Protokoll der Sitzung vom 18.08.2005

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Für die Beratung steht den Fraktionen eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der CDU. Das Wort hat der Kollege Hoffmann. – Bitte schön!

Meine Damen und Herren! – Neue Chancen müssen im Interesse der Berliner genutzt werden, das kann man bei diesem Thema konstatieren. Nach Einführung von Hartz IV und von Rot-Rot verursachtem Umsetzungschaos, gibt es jetzt die Möglichkeit, auf mehr Kompetenz zu setzen. Natürlich ist die von der Bundesagentur mit dem Ministerium geschlossene Rahmenvereinbarung ein halbherziger Schritt, denn es gibt – das zeigt die Erfahrung der Vergangenheit – den richtigen Weg nur dann, wenn man es kommunal durchführt und nicht immer noch an der Bundesagentur festhält. Das hat die CDU schon immer gefordert, und immer öfter wird an allen Ecken und Kanten deutlich, dass das die richtige Organisationsform und die einzige praktikable Lösung wäre. Der Senat hat bisher weder seine Verantwortung bei der Umsetzung noch die Möglichkeit der Option für Berlin in dieser Frage gezogen und hat daher bisher auch wenig erfolgreiche Ergebnisse zu verzeichnen. Gerade deshalb ist für Berlin die neue Möglichkeit besser als der IstZustand.

Mit der Unterzeichnung auf Bundesebene haben SPDMinister Clement und die Bundesagentur endgültig ihr Scheitern in der Arbeitsmarktpolitik eingestanden. Clement kapituliert vor den Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt und möchte offensichtlich seine Probleme abschieben.

Jetzt sind wir in der Verantwortung in Berlin und müssen dazu die passive Rolle aufgeben und die Verantwortung wahrnehmen, die möglich ist. Herr Wowereit als Regierender Bürgermeister ist natürlich in besonderer Verantwortung. Hier geht es nicht darum, sich wegzuducken, es auszusitzen und lange zu überlegen, sondern hier geht es darum, die vorhandenen Angebote von der Agentur in Berlin – das Schreiben liegt seit dem Frühsommer vor – wahrzunehmen und die Umsetzungsmöglichkeiten deutlich zu machen.

Die Grünen haben das in ihrem Antrag, der dieselbe Intention hat wie unser Antrag, den wir vorgetragen haben, auch noch einmal verdeutlicht. Er kommt zwar ein bisschen spät und fordert letztendlich nur das Umsetzen ein, geht aber in die ähnliche Richtung.

Darum muss jetzt hier in Berlin diese Rahmenvereinbarung verändert werden. Dabei geht es ganz klar um einige Punkte der Verbesserung. Erster Punkt: die Zuständigkeit. Wir leben in einem Wirrwarr der Zuordnung zur Bundesagentur, zu den bezirklichen Ebenen und der lokalen Ebene, die vor Ort die Probleme kennt, aber nicht handeln kann. Hier ist ein erster Punkt, der jetzt geändert werden kann. Das muss gemacht werden. Dabei sind die Trägerversammlungen einzubeziehen. Hier können Veränderungen herbeigeführt werden, die nicht mehr diesen Pari-Pari-Zustand belassen, sondern klare Entscheidungsbefugnisse ermöglichen, beispielsweise durch eine 60:40-Verteilung zu Gunsten der bezirklichen Ebene. Auch das führt dann natürlich zu einer Verbesserung der Situation vor Ort.

Denn die Vielzahl der Probleme, die momentan in den Agenturen und in den Arbeitsgemeinschaften vorherrscht, liegt in ihrer Organisation und den völlig unzureichenden Möglichkeiten der Entscheidungsbefugnisse begründet. Insofern braucht es auch mehr Kompetenz für die Geschäftsführer in den Jobcentern. Hierzu gehören klare Personal- und Strukturverantwortung, vollständige Weisungsbefugnis gegenüber den bereitgestellten Mitarbeitern und eine klare Verantwortung für die Mittelverwendung. Die Stärkung der dezentralen Verantwortung schafft dabei klare Mehrheitsverhältnisse zu Gunsten der bezirklichen Ebene. Die erwähnten Entscheidungsfreiräume und die Trennung von Gewährleistungs- und Umsetzungsebene ist ein wesentlicher Schritt für die Betroffenen. Das Angebot der Regionaldirektion BerlinBrandenburg vom Frühsommer sollte also angenommen werden, um in diesen Strukturfragen erfolgreich zu sein. Bisher ist das nicht geschehen, was deutlich macht, dass dieser Linkssenat in den wesentlichen Strukturfragen handlungsunfähig ist und es notwendig macht, dass wir hier im Parlament den Anschub leisten, damit hier endlich mit der Moderation aufgehört und angepackt wird – für die Betroffenen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Brauer (Linkspartei.PDS)]

Vielen Dank, Herr Kollege Hoffmann! – Es folgt die Fraktion der SPD. Das Wort hat die Frau Kollegin Grosse. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bundesminister Wolfgang Clement und der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Herr Weise, haben am 1. August notwendige Entscheidungen getroffen und somit die erforderlichen Entscheidungsspielräume für die Arbeitsgemeinschaften vor Ort geschaffen. Die Geschäftsführungen in den Arbeitsgemeinschaften bekommen klare Entscheidungsbefugnisse im operativen Geschäft. Das bedeutet, sie werden die Arbeitsmarktpolitik

vor Ort über Personal, Haushalt und Verwaltung selbst bestimmen. Des Weiteren können die Trägerversammlungen, in denen die Arbeitsagentur derzeit noch die Mehrheit stellt, von der kommunalen Seite übernommen werden, wenn dieses gewünscht wird. Hier brauchen wir – und das sagen wir ganz klar und sind uns mit dem Koalitionspartner einig – eine einheitliche Lösung für Berlin. Die Gespräche sind aber auch hier schon angelaufen.

Die Bundesagentur wird künftig ihr Personal den Arbeitsgemeinschaften vor Ort zuweisen. Damit erhalten die jeweiligen Geschäftsführer die vollständige Weisungsbefugnis, auch über den Einsatz der von der Bundesagentur überlassenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zu diesen Personalfragen wird die Bundesagentur Gespräche mit den zuständigen Gewerkschaften führen.

Werter Kollege Hoffmann! Diese Entscheidungen treffen auch auf Berlin zu und werden zeitnah umgesetzt. Sie präsentieren uns heute einen Antrag und vergleichen ihn noch mit dem Antrag der Grünen, der sich aber nun gewaltig von Ihrem unterscheidet,

[Beifall der Frau Abg. Jantzen (Grüne)]

denn die Grünen haben einen Antrag, der die Forderung nach Umsetzung stellt, aber Ihr Antrag ist nicht einmal das Papier wert, auf dem er gedruckt ist.

[Beifall der Frau Abg. Radziwill (SPD)]

Die Forderungen, die Sie uns heute präsentieren – das sagte ich eingangs schon – sind am 1. August bereits beschlossen worden.

[Hoffmann (CDU): Quatsch!]

Mit diesem Antrag, Kollege Hoffmann, können Sie nicht punkten. Dieser Antrag ist einfach von gestern. Aber das wundert mich nicht, denn Sie haben hier für den Antrag gesprochen und nicht Herr Kurth. Da wusste ich schon, welchen Inhalt dieser Antrag haben wird. Dieser Antrag ist einfach überholt.

[Beifall bei der SPD]

Ihre Begründung passt noch nicht einmal zum Antragstext. An Ihrer Stelle – das sage ich Ihnen ganz ehrlich – hätte ich diesen Antrag klammheimlich einfach in den Ausschuss überweisen lassen.

[Müller (SPD): Peinlich!]

Sinnvoll wäre es, Kollege Hoffmann, wenn Sie Ihre geballte Kraft dafür einsetzen würden, dass Ihre Vertreter im Bundesrat den Korrekturgesetzen zustimmen und diese nicht ständig blockieren. Da würden Sie etwas Gutes tun. Denn bei Leistungen nach Arbeitslosengeld II dürfen die Menschen in den neuen Ländern nicht länger schlechter gestellt werden, so wie Ihre Partei das vehement weiter vertritt. Aber, Herr Hoffmann, wie Ihre Partei über die Menschen denkt, haben wir in den letzten Wochen und Tagen eindeutig vernehmen können. Dazu möchte ich nichts weiter sagen.

[Henkel (CDU): Wiederholen Sie das doch einmal! –

Sie wollten die Wiedervereinigung doch selbst nicht!]

Und Sie trennen die Menschen gerade wieder!

Zurück zur Arbeitsgemeinschaft. Mit dieser Vereinbarung, die zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und der Bundesagentur getroffen wurde, wird nun endlich das Kompetenzgerangel in den Jobcentern aufhören, und ein weiterer Stolperstein ist weggeräumt. Durch diese Vereinbarung ist ein weiterer wichtiger Schritt, wie andere schon, in die richtige Richtung getan worden.

[Rabbach (CDU): In die falsche!]

Ihr Antrag, werte Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, fordert den Senat auf, unverzüglich alle Schritte einzuleiten, dass diese Vereinbarung umgesetzt wird.

[Frau Pop (Grüne): Der Senat hört nicht zu, sondern redet!]

Vielleicht, aber das macht ja nichts, das können die Senatsmitglieder dann nachlesen. – Sie fordern uns dazu auf, haben wieder Bedenken, dass die rot-rote Koalition nicht in die Puschen kommt, dass wir das in Berlin nicht umsetzen. Ich bin gespannt auf die Diskussion in den Ausschüssen. Sie wird uns zeigen, ob wir diese Anträge benötigen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Der Kollege Hoffmann erhält die Gelegenheit zu einer Kurzintervention. – Bitte schön!

[Rabbach (CDU): Gregor, jetzt aber!]

Werte Frau Grosse! Ich freue mich ja, dass Sie den Kollegen Kurth sehr schätzen. Dass Sie sich sonst jedoch im Ton vergriffen haben, finde ich bedauerlich. – Ich will Ihnen nur noch einmal deutlich machen, dass es nicht ausreichend ist, in unserem System der Bundesrepublik nur auf einer Ebene eine Entscheidung zu treffen, sondern wir brauchen auch in Berlin Entscheidungen. Die sind eben nicht getroffen worden. Deswegen mussten wir den Antrag stellen, damit das angeschoben wird und in Berlin die nötigen Entscheidungen getroffen werden, damit auch umgesetzt wird, was möglich ist.

[Beifall bei der CDU]

Es wird doch bisher nichts umgesetzt. Es gibt wieder eine Unsicherheit bei all denjenigen, die sich damit beschäftigen, nur bei Ihnen nicht, weil Sie denken, wenn da einmal etwas von Herrn Clement beschlossen worden ist, dann wird es schon passieren. So läuft es leider nicht!

[Beifall bei der CDU – Frau Dott (Linkspartei.PDS): Schwach! Sie lassen nach, Herr Hoffmann!]

Frau Grosse hat selbstverständlich das Wort, um zu antworten. – Bitte schön!

Herr Hoffmann, tut mir Leid, ich habe Ihnen das eigentlich schon in meiner Rede erklärt, aber manchen Menschen muss man manchmal etwas zwei Mal erklären. Das ist ein Gesetz,

[Hoffmann (CDU): Eine Rahmenvereinbarung!]

eine Rahmenvereinbarung, ja, ja, Herr Hoffmann –, die wir in Berlin umsetzen werden, Sie werden es sehen. Es werden bereits Gespräche geführt. Warten Sie einfach ab, Herr Hoffmann!

[Beifall bei der SPD – Hoffmann (CDU): Bisher ist noch nichts zu sehen!]

Danke schön, Frau Kollegin Grosse! – Jetzt folgt Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat die Frau Kollegin Pop. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass Rot-Rot bei Hartz nicht in die Puschen kommt, das lesen wir täglich in der Zeitung.

[Gaebler (SPD): Sie müssen nicht alles glauben, was in der Zeitung steht!]

Ich gebe Ihnen ein kurzes Potpourri davon: Lange Schlangen vor den Jobcentern,

[Doering (Linkspartei.PDS): Wo sind die angesiedelt?]