Folgende Entschuldigungen liegen vor: Der Herr Regierende Bürgermeister ist ab ca. 19.45 Uhr abwesend, um zur Vorbesprechung der Ministerpräsidenten der A-Länder in den Bundesrat zu gehen.
Die Herren Senatoren Wolf und Dr. Flierl sind heute aus Krankheitsgründen nicht anwesend. Wir wünschen von hier aus beiden gute Besserung!
Ich rufe auf die erste Mündliche Anfrage der Frau Abgeordneten Fischer von der Fraktion der SPD über
1. Ist dem Senat bekannt, dass es Fälle gibt, bei denen in Deutschland lebende Minderjährige aus Migrantenfamilien im Ausland verheiratet werden, um damit dem jeweiligen Ehepartner ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu verschaffen?
2. Welche Veränderungen, insbesondere des Aufenthaltsrechts, hält der Senat für erforderlich, um dieser Form der Zwangsverheiratung entgegenzuwirken?
Danke schön, Frau Fischer! – Meine Damen und Herren! Es war eben schon bei Frau Hämmerling so, dass nicht die Zwischenrufe laut waren, sondern die allgemeine Unruhe und die Diskussionen, die allfällig in den Gängen stattfinden. Ich bitte Sie, aus Respekt vor den Rednern solche Gespräche draußen zu führen. Vielleicht können Sie alle den Pegel so weit senken wie jetzt gerade! – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Fischer! Dem Senat ist bekannt, dass es Fälle gibt, bei denen sowohl in Deutschland lebende Minderjährige aus Migrantenfamilien im Ausland verheiratet werden, um dann dem Ehepartner den Nachzug nach Deutschland zu ermöglichen, als auch, dass es in seltenen Fällen den umgekehrten Fall gibt. Der Regelfall ist aber der, dass entweder eine Frau oder ein Mann im Ausland geheiratet wird, um den Nachzug in die Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen.
Dieses spielt bei unseren Überlegungen – damit komme ich zur Frage 2 – eine besondere Rolle, wenn es sich bei den Menschen, die verheiratet werden, um Minderjährige handelt. Ich verweise auf die Grundsätze des Übereinkommens über die Rechte des Kindes der Vereinten Nationen. Dort heißt es:
Kinder sind Menschen unter 18 Jahren. Sie haben ein Recht auf Gesundheit und Bildung auf der Basis von gleichen Chancen. Sie müssen vor allen Formen sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch geschützt werden. Sie haben das Recht auf eine Kindheit. Zu frühe Heirat bringt das Mädchen um diese Rechte.
So weit die Konvention der Vereinten Nationen, die ich vom Ansatz her teile. Es ist mit der Selbstbestimmung als Mensch, aber auch der sexuellen Selbstbestimmung einer Frau nicht zu vereinbaren, wenn sie im Alter von 14 bis 16 Jahren verheirat wird, weil sie den Schritt, den sie tut, nicht übersehen kann. Es ist für mich ziemlich egal, ob dies im Wege des direkten – in Form einer Nötigung – Zwanges stattfindet oder im Weg einer Überredung eines 14-jährigen Kindes, sich verheiraten zu lassen. Ich bin der Meinung, dass man dem mit allen Formen, die uns zur Verfügung stehen, entgegensteuern muss. Ebenso sieht unser Recht in der Bundesrepublik Deutschland die Ehe von unter 18-Jährigen nur im Ausnahmefall und nur mit vormundschaftlicher gerichtlicher Genehmigung vor.
Wenn wir etwas gegen diese Form von Ehe und gegen diese Formen von Nichtberücksichtigung des Selbstbestimmungsrechts der Frau unternehmen wollen, müssen wir die ausländerrechtlichen Reize zum Nachzug dieser Ehegatten vermindern und erreichen vielleicht dadurch,
dass die Hochzeiten später stattfinden und dass die Ehegatten – insbesondere die Frauen – besser in der Lage sind, sich eventuell gegen eine solche Heirat zu wehren und besser zu bestimmen, was sie tun wollen. Ich überlege deshalb, ob man das Aufenthaltsrecht, das Bundesrecht ist, dahin gehend modifiziert, dass der Nachzug von Ehegatten unter 18 Jahren nicht möglich ist, sondern erst nach Ablauf des 18. Lebensjahres. Vielleicht gelingt es uns damit, etwas gegen Zwangsverheiratung oder gegen unter einem gewissen Druck arrangierte Heiraten zu tun.
Danke schön, Herr Senator! – Eine Nachfrage von Frau Abgeordneten Fischer. – Bitte schön, Frau Fischer!
Vielen Dank, Herr Senator, für die umfangreiche Beantwortung der Anfrage! – Ich habe eine Zusatzfrage: Von welcher Relevanz ist das Thema zahlenmäßig, gibt es darüber Statistiken?
Frau Kollegin Fischer! Wir haben keine Statistik, anhand derer wir feststellen, wie viele der nachziehenden Ehegatten 14, 15 oder auch 16 Jahre alt sind. Aber nach dem, was die Mitarbeiter der Ausländerbehörde vor Ort sagen, handelt es sich sowohl bei den 14- bis 16-Jährigen, die heiraten – das ist insbesondere ein Problem des Nachzugs aus dem Libanon –, wie auch bei den 16- bis 18-Jährigen um nicht wenige Fälle und wo auf Grund dieser Ehen der Nachzug in die Bundesrepublik Deutschland gewünscht wird. Hier müsste man versuchen, ob man mit geeignetem Instrumentarium etwas tut kann, bevor die Frauen gezwungen werden zu heiraten, und nicht erst, nachdem sie dazu bereits gezwungen worden sind.
Herr Senator! Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie in Beantwortung der Frage 2 gesagt haben, Sie überlegen noch, ob Sie im Bereich des Aufenthaltsrechts tätig würden? Ich frage Sie: Bis wann sind diese Überlegungen abgeschlossen, und woran liegt es, dass sie es noch nicht sind? Welcher Initialzündung bedarf es, und kann man Ihnen vielleicht helfen?
Herr Kollege Henkel! Ich nehme gern jede Hilfe an, wie Sie wissen. Allerdings sind wir bereits ein bisschen weiter. Wir haben die Frage auf der Innenministerkonferenz im Sommer beredet. Die Innerminister aller Bundesländer waren sich einig, dass man über geeignete Instrumente nachdenken muss. Dazu gehört auch die Fragestellung, ob man ein gewisses Mindestalter für den Nachzug festsetzen soll. Ich sage aber auch ganz deutlich, dass man bei der Frage des Nachzugalters die Kirche im Dorf lassen muss. Es
Derartige Regelungen halte ich mit dem im Grundgesetz stehenden Grundsatz des Schutzes von Familie und Ehe nicht für vereinbar. Mein Ansatzpunkt ist ein Schutz der Minderjährigen, insbesondere der minderjährigen Frauen. Wir haben uns in den Koalitionsvereinbarungen auf Bundesebene darauf verständigt, dass die neue Bundesregierung oder wir aus den Ländern die Initiative dazu ergreifen werden, etwas derartiges zu machen. Ich stehe dazu im Gespräch auch mit der Kollegin Schubert, weil es eventuell auch Möglichkeiten gibt, im internationalen Privatrecht etwas zu machen. Wir werden nach der zurzeit laufenden Prüfung – mir liegt der Gesetzentwurf vor, aber ich muss ihn gründlich prüfen – im Senat darüber zu beschließen haben, ob wir dieses von hier initiieren, oder die Initiative der Bundesebene überlassen.
1. Welche persönlichen und politischen Konsequenzen wird der Finanzsenator Dr. Sarrazin aus der Tatsache ziehen, dass der Verfassungsgerichtshof von Berlin ihm nun bereits zum zweiten Mal verfassungswidriges Handeln bescheinigt hat?
2. Aus welchen Gründen hält der Senat die bisher gewählte und zweimal gescheiterte Prozessvertretung Berlins für kompetent genug, das für Berlin lebenswichtige Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zu führen, oder hält der Senat dieses Verfahren schon jetzt für verloren?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter! Diese Frage ist unter Ihrem sonst üblichen Niveau, Herr Kaczmarek!
Sie wissen genau, dass dieses Urteil in einem Fall ergangen ist, bei dem bundesweit unterschiedlich verfahren und unsere Rechtsauffassung bundesweit mehrheitlich vertreten wird und diese unterschiedliche Rechtspraxis in den vergangenen 30 Jahren unbeanstandet blieb.
Sie haben damals, weil Sie gegen inhaltlich nichts gegen unsere Finanzplanung einzuwenden hatten – Sie haben Sie nicht einmal im Hauptausschuss diskutiert – und deshalb, weil Sie letztlich an unseren Ergebnis auch nicht viel deuten konnten, versucht, noch einmal billig die Karte der Klage zu ziehen. Das Verfassungsgericht hat sich mit der Angelegenheit intensiv auseinander gesetzt. Die ausführliche Urteilsbegründung zeigt, dass das Gericht – so heißt es auch dort – den hier betreffenden Artikel 86 Abs. 3 Satz 2 für auslegungsbedürftig und auslegungsfähig hält. So heißt es dort. Es hat gesagt, dass beide unterschiedlichen Auffassungen vertretbar sind. Es hat sich dann für eine bestimmte Auffassung entschieden. Diese Auffassung wird außerhalb von Berlin bundesweit mehrheitlich so nicht geteilt.
Insofern ist hier das geschehen, was in einem solchen Fall auch angemessen ist. Es ist zu einer Frage, über die wir uns politisch nicht einigen konnten, letztlich eine rechtliche Entscheidung ergangen, die wir nun umsetzen werden und für deren weitere Bewertung ich keinen Anlass sehe. Darin lag bestimmt kein wie auch immer geartetes aktives, gegen die Verfassung gerichtetes Handeln von mir, wie Sie in Ihrer Frage unterstellt haben.
Zum ersten Prozess, der vor zwei Jahren entschieden wurde, ob der erste Doppelhaushalt unter Umständen verfassungswidrig war – das wurde uns letztlich vom Gericht bestätigt –, steht fest, dass wir aus einer objektiven Unmöglichkeit heraus gehandelt haben, was auch vom Gericht anerkannt wurde. Ich verweise auf eine relativ unruhige Sitzung des Abgeordnetenhauses, als ich selbst auf diese Thematik aufmerksam gemacht habe. Zum Schluss ist in diesem Fall auch so entschieden worden, wie ich es für richtig hielt.
Auch dieses Urteil hat mir ebenfalls niemals aktiv verfassungswidriges Handeln bescheinigt. Es hat vielmehr gegenteilig zum Ausdruck gebracht, dass wir in dieser Lage keinen anderen Haushalt aufstellen konnten. Deshalb muss ich die in Ihrer Frage liegende Unterstellung zurückweisen!
Ich komme nun zu dem anderen Punkt. Unser Prozessbeauftragter hat uns in beiden Fällen ausgezeichnet beraten. Er hat beide Fälle rechtlich sehr gut aufgearbeitet. Er hat sie auch aus meiner Sicht beide Male überzeugend vertreten. Wenn Entscheidungen anders ergehen, ist es so, dass es bisweilen vorkommen kann. Im Übrigen wissen Sie auch, dass Prof. Wieland mit Erfolg die Klage Bremens in Karlsruhe vertreten und damals auch gewonnen hatte. Es ist Ihnen unter Umständen unbekannt, dass er aktuell Bundespräsident Köhler vor dem Verfassungsgericht ebenfalls mit Erfolg vertreten hat, so dass man auch nicht von bundesweiten Misserfolgen sprechen kann. Im Gegenteil!
Ich möchte auch noch hinzufügen, dass es nicht unbedingt zum Wohl des Landes Berlin ist, wenn Sie unseren Prozessbeauftragten vor einer derartigen bedeutenden