Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Hoffmann! Sie können es nicht lassen. Auch im Fachausschuss machen Sie Dinge zum Thema, die noch gar nicht spruchreif sind. – Frau Jantzen! Auch Ihnen muss ich das leider sagen: Versuchen Sie doch nicht, jetzt schon einen Verriss vorzunehmen, wo noch gar keine Ergebnisse für das Modellsozialamt, für das Fallmanagement und die Zielvereinbarung in der Eingliederungshilfe vorliegen!
grüßen. Aber der Teufel steckt wie bei allen Reformprojekten, die wir in letzter Zeit diskutiert haben, im Detail. Da sind nämlich die berühmten Zielvereinbarungen, die die Bezirke abgeschlossen haben. Es ist ein besserer Betreuungsschlüssel für die behinderten Menschen vorgesehen. Das ist richtig, der wird jetzt 1:75 sein. Das Ganze ist aber gekoppelt, an eine Einsparung von 1 % der durchschnittlichen Fallkosten in diesem Jahr und 2 % der durchschnittlichen Fallkosten im nächsten Jahr. Wenn es den Bezirken nicht gelingt, diese Einsparungen zu erfüllen, werden sie leider im nächsten Jahr diese Personalmehrkosten, die sie erst einmal vorschießen müssen, nicht zurückerhalten. Das heißt, die Bezirke sind zur Ausgabensenkung verdammt. Das führt dann dazu – und darüber muss sich hier im Hause keiner wundern –, dass die Menschen mit Behinderungen Einschränkungen ihrer Hilfen befürchten. Und ich fürchte, sie fürchten das zu Recht.
An die Arbeitsanweisung in Spandau ist bereits erinnert worden. Ich bedaure sehr, dass die im letzten Jahr kam und dass damit ein gutes und wichtiges Instrument im vorhinein diskreditiert und das Vertrauen der Menschen mit Behinderungen in neue Methoden und Instrumente erschüttert wurde. Es sind aber inzwischen schon vereinzelt Fälle bekannt, wo tatsächlich die Heimunterbringung angedroht wurde, weil sie angeblich günstiger sei als andere Hilfen. Das dürfen und können wir nicht zulassen.
Wir dürfen nicht ausblenden, dass die Bezirke strukturelle Finanzierungsprobleme haben und ein gedeckeltes Budget und eine Vorgabe zur Ausgabensenkung dazu führen können, dass die Menschen nicht die Hilfen bekommen, die sie brauchen.
Sie können auch nicht ausblenden, dass die Voraussetzungen für ein qualifiziertes Fallmanagement in den Bezirken überhaupt noch nicht gegeben sind. Zu Beginn des Jahres haben einige Bezirke angefangen. Die Fallmanager sind bisher nicht qualifiziert – jedenfalls nicht in dem erforderlichen Umfang. Die Instrumente lagen zu Beginn des Fallmanagements nicht vor. Wenn der Leitfaden jetzt da ist, sehe ich ihn mir gern an. Der elektronische Gesamtplan funktioniert auch noch nicht so, wie er sollte.
Es ist notwendig, bei der Umsetzung transparenter zu sein als bei der Planung, um das Vertrauen der Betroffenen zurückzugewinnen. In dem Gesamtprozess sollen sie strukturiert beteiligt werden. Sonst bleibt dieses wunderbare Berliner Modell, bei dem der behinderte Mensch im Mittelpunkt steht, Makulatur und ohne Wert für die Betroffenen. Wir werden uns jedenfalls dafür einsetzen, dass es passgenaue Hilfen gibt und dass die Leistungen nicht in dem Maße eingeschränkt werden, wie zu befürchten
Da hilft auch kein Schreien. Das ist schlichtweg so. – Der Prozess hat gerade erst begonnen, und man sollte diesen Prozess erst einmal abwarten und sich vielleicht konstruktiv in diesen Prozess einbringen. Das hilft sicherlich allen Beteiligten
Sie beide – und viele andere hier im Raum – haben wahrscheinlich die beiden Fachtagungen besucht, die von den Trägern selbst bzw. von der Senatsverwaltung organisiert wurden. Auf diesen Fachtagungen ist deutlich geworden, dass wir uns in einem Prozess der Umgestaltung befinden, wo Dinge noch unklar sind, wo Leute Angst vor Veränderungen haben und wo man den Leuten diese Angst nehmen muss, die vorher jahrein jahraus in den gleichen Strukturen gearbeitet haben. Das beinhaltet auch die Umgestaltung dieses Modellsozialamtes, und da kann man mit Fug und Recht sagen: Das steht schon auf den Füßen. Das läuft schon ganz gut. – Herr Hoffmann! Wenn Sie mal zuhören würden!
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Die Koalitionsfraktionen hatten im September 2004 eine Große Anfrage zum Modellsozialamt gestellt. Damals erniedrigte sich der Senat noch, Große Anfragen schriftlich zu beantworten. Interessanterweise verbindet der Senat das Entstehen des Modellsozialamtes mit dem Bericht zur Staatsaufgabenkritik vom November 2001. Ziel des Modellsozialamtes 2005 sei es, durch die Realisierung einheitlicher Rahmenbedingungen die technischen und organisatorischen Grundlagen für eine verbesserte Steuerung der Sozialhilfe zu schaffen. Außerdem sollen Konzepte für eine ziel- und wirkungsorientierte Steuerung im Bereich der so genannten Hilfen in besonderen Lebenslagen entwickelt werden. Ich finde diese beiden Ziele deshalb so interessant, weil es – vorausgesetzt, man kann sie auch erreichen – damit in Berlin de facto einheitliche Sozialämter mit einheitlichen Standards geben soll. Was früher einmal kritisiert wurde, dass beispielsweise in Neukölln höhere Fallkostenpauschalen anfallen als im Bezirk Steglitz-Zehlendorf, soll behoben werden. Der Hauptantrieb dieser Reform ist demnach die Kostensenkung. Es ist aus meiner Sicht grundsätzlich zu begrüßen, dass in Berlin nach einheitlichen Richtlinien gehandelt werden soll. Vielleicht wäre es sogar sinnvoll, dies als Vorbild für Jugend-, Bürger- oder Ordnungsämter zu nehmen. Leider hat andererseits der Fall Spandau, der schon angesprochen wurde, gezeigt, dass unter dem Deckmantel „Modellsozialamt“ nicht hinnehmbare Kürzungen erfolgen sollen. Unter passgenauen Hilfen stelle ich mir etwas anderes vor.
Der Fachausschuss wird sich das Recht herausnehmen, von den Bezirken und von der Senatsverwaltung eine detaillierte Berichterstattung zu fordern, wie dieser Prozess angelaufen ist. Wir alle stellen wohl nicht in Frage, dass die Notwendigkeit der Verbesserung von Beratung, Betreuung und Leistungsgewährung durch Fallmanagement und der Optimierung der Verwaltungsabläufe durch Zielvereinbarungen besteht. Fallmanagement ist ein umstrittener Prozess. Man kann das gut und schlecht machen, und die Bezirke brauchen eine Hilfestellung, um ein sinnvolles Fallmanagement zu betreiben.
Fünf Bezirke habe sich meiner Kenntnis nach bereits diesem Prozess gestellt, und vier weitere Bezirke wollen dazu Zielvereinbarungen mit der Senatsverwaltung abschließen. Der Prozess wird von der Senatsverwaltung so begleitet, dass sie dabei nicht allein gelassen werden, sondern sie sollen auch eine qualitative Unterstützung in der Ausbildung der Leute erhalten, die dieses Fallmanagement betreiben. Zu keiner Zeit werden Rechtsansprüche gekürzt oder negiert. Auch das möchte ich noch einmal ausdrücklich festhalten.
Die Einsparungen, von denen hier immer groß getönt wird, sollte man sich noch einmal näher anschauen. Worum handelt es sich dabei? – In dem gesamten Prozess soll 2006 1 % bei den durchschnittlichen Ausgaben der Eingliederungshilfen eingespart werden. Das ist doch eine Aufgabe, die man gemeinsam erfüllen kann. Die Einsparung von 1 % durch eine Verwaltungsoptimierung und ein verbessertes Fallmanagement ist allemal drin. Interessant wird es erst, wenn man für die Folgejahre eine Entscheidung treffen muss, inwieweit eine Optimierung dieses Fallmanagements und der damit verbundenen Einsparung überhaupt noch möglich ist. Ich bin der Meinung, dass es dort keine Optimierung auf Dauer geben kann und man sich sehr schnell verständigen muss, wann dort die Deadline erreicht ist. Das Gesagte gilt auch für die Bezirke, die, wenn sie diesen Prozess erfolgreich gestalten und diese Einsparung von 1 % der durchschnittlichen Eingliederungshilfen auch erwirtschaften, 1 % der Personalmittel zusätzlich in den Haushalt eingestellt bekommen. Das ist ein Anreiz, den man noch weiter ausbauen sollte. Auch das kann man gemeinsam schaffen.
Herr Hoffmann! Wir befinden uns in einem schwierigen Prozess der Umgestaltung. Das habe ich Ihnen vorhin schon einmal gesagt. Versuchen Sie nicht, den Leuten vor Ort Angst einzujagen! Gehen Sie in die Ämter, und schauen Sie sich an, wie dieser Prozess gestaltet werden kann! Ich kann Sie gern dabei begleiten, denn ich habe positive Beispiele erlebt. Ihre negativen sind dann vielleicht nicht mehr so dominant. – Danke!
Wir sollten in Zukunft stärkeres Augenmerk auf die Entwicklungen des Modellsozialamts legen. Ich sage das, weil die Sozialpolitik seit dem In-Kraft-Treten von Hartz IV in der Stadt kaum mehr eine Rolle spielt. Man hat manchmal sogar das Gefühl, dass die Jobcenter jetzt zu den eigentlichen Sozialämtern geworden sind.
Der Antrag der CDU-Fraktion zu diesem Thema war vorhersehbar. Ich habe schon viele Anträge in diesem Stil von meinen Kollegen der CDU gesehen. Das Seniorengesetz war das letzte Beispiel. Das Motto lautet: Man stelle Maximalforderungen auf, packe sie in einen Antrag und bringe sie ins Plenum ein. – Schon der erste Punkt ist vielsagend. Was heißt „keine Verschlechterungen für die hilfesuchenden Bürger“? Was verstehen Sie darunter, Herr Hoffmann? Wie wollen Sie das konkret erreichen? Sie wissen genau, dass die Kosten in den letzten Jahren explodiert sind. Ich vermisse in Ihrem Antrag konkrete Vorschläge. Wenn sich – zweitens – das Fallmanagement an den Steuerungsstrukturen der psychiatrischen Versorgung anlehnt, setzen Sie de facto Kostensteigerungen voraus. Das Ziel, die Fallausgaben unter Kontrolle zu halten, wird fehlschlagen. Die Forderung, den Bezirken ausreichend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen, ist ein wenig populistisch. Sie würden das nie und nimmer fordern, wenn sie an der Regierung wären. Auch
geht mir die Rolle der Wohlfahrtsverbände ein wenig zu weit. Sie wollen sie analog zum Seniorengesetz fast schon mit Exekutivrechten versehen. Ebenfalls sehe ich nicht, dass wir derzeit eine Widerspruchsstelle brauchen.
Ich schlage vor, dass die Senatsverwaltung dem Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Migration und Verbraucherschutz eine realistische Zwischenbilanz vorlegt. Was ist verbessert worden? Woran muss man noch arbeiten, um die Prozesse zu optimieren? Eine Anhörung bzw. ein etwas größerer Bericht des Senats würde einige Fragen klären. Dabei darf man aber nicht aus den Augen verlieren, dass man die Menschen, die gesund sind und arbeiten können, im Zweifelsfall fordern muss. Diejenigen, die aus Krankheitsgründen oder auf Grund einer Behinderung nicht arbeiten können, muss man dagegen fördern. Das ist das liberale Prinzip, das uns mittlerweile die ganze Legislaturperiode begleitet. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Lehmann! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Vorabüberweisung hatten Sie bereits bestätigt.
Die lfd. Nr. 37 wurde bereits als Priorität der Fraktion der FDP unter dem Tagesordnungspunkt 5 e beraten. Die lfdn. Nrn. 38 bis 47 stehen auf der Konsensliste.
Die Anträge unter der lfd. Nr. 49 a bis g stehen als vertagt auf unserer Konsensliste und wurden vorab zur Beratung an den Hauptausschuss überwiesen. Die lfdn. Nrn. 50 bis 51 stehen auf der Konsensliste. Die lfd. Nr. 52 wurde bereits als Priorität unter dem Tagesordnungspunkt 5 behandelt. Die lfd. Nr. 53 finden Sie wieder auf der Konsensliste. Die Vorlagen – zur Beschlussfassung – unter den Tagesordnungspunkten 54 und 55 finden Sie mit den Überweisungen auf unserer Konsensliste.
Damit sind wir am Ende unserer heutigen Tagesordnung. Die nächste Sitzung des Abgeordnetenhauses findet am Donnerstag, dem 6. April um 13.00 Uhr statt. Die Sitzung ist geschlossen.