Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass ich sehr stolz darauf bin – das habe ich auch gesagt –, dass sich der Unterrichtsausfall prozentual verringert. Es ist Unfug, dass dies nur zur statistischen Freude getan wird, und diese Äußerung entspricht nicht dem sonstigen Niveau, das wir pflegen.
Im Weiteren haben Sie gefragt, ob ich nicht die Fülle von Meldungen und Briefen wahrnehme. Ich nehme alle Briefe wahr und lese sämtliche Briefe, die an mein Ressort gerichtet sind. Da kann ich sehr wohl einschätzen, was Inhalt der Briefe ist und was von Presseerklärungen der GEW zu halten ist. Ich sage Ihnen ganz klar: Was die GEW gestern veröffentlicht hat, trifft mitnichten die Realität in der Berliner Schule. Weil Sie von „den“ Eltern sprechen, so bitte ich Sie einmal nachzulesen, was der gewählte Landeselternsprecher heute im „Tagesspiegel“ hierzu gesagt hat. Ich mache mir die Worte nicht zu eigen, ich sage nur: Da ist wohl etwas dran. – Dass wir allen Beschwerden – übrigens auch dann vor Ort – exakt nachgehen und uns um Verbesserungen bemühen, ist eine Selbstverständlichkeit. Das tun wir. Es ist vollkommen klar und so ähnlich wie bei einem Parlamentarier, der immer nach einem Idealbild strebt, das man doch nicht erreichen kann: Sie werden in einer Grundschule und in anderen Schulen nie in dem Sinne fertig und zufrieden sein. Es tauchen eben immer wieder Probleme auf, und die muss man vor Ort regeln.
Was die Gesamtfrage betrifft, die Sie nebenbei angeschnitten haben, nämlich die Frage, ob die Berliner Grundschule mit den eingeleiteten Reformen fertig wird oder nicht, möchte ich sagen: Wer diese Frage sechs oder acht Wochen nach Schuljahresbeginn ernsthaft thematisiert, der kann gar nicht realistisch über Bildungspolitik mitreden, denn es ist kompletter Unfug, wenn man sofort zu diesem frühen Zeitpunkt sagen will: Gelungen oder nicht gelungen! – Dafür braucht man eine längere Zeit, und selbstverständlich werden einzelne Grundschulen in Berlin mit der Neuerung gut fertig.
Ich frage jetzt Sie: Haben Sie eine einzige kritische Äußerung aus den Schulen im ehemaligen Ostteil der Stadt gehört? – Ich habe keine gehört. Wie kommt das? Sind dort die Verhältnisse ganz anders, oder ist man dort vielleicht eher bereit, mit bestimmten Herausforderungen fertig zu werden, und kann das auch leichter?
Das muss man auch einmal zur Kenntnis nehmen. Es gibt bestimmte Schulen, die sind immer als Erste dabei, wenn es Proteste gibt, und andere werden mit bestimmten Problemen fertig.
Was Ihren letzten Punkt betrifft: Bei den Schulen, die erweiterte Selbstständigkeit haben, handelt es sich nicht um einen Oktroi von der FDP, sondern um einen von uns und von mir angelegten Unterrichtsversuch bzw. einen Ansatz, den Schulen erweiterte Selbstständigkeit zu geben.
Nun kann ich Ihnen genau sagen, warum das nicht geht: Ich habe gegenwärtig quantitativ zu viele Lehrerinnen und Lehrer,
um die einzelnen Schulen auf 100 % zu setzen und ihnen 5 % freie Vertretungsmittel zu geben. Das ist der Punkt.
Mit einer Poollösung ist da nicht weitergeholfen. Sie können das dann im Einzelnen nur machen, wenn Sie die Schulen entsprechend geschult haben.
Wenn Sie die Schulen befragen – was wir tun –, so gibt es in diesem Prozess sehr wohl eine Menge von Dingen nachzulernen, die man erst einmal stabilisieren muss. Aber unser Ziel ist sehr wohl, dass wir es den einzelnen Schulen möglich machen, zukünftig selbstständig über einen 5-prozentigen Unterrichtseinsatz zu verfügen.
Im Übrigen wird auch das nicht verhindern, dass es zu Unterrichtsausfall kommt, wenn an diesen Schulen vermehrt z. B. nicht verfügbare Lehrkräfte erforderlich werden.
Ohne Frage unternimmt das Land Berlin große Anstrengungen, die Lehrerstellenbesetzung zu sichern. Meine Frage lautet: Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Senator, dass davon auszugehen ist, dass mit Beginn des entscheidenden Abschnittes im ersten Schulhalbjahr – also nach den Herbstferien – die Lehrerausstattung an den Berliner Schulen durch – wie Sie sagten – Umsteuern so weit gesichert sein wird, dass wir in aller Regel einen Wert zwischen 100 und 105 % erreichen bzw. möglichst nahe an die 105 % herankommen, und zwar auch in dem etwas komplizierten Bereich der Grundschule?
Selbstverständlich streben wir das an. Ich gehe auch davon aus, dass die Versorgung gewährleistet ist. Aber nach dem Stand, den ich bereits kenne, können wir eines nicht mehr erreichen: Wir haben rund 700 Personen – dann etwas weniger Vollzeitlehrereinheiten, wie das technisch heißt –, die nicht verfügbar sind. Das heißt, diese Personen sind dauerhaft krank. Das bedeutet, dass wir bei einem Ausstattungsansatz von 105 % – das sind rund 1 000 mehr als notwendig – logischerweise nicht im Schnitt 105 % haben können, sondern Sie müssen diese Zahl davon abziehen und haben damit ca. 2 Prozentpunkte weniger. Sie können also nur diese Ebene erreichen, weil diese Lehrkräfte nicht verfügbar sind. Gerade dafür ist aber dieser Puffer vorgesehen. In diesem Rahmen streben wir das in der Tat an.
Dabei sollten Sie aber auch an die Möglichkeit z. B. einer Grippewelle denken. Ich erwähne das, damit Sie mich nicht später fragen, wie ich eine solche Ankündi
gung machen konnte. Das betrifft auch Schülerinnen und Schüler. Dann werden die Klassen eben kleiner, und auch Lehrkräfte sind temporär nicht da. Das wird dann eben so sein. Aber ansonsten zielen wir darauf ab, dass wir eine solche Unterrichts- und Lehrkräfteversorgung haben, dass das Unterrichtsangebot der Berliner Schule auch tatsächlich zur Verfügung steht.
Herr Senator! Wir hören das immer wieder von Ihnen, aber subjektiv fühlen die Lehrer und die Eltern das anders an den Schulen. Irgendwo muss da jemand die Unwahrheit sagen. – Meine Frage: Was unternimmt der Senat, um dem auf uns zurollenden, massiven Lehrermangel zu begegnen? Was tut der Senat, damit mehr Studenten Lehramt studieren? Wann wird der Senat endlich die Zahl der Referendariatsplätze erhöhen?
Um auch noch auf Ihre letzte Antwort zurückzukommen: Ist es nicht unredlich, dass die 700 dauerkranken Lehrkräfte bei der Berechnung der 5 % mit berücksichtigt werden?
Ich wollte das nur festhalten. Ich verstehe Ihr brennendes Interesse, aber eine Frage ist zulässig, und wenn es zwei werden, sage ich noch nichts.
Herr Präsident! Vielen Dank für diese Feststellung. Vor allem stammen drei Fragen aus einem völlig anderen Zusammenhang. Man fragt sich manchmal, ob Bildungspolitik deshalb so schwierig ist, weil alles durcheinander geworfen wird. Aber, bitte schön!
Ich gehe einmal auf Ihre letzte Frage ein, Herr Kollege Mutlu! Das verblüfft mich nun wirklich. Herr Schruoffeneger von der Fraktion der Grünen ist ja noch da. Sie haben wörtlich gesagt: Wir statten jetzt die Schulen mit einer 5-prozentigen Vertretungsreserve aus, und wenn die Vertretungsreserve in Anspruch genommen wird, dann legen wir das noch oben drauf. – Aber mit Verlaub: Im Nirvana bewege ich mich nicht.
Wenn ich eine Ausstattung von 105 % habe und dann Lehrkräfte nicht verfügbar sind, dann ist dieser Puffer exakt dafür da.
[Mutlu (Grüne): Lesen Sie einmal im Protokoll nach, dann werden Sie sehen, was Sie vorhin gesagt haben! – Weitere Zurufe von den Grünen]
von den 5 % in Abzug bringen kann. Ich glaube, Sie verwechseln etwas. „Dauerkrank“ heißt nicht, dass jemand aus dem Dienst ausgeschieden ist, sondern „dauerkrank“ heißt, dass Sie länger als drei Monate krank sind und dann nach dem Hamburger Modell die Möglichkeit haben, wieder in den Unterricht zurück zu kommen. Und „dauerkrank“ heißt selbstverständlich auch, dass diese Menschen zu Recht weiter bezahlt werden. Wenn Sie allen Ernstes vorschlagen wollen, dass wir diese Zahl noch oben drauf setzen, dann fände ich es gut, wenn Ihr haushaltspolitischer Sprecher dazu einen Finanzierungsvorschlag macht. Ich sage Ihnen, dass man das seriöserweise nicht machen kann.
Was Ihre anderen Fragen betrifft, so kann ich diese auch gern beantworten, sie haben aber mit der eben behandelten Frage unmittelbar nichts zu tun. Wir legen dem Hauptausschuss regelmäßig Prognosezahlen über die Lehrkräfteentwicklung vor. Wir können danach etwas feststellen, was ich auch bereits vor zwei oder drei Jahren gesagt habe: Wir werden in den Jahren 2011, 2012 bis 2015 bundesweit zu einem Generationenwechsel bei Lehrerinnen und Lehrern kommen. Dieser Generationenwechsel wird erfreulicherweise nicht durch einen Rückgang der Schülerzahlen aufgefangen und abgefedert. Dieser Rückgang ist zwar auch vorhanden, aber trotzdem braucht man bundesweit ein erhebliches Einstellungspotential. Das ist ohne Frage richtig.
Es wird auch vermutlich zu diesem Zeitpunkt bundesweit zu einem Lehrerengpass kommen. Das können wir allein in Berlin nicht verhindern. Wir haben in Berlin einen Ausbildungsansatz von rund 800 Studienplätzen für Lehrerinnen und Lehrer. Wir haben rund 1 500 Referendariatsplätze, wie Sie wissen. Insofern glaube ich, dass wir in Berlin diese Situation, die in etwa acht, neun oder zehn Jahren auftreten wird, auffangen können. Dazu müsste man auch noch einige andere Maßnahmen ergreifen, die ich jetzt im Rahmen einer Zusatzfrage schlecht beantworten kann.
Das ist sehr schön. Ich habe fast nicht mehr damit gerechnet. – Eine kleine Bemerkung, Herr Böger: Wenn alles so in Ordnung ist, frage ich mich, warum die Dokumentation zur Lehrerversorgung im Internet nicht mehr zu finden ist. – So viel dazu!
Meine Frage geht aber in eine andere Richtung: Ich wundere mich, dass bei der Personalausstattung an
Grundschulen keine Rede von den Erzieherinnen und Erziehern ist. Wir haben an allen Grundschulen eine neue Situation: Sie sind nämlich verlässliche Halbtagsgrundschulen und haben ein offenes Ganztagsangebot. Wie sieht die Ausstattung mit Erzieherinnen und Erziehern an den Grundschulen aus? Gibt es eine Vorsorge für Dauerkranke? Ich kenne eine verlässliche Halbtagsgrundschule, wo zwei Personen dauerkrank sind, die nicht ausgeglichen werden. Was machen Sie, damit es dort besser wird?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Jantzen! Sie äußerten eine Vermutung, warum wir das nicht ins Internet stellen würden.
Ach, Herr Mutlu! Das wird immer zu Beginn eines neuen Schuljahrs ins Internet gestellt, und zwar auf der Basis der Novemberstatistik. Wenn ein bildungspolitischer Sprecher einer Fraktion einen solchen Zwischenruf macht, verwundert mich das, denn der müsste das ja wissen. Es regt mich ein bisschen auf, dass manche Grundsachverhalte, nicht bekannt sind. – Mit Stichtag 1. November werden wir diese Dinge veröffentlichen, wie wir es im letzten Jahr erstmalig getan haben. Jeder, der daran interessiert ist, kann Einsicht nehmen. Ich habe großes Interesse daran, Frau Jantzen, dass wir uns nicht über Chimären streiten. Es soll kein Eindruck entstehen, der sich nicht mit den Realitäten messen lässt. Ich will genau wissen, was ist, was geht und was nicht.
Bezüglich Ihre Fragen zu den Erzieherinnen und Erziehern haben Sie Recht: Leider wird noch viel zu wenig wahrgenommen – beispielsweise von Ihrem Kollegen –, dass man auch die Ausstattung im Bereich der Erzieherinnen und Erzieher beachten muss. – Die Erzieherinnen und Erzieher sind erfolgreich umgesetzt worden. Auch in ihrem Bereich wird bei der Bedarfszumessung eine Kranken- und Vertretungsquote eingerechnet. Es kann aber sein, dass es durch die allgemeine Vertretungsreserve nicht abgedeckt ist, wenn z. B. an einer Grundschule plötzlich drei Erzieherinnen krank werden. Es kann auch passieren – Sie wissen das, wenn Sie die Schulpraxis kennen –, dass Kinder erkranken und man eine Gruppe zusammenlegen muss. – Das ist der Sachverhalt.