Wir reden darüber, dass 10 000 verlorene Arbeitsplätze einen Verlust für die Sozialkassen von ungefähr 113 Millionen § und Steuermindereinnahmen von 46 Millionen § bedeuten. Vielleicht denken Sie vor dem Hintergrund der Zahlen auch einmal über Ihre Haushaltsproblematik nach. Das würde auch helfen. Aber einige in Ihrem Senat sind der Meinung, wir hätten eigentlich kein Einnahmeproblem.
Wenn ich nun die Frage stelle: Was ist denn zu tun? – dann komme ich noch einmal zu diesen zwei Dingen. – Ich habe mir aber erst einmal die Zeit genommen, in Ihre Koalitionsvereinbarung zu schauen. Was ich da finde, wäre ein Hoffnungsschimmer; denn es sind Vorlagen, die wir 1997 im Kern schon einmal zum Besten gegeben haben. Es gibt auch eine Drucksache 13/1709. Da finden sich viele Punkte von dem, was die CDU damals gefordert hat, wieder. Das lässt hoffen, dass Sie es wirklich ernst nehmen und sich etwas bewegt. Vielleicht ist Ihnen auch mehr Glück zu wünschen als uns; denn die SPD hat letzten Endes – Frau Schöttler war dafür zuständig – immer wieder eine Lösung verhindert.
Wenn wir da herangingen, gäbe es zumindest die Möglichkeit, dass Sie etwas bewegen könnten. Bei der Haltung bin ich allerdings sehr skeptisch. – Es geht darum, konsequente Durchsetzung des Mindestlohns zu fordern,
ich nenne bloß Stichworte –, effektivere Kontrolle durch die Einführung eines elektronisch lesbaren Versicherungsausweises. Wenn das alles so ist, hätten Sie hier vielleicht weniger kleine Duelle liefern, sondern dazu lieber etwas sagen sollen, Herr Dr. Gysi. Das wäre hilfreicher gewesen und dem Thema angemessen.
Weitere Stichworte sind: die Ausdehnung der Kontrollen durch Mitarbeiter, die im Überhang sind, und die Verfolgung von illegal Beschäftigten sowie die Vernetzung von Behörden, die bei illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit involviert sind, Datenübermittlung und -austausch sowie gegenseitige Unterrichtung, wenn ein Anhaltspunkt besteht, was momentan in der Form nicht sehr erfolgreich funktioniert.
Auf der anderen Seite – ich male es nicht so schwarz-weiß wie Sie – gehört dazu, dass ich mir Gedanken mache, wie die Rahmenbedingungen der Wirtschaftspolitik sinnvoller zu gestalten
sind, damit ich Schwarzarbeit verhindere. Dass jemand versucht, einen Arbeitsplatz zu finden, damit zu vergleichen, dass jemand Diamanten aus einem Laden raubt, finde ich völlig unangemessen.
Wir reden darüber – so sieht es tatsächlich aus –, dass heute im deutschen Steuer-, Arbeits- und Sozialrecht ein Facharbeiter fünf bis sechs Stunden arbeiten muss, um sich überhaupt eine Stunde eines Facharbeiters leisten zu können. Das sind Realitäten, über die man einmal nachdenken muss.
Wenn Sie sagen: „Sie kritisieren offenbar, dass die Arbeit zu teuer ist!“ – haben Sie Recht. Wir kritisieren das. Sie ist insbesondere in einigen Bereichen zu teuer. Das führt dazu, dass einige – insbesondere Geringverdiener – sich ernsthaft die Frage stellen müssen: Kann ich das bezahlen oder nicht? Und wir müssen uns die Frage stellen: Wollen wir, dass er eine falsche Antwort auf diese Frage gibt, oder wollen wir, dass er einen Betrieb damit beauftragt, der nachher Beiträge an Sozialkassen und hoffentlich auch Steuern bezahlt?
Wenn ich mir ansehe – auch hier nur noch zwei, drei Punkte –, was wir in allen Bereichen haben, stelle ich eine Katastrophe fest – wir haben die 325-§-Jobregelung schon angesprochen. Sie hat Menschen dazu geführt, dass sie entweder ihren Job verloren oder ernsthaft darüber nachgedacht haben, wie sie ansonsten zu Einnahmen kommen – ich formuliere das ganz zurückhaltend. Sie können doch nicht ernsthaft behaupten, dass diese Politik – und da reden wir über Rahmenbedingungen – nicht dazu geführt hat, dass Schwarzarbeit entstanden ist. Wenn Sie das ernsthaft behaupten, sind Sie jenseits von Gut und Böse und jeglicher Realität in diesem Land.
Wir müssen uns darüber unterhalten, dass der Lohnabstand zwischen Nettolöhnen und Sozialleistung steigen muss, damit sich Arbeit für Menschen wieder lohnt. Und wir haben noch gar nicht über diejenigen geredet – ich nenne Ihnen die Zahlen noch einmal –, die Schwarzarbeit betreiben, aber eigentlich einen Bezug aus Sozialkassen haben. Im letzten Jahr gingen 66 000 Fälle an die Staatsanwaltschaft. Das ist ein volkswirtschaftlicher Schaden, der so immens ist, dass wir darüber nachdenken müssen, wo die Ursachen liegen. Noch einmal – vielleicht ist es ein Appell, der an Ihnen abprallt; ich befürchte es fast –: Sie müssen sich ernsthaft darüber Gedanken machen, wie Sie an die Ursachen herangehen. Zu sagen: „Ich gehe jetzt mit Nachdruck daran, alle zu bestrafen!“ – das ist albern.
Sie haben von Ihrer Koalitionsvereinbarung gesprochen, dass Sie das auf dem hohen Niveau weiter bekämpfen wollen. Wenn Sie sich die Zahlen noch einmal vor Augen führen, Herr Dr. Gysi, frage ich mich, was Sie eigentlich auf dem hohen Niveau behalten wollen, ob es tatsächlich das ist, was Sie überprüfen oder ob es möglicherweise die Schwarzarbeit ist. Ihre Antwort erweckt in mir nicht die Hoffnung, dass Sie dies zu einem prioritären Thema für sich machen, da Sie nonchalant darüber hinweggegangen sind, welche möglichen Ressourcen es gibt. Ich habe hier einige Ansätze genannt. Vielleicht haben wir an anderer Stelle noch einmal die Gelegenheit, von Ihnen etwas Qualifiziertes dazu zu hören. Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung muss zum einen durch wirksame Überwachung und spürbare Sanktionen bekämpft werden. Das ist keine Frage. Nach Ihrer Rede hege ich allerdings Zweifel, ob der Senat dazu in der Lage ist. Und – ehrlich gesagt – habe ich auch nach Ihren Haushaltssparmaßnahmen, wo Sie Investitionen massiv absenken, ebenfalls Zweifel. Zu Ihrem Hinweis, dass wir moralisch nicht in der Rolle seien, uns zum Haushalt eine Meinung zu erlauben, sage ich Ihnen: Ich erlaube mir dazu jede Meinung; denn ich habe nicht in den Gremien der Bankgesellschaft gesessen.
Ich kritisiere in der Tat Ihre Prioritätensetzung an dieser Stelle. Man könnte das auch anders und sinnvoller. Und Sie werden mir auch in Zukunft erlauben müssen, in diesem Parlament zu sagen, dass es falsch ist, Investitionen en masse abzusenken, weil Sie damit nämlich Arbeitsplätze vernichten. Das ist die Wahrheit, und diese kann man hier auch sagen.
Wenn ich sehe, wie Sie in diesem Bereich mit Arbeitsplätzen umgehen, habe ich fast keine Hoffnung, dass Rot-Rot in Berlin das Thema Schwarzarbeit ernsthaft in Angriff nimmt, um es zu bekämpfen, weil es kriminell ist – da gebe ich Ihnen Recht – und weil es dazu führen würde – wenn wir es bekämpften –, dass neue Unternehmen sich etablieren könnten, dass neue Arbeitsplätze entstünden, dass Schwarzarbeiter in legale Jobs zurückkämen. All das wäre sinnvoll und wünschenswert, aber, wie gesagt, ich habe Zweifel nach dem, was Sie uns dazu gesagt haben.
Ja! – Darüber hinaus bedarf es einer Wirtschaftspolitik auf Bundesebene, die Lohnnebenkosten senkt und die Arbeit lohnenswert macht. Hier haben wir Ihnen eine Hilfe anzubieten: Ab 23. September kann Ihnen die Regierung Stoiber da weiterhelfen.
Dann kommt es nur darauf an, dass Sie hier in Berlin Ihre Hausarbeiten auch endlich machen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege Dietmann! – Wir fahren fort in der Besprechung, und für die SPD spricht Frau Kollegin Grosse. – Bitte schön, Sie haben das Wort für zehn Minuten. – Der Tag ist lang, so dass wir allen dankbar sind, die präzise sind. – Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Jetzt sind die Kolleginnen wieder drin! Also liebe Kolleginnen und liebe Kollegen von der CDU! Aus Ihren Reihen kam der Wunsch nach einer Großen Anfrage zum Ausmaß der Schwarzarbeit in Berlin. Herr Rzepka, was Sie aus dieser Großen Anfrage gemacht haben, finde ich schon erstaunlich, die ganze Politik der Bundespolitik hier in Frage zu stellen und sich dann zu wundern, wenn Herr Gysi so darauf reagiert. Herr Dr. Steffel wollte es dann wieder etwas herunterbrechen und hat nach den Ursachen geforscht, aber auch wieder in die gleiche Stoßrichtung bezüglich der Steuereinnahmen argumentiert. Wenn man wirklich nach den Ursachen forschen will, muss man sich damit beschäftigen. Herr Dietmann, wenn Sie schon die Erhebung von Herrn Friedrich Schneider zitieren und daraus vorlesen, wie teuer oder wie groß die Schattenwirtschaft in Berlin oder in Deutschland ist, dann müssen Sie auch die Seiten lesen, wo genau steht, welche Ursachen die Schattenwirtschaft hervorgerufen haben. Ich würde dann schon empfehlen, dass wir dieses Thema einmal in einen Ausschuss nehmen und einen Experten zu dem Thema zu Wort kommen lassen, warum die Schattenwirtschaft auch in Berlin solche Ausmaße hat.
Ich denke, wir sind uns darin einig: Wenn wir über Schwarzarbeit reden, dann müssen wir gleichzeitig auch über illegale Beschäftigung reden. Schwarzarbeit ist eine Erscheinungsform der illegalen Beschäftigung, die über illegale Ausländerbeschäftigung und Arbeitnehmerüberlassung, illegalen Verleih, Entleih hin bis zu Betrug bzw. Hinterziehung von Steuern und Abgaben reicht. Alle mit der Thematik vertrauten Personen sind sich einig, dass in den letzten 25 Jahren die Schwarzarbeit und die illegale Beschäftigung angestiegen sind, sicherlich in den letzten 10 Jahren ganz extrem und nicht erst im letzten Jahr, so wie es
die Herren von der CDU gern gehabt hätten, denn da waren Sie nicht mehr in der Regierung. Aber ich wundere mich, warum Sie die Schwarzarbeit in Berlin in den letzten Jahren nicht massiv bekämpft haben.
denn Schwarzarbeit oder illegale Beschäftigung dürfen nicht mehr als Kavaliersdelikt gelten. Das hat auch Herr Dr. Gysi so gesagt, und das möchte ich eindrücklich unterstreichen. Es darf nicht sein, dass wir in Stammtischrunden oder in persönlichen anderen Runden uns damit brüsten und sagen, ich verdiene mir zu meinem Arbeitslosengeld und meiner Sozialhilfe noch etwas dazu, und damit unter Umständen andere motivieren, auch in Schwarzarbeit zu gehen. Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung gefährden unsere sozialen Sicherungssysteme und beeinträchtigen ganz massiv den Wettbewerb. Legal handelnde Unternehmen – das merken wir besonders in Berlin – werden vom Markt verdrängt. Dies hat in der Vergangenheit zu massiven Arbeitsplatzverlusten geführt und wird weiterhin zum Abbau von existenzsichernden Arbeitsplätzen führen. Aber nicht nur zum Abbau von Arbeitsplätzen, sondern auch von Ausbildungsplätzen – so konnte man es heute in der „Morgenpost“ lesen –, die so dringend in unserer Stadt benötigt werden, damit unsere Jugend eine Perspektive hat.
Erste Schritte von Seiten der Politik sind bereits getan, und das sind andere, als Sie genannt haben. Das Arbeitnehmerentsendegesetz wurde durch die Bundesregierung verabschiedet und sichert den Mindestlohn auch für die Bauarbeitnehmer aus dem Ausland.
Sie können sich anschließend melden! – Wir haben auch das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit vom 6. Februar 1995, zuletzt geändert am 21. Dezember 2000, und wir haben in Berlin das Vergabegesetz. Das Personal für die Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung wurde aufgestockt.
Die wohl wichtigste und sicherlich öffentlichkeitswirksamste Maßnahme zur Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Leistungsmissbrauch ist die Durchführung von Außenprüfungen bei den Arbeitgebern. Das hat Herr Dr. Gysi schon ausgeführt. Da gibt es die gemeinsame Stelle, und in Berlin ist diese Stelle beim Arbeitsamt Südwest installiert.
Die Arbeitsämter und die Hauptzollämter sind berechtigt, zu diesem Zweck Unterlagen einzusehen und die Personalien der in diesem Betrieb tätigen Personen zu überprüfen, ob frühere Angaben des Arbeitgebers zutreffend bescheinigt wurden.
Jetzt noch ein paar andere Zahlen zusätzlich zu den bereits genannten. In Berlin wurden in den Jahren 1997 3,6 Millionen §, 1998 4,2 Millionen §, 1999 6,5 Millionen §, 2000 14,2 Millionen § und 2001 11,4 Millionen § an Verwarnungs- und Bußgeldern eingenommen. Wenn man diese Zahlen vergleicht, wird deutlich, dass die Kontrollen auch in Berlin verstärkt wurden, Früchte tragen und somit die Schwarzarbeit wirkungsvoll zu bekämpfen suchen. Das soll nicht heißen, dass wir nicht mehr tun können, um dem Missbrauch von Sozialleistungen entgegenzuwirken und somit das Beitragsaufkommen zur Sozialversiche