Protokoll der Sitzung vom 10.11.2005

Wir wollen drittens Vorgaben für die Anschaffung energieeffizienter Produkte durch die öffentlichen Verwaltungen, insbesondere für den Kraftstoffverbrauch von Fahrzeugen des Landes. Das langfristige Ziel in unserer Gesellschaft – in dieser Hinsicht werden wir uns doch alle im Haus einig sein – muss das Zwei-Liter-Auto sein. Es wird aber von allein nicht kommen, denn die Automobilindustrie hat all ihre Selbstverpflichtungen nicht umgesetzt. Sie, aber auch wir haben lange Zeit auf solche Selbstverpflichtungen gesetzt und ihnen vertraut. Das war ein schwerer Fehler.

[Frau Kubala (Grüne): Wie wahr!]

Es freut mich, dass die Grünen mir so deutlich zustimmen. Es ist nämlich so: Ohne einen Nachfragedruck der Konsumenten und der öffentlichen Hand wird es nicht dazu kommen.

[Buchholz (SPD): Richtig!]

Wir wollen weiterhin die stärkere Verantwortung des Themas Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien in den Bildungs- und Ausbildungsgängen.

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Hämmerling?

Sehr gern! Von Frau Hämmerling immer!

Bitte, Frau Hämmerling!

Herr Prof. Rogall! Ich höre Ihre Worte gern. Es freut mich auch, dass Sie so engagiert in zukunftsfähige Energien investieren wollen. Aber wenn das so ist, warum haben Sie nicht versucht, Einfluss auf die BVG zu nehmen, damit sie nicht diesen alten Dieselstandard anschafft, sondern – Solarstandard haben wir noch nicht – wenigstens Gasbusse besorgt?

[Buchholz (SPD): Die SPD-Fraktion hat das als erste kritisiert, nicht die Grünen!]

Diesbezüglich haben wir kein richtig schlechtes Gewissen. Es mag in der Vergangenheit einzelne andere Punkte gegeben haben, wo das anders war.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Ich möchte zum Abschluss sagen, dass wir mit unserer neuen Politik ein Vorbild für andere Kommunen werden wollen, so wie auf Grund unserer Solaranlagenverordnung von 1995 heute in allen spanischen Großstädten derartige Baupflichten eingeführt sind.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Das ist uns zu verdanken. Es wird Zeit, dass wir endlich vollziehen, was andere auf Grund unserer Initiative längst eingeführt haben. Es wäre eine politische Torheit – so sagte der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende, Klaus Böger –, wenn wir in eine so wichtige Zukunftstechnologie nicht konsequent einstiegen. – Leider ist er jetzt nicht da. Dieses Lob hätte er verdient. – Deshalb: Weg von fossilen Energieträgern – Klimaschutz schafft Arbeit!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Danke schön! – Für die CDU-Fraktion hat nunmehr der Abgeordnete Goetze das Wort!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Endlich einmal wieder ein richtig schönes Thema, das nicht mit den Unbilden der Berliner Landespolitik zu tun hat, wo man die Heilsversprechungen für die nächsten 50 Jahre offerieren kann und so richtig einig hinter dem steht, was in ferner Zukunft vielleicht einmal realisiert wird.

[Buchholz (SPD): Nein, ab jetzt!]

Ein Superantrag! Ich gönne Ihnen, dass Sie auch einmal solch ein Erfolgserlebnis haben: Im Plenum applaudieren alle, alle sind dafür. Aber bei nüchterner Betrachtung stellt sich eine ganz andere Frage zu diesem Antrag.

Was ist das? Ist das ein indirekter Misstrauensantrag gegen den Senat? Ist das vorgezogener Wahlkampf? Oder ist das etwas, was Sie ruhig schlafen lässt? – Zu Punkt 1, Misstrauensantrag gegen den Senat: Sie haben einen ganzen Teil an Aufträgen definiert, die Ihre Senatorinnen und Senatoren schon längst hätten umsetzen können. Es ist nicht so, dass die Wohnungsbaugesellschaften völlig im Regen stehen und ganz allein agieren. Da soll es Senatoren geben, die in den Aufsichtsräten sitzen und vermeintlich Einfluss ausüben können. Offensichtlich unterbleibt das bisher. Sie fordern die Ausschöpfung des Umweltentlastungsprogramms. Eine einfache Frage an die Senatorin: Wird das nicht gemacht? Werden Mittel zurückgegeben? Ist man nicht in der Lage dazu? Ich kann es nicht anders verstehen als ein gewisses Misstrauen und eine massive Kritik am Senatshandeln, was sich aus etlichen Punkten herauslesen lässt.

[Dr. Rogall (SPD): Das Gute soll noch besser werden!]

Es ist vorgezogener Wahlkampf – möglicherweise auch das! Denn was ist hier beabsichtigt? – Es soll eine Beratung im Stadtentwicklungsausschuss stattfinden. Die Überweisung an den Hauptausschuss ist noch nicht beantragt. Wir machen das hier mit. Wir werden sehen, welchen Haushaltstitel Sie bis zum Dezember finden, um dieses geforderte Programm tatsächlich umzusetzen.

[Beifall der Frau Abg. Kubala (Grüne)]

Sie schreiben selbst, der Senat soll erst zum 31. März berichten, und ausweislich des Beratungsplans im Stadtentwicklungsausschuss gibt es keine Chance, den Antrag vor dem Ende der Haushaltsberatungen zu beschließen.

[Zuruf des Abg. Buchholz (SPD)]

Also was ist es? Ist es ein Placebo, das Sie ruhig schlafen lassen soll? Oder wollen Sie diesen Antrag sozusagen auf der Unerledigtenliste der Diskontinuität zum Opfer fallen lassen, nur um sagen zu können: Wir große SPD haben hier die richtige Überschrift gewählt, aber leider hat es mit der Beschlussfassung nicht geklappt, und leider waren auch schon die Finanzberatungen beendet? – Mir scheint, das ist der Fall. Aber so werden Sie die von Ihnen beabsichtige Wirkung nicht erzielen können.

Was ist im Detail gefragt? – Auf der einen Seite werden durch die Bundespolitik die Energiekosten in die Höhe getrieben, und anschließend muss man Energie sparen und legt Programme auf, um dafür dann die Unterstützung zu gewährleisten – ein sehr merkwürdiges System, nur stringent zu erklären, wenn man die Staatsquote immer weiter in die Höhe treiben will. Das ist hier offensichtlich geschehen.

[Beifall des Abg. Hahn (FDP)]

Kommen wir noch einmal zu dem zurück, was die öffentlichen Gebäude betrifft: Ihre Stadtentwicklungssenatorin saniert gerade den Dienstsitz der Innenverwaltung. Und was wird da zum Beispiel gemacht – fröhlich mitgeplant auch von der Umweltabteilung? – Da werden zum Beispiel die Fensteröffnungen vollständig elektrifiziert. Dann können Sie Fenster nur noch mit Motorbetrieb auf- und zumachen. Einmal abgesehen von der Ressourcenverschwendung der Motoren, den Einbaukosten und den Energiekosten, die man für den Betrieb braucht, ist das auch von der Wartung her völliger Schwachsinn! Das machen Ihre Senatoren derzeit in der Praxis und sind damit weit entfernt von einer vernünftigen Sanierung der öffentlichen Gebäude.

Wärmeschutz im Berliner Gebäudebestand: Die Berliner Wohnungsbauunternehmen sind hart an der Pleite – darüber ist in den entsprechenden Fachausschüssen mehrfach beraten worden –, und sie kriegen zusätzliche Kosten von Ihnen aufgedrückt. Die Mittel müssen Sie ihnen dann auch zur Verfügung stellen, sonst wird das nichts mit einer Fassadensanierung zum Neubaustandard.

[Frau Kubala (Grüne): Die müssten eher Kosten sparen! – Dr. Rogall (SPD): Einsparungen!]

Im Übrigen ist das in der Energieeinsparungsverordnung schon längst festgelegt. Es passiert ja deswegen auch so wenig: weil die Berliner landeseigenen Wohnungsunternehmen so wenig Ressourcen, so wenig Erträge aus ihren laufenden Mieteinnahmen zur Verfügung haben und so viel „Schrott“ von der Verwaltung aufgedrückt bekommen – über städtebauliche Verträge, was sie sonst noch alles aus den Mieterträgen finanzieren sollen –, dass sie dazu nicht kommen. Da laufen Theorie und Praxis weit auseinander. Ich bin gespannt – das ist für eine Oppositionspartei ein gefundenes Fressen – und werde mich zurücklehnen und sehen, wie Sie das umsetzen lassen. Wir werden im Wahlkampf sicherlich energiepolitische Diskussionen führen, und dann sind Sie in der Bringepflicht, zu erläutern, was passiert ist. Ich denke, mit diesen Rahmenbedingungen wird relativ wenig passiert sein.

Ein Letztes noch zu den Fahrzeugen – 6,5 Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer im Stadtzyklus ab 2007: Ich freue mich darauf, zu sehen, mit welchen Karren die Berliner Polizei demnächst durch die Gegend „juckelt“, um mit 6,5 Litern Durchschnittsverbrauch im Stadtzyklus auf Verbrecherjagd zu gehen,

[Buchholz (SPD): Keine Ahnung haben Sie! Hybridmotoren!]

und welcher Ihrer Senatoren vorangeht und sich künftig im Kleinwagen von zu Hause zum Dienstsitz bringen lässt.

[Dr. Rogall (SPD): Böger macht das!]

Wir werden uns angucken, ob die Stadtentwicklungssenatorin mindestens die Vorreiterrolle übernimmt. Das gucken wir uns an, viel Spaß dabei!

[Beifall bei der CDU – Beifall des Abg. Hahn (FDP) – Zuruf des Abg. Klemm (PDS)]

Vielen Dank! – Der Abgeordnete Buchholz möchte gern eine Kurzintervention machen. – Bitte sehr!

[Hahn (FDP): Mach es nicht noch schlimmer!]

Frau Präsidentin! Herr Goetze! Ich bin jetzt doch ein bisschen überrascht, denn ich habe das Gefühl, Sie haben nicht einmal die Hälfte des Antrags gelesen. Verstanden haben Sie offensichtlich gar nichts von dem, was darin steht, denn es ist ein klarer Handlungsauftrag an den Senat, und er sagt nicht, es sei bisher nichts passiert. Aber eines ist ganz deutlich, Herr Goetze: Berlin ist sehr weit vorn, aber natürlich können wir noch besser werden. Wir müssen besser werden, und genau das wollen wir mit dem Auftrag an den Senat voranbringen.

[Beifall bei der SPD]

Da steht ganz eindeutig: Es ist bis Ende März ein Programm vorzulegen. – Herr Goetze, von wegen, das wäre vielleicht in 50 Jahren einmal relevant! Wir haben das gestern in der Sprecherkonferenz des Ausschusses für

Stadtentwicklung und Umweltschutz sofort auf die Tagesordnung genommen! Übrigens hatte Ihr Sprecher gar kein Thema für den Ausschuss anzumelden – weder Sie noch Ihr Kollege.

[Klemm (Linkspartei.PDS): Hört, hört!]

Offensichtlich ist Umweltpolitik für Sie im Ausschuss gar nicht relevant. Wir haben dafür gesorgt, dass das sofort auf die Tagesordnung kommt. Weder an uns noch am Stadtentwicklungsausschuss wird es liegen, dass dieser Antrag nicht sofort beschlossen und dann umgesetzt werden kann. Sie sollten sich ein Beispiel daran nehmen, wie parlamentarische Initiativen auch schnell umgesetzt werden können, wenn man ein bisschen Druck macht.

Was die inhaltliche Ausgestaltung angeht, was Sie z. B. zu der Beschaffung der Fahrzeuge gesagt haben, Herr Goetze: Sie sollten sich einfach einmal am Markt über neueste Technologien, z. B. Hybridfahrzeuge, informieren. Natürlich sind da inzwischen selbst ausgewachsene Limousinen mit einem Verbrauch zwischen 6 und 7 Litern zu bekommen. Das ist modernste Technologie, umweltfreundlich und trotzdem höchst effizient. D. h., es wird wenig Energie verbraucht, wie es notwendig ist. Das ist die Zukunft, und genau da wollen wir positive Zeichen setzen. Wenn Sie die noch nicht kennen, ist es umso wichtiger, dass wir als Koalitionsfraktionen und der rotrote Senat diese Zeichen an der Stelle setzen. Es ist offensichtlich mehr als überfällig, dass das gemacht wird.

Was die Gebäudesanierung angeht: Wir sind mit Ihnen einer Meinung, dass da mehr und schneller etwas in Berlin passieren kann. – Genau darauf, verehrte Kollegin Kubala, bezieht sich ja der Antrag, dass wir da mit weniger Ressourceneinsatz ein bisschen mehr Dampf in den Kessel bekommen wollen.

[Zuruf der Frau Abg. Kubala (Grüne)]

Eines zum Abschluss, Herr Goetze: Ich hatte die Ehre, vorgestern mit einem Bundestagsabgeordneten der CDU zusammen bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Energiepolitik zu sprechen. Da hat Ihr Kollege mal wieder sehr einseitig über die tolle Zukunft der Atomenergie in Deutschland und darüber hinaus geschwärmt und polemisiert. Da muss ich sagen: Es wundert mich nicht, dass Sie als Fraktion mit konkreten Anträgen zur Effizienzsteigerung und zum Energieeinsparen gar nichts anfangen können. Es wundert mich gar nicht, weil Sie nur auf Atom und nicht auf zukunftsfähige Energietechnologien setzen. – Vielen Dank!