Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der hier vorliegende Entwurf ist das Ergebnis eines multifaktoriellen Geschehens. Das Vorschaltgesetz aus dem Jahre 2003 sollte noch im selben Jahr durch ein Universitätsmedizingesetz ersetzt werden. Vorbild für dieses Gesetz sollten nach Meinung der Koalitionsfraktionen die Reformen und Erfahrungen der anderen Bundesländer sein. Jedoch gab es verschiedene Hindernisse. Zunächst verzögerten sich die Einrichtung des Aufsichtsrats und die Berufung des Vorstands erheblich. Kleine Irritationen zwischen den zuständigen Senatoren und den Koalitionsfraktionen führten zu interessanten, aber zeitverzögernden Gesprächsrunden. Unterdessen entstand bei Aufsichtsrat, Vorstand und Personalrat die Meinung, die besondere Stellung Berlins erfordere einen Sonderweg. Obwohl mit dem Saarland und Sachsen-Anhalt die beiden letzten Länder sich entschieden haben, Universitätsklinika als Anstalten des öffentlichen Rechts zu führen, um sich für die notwendigen Strukturänderungen im Krankenhauswesen, zum Beispiel die Einrichtung der Fallpauschalen, zu wappnen, wollen Aufsichtsrat und Vorstand der Charité nachweisen, dass zunächst auch andere Wege auf der Grundlage des Vorschaltgesetzes zum Ziele führen.
Ich fordere Sie alle auf, die nächsten sechs Monate zu nutzen. Gehen Sie zu den Migrantenorganisationen! Sie werden Einladungen erhalten. Diskutieren Sie das in den Fachausschüssen! Laden Sie dazu Fachkompetenz ein! Sie werden sich wundern, wie viel Klugheit und Intelligenz sowie Engagement Sie dort antreffen. Mitzureden, ist für alle Beteiligten eine große Chance. Prüfen Sie, ob unsere Vision schon stimmt, die formuliert ist, oder ob wir sie anders formulieren sollten, ob die Strategie stimmt, ob wir sie erweitern oder noch einmal überdenken müssen. Ich glaube, dass sie stimmt.
Der hier vorliegende Entwurf trägt dieser Absicht Rechnung, allerdings lässt er eine spätere Rechtsformänderung offen und sichert dafür auch die Voraussetzungen. Vorstand und Aufsichtsrat gehen davon aus, dass das Ziel der strukturellen Umgestaltung und Fusion der Charité nur erreicht werden kann, wenn eine zusätzliche, alle Bereiche betreffende Managementebene eingezogen wird – die Zentren. Geplant sind 16 Zentren mit jeweils drei Managern, die in der Verantwortung des Vorstands betriebswirtschaftlich arbeiten sollen. Das Gebot und die Möglichkeit, solche Zentren einzurichten, ist die wichtigste materielle Änderung gegenüber dem Vorschaltgesetz.
Frau Präsidentin, ganz zum Schluss – das ist auch eine Frage des Anstands – möchte ich im Namen meiner Fraktion allen Mitarbeitern des Büros des Integrationsbeauftragten ganz herzlichen Dank sagen, die teilweise im Sommer Urlaubssperre wegen des Konzeptes hatten, wie ich hörte, an den Landesbeirat, an die anderen Verwaltungsmitarbeiter, die ressortübergreifend zu denken angefangen haben. Ich wünsche uns eine spannende Diskussion. Nutzen wir die Chance, die wir haben! – Danke!
Die hier vorgeschlagenen Änderungen zur Zusammensetzung des Aufsichtsrats folgen der Anregung, zum einen mehr Sachverstand in Bezug auf das Krankenhausmanagement einzubeziehen und andererseits die Mitbestimmung der Beschäftigten zu sichern. Durch das Vorschaltgesetz ist bereits geregelt worden, dass es eine Verantwortung für den Haushalt des Klinikumsdirektors und des Dekans gibt. Dadurch ist es möglich, dass man Finanzströme und Defizite erkennen und entsprechend reagieren kann. Für die Frage, inwiefern diese Möglichkeiten genutzt werden oder verbessert werden müssen, werden die Anhörungen durch das Parlament Hinweise geben.
Danke schön! – Die anderen Fraktionen haben ihre Redezeit bereits ausgeschöpft. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.
Also: Fehlende Zeit, zwei verlorene Jahre für die Charité. Und nun dieses Gesetz. Es ist, wie alle Fachleute in
der Stadt, aber auch außerhalb der Stadt sagen, eine Zumutung für den Vorstand und eine Zumutung für die Universitätsmedizin. Dieses Gesetz strotzt nur so vor Regeldichte. Ich nenne Ihnen drei Beispiele: Im Aufsichtsrat sind weiterhin zwei Senatoren Pflichtmitglied. Das halten wir für falsch.
Es ist unstrittig, dass ein Gesetz nur einen Rahmen für ein Unternehmen bilden und nicht den Erfolg sichern kann. Ebenso wie im Ergebnis die Bildung einer GmbH oder Aktiengesellschaft nicht allein schon erfolgreich sein muss. So wie die Charité jetzt konstruiert ist und auch in Zukunft sein wird, liegt der Schlüssel zum Erfolg in der Kompetenz und der Objektivität der Aufsichtsratsmitglieder und in der betriebswirtschaftlichen, wissenschaftlichen und medizinischen Kompetenz der Klinikumsfakultätsleitung und des Vorstands, also in Personen. Umso mehr ist deren Einsatz für das Unternehmen und nicht für Interessengruppen innerhalb und außerhalb der Charité gefragt und notwendig.
[Dr. Flemming (SPD): Das ist überall in Deutschland! – Dr. Flemming (SPD) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]
Herr Flierl ist gesetzlich geregelter Aufsichtsratsvorsitzender. Das hat es in der Universitätsmedizin in Deutschland bisher auch noch nicht gegeben. Beim Vorschaltgesetz haben Sie gesagt, dass das nur eine vorübergehende Sache sein solle. Er traut also nicht einmal mehr dem Gesamtsenat, dass er in den Aufsichtsrat gewählt werden würde, sondern er muss sich persönlich pflichtmäßig in das Gesetz schreiben lassen.
Einen ebenso großen, wenn nicht größeren Anteil am Erfolg haben die Mitarbeiter. Klare Ziele und verständliche Entscheidungen sind die Voraussetzungen für ein Engagement der Mitarbeiter, genauso das Wissen, dass im Krankenhaus Effektivitätsgewinne nicht durch Lohndumping, sondern durch Standortentscheidungen – nicht Standortrivalitäten –, durch effektive Betriebsabläufe, durch Arbeitsorganisation und ein kluges Management im Miteinander mit den Mitarbeitern erreicht werden kann.
Viele Irritationen der Charité in der Öffentlichkeit in den letzten Wochen werden wir in den Anhörungen der Charité im Vermögens- und im Wissenschaftsausschuss zur Sprache bringen und hoffentlich klären, um aus diesem Entwurf einen soliden Rahmen für das Unternehmen Charité und die Zukunft dieser Stadt zu bilden. – Ich danke Ihnen!
Herr Kollege! Wissen Sie, dass in allen Bundesländern, ob in Bayern, BadenWürttemberg, Bremen, Hamburg oder Saarland, diese beiden Senatoren immer Mitglieder sind, weil das Geld von den Aufsichtsräten kommt? Wenn Sie wollen, dass das Geld nicht daher kommt, können wir es gern so machen, wie Sie es wollen. Aber wenn das Geld dorther kommt, sind im Aufsichtsrat die beiden Senatoren oder Minister vertreten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Flemming! Sie haben eben deutlich gemacht, dass Sie gut zwei Jahre Zeit gebraucht haben, um dieses Universitätsmedizingesetz auf den Weg zu bringen – eine lange Zeit, zweifelsohne! Es ist vernünftig, dass jetzt ein Gesetz vorliegt, aber Sie haben die letzten zwei Jahre nicht dazu genutzt, um ein vernünftiges Gesetz zu Wege zu bringen. Ich glaube sogar, dass wir von einer verlorenen Zeit für die Charité sprechen müssen, wenn wir die letzten zwei Jahre betrachten. Bei der Durchsicht dieses Gesetzes fehlt Ihnen eine Zielbeschreibung, was Sie mit der Universitätsmedizin in Berlin, mit der Universitätsmedizin Charité, vorhaben. Die Präambel ist eine Beschreibung von Allgemeinheiten. Herr Hoff, ich kann mir fast gar nicht vorstellen, dass Sie beim Schreiben dieser Präambel beteiligt waren; sie strotzt nur so vor Allgemeinplätzen. Es gibt einen ganz kleinen Punkt, in dem Sie in Details gehen, aber der ist so piefig, dass man sich kaum traut, ihn vorzutragen: Es geht um die zukünftigen Inhalte der Mitteilungsblätter der Charité geht.
Herr Abgeordneter Flemming! Ich danke Ihnen für diese Zwischenfrage. Es gibt kein Bundesland, in dem gesetzlich geregelt ist, dass der Aufsichtsratsvorsitzende der Wissenschaftssenator sein muss. Das Gesetz, in dem das steht, müssen Sie mir zeigen!
Ein dritter Punkt ist die Gremienvielfalt, die Sie in diesem Gesetz festgehalten haben – weiterhin sieben verschiedene Organe, deren Zuständigkeiten weit aufgebläht sind.
Sie wissen selbst, dass niemand aus dem Vorstand der Charité diesem Gesetz, wie es derzeit auf dem Tisch liegt, zustimmen kann – im Gegenteil, man arbeitet intensiv an Zuarbeiten an die Regierungsfraktionen, um Veränderungen herbeizuführen. Es fehlt an Erfolgen aus der Erprobungsklausel, die von uns bisher für solch ein Gesetz vor
1. Wir als rot-rote Koalition haben eine Strukturveränderung vorgenommen, die über Jahre hinweg überfällig war und zur Fusion der Universitätsmedizin in Berlin geführt hat. Die Zielstellung dieses Universitätsmedizingesetzes besteht darin, die Zusammenfassung der einzelnen Standorte der beiden Fakultäten nicht nur additiv, sondern auch als Struktur zu ermöglichen. Deshalb findet sich in diesem Gesetzentwurf – anders als im Vorschaltgesetz – die Ermöglichung dessen, was sich die Charité in eigener Überlegung und nicht in Reglementierung durch den Senat, durch das Parlament oder andere öffentliche Einrichtungen realisiert hat, nämlich die Einrichtung von Zentren. Die Struktur der Charité in Zentren ist aber die Überwindung der bisher nur additiv zusammengefassten Standortstrukturen und die Bildung einer zusammengefassten und aus sich selbst heraus neu strukturierenden Einrichtung die Charité-Universitätsmedizin. Diese Strukturen gewährleisten zu können ist eine der Zielstellungen des Gesetzentwurfs.
geschlagen wurde, es fehlt an Handlungs- und Entscheidungsspielraum. Sie haben dem Senat beziehungsweise dem Abgeordnetenhaus den Zustimmungsvorbehalt für fast jede kleine Maßnahme gegeben. Auch das halten wir nicht für richtig. Bei einer Universitätsmedizin muss der Vorstand die Möglichkeit haben, auch Einzeldinge regulieren zu können.
Kurzum: Es fehlt Ihnen an einer Vision für die Berliner Universitätsmedizin. Sie sparen nicht nur am stärksten an den Stärken der Stadt, sondern Sie reglementieren auch noch am stärksten an den Stärken der Stadt. Sie sollten dieses Gesetz nicht weiterschreiben, Herr Flemming, sie sollten es anderen übergeben. Vielleicht haben wir dann die Chance, nicht wieder von verlorenen Jahren für ein so wichtiges Unternehmen wie die Charité sprechen zu müssen. – Vielen Dank!
2. Wir haben der Universitätsmedizin in Berlin mit der Fusion darüber hinaus erhebliche Einsparungen zugemutet, die schwer wiegend sind. Darauf wird von unterschiedlicher Seite immer wieder hingewiesen. Wir wollen ihr mit diesem Gesetzentwurf die Möglichkeit geben, die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens und die Handlungsfähigkeit des Vorstands zu erweitern. Es gibt eine Ausnahme, das kritisiert der Vorstand in der Tat, bei den Flächenveräußerungen. Hier gibt es einen Vorbehalt des Parlaments, wie es den auch in anderen Bereichen beim Unterausschuss Vermögensverwaltung gibt. Ansonsten hat der Vorstand wie bisher einen weitgehenden Handlungsspielraum. Die Tatsache, dass wir über die Ausschreibungen der Charité derzeit so intensiv diskutieren, zeigt, dass es einen überaus großen Handlungsspielraum des Vorstands der Charité gibt, wo im Gesetzentwurf gegenüber dem Vorschaltgesetzt keine Einschränkung beim Vorstand vorgesehen ist.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Czaja, vielen Dank für das Kompliment, das gebe ich gerne zurück, aber ich glaube, dass Sie trotzdem mit dem, was Sie in der Rede auch ausgeführt haben, nur bedingt die Kritik, die es an jedem Gesetzentwurf gibt, aufgenommen haben. Kritik in dieser Allgemeinheit hilft in einer parlamentarische Beratung nicht weiter.
Wir werden am 4. November im Ausschuss eine Anhörung durchführen, in der 15 Anzuhörende aus unterschiedlichen Bereichen – so die Festlegung von heute – ihre Position zu dem Gesetzentwurf äußern. Da werden Mitglieder des Vorstands dabei sein, Universitätskliniker, auch Vivantes und die entsprechenden Gremienvertreterinnen und -vertreter. Ich glaube, dass dann wie beim Vorschaltgesetz ganz unterschiedliche Positionen zu diesem Gesetzentwurf geäußert werden. Die ganz unterschiedlichen Positionen resultieren aus ganz unterschiedlichen Hintergründen, die die Vertreterinnen und Vertreter z. B. der Studierenden, der Mitglieder des akademischen Mittelbaus, der Ärzte im Klinikum selbst, der Personalräte und des Vorstands haben. Dort wird eine ganze Bandbreite an unterschiedlichen Positionen geäußert werden. Es wird wie beim Vorschaltgesetz eine Reihe von Zustimmungen von jeder Gruppe geben und eine Reihe von Punkten, die einzelne Gruppen kritisieren. Das hat einen ganz einfachen Grund. Man kann nämlich keinen Gesetzentwurf machen, der allen Interessengruppen, die zwangsläufig in Widerspruch zueinander stehen, gerecht wird. Insofern muss man eine Abwägung vornehmen. Wir haben eine Abwägung vorgenommen.
3. Die Charité-Universitätsmedizin ist nicht nur eine Einrichtung, die Forschung und Lehre betreibt, sondern auch ein Unternehmen der Krankenversorgung. Wir haben im Land Berlin eine große Diskussion über Transparenz und Wirtschaftlichkeit und wie der Corporate Governance Kodex und andere Mittel zur Transparenz in Regelungen für öffentliche Unternehmen verankert werden können.
Da möchte ich noch einmal auf Sie eingehen, weil Sie gesagt haben, in diesem Gesetzentwurf sei kein Konzept erkennbar. Das Konzept, das in diesem Gesetzentwurf deutlich wird, ist in drei Punkten skizzierbar:
Was Sie eben gesagt haben, dass es nur um die Veräußerung von Grundstücken gehe, steht eben gerade nicht im Gesetz. Sie schreiben im Gesetz, dass der Aufsichtsrat bei jeder Einzelmaßnahme, z. B. bei jedem außertariflichen Vertrag, zu hören sei. Damit braucht man
Okay. – Mit dem Gesetzentwurf – darauf wird in einer späteren Debatte noch hingewiesen – allein werden Fragestellungen wie z. B. die Perspektive des Strukturkonzepts der Charité bzw. auch des Beteiligungskonzepts, das wir im Rahmen der Haushaltsdebatte im Unterausschuss Vermögensverwaltung und im Wissenschaftsausschuss noch ansprechen werden, nicht gelöst werden können. Ein Gesetzentwurf zu einem Universitätsmedizingesetz kann nur den gesetzlichen Rahmen für die Organisation einer Einrichtung wie der CharitéUniversitätsmedizin vorgeben. Aber die Frage, wie das Organisationskonzept umgesetzt wird, das ist eine Debatte, die wir mit den Akteuren in dem Unternehmen Charité führen müssen. Da sage ich bewusst dem Unternehmen Universitätsmedizin Charité: Das ist sowohl die Krankenversorgung als auch Forschung und Lehre, die sich hier als ein Unternehmen verstehen müssen. Diese Frage ist aber eine, die mit dem Gesetzentwurf zwar in Verbindung steht, über die hinausgehend wir aber diskutieren müssen. Das ist die über den Gesetzentwurf hinausgehende, für die Perspektive der Berliner Universitätsmedizin noch wesentlichere Fragestellung. – Vielen Dank!
bei den Führungskräften – Sie wissen, wie viele Mitarbeiter in Forschung und Lehre außertariflich beschäftigt werden – für jeden Mitarbeiter einen Aufsichtsratsbeschluss. Was haben Sie sich da vorgestellt?