Auch die Zersplitterung des Schwarzen Blocks dürfen wir nicht unterschätzen. Es gibt immer noch eine Gruppe von Menschen, die glauben, dass politische Ziele mit Gewalt durchzusetzen sind und dass man sich stärkere Argumente verschafft, indem man das Eigentum anderer vernichtet oder andere angreift. Ein Teil von ihnen war auf Grund der NPD-Demonstration in Leipzig und Rostock. Ein Teil der Last wurde also auf andere Bundesländer verteilt. Berlin hat davon profitiert, hier blieb es deswegen recht ruhig. Der Schwarze Block wird aber – fürchte ich – über einige Zeit bestehen bleiben. Hier können wir keine Entwarnung geben.
Ein letzter Grund, der gar nicht so unwichtig ist: Einige erfahrene Autonome sind „in die Jahre“ gekommen, sind sogar in dieser Regierung. Auf den Internetseiten der Linksextremisten wird heiß diskutiert, dass die Kollegen Over und Zillich jetzt „auf der anderen Seite“ sind und dadurch vielleicht ein strategischer Ansatz verloren gegangen ist. Da fehlt jetzt ein bisschen Führung.
[Beifall bei der FDP – Ratzmann (Grüne): Zillich galt aber nie als erfahrener Autonomer! – Abg. Zillich (Linkspartei.PDS) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]
Das nehme ich zur Kenntnis. Ich habe nur berichtet, dass das auf Internetseiten der Autonomen diskutiert wird. Es kann ein Faktor sein, dass die Beißhemmung der Linken gegen Regierungsorgane steigt, wenn man Teile der Linksextremen in die Regierung holt. Das ist eine logische Folgerung.
Die FDP hat sich immer als konstruktive Opposition verstanden. Wir sind nicht gegen etwas, nur weil es der Senat vorschlägt, weil der Senat oder eine PDSBezirksbürgermeisterin beteiligt ist.
Es besteht ein klares Interesse, in Berlin einen friedlichen 1. Mai zu haben. In diese Richtung entwickelt es sich. Ich möchte nicht, wie Herr Dr. Felgentreu, von einer Werbung für Berlin sprechen. Solange Gegenstände brennen und 60 Polizisten verletzt werden, ist das keine Werbung für Berlin.
Aber die Richtung stimmt. Die Krawalle nehmen ab. Klar ist jedoch: Einen überwiegend friedlichen 1. Mai müssen wir auch in Zukunft in jedem Jahr neu gewinnen.
Danke schön! – Jetzt erteile ich dem Senat das Wort. Das Wort hat Innensenator Dr. Körting. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dem Dank, der von allen Beteiligten ausgesprochen wurde, schließe ich mich an. Als oberster Dienstherr der eingesetzten Polizistinnen und Polizisten sei es mir gestattet, auch von dieser Bühne aus meinen Dank an alle Mitarbeiter der Berliner Polizei auszusprechen für das, was sie geleistet haben. Insbesondere denjenigen Mitarbeitern, die verletzt worden sind, wünsche ich von hier aus eine gute Genesung.
Jeder von uns hat neben dem, was er in der Presse erfahren hat, ganz individuelle Eindrücke davon, wie sich solche Veranstaltungen wie die Walpurgisnacht oder der 1. Mai abspielen. Ich habe in den letzten fünf Jahren so
Das ändert nichts daran, dass der Polizeipräsident und ich fern davon sind, in ein Triumphgeheul auszubrechen. Das haben wir auch auf der Pressekonferenz nicht gemacht. Wir wissen sehr wohl, dass das Eis, auf dem wir uns bewegen, noch ein bisschen brüchig ist. Aber wir wissen, dass das Eis von Jahr zu Jahr ein wenig dicker wird. Ich glaube, damit haben alle Beteiligten für das Image Berlins eine Menge getan. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich als Kreuzberg-Friedrichshainer Abgeordneter zuerst bei den Polizeibeamten, die vor Ort ihre Tätigkeit ausgeübt haben, recht herzlich bedanken. Wir kennen ihre Sorgen, auch die Sorgen ihrer Familien, weil sie wissen, welche Verletzungen sie teilweise in den letzten Jahren davongetragen haben. Wir können alle gemeinsam froh sein, dass es dieses Mal ein wenig besser war. Herr Innensenator, Sie hätten in Ihrer Bilanz ruhig erklären können, warum es so gekommen ist.
wohl in der Walpurgisnacht als auch am 1. Mai regelmäßig mit Abgeordneten, die vor Ort waren, oder mit Journalisten gesprochen. Ich bin an diesen beiden Tagen von morgens bis abends unterwegs und laufe von einer Einheit zur anderen, von einem Veranstaltungsort zum anderen oder auch von einer Lagezentrale zur anderen. Dort bekommt jeder für sich selbst Eindrücke, die sich aber offensichtlich bei uns allen – das finde ich erstaunlich – decken. Lassen Sie mich zwei Eindrücke vom 1. Mai 2006 schildern, die ich bezeichnend finde.
Den einen Eindruck gewann ich in einer Situation am Mariannenplatz. Ganz viele türkische Bürgerinnen und Bürger mit ihren Kindern wiegen sich dort zu türkischer Musik und tanzen. Dann kommt eine Spontandemonstration vorbei mit dem Motto „Myfest ist scheiße“ oder ähnlich, mit einer relativen Aggressivität. Was machen die Bürger und Bürgerinnen, die dort tanzen? – Nichts! Sie tanzen weiter. Sie gehen ein bisschen zur Seite und lassen die Demonstranten, die ausdrücken: Wir sind gegen das Myfest, das muss beendet werden! Was ihr hier macht, ist alles Mist!, vorbeilaufen – zweimal. Ein drittes Mal sind sie nicht mehr vorbeigelaufen, weil sie keinen Ansprechpartner, keine Resonanz gefunden haben.
Ähnlich war der zweite Eindruck, den ich allerdings nur aus der Lagezentrale, von unseren Videogeräten aus, gewonnen habe: Heinrichplatz. Es gibt Steinwürfe, insbesondere aber auch Flaschenwürde. Vor der Bühne am Heinrichplatz befinden sich 200 Leute, die Musik hören und auch tanzen und sich freuen. 50 m weiter fliegen die Flaschen und auch Steine. Die Menschen haben sich durch die paar – der Kollege Ratzmann hat einen Ausdruck gebraucht, den ich nicht für parlamentarisch halte – „Deppen“ nicht animieren lassen.
Sie haben sich durch diese Leute nicht animieren lassen. Das ist ein entscheidender Gesichtspunkt, den sich alle – die Veranstalter des Myfestes, die türkischen und arabischen Verbände, mit denen wir gesprochen haben, die Schulen und die Präventionsbeauftragten, die tätig waren, und die Polizei – gutschreiben können. Es gelingt den Leuten, die Krawall machen wollen, nicht mehr, eine Deckungsmasse hinter anderen zu finden. Es gelingt ihnen auch nicht mehr, Menschen zu finden, die Krawall mitmachen. Es ist eine relativ kleine isolierte Gruppe, die in einer alkoholisierten oder Frustsituation Krawall macht, und die übrige Bevölkerung macht nicht mit. Das ist, glaube ich, der entscheidende Gesichtspunkt, nicht den 1. Mai zu einem völlig friedlichen Tag zu machen, so weit sind wir leider nicht, aber das, was wir von früher kennen: Straßenschlachten, können wir im Moment als Vergangenheit betrachten. Wir werden alles daran setzen, dass wir es wirklich als Vergangenheit betrachten können. – Das ist für mich die Erkenntnis aus dem diesjährigen 1. Mai.
Man mag darüber streiten, ob man im Abgeordnetenhaus darüber reden soll oder nicht: Seit 1987 hat diese
Stadt Probleme mit der Darstellung nach außen, auch wegen der Krawalle am 1. Mai. Dass es uns gelungen ist, dieses Image Berlins 2005 und 2006 in der öffentlichen Wahrnehmung im übrigen Bundesgebiet und in der Presse zu verändern, ist ein großer Erfolg.
[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS – Vereinzelter Beifall bei der CDU, den Grünen und der FDP]
Herzlichen Dank, Herr Senator! – Ich habe noch eine Redemeldung von dem Abgeordneten Wansner von der CDU.
Meine Anerkennung gilt auch der Türkischen Gemeinde, die sich vor Ort engagiert für einen friedlichen Verlauf dieser 1.-Mai-Veranstaltung eingesetzt hat und insbesondere beruhigend auf Jugendliche nichtdeutscher Herkunft eingewirkt hat.
Herr Ratzmann! Die Grünen, die die Gewalttäter bei früheren 1.-Mai-Veranstaltungen immer mit einer Heerschar von Rechtsanwälten begleitet und betreut haben
das können Sie hier nicht abstreiten –, Sie, die Sie in den Innenausschusssitzungen immer Verständnis gezeigt haben, haben sich hiervon in den letzten Jahren distanziert. Das hat in dem Bereich auch zu einem Wegfall von Mitläufern geführt. Das hat insbesondere dazu geführt, dass die 1.-Mai-Veranstaltungen ruhiger waren.
Herr Innensenator, seitdem sich die SPD mit der PDS zum zweiten Mal verbrüdert hat, hat sich ein Teil der ra
Für die Beratung haben wir eine Redezeit von bis zu 10 Minuten zur Verfügung. – Es beginnt die Fraktion der Linkspartei.PDS. Der Abgeordnete Dr. Lederer hat das Wort. – Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir verhandeln heute in I. Lesung einen Antrag mit dem sperrigen Titel „Achtes Gesetz zur Änderung der Verfassung von Berlin“. Dieser Titel lässt wahrlich nicht erkennen, was er verbirgt, nämlich ein bedeutendes Paket von Änderungen der Verfassung.
Denn so lange ist es noch nicht her, dass PDS-Abgeordnete in der Zeit der großen Koalition Gewalttaten am 1. Mai bewusst unterstützt haben und in den folgenden Innenausschusssitzungen der Polizei die Schuld an den Auseinandersetzungen gegeben haben mit Argumenten, die damals schon gefährlich waren. Ich gebe Ihnen den Rat: Sehen Sie sich die Innenausschussprotokolle der letzten Jahre bis 2001 einmal an!