Wir alle wollen dieses verfluchte Monstrum Mauer nicht wieder lebendig machen, aber es ist und bleibt unsere Aufgabe, eine konkrete Ahnung davon zu schaffen, welches menschliche Leid sie verbreitet hat, welche Zerstörung sie der Stadt zufügte. Deshalb muss diese Debatte zur Optimierung des Konzepts beitragen. Die Geduld müssen Sie aufbringen, Herr Senator, bloß keinen Schlussstrich. Es würde nichts bewirken. Zu nahe liegt die 40-jährige Diktaturzeit, zu viele Menschen in Ost und West waren und sind betroffen, verletzt und beschädigt. Und wenn Sie es mit Hegel wollen: Wir müssen die Schuld unserer Zeit bezahlen; ich füge hinzu: denn es ist unsere Zeit. – Vielen Dank!
den Vorschlägen ein tragfähiges, allseitig akzeptiertes Konzept machen wird.
Ja! Ich habe wenig Zeit, wenn Sie schnell fragen, Herr Hoff.
Dann sehr gerne!
Vielen Dank für diese Frage, Herr Kollege. Ich verweise Sie auf den Beitrag von Frau Lange, die nicht unbeteiligt ist an der Erstellung dieses Konzepts. Wissen Sie, jemanden einladen ist etwas anderes als mit jemandem zusammen etwas erarbeiten. Das ist ein großer Unterschied.
Lassen Sie mich noch etwas grundsätzlicher werden. Wir alle wissen, da sind wir uns einig, dass es kaum etwas Schwierigeres in der Politik gibt, als Geschichte nacherlebbar zu machen. Wir haben das in Deutschland erst nach etwa zwei Generationen mit der braunen Geschichte hinbekommen. Das wirkungsvollste Instrumentarium, so etwas überhaupt fertigzubekommen, ist, dass man die Authentizität der verbliebenen Orte des Schreckens präsentiert – nicht so sehr in Broschüren und Hinweisschildern. Sehen Sie sich die Schilder der Topographie des Terrors an. Da stehen in der Tat mehrere Menschen. Warum stehen sie da? – Weil die Folterkeller der Nazis zu besichtigen sind. Das heißt, diese Verbindung zum Authentischen ist unendlich wichtig, um etwas zu transportieren. Und wenn das zutrifft, dann hat bei einem solchen Konzept die komplett erhaltene Stasi-Zentrale mit den blauen Möbeln des Herrn Mielke in der Normannenstraße Priorität, der Stasi-Knast in Hohenschönhausen mit seinen Dunkelzellen, die Mauer in der Niederkirchnerstraße, die verbliebenen Wachtürme, der Tränenpalast ist auch erwähnt worden. Die Bernauer Straße ist ein Grenzfall, denn es gibt diese Häuser nicht mehr, aus denen die Menschen damals in den Tod sprangen. Es gibt auch den Tunnel nicht mehr, er ist zugeschüttet. Deshalb müssen wir bei der Bernauer Straße aufpassen, dass wir hier nicht zu einem Disneyland der Diktatur kommen, indem wir es weiter mit unechten, abstrakten Dingen versehen. Das ist eine Sache, über die weiter diskutiert werden muss.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jahr für Jahr wachsen die Besucherströme nach Berlin. Einen Höhepunkt wird es im Sommer anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft geben. Wie man hört und liest, rechnen einschlägige Etablissements in den kommenden Monaten mit guten Geschäften. Die Schlachtenbummler mit spezifischen Bedürfnissen dürfen sich also freuen. Auf sie ist Berlin gut vorbereitet. Warum auch nicht, der Regierende Bürgermeister hat den Maßstab ja vorgegeben: „Berlin“, so Herr Wowereit, „ist arm, aber sexy“.
Wie steht es nun mit der Vorbereitung in Bezug auf die Diktaturgeschichte im Stadtbild? – Berlin hat jenseits jener Banalisierung und Herunterzonung seiner Wahrnehmung doch anderes zu bieten. Die Stadt hat eine doppelte Diktaturerfahrung. Sie hat es erreicht, dass die schlimmste Diktatur, die braune, angemessen dokumentiert wurde. Woran es nach wie vor fehlt, ist eine adäquate Dokumentation der roten Diktatur. Hier hat sich die Stadt, hier haben wir uns alle zunächst blamiert. Weil wir sie nicht mehr sehen wollten, diese verfluchte Mauer, haben wir sie fast total beseitigt. Es ist erst einige Jahre her, dass ein Umdenken eingesetzt hat und eine Konzeption erarbeitet wurde, wie auch immer diese zustande kam. Es ist
eine Konzeption, die die Geschichte der Stadt, ihre Beschädigung, ihre Opfer, ihre Wende betrifft. Es ist also eine Konzeption, die das Stadtgesicht Berlins unverwechselbar machen würde. Schon heute suchen Millionen Touristen nach diesem Gesicht, suchen nach Mauerresten, Wachtürmen, nach der Geschichte dieser Stadt. Diese Nachfrage wird sich noch steigern.
Was finden wir aber heute von dieser Gedenkstättenkonzeption vor? – Wenig bis nichts: zum Beispiel sieben aufgemalte unscheinbare Kreuze zur Erinnerung an die Mauertoten innerhalb der gigantischen Neoarchitektur und ihrer Brachen am Spreeufer. In diesem Defizit liegt die Aktualität unseres Antrags. Dieses Defizit 16 Jahre nach dem Mauerfall stellt ein Versagen der Politik dar. Zweierlei, Herr Flierl, ist vordringlich: Sie haben zugesehen, wie die Mauerkreuze am Checkpoint Charlie verschwanden. Das ist nun sieben Monate her. Sie haben nichts Vergleichbares oder Ähnliches für die Opfer und ihre Repräsentation veranlasst. Das ist nur eins: Das ist beschämend!
Zweites Thema ist die Bernauer Straße: Weshalb, Herr Flierl, haben Sie es nicht fertigbekommen, Transparenz über die zur Verfügung stehenden Grundstücke zu schaffen?
Zusammengefasst: Es gibt keine konkreten Schritte des Senats zur Umsetzung der Gedenkstättenkonzeption. Berlin darf sich nicht ohne seine aktuelle Geschichte präsentieren. Bei diesem Notruf lasse ich es. Er beweist den aktuellen Handlungsbedarf, denn die Stadt, Herr Senator und Herr Regierender Bürgermeister, könnte weit mehr sein als „arm und sexy“. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man die Vorlage zu diesem so genannten Masterplan liest, trifft man immer wieder auf den Namen Scharoun, man beruft sich auf ihn – Scharoun hinten, Scharoun vorn –, aber herausgekommen ist nur Wortgeklingel. Wenn man sich den Begriff „Lustgarten der Moderne“ ansieht und ihn mit dem vergleicht, was Herr Stimmann vorgestellt hat, fühlt man sich fast veralbert. Dieses Kulturforum hat immerhin fünf wirkliche Solitäre – drei von Scharoun, eines von Mies und eines von Stüler, diese wunderbare kleine Kirche –, und wenn man sieht, was Herr Stimmann damit anfangen will, muss man sagen: Das ist makaber. Die Koalition – wenn man das genau beobachtet – ist weder mit dem Herzen noch mit dem Kopf dabei. Frau Junge-Reyer hat sich sehr höflich dazu geäußert, ohne auf die Probleme einzugehen. Ich glaube, diese Pläne sind es wert, dort zu verschwinden, wohin sie gehören, nämlich im Papierkorb.
So, wie es uns jetzt vorgestellt wird, indem diese Solitäre verbaut und verschattet werden, wäre es eine Blamage für Berlin und seine Mitte. Deshalb bitte ich: Wenn Sie heute über diesen Masterplan abstimmen, lassen Sie ihn möglichst schnell im Papierkorb verschwinden. – Vielen Dank!
Unangenehm an der Debatte – das schwingt hier mit – war die Art, wie man – insbesondere Architekten – miteinander umgeht. Der Kampf um Computersimulationen führte irgendwann dazu, dass es keine rationale Debatte mehr gab, wie man mit diesem in der Tat wichtigen Ort für Berlin umgeht.
Ich glaube, dass eine Vollendung des Kulturforums keine so einfache Lösung ist.
Die neue Nationalgalerie von Mies van der Rohe und die Philharmonie allein schon zusammenzubringen, ist ein ausgesprochen schwieriges Unterfangen. In all den Debatten, die ich dazu gehört habe, gab es kaum Vorschläge, was man tun soll. Wie man es nicht tun soll, habe ich oft gehört. Heute hat auch Frau Ströver darauf verzichtet, ihre eigenen Vorstellungen zu unterbreiten, sondern hat nur andere kritisiert.
Aber wenn es darum ging, wie man es machen soll, gab es immer nur eine solide vorgetragene Lösung: Wir errichten das Haus der Mitte von Scharoun/Wisniewski. Aber in den Debatten war in diesem Haus in Wirklichkeit mit Ausnahme der FDP keine einzige Partei für dieses Haus der Mitte als Schlussstein. Dann hat man es in der Debatte nicht so einfach. Frau Ströver z. B. hatte vorge
)
Deshalb unser Ansatz, die Baufelder einzeln zu betrachten, dann jeweils auf einzelne Wettbewerbe auszuschreiben, Stück für Stück behutsam zu entwickeln, aber endlich auf die städtebaulichen Defizite zu reagieren. Wir haben zig Jahre Debatten, mehrere Wettbewerbe und etliche Streitereien und Verletzungen hinter uns. Es gab auch die
Idee, noch einen neuen Wettbewerb zu machen. Das wäre aus meiner Sicht die größte Katastrophe gewesen: ein Wettbewerb mit einem Ergebnis, mit dem dann auch keiner umgehen will, und mit den Gewinnern des neuen Wettbewerbs noch ein paar Akteure mehr, die sich mit den Gewinnern aller vorangegangener Wettbewerbe streiten. Das wäre keine Lösung gewesen, deshalb kommt die behutsame Ergänzung.
Nach über 50 Jahren Unklarheit auf dem Gebiet – das war auch für Herrn Wisniewski kein fairer Umgang – hat der Senat gehandelt, hat beraten, hat sich beraten lassen, hat Planungswerkstätten und etliche Debatten durchgeführt, hat mit allen Anrainern geredet, hat die Anrainerwünsche dort eingebaut, hat Internetforen gemacht und legt jetzt einen Vorschlag, einen Masterplan, vor, der dem Ort eine Chance gibt. Rot-Rot hat auch hier gehandelt, im Gegensatz zu einigen Regierungen jahrzehnte davor. Das ist keine Katastrophe, keine Verhunzung von Scharoun, sondern ein guter Umgang mit dem Ort, mit dem Thema. Deshalb, Frau Ströver, verstehe ich nicht, warum Sie mangelnde Begeisterung sehen. Ich als dafür Zuständiger in meiner Fraktion bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Das Teil kann sich sehen lassen. Dem kann und muss man heute zustimmen.
(D
Herr Regierender Bürgermeister! Sie haben Recht: Es ist nicht unsere Sache, Eigentore zu schießen. Aber Leisetreterei darf auch nicht sein. Ich hatte bei Ihren Ausführungen das Gefühl, dass Sie mit der Sache viel zu vorsichtig umgehen.
Wenn es sich schon um eine Sache der Bundesebene handelt, dann möchte ich wissen: Gibt es von Ihnen wenigstens Initiativen gegenüber der Bundesregierung, um eine Verlagerung der sechs Ministerien, die leider noch in Bonn sind, zu betreiben?
Herr Regierender Bürgermeister! Sie haben bezüglich der Großmäuligkeit und des Anspruchsdenkens Recht. Meine Frage ist, ob Sie in diese Diskussion um die Rückführung der sechs Ministerien nicht auch das Argument einbringen können, dass diese Stadt Berlin 45 Jahre lang die Zeche für die deutsche Spaltung gezahlt hat und dass es deshalb nicht so sehr darauf ankommen kann, unsere gegenwärtige ökonomisch-soziale Situation derart in den Vordergrund zu stellen.
Bei der Gelegenheit möchte ich Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen, dass auch Ihr Parteifreund Herr Thierse sich zu meiner angenehmen Überraschung für diese Rückführung ausgesprochen und von einer geteilten Hauptstadt gesprochen hat, bis dieses Problem nicht bereinigt sei.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Noch ein paar Sätze zu der feindlichen Übernahme des Kurfürstendamm-Karrees. – Ich bin überzeugt davon, dass die Tausende von Anlegern, diese anonymen Leute, die Zinsgewinne im Kopf haben, überhaupt nichts von diesen schaurigen Plänen wissen, die man macht. Vielleicht nach dem Filmmotto „Denn sie wissen nicht, was sie tun“.
Wenn ich zu Ende bin, das ist gleich der Fall.
Die Kulturstadt Berlin, so wäre dann der Vorwurf an uns alle, lässt es also zu, dass zwei renommierte, lebendige Theater zerhackt und pulverisiert werden. Berlin, durch die Fußball-WM vielleicht noch in den Köpfen, zeigte der Öffentlichkeit,
wie es mit seinem Tafelsilber der Kultur umgehen lässt. Nun – denkt man – gibt es ja noch den Senator, der darauf geschworen hat, das Ansehen Berlins zu mehren und Schaden von ihm abzuwenden. Dieser Senator, bis 1989 ein wackerer Mitspieler der verblichenen DDR, hat die Situation schnell erfasst.
Es handele sich, so wie auch Herr Lindner das eben formuliert hat, um eine private Streitigkeit zwischen Vermieter und Mietern, die das unter sich ausmachen müssten.
Sie sehen, ich bin auf dem richtigen Weg, und Sie sind auf dem falschen Fuß erwischt! – Finanzkapitalismus – das ist die hilflose Stimme von Herrn Flierl, die hilflose Stimme der DDR.
Herr Flierl und Herr Lindner, ich muss Ihnen sagen: Wenn man sich die Marktwirtschaft so vorstellt, dass man hilflos ist gegen ihre Bewegungen, dann ist man wirklich schief gewickelt. Herr Lindner weiß das ganz genau. Seine Schützenhilfe sollte man besser aus dem Protokoll streichen.
Ich bin sofort fertig! – Deshalb ist meine Hoffnung eher auf den Regierenden Bürgermeister gerichtet. In der Koalition wird der Senator ja gar nicht mehr gefragt, sondern es geht mit Recht gleich an Regierenden Bürgermeister. Er wohnt ja jetzt auch schräg gegenüber. Ein Besuch heute im Theater ist nett von ihm, bewegt aber noch nichts. Auch diese brieflichen Weichspülereien finde ich nicht ausreichend.
Meiner Ansicht nach muss er folgendes tun: Er muss nach Frankfurt am Main fahren, er muss Herrn Ackermann persönlich treffen und ihm dieses Szenario vorstellen.
Dieses Szenario, das auch die Deutsche Bank, die in Deutschland einiges für die Kultur getan hat, erheblich beschädigen würde, muss man ausspielen. Dieses Szenario muss man aufbauen. Meine Fraktion wünscht deshalb dem Regierenden Bürgermeister viel Erfolg auf so einem Weg. Aber er sollte eines machen: Er sollte Herrn Flierl zu Hause lassen. – Vielen Dank!
Jetzt bin ich gerne bereit.
Ich sehe nicht, dass jemand ernsthaft umsteuern will, respektive umsteuern kann. Eine Ausnahme bildet Frau Ströver vorhin. Gut, viel Spaß, Frau Ströver, vielleicht schaffen Sie es ja! – Ich muss aber darauf hinweisen, dass der schleichende Niedergang des Kurfürstendamms und anderer Promeniermeilen dieser Stadt kein Prozess ist, der erst in 2005 einsetzte. Wo war denn Ihr kollektiver Aufschrei anlässlich der furchtbaren Verschandelung der Friedrichstraße?
Wo bleibt Ihr kollektiver Aufschrei, Herr Wansner – Sie schreien gern – angesichts der scheibchenweisen Aufgabe der einmal festgeschriebenen öffentlich-kulturellen Nutzung des – wie der Regierende Bürgermeister heute Nachmittag sagte – Gebäudes mit Schlossfassade in der Berliner Mitte? – Da schweigen Sie nur.
Wäre es nicht ehrlicher, gleich dem in seiner Konsequenz beachtenswerten Beispiel der Braunschweiger Stadtregierung zu folgen und hinter einer Pseudobarockfassade komplett eine Shoppingmeile einzubauen? – Das ist eine ehrliche Sache. Einem privaten Investor kann man nur schwer vorschreiben, was er hinter den Mauern seines Gebäudes zu betreiben gewillt ist. Wer glaubt, eingreifen zu können, ist hochgradig naiv oder hängt schlicht staatssozialistischen Utopien nach, vor denen der Herr Kollege
Ich finde es gut, wenn sich das Abgeordnetenhaus von Berlin hinter die Woelffer-Bühnen stellt und dies auch erklärt. Mehr ist mit einigermaßen realistischem Blick von diesem Haus aus auch nicht zu machen. „Von der Tragödie zur Farce“ sagt Hegel, „ist es nur ein kleiner Schritt.“ Das Thema ist viel zu ernst, um ein solches zuzulassen.
Wir sollten allerdings das aktuelle Geschehen zum Anlass nehmen nachzudenken und einer möglichen Verschleuderung weiterer kultureller Substanz in dieser Stadt Einhalt zu gebieten. – Einen Nachsatz zu verpassten Handlungschancen möchte ich mir noch erlauben auch von Leuten, die augenblicklich die Gefahren für die Woelffer-Bühnen heftig kritisieren und anderen Untätigkeit vorwerden. Ich möchte einfach abschließend die Frage stellen, weshalb das Bezirksamt CharlottenburgWilmersdorf von Berlin bislang jegliche Chance tatenlos hat verstreichen zu lassen, die beiden architekturhistorisch wertvollen Bühnenräume unter Denkmalschutz zu stellen. Das ist nicht geschehen. Jetzt kann man natürlich sehr leicht versuchen, den Schwarzen Peter dem Senat zuzuschieben. – Vielen herzlichen Dank!
Ich appelliere noch einmal an die FDP-Fraktion beziehungsweise frage: Sind Sie eigentlich auch der Meinung, Herr Lindner, Frau Meister, dass man in dieser Problematik, die Sie als solche auch anerkannt haben, abwarten sollte, wie Vermieter und Mieter sich einigen?
Und wenn die Sache schief geht, dann ist es das gewesen? Oder sollte man Druck aufbauen, zum Beispiel auch an die kulturelle Verantwortung der Deutschen Bank appellieren, die eine Menge in dieser Stadt und auch in diesem Land getan hat? Sollte man Druck aufbauen und dann versuchen, im Wege der direkten Verhandlung – nicht nur netter Briefe hin und her – zu erreichen, dass diese Kulturbarbarei in der Stadt verhindert wird? Es gibt Beispiele, wo Privattheater gerettet worden sind, indem ein solcher Druck aufgebaut wurde – die Tribüne, das Kleine Theater –, auch mit Ihrer Hilfe. – Vielen Dank!
Herr Senator! Wenn Sie sich nicht so schnell hingesetzt hätten, dann hätte ich Sie gerne Folgendes gefragt: In Ihrer Rede haben Sie volles Verständnis für die Interessen der 300 000 Anleger geäußert. Ich frage Sie als Kultursenator dieser Stadt: Ist Ihnen dieses Interesse wichtiger als das Interesse der Stadt Berlin an dem Erhalt dieser Theater? – Dann hätte ich ganz gern eine Antwort darauf.
Ich will Ihnen Folgendes sagen: All die Damen und Herren, die hier übergreifend dazu raten, diese Gespräche abzuwarten und sich möglichst leisetreterisch zu verhalten – das müssen wir ihnen vorhalten, wenn sie damit fortfahren –, verzichten auf Kulturpolitik. Was Sie machen, ist ein Zusehen und kein politisches Gestalten. Wenn Kulturpolitik einen Sinn hat, auch in einer marktwirtschaftlichen Demokratie, dann nur den, sich einzuschalten für das öffentliche Interesse und im Einzelfall vernünftige Abwägungen zwischen diesem öffentlichen Interesse und dem Privatinteresse zu finden. Das ist auch oft passiert.
Herr Flierl! Wir hatten von Anfang an den Eindruck, dass Sie im Grunde genommen mit dem Satz: Das ist eine privatrechtliche Kiste zwischen Vermieter und Mieter, da haben Sie eben den Finanzkapitalismus – auf diese Kulturpolitik verzichtet haben. Deshalb sind wir voller Hoffnung, dass es dem Regierenden Bürgermeister gelingt, diese Kulturpolitik für Sie durchzusetzen und zum Erfolg zu bringen. – Danke schön!
Herr Kollege! Ich will Ihren Redefluss nicht unterbrechen, aber halten Sie die Abwesenheit des Kultursenators bei dieser Debatte für einen Ausweis von Interesselosigkeit, von Hilflosigkeit, oder ist sie ideologisch motiviert?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um gleich mal bei der Schlussdebatte anzufangen: Ich weiß nicht, ob die Damen und Herren von der Sozialdemokratie unseren Antrag gelesen haben. Das ist kein Haudraufantrag. Ich lese Ihnen das mal vor:
Der Mietvertrag wird ungültig, wenn der Insolvenzfall des Betreibers nicht mehr abzuwenden ist.
Dieser Antrag nimmt sowohl Bezug auf die finanzielle Situation und das Haushaltsrecht einerseits, aber eben auch auf das kulturelle Interesse der Stadt daran, dass dieser Kulturstandort nicht baden geht.
Sehen wir kurz auf die rechtliche Situation. Rechtlich wäre und ist der Senat über das Grundstück verfügungsberechtigt.
Er hat sich in seinem Vertrag mit dem Investor sogar das Recht vorbehalten, einen solchen Mietvertrag abzuschließen. – Den Bund hat er allerdings abgewimmelt; der hätte zur Verfügung gestanden, um das Problem zu lösen. –
Daraus folgt eine gewisse moralische Verpflichtung des Senats, nun zu diesem Kulturstandort zu stehen.
Politisch – das ist schon gesagt worden, ich habe mich nicht mit Frau Ströver oder mit den Grünen abgesprochen, ich schwöre Ihnen das, aber sie hat völlig Recht: Seit 14 Jahren ist der Betreiber dort erfolgreich tätig. Er hat die Stätte entwickelt und zu einem international beachteten Kulturstandort dieser Stadt gemacht, und vor allem auch subventionsfrei. Dass dort 30 Menschen arbeiten und 8 Azubis tätig sind, ist eine Qualität, die nicht unberücksichtigt bleiben darf.
Wir alle kennen den Kulturwirtschaftsplan, in dem die hervorragende Rolle der Kultur für die Stadt Berlin, nicht nur für die Kultur, sondern auch für die Einnahmen der Stadt, gewürdigt worden ist. Ich glaube, es sind 8 Milliarden €, die die Kultur hier Jahr für Jahr einspielt. Deshalb ist es meiner Ansicht nach bestürzend und auch beschämend zugleich, wenn in dieser Weise mit diesem Kulturstandort umgegangen wird.
Bestürzend ist es deshalb, weil der Senat offensichtlich von diesen Ergebnissen keine Kenntnisse nimmt oder aber hat. Oder es handelt sich um Sonntagsredenmaterial, das man beiseite schiebt, wenn der Finanzsenator mit seinen Papieren raschelt. Es handelt sich also offensichtlich bei solchen Erwägungen und bei solchen Fakten um Spielmaterial. Frau Lange hat dies unfreiwillig ergänzt, indem sie von Sandkastenspielen sprach. Das ist die Haltung des Senats gegenüber einem so wichtigen Standort im Zentrum von Berlin.
Deshalb mein Appell an Frau Lange und die anderen Damen und Herren von der Kulturfraktion der Sozialdemokraten: Sie wissen es besser als dieser Senat, und stimmen Sie deshalb unserem Antrag zu! Sie tun damit der Stadt und möglicherweise auch sich selbst einen großen Gefallen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gedenkstättenkonzept des Senats ist im Gespräch, und das ist gut so. Es ist gut, dass die Diskussion über die Mauer, die SED-Diktatur und was davon übrig geblieben ist, allmählich in Gang kommt. Gut ist auch, dass allgemein begriffen wird, dass es ein Vergehen an der Stadt war, die Restbestände der Mauer zu entsorgen, zum Beispiel den Wachturm am Checkpoint Charlie durch den damaligen Baustadtrat von Mitte, Flierl, zum Beispiel die Schleifung der Mauer am Potsdamer Platz zu Gunsten gesichtsloser Neubauten. Diese machen Berlin verwechselbar. Jene Mauer hätte das einmalige Schicksal der Stadt widergespiegelt.
Übrigens hat es auch meine Partei an Entschiedenheit bei der Bewahrung von Spolien und Betonteilen dieser widerwärtigen Mauer fehlen lassen.
Neben den guten Nachrichten gibt es offene Fragen, etwa die: Wie umgehen mit den verschwindend wenigen Mauerteilen? Soll man sie durch Inszenierungen, Kopien verlängern? – Meine Fraktion ist der Auffassung, dass der Authentizität der Vorrang zu geben ist vor der Replik und vor der Kopie. Denn Begreifen ist besser als Berichten. Deshalb: Hände weg von den letzten Mauerresten, von den verbliebenen Wachtürmen! Hände weg auch vom Mauermuseum am Checkpoint Charlie, das den Kalten Krieg, den Fall der Mauer und den Tod seines Initiators Rainer Hildebrandt überstanden hat, ohne an Attraktivität zu verlieren.
Es gibt auch gelungene Inszenierungen. Ich denke an die Kreuze mit den Fotos und Kurzbiographien der Mauertoten an der Friedrichstraße. Obwohl ohne Authentizität, handelt es sich um eine gelungene, präsente, fast aktuelle Dokumentation der Maueropfer. Ich hätte gewünscht, Herr Flierl, dass Sie diese Initiative unterstützt hätten, wo doch der Abriss des Wachturms auf Ihr Konto geht. Vor allem die Opfer hätten das von Ihnen erwartet und nicht,
dass Sie in der Anonymität einer regierungsamtlichen, parlamentsfreien Arbeitsgruppe verstecken.
Übrigens ist mir aus Ihrem Beitrag im Kulturausschuss eines nicht klar geworden: Haben Sie sich in dieser Arbeitsgruppe nur auf das Moderieren beschränkt, oder haben Sie eigene Maßstäbe eingegeben? – Darauf hätten wir heute gern eine Antwort.
Ein weiteres Fragezeichen ist dort zu machen, wo und an welchen Stellen auf die Mauer und ihre Opfer hingewiesen werden soll. Es spricht zwar wenig dagegen, die Bernauer Straße zu unterhalten und das Gelände am Nordbahnhof hinzuzunehmen, aber beide leiden unter demselben Manko, ihrer Randlage. Berlin ist eben zu lang und zu breit, als dass man mit einer gleichen Wahrnehmungsdichte den 130 Gedenkorten gerecht werden könnte. Sie alle haben nur dann eine Wahrnehmungschance, wenn es in der Mitte der Stadt einen Ort gibt, der über die Mauer, ihre Geschichte, ihre Opfer, ihre Täter, ihren Fall und die Folgen aufklärt und auf die Gedenkorte außerhalb verweist.
An dieser Stelle wiederhole ich deshalb meinen Vorschlag zur Errichtung eines europäischen Museums. Die Mauer stand für Spaltung und Freiheitsverlust, ihr Fall für Einheit und Freiheitsgewinn, und zwar für Berlin, für die anderen Deutschen, aber eben auch für die Mittel- und Osteuropäer, deren mumifizierte Diktaturen dominoartig wegkippten, als sich die Mauer geöffnet hatte. Wann ist es jemals in Deutschland und Europa geschehen, dass sich Freiheit und Demokratie friedlich durchgesetzt hätten? – Es gibt also ein gemeinsames Schicksal von Spaltung und Befreiung in Europa. Das kann, das muss sich in Berlin widerspiegeln, und zwar in einem solchen Museum der europäischen Freiheit und Einheit. Der Senat bezieht sich zeitlich für seine Konzeption auf das Jahr 2011. Bis dahin dürfte die EU leicht in die Konzeption und Finanzierung einer europäischen Einrichtung mit einzubeziehen sein.
Ich habe anfangs positiv gewürdigt, dass Berlin die Diskussion über die Mauer, die SED-Diktatur und das, was davon übrig geblieben ist, begonnen hat. Übrig geblieben sind aber nicht nur Beton und Stacheldraht, übrig geblieben sind auch Hunderttausende Opfer und eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Tätern und Mittätern. Diese Gruppen aus der Diskussion herauszuhalten, wäre sowohl eindimensional als auch verlogen.
Deshalb, Herr Flierl, stelle ich an Sie, der Sie für diese SED-Diktatur mitverantwortlich sind, die Frage: Woher nehmen Sie die Legitimation, als ehemaliger Kulturfunktionär der SED über Maßstäbe mitzuentscheiden, die die Aufarbeitung einer Diktatur bezwecken, einer Diktatur, die Sie hochrangig repräsentiert haben?
Präsident Momper
In Ihrer Personalpolitik in Sachen Kultur sehen wir nach wie vor den roten Faden Ihrer DDR-Sozialisierung, ob bei der Berufung von Schindhelm, der Umsteuerung der Theater, dem Abriss des Wachturms.
Deshalb fordere ich Sie auf, vor diesem Parlament nachzuweisen, weshalb Sie sich für berechtigt halten, vor die Opfer jener Diktatur mit einem Gedenkkonzept zu treten.
Sollte Ihnen das nicht gelingen, täten Sie gut daran, das Gedenkkonzept in andere Hände zu legen;
denn ohne diesen Nachweis sind Sie nicht der Gärtner einer Erinnerungslandschaft, die in Berlin gepflegt werden muss. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Herr Kollege Hilse! Herr Senator! Sie haben von Ideologie bzw. abgestandenen Formulierungen gesprochen. – Dazu möchte ich folgendes feststellen: Ich habe dem Senator nicht das formale Recht bestritten, hier zu sprechen, sondern die Legitimität.
Herr Hilse! Meine Damen und Herren! Glauben Sie denn allen Ernstes, Sie könnten die Täterbiografien und die der Systemträger aus einer Diskussion, einer langfristig angelegten Diskussion, über die Gedenkstätten wirklich heraushalten? – Glauben Sie denn nicht wirklich, dass die Opfer Sie nicht danach fragen, – –
Das tue ich, Herr Brauer! Es tut mir leid, dass Ihnen das Thema unangenehm ist, aber ich kann es Ihnen im Moment nicht ersparen!
Herr Kollege Hilse! Glauben Sie wirklich, dass es den Opfern gleichgültig ist, wer die Maßstäbe eingibt in eine Konzeption, die sich mit ihrem Schicksal befasst? – Das kann man doch gerechterweise nicht annehmen. Ich will Ihnen noch einmal sagen: Wir haben kein Recht, jemanden zu verurteilen, auch den Senator nicht. Aber wir haben ein Recht und eine Pflicht, nach der Legitimität solcher Debatten und der Legitimität seiner Verantwortung für dieses Gedenkstättenkonzept zu fragen. Und das las
sen wir uns von niemandem streitig machen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Schätzt der Senat die Lebensleistung von Papst Johannes Paul II. als so hoch ein, dass er bereit ist, nach ihm eine Straße oder einen Platz in Berlin-Mitte zu benennen?
2. Wenn ja, wann wird der Senat einen entsprechenden Beschluss dazu fassen?
Frau Senatorin! Können Sie angesichts der Religionsfeindschaft dieser rotroten Koalition ausschließen, dass Ihre unpräzise Antwort etwas mit dieser Feindschaft zu tun hat, und können Sie überzeugend darlegen, weshalb dieser Koalition der globale sich vollziehende Wertewandel entgangen ist, wenn man solch eine Frage oder besser noch Pflicht dem Bezirksamt überlassen will?
Herr Senator! Angesichts der von Ihnen dargestellten Nichterfassbarkeit einer höheren Quantität und angesichts des massiven Zuflusses und der Tatsache, dass die um Berlin wohl keinen Bogen gemacht haben werden, muss man da nicht davon ausgehen, dass die Dunkelziffer der hier Eingeströmten besonders hoch ist, das heißt, dass auch der Schaden für Berlin besonders hoch ist?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
bekannt ist – – ich wollte dem Regierenden Bürgermeister nur helfen bei der Definition des Begriffs goldener Handschlag.
Und deshalb, in der Erinnerung daran, dass es sehr viel Geld kostet, dass diese Ministerien noch in Bonn bleiben, frage ich den Senat, ob er diese Lösung des aufwändigen Hin und Hers als Dauerlösung inzwischen befürwortet.
Herr Wowereit! Angesichts der Tatsache, dass es hier nicht um die Frage geht, ob das Berlin-Bonn-Gesetz gilt oder nicht gilt, kommt es mir doch sehr seltsam vor, wenn Sie sich einerseits als Anwalt des Nachzuges weiterer Ministerien aufspielen, auf der anderen Seite aber dann in einer politischen, nicht in einer rechtlichen Situation, nämlich in einem Zusammentreffen mit der Landesregierung von NordrheinWestfalen, die diesem Umzugsthema sehr negativ gegenübersteht, solidarisieren.
Herr Regierender Bürgermeister! Falls der Senat noch einmal eine Landesregierung finden sollte, die sich mit ihm treffen will, dann muss Berlin also befürchten, dass der Senat auch nach Ihrem Beitrag weiter seine anpasserische und kleinmütige Haltung in der Hauptstadtfrage erneuert; und vor allen Dingen befürwortet er offenbar den so genannten goldenen Handschlag als Dauerlösung.
Ich wollte dem Regierenden Bürgermeister, dessen Arroganz ja – –