Ausschuss empfiehlt zur Gesetzesvorlage Drucksache 15/3583 mehrheitlich gegen die Oppositionsfraktionen die Annahme unter Berücksichtigung der Änderung gemäß Beschlussempfehlung Drucksache 15/4439. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Danke schön! Die Gegenprobe! – Das sind sämtliche anderen Fraktionen. Gab es Enthaltungen? – Keine Enthaltungen. Dann ist das mit Koalitionsmehrheit so angenommen.
Zu dem Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS und der Fraktion der SPD empfiehlt der Ausschuss mehrheitlich gegen Grüne bei Enthaltung der CDU die Annahme. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind wiederum die Koalitionsfraktionen und die FDP! Danke schön! Die Gegenprobe! – Die Grünen! Enthaltungen? – Die CDU! Dann ist das mehrheitlich so angenommen.
Ich eröffne die I. Lesung. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der Grünen. Der Kollege Ratzmann hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Volksgesetzgebung in Berlin funktioniert nicht. Und die Volksgesetzgebung ist nicht irgendeine Erfindung, die gerade erst in die Diskussion gebracht worden ist, sondern sie war – wenn ich recht informiert bin – selbst bei der SPD schon im Gothaer Programm verankert. Und nicht nur da, wir haben sie auch bereits in die Berliner Verfassung geschrieben.
[Frau Dr. Klotz (Grüne): Deshalb sind Wowereit und Körting nicht da, sie lesen im Gothaer Programm nach!]
Weder der Regierende Bürgermeister noch Herr Körting sind da, das ist richtig. Vielleicht sollten wir zumindest Herrn Körting für diese Debatte herzitieren.
Herr Steffel! Wenn Sie Bier trinken wären, hätte ich nichts dagegen, aber dass Herr Körting das hört, ist mir schon wichtig.
Abstimmung heißt, dass die Bürger und Bürgerinnen dieser Stadt direkt an der Gesetzgebung beteiligt werden sollen. Es sind nicht nur die Volksvertreter und -vertreterinnen, die die gesetzgebende Gewalt ausführen sollen, sondern es sind auch die mündigen Bürgerinnen und Bürger, die – so jedenfalls das Bundesverfassungsgericht immer wieder – nun einmal für eine selbstbewusste Demokratie unverzichtbar sind. Deshalb sagen wir: Wir wollen, dass diese Volksgesetzgebung in Berlin funktioniert. Wir haben die Vorschriften dafür seit 1995 in der Berliner Verfassung stehen. Es gibt ein entsprechendes Ausführungsgesetz dazu. Es hat seit 1995 nicht ein einziges Volksbegehren gegeben, das über die dort aufgestellten Hürden hinweggekommen ist, das das, was diese Stadt bewegt, politisch mitbewegen konnte. Ich glaube, das ist kein guter Zustand für diese Stadt. Wir alle reden ständig davon, dass wir mehr zivilgesellschaftliches Engagement haben wollen, dass die Bürger sich in diese Stadt einbringen sollen. Ich finde, wir müssen ihnen dann auch die Möglichkeit geben, das verantwortungsbewusst zu tun. Genau das wollen wir mit unserem Gesetzentwurf erreichen.
Wir haben am letzten Dienstag vom Landesverfassungsgericht deutlich gesagt bekommen, dass das Volksbegehren, das zu einer Frage eingebracht worden ist, die diese Stadt seit fünf Jahren bewegt, die wir hier im Parlament diskutiert haben und die die ganze Stadt diskutiert hat, mit am Gesetzeswortlaut unserer Verfassung gescheitert ist,
weil es eine Vorschrift in unserer Verfassung gibt, die sagt, dass der Eingriff in den Haushalt – da kommt es auf die Formulierung an – nicht zulässig sein soll.
Wir schlagen hier nichts vor, was nicht bereits in anderen Ländern praktiziert worden ist. Wir wollen im Einzelnen, dass die Quoren, also die Anzahl von Unterschriften, die wir brauchen, um Volksinitiativen auf den Weg zu bringen, gesenkt werden. 90 000 Unterschriften, 90 000 Menschen in dieser Stadt müssen so eine Volksinitiative lostreten, erst dann soll sie zulässig sein. Das ist viel zu viel in diesem Bereich. Deshalb wollen wir das absenken.
Viel drastischer und elementarer ist das Ganze bei den Volksbegehren, denn sie haben, wenn sie umgesetzt werden, tatsächlich Auswirkungen. Sie gestalten die Regeln des Zusammenlebens in dieser Stadt mit. Auch da haben wir zurzeit sehr hohe Quoren. Sie sind zwar nur einfach gesetzlich festgeschrieben, aber es sind 25 000, und einige
der Volksbegehren, die in den letzten zehn Jahren versucht worden sind, sind daran gescheitert, dass bereits an diesem Punkt die notwendigen Unterschriften nicht erreicht worden sind. Auch da sind wir Spitzenreiter im Bundesvergleich. In den anderen Ländern hat man viel mehr Vertrauen, dass diejenigen, die ein Volksbegehren initiieren, das auch sachgerecht und adäquat machen. Deswegen geht man dort davon aus, dass mit viel weniger Stützunterschriften gearbeitet werden kann. In Brandenburg sind es weniger, in Bayern sind es weniger, in Nordrhein-Westfalen sind es weniger. Ich finde, wir können auf diesen Spitzenplatz gut verzichten und getrost sagen: Wir senken das ab, uns reichen in unserer 3,5-MillionenStadt mit ungefähr 2,5 Millionen Wahlberechtigten 10 000 Unterschriften aus. Das sollte genug sein, um ein Volksbegehren auf den Weg zu bringen. Deshalb wollen wir das so in die Verfassung hineinschreiben. –
Viel entscheidender in den Zeiten knapper Kassen ist natürlich die Frage: Wie gehen wir mit dem Haushalt um? Den Haushalt dürfen wir im Moment mit Volksbegehren nicht berühren. Deshalb schlagen wir auch hier vor, dass wir nur den unmittelbaren Eingriff in das Haushaltsgesetz aus der Reihe der Vorhaben, die einem Volksbegehren zugänglich sind, herausnehmen.
Ja! Das Problem ist, dass Sie hier mit unterschiedlichen Uhren arbeiten. Ich habe immer auf die hier oben geachtet, und da stehen immer noch vier Minuten drauf. Ich war schon sehr dankbar, dass ich immer weiterreden kann.
Letzter Satz zur Klärung, weil ich heute in der „taz“ gelesen habe, dass Herrn Ritzmann meinte, wir würden dadurch, dass wir einen Antrag eingebracht haben, das ganze Vorhaben gefährden.
weil wir gesagt haben: Wir setzen jetzt endlich einmal das um, was wir alle auf Bezirksebene gemacht haben, und bringen das endlich auf den parlamentarischen Weg.
Nehmen Sie es als Angebot, Herr Ritzmann! Wir wollen auf dieser Grundlage diskutieren. Wir wollen das auch gern mit denjenigen zusammen machen, die die Bezirksebene mit bearbeitet haben. Nehmen Sie einfach einmal mit, dass wir das bis zum Ende der Legislaturperiode geschafft haben müssen, denn dann kommt die Volksabstimmung. Ich glaube, Sie sollten Ihre Bedenken, die Sie geäußert haben, zurückstellen. Ich nehme an, Ihnen geht
[Zurufe der Abgn. Doering (Linkspartei.PDS), Frau Michels (Linkspartei.PDS) und Frau Seelig (Linkspartei.PDS)]
Deshalb: Kommen Sie mit ins Boot, lassen Sie uns das Ganze jetzt auf den Weg bringen! Wir haben den Rechtsausschuss, da können wir das diskutieren.
Dann können wir das Vorhaben auch gut zum Ende bringen zum Wohle der Bevölkerung hier in Berlin. – Vielen Dank!
Danke schön! – Wir hoffen, dass nicht die Gewalt der Argumente die Uhr vorne wieder zum Stehen bringt. Sie ist tatsächlich auf 4:08 Minuten stehen geblieben. Wir schauen mal, ob sie wieder normal läuft, und folgen der Redeliste. Das Wort hat der Kollege Zimmermann von der Fraktion der SPD. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ratzmann! Leider erleichtern Sie die Sache nicht sehr durch Ihr Vorpreschen in dieser Angelegenheit.
Wir sind in der Diskussion, das wissen Sie, und es wird nicht leichter und besser dadurch, dass Sie jetzt mit diesem Antrag in dieser Weise vorpreschen.