Die Vorstellung, man reise um die Welt, kaufe mittels GA ansiedlungsfähige Unternehmen zusammen und dann seien sie hier und blieben hier, ist im wahrsten Sinne des Wortes aus dem letzten Jahrhundert.
Wo waren die Initiativen von Senator Wolf oder dem Regierenden Bürgermeister im Bundesrat oder in der Föderalismuskommission in dieser Frage?
[Liebich (Linkspartei.PDS): Ihr seid in der Bundesregierung gewesen, jetzt werft ihr uns den Bundesrat vor!]
Wen wundert es, wenn man einen Regierenden Bürgermeister hat, der im Fall Samsung und anderen bewiesen hat – wir kennen durchaus noch andere prominente Beispiele, ich nenne nur General Electric –, dass er von Unternehmensansiedlungen nichts versteht, geschweige denn davon, wie man sie am Standort hält.
Nein! – Deshalb fordern wir mehr Transparenz bei der Fördermittelvergabe. Offenbar ist hier mehr Kontrolle von Unternehmen und Senat durch das Parlament erforderlich.
Deshalb wollen wir künftig wissen, welche Unternehmen, wie viel Fördermittel zu welchen Konditionen bekommen.
Der Senat muss global agierende Unternehmen besser und intensiver begleiten. Es geht um viel mehr als das einmalige Hinterherwerfen von Fördergeldern, es geht um eine kohärente, alle Instrumente der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik umfassende dauerhafte Betreuung, bei der Gelder nicht auf einen Schlag,
um die Bindung an den Standort zu verbessern. In so manchem Fall kommt das auch den Interessen der Unternehmen entgegen, vorausgesetzt, der bürokratische Aufwand bleibt im Rahmen. Beim erneuten Anlauf der Föderalismusreform – das wird vermutlich ein Produkt einer großen Koalition auf Bundesebene sein – gehört die Gemeinschaftsaufgabe auf die Tagesordnung, ebenso wie die Reform des Investitionsbegriffs.
Es ist aberwitzig, dass wir auf Grund immer noch nicht angepasster Buchführungsstandards dazu verdonnert werden, nach wie vor in Beton statt in Köpfe investieren zu müssen.
Noch eines sollten wir tun, wie von der Enquetekommission „Eine Zukunft für Berlin“ empfohlen: Wir sollten gemeinsam die Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung entwickeln hin zu den Clustern Medien/Kulturwirtschaft einerseits und Gesundheitswirtschaft andererseits sowie zur Stärkung der fünf Kompetenzfelder inklusive der Umweltwirtschaft.
Mit diesen Maßnahmen allein wird das Beschäftigungsproblem aber nicht gelöst werden. Hier zeigt sich ein zweites – ich komme zum Schluss – ebenfalls hausgemachtes Versagen des Senats und insbesondere seines Senators für Wirtschaft und Arbeit. Senator Sarrazin spricht es in der vergangenen Woche gelassen aus: Berlin wird sich auf Dauer auf eine Erwerbslosenquote zwischen 15 und 17 % einrichten müssen. Aber wo bleiben die politischen Antworten des Linkspartei.PDS-Senators? – Der geht zwar auf einen Parteitag und beschließt erneut die Einführung eines öffentlichen Beschäftigungssektors, in der Berliner Regierungsrealität sucht man nach entsprechenden Konzepten allerdings vergeblich. Im Gegenteil, da wird die Arbeitsmarktpolitik als Sparbüchse benutzt. Qualifizierung von Erwerbslosen, öffentlicher Beschäftigungssektor – alles Fehlanzeige. Rot-Rot setzt auf Ein-Euro-Jobs statt auf die ganze Palette arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen.
Dabei wäre es für einen Erfolg der Clusterstrategie notwendig und wichtig, gerade diese Palette auch einzusetzen. Für die Wirtschaftspolitik des Senats gilt, was für die rot-rote Politik insgesamt gilt: Geredet wird viel, gemacht wird zwar auch etwas, aber die Zukunft Berlins verschläft dieser Senat vor lauter Alltagsbetriebsamkeit trotzdem.
Danke schön, Frau Kollegin Paus! – Das Wort hat jetzt Dr. Lindner für die Fraktion der FDP. – Bitte schön!
Halten wir mal zu Beginn Folgendes fest: Berlin ist so attraktiv wie kaum in seiner Geschichte zuvor. Die Kultur leuchtet – die Goya-Ausstellung ist ein frisches Bei- spiel –, es ist spannend und polyglott, es gibt wissenschaftliche Forschungseinrichtungen wie kaum irgendwo in Deutschland. Hier ist der Sitz der Bundesregierung, großer und wichtiger Verbände. Die meisten Menschen, das muss man ganz klar sagen, sind willig zu arbeiten. Sie sind keinesfalls blöder oder fauler als sonst irgendwo, wie der eine oder andere Ministerpräsident aus dem Süddeutschen zu suggerieren vermag. Das ist nicht ein Problem Berlins, über das wir reden, oder ein Problem seiner Menschen. Trotzdem ist Berlin Letzter im Wachstum und Erster bei der Arbeitslosigkeit in Deutschland. Es liegt also – zusammengefasst – nicht an der Stadt oder ihren Menschen, sondern wir haben es hier mit einem kompletten und totalen Versagen der Politik zu tun, einem Versagen primär des rot-roten Senats, an der Spitze der Regierende Bürgermeister – Kollege Zimmer, ich wäre da immer vorsichtig mit dem „zur Chefsache machen“. Lieber nicht in Berlin! –,
und zum Zweiten in den letzten Jahren einem Versagen der rot-grünen Bundesregierung. Das ist die ganze Wahrheit.
Ziehen wir doch mal die zwei Beispiele, die hier angeführt werden, heran und schauen sie uns präziser an: Reemtsma, die Kollegin hat noch Phillip Morris angeführt. Was ist denn ursächlich für den Niedergang der deutschen Tabakindustrie? – Da gab es seit 2001 viermal eine Tabaksteuererhöhung. Was hat die gebracht? – Haushaltspolitisch sind die Einnahmen aus Tabaksteuer von 2003 auf 2004 um 13,8 Milliarden € zurückgegangen.
Was hat es gesundheitspolitisch gebracht? – Nichts! Es wird nicht weniger geraucht, sondern es werden selbstgedrehte und geschmuggelte Zigaretten geraucht.
Der Anteil an geschmuggelten Zigaretten liegt mittlerweile bei 17 % in Deutschland. Was hat es wirtschaftspolitisch gebracht? – Einen drastischen Rückgang, als Kehrseite, der legal in Deutschland produzierten Zigaretten, auch bei Reemtsma, auch in Berlin. Ein Fiasko haben Sie damit angerichtet.
Für die dort anstehenden Entlassungen sind in der Bundesregierung persönlich verantwortlich der größenwahnsinnige Bundeskanzler, Herr Müntefering, Herr Eichel, Frau Künast, Herr Kuhn und Frau Roth. Das sind die Verantwortlichen für den Niedergang der deutschen Zigarettenindustrie.
Und der Herr Doering, der sich hier heute besonders breit gemacht hat und meinte, er könne der FDP Wirtschaftspolitik in Baden-Württemberg vorhalten: Mein lieber Herr Doering!
In Baden-Württemberg gibt es eine Arbeitslosenquote von 7,0 %. Das ist die geringste Arbeitslosigkeit in ganz Deutschland – unter einem FDP-Wirtschaftsminister;
in Berlin 19 %. Das ist der Unterschied. Und dann glauben Sie, uns hier den erfolgreichsten Wirtschaftsminister in einem deutschen Bundesland vorhalten zu können. Herzlichen Dank für diese Bemerkung, Herr Doering!
Dann kommen wir zu Samsung. Das ist das alte Westberliner Fördersystem. Da haben Sie völlig Recht gehabt, Kollegin Paus von den Grünen, da hat sich nichts geändert. Es wird gießkannenmäßig gefördert, egal, was produziert wird. Und wenn sie Postkutschen produzieren, dann wundern sie sich am Ende auch noch, wenn die Förderung ausläuft, dass das vielleicht kein zukunftsfähiger Markt ist. So sieht es aus hier in Berlin. Und genauso ist es dort. Sie haben verschlafen zu kontrollieren, ob bei Samsung in diesem Werk zukunftsweisende Technologie produziert wird. Es ist Ihr Versagen und nicht das Versagen in Korea.
Die Leidtragenden sitzen da oben, das sind die Betroffenen, das sind die Mitarbeiter, denen Sie die Perspektive nehmen, denen Sie die Chance auf eigenen Erwerb nehmen. Es ist Ihr Politikversagen. Es ist nicht Berlin. Es ist nicht Korea.
Was macht der Senat? – Wunderbare Sachen! Wir lesen in Ihrem läppischen Antrag, den Sie heute verteilen: Standortkonferenz. Neue Schwafelrunde wollen Sie machen. – Dann nehmen Sie an Demonstrationen teil. Ich muss Ihnen vielleicht einmal in Erinnerung rufen, wer hier Demonstrationsrecht hat: Es sind die Bürger gegen die Regierung, nicht die Regierung gegen Bürger und Unternehmen – so sieht es aus.
Es ist eine Selbstbefriedigung, die Sie da betreiben, sonst überhaupt nichts. Boykottdrohungen kommen von den Grünen: Der böse Koreaner ist an allem schuld. – Oder die Hetze von der PDS. Ich lache mich tot, meine Herren. Ausgerechnet Sie und Ihre mittlerweile viermal umbenannte Linkspartei, vormals SED, hat doch dieses Indust