Schließlich und letztlich enthält das vorliegende Paket auch eine Erleichterung für die direkte Demokratie in unserem Verfassungsleben. Es wird Sie nicht überraschen, dass dies für meine Fraktion die meisten Probleme mit sich brachte, denn in der Vergangenheit gehörten wir – Herr Dr. Lederer hat es gesagt – eher zu den Skeptikern bei Dingen wie Volksinitiative oder Volksbegehren. Aber wir wollten den Erfolg dieser Verfassungsdiskussion und ein Ergebnis. Bewegt haben wir uns in der Sache, weil es für meine Fraktion eine wesentliche Rolle gespielt hat, zu einer Verbesserung der Berliner Verfassungslage in Bezug auf Akteneinsichtsrecht und Richtlinienkompetenz zu gelangen. Dies allein war es allerdings nicht. Gerade machen wir in Berliner Bezirken unsere Erfahrungen mit den geschaffenen Instrumenten direkter Bürgerbeteiligung. Ich denke dabei insbesondere an meine Kreuzberger Freunde, die mit gutem Zuspruch ein Bürgerbegehren gegen die Umbenennung der Kochstraße in Rudi-DutschkeStraße zu laufen haben. In diesem Zusammenhang ist mir deutlich geworden, dass für die Elemente der direkten Bürgerbeteiligung auf Landesebene die Quoren nach aktueller Rechtslage viel zu hoch sind – so hoch, dass sie quasi unüberwindbare Hürden darstellen. Dass dies nicht so bleiben kann, wenn man es mit direkter Demokratie ernst meint, war in der Diskussion relativ schnell klar. Wenn wir die Instrumente schon haben, dann müssen wir sie bei aller gebotenen Vorsicht, die wir immer noch für richtig erachten und für die wir immer noch werben, doch immerhin so gestalten, dass eine realistische Chance für einen Gebrauch der vorgesehenen Möglichkeiten der direkten Bürgerbeteiligung besteht. In den Verhandlungen waren wir im Grunde immer sehr nahe an der Position der SPD. – Herr Kollege Gaebler! Wenn Sie die Verhandlungen noch einmal reflektieren, dann werden Sie zu dem Ergebnis kommen, dass Sie teilweise deutlich strenger und rigider sein wollten als wir.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Die Vorlage ist insgesamt mutig, frisch und stimmig. Sie enthält einerseits eine massive Stärkung des Parlaments als Volksvertretung, die eine Wahrnehmung der Kontrollaufgaben erleichtert. Andererseits verliert das Parlament Rechte wie die Befugnis der Wahl einzelner Senatoren. Der Regierungschef allerdings wird gestärkt. Schließlich erhält das Volk mehr direkte Einflussmöglichkeiten. Alles in allem ist das Gesetzespaket ausgewogen. Wir alle können damit zufrieden sein. Es bleibt nun abzuwarten, was uns die Verfassungswirklichkeit nach Inkrafttreten der Regelungen bringen wird. Ich gehe davon aus, dass es in unserem Hause eher spannender wird, und darauf freue ich mich. – Herzlichen Dank!
Es wurde schon gesagt, dass es im Prinzip drei Säulen sind, die wir in dieser Verfassungsänderung aufgegriffen haben: die Stärkung der Stellung des Regierenden Bürgermeisters, die Stärkung der Informationsrechte von Abgeordneten als Einzelpersonen, aber auch des Parlaments insgesamt, was die Beteiligungen angeht, sowie die Stärkung der Möglichkeiten von Bürgerinnen und Bürgern, direkt über Volksbegehren und Volksentscheide mitzugestalten. – Das Problem, das wir bei dieser Frage haben, ist natürlich immer, die verschiedenen Gewichtungen so zu halten, dass die parlamentarische Demokratie als solche weiterhin funktionsfähig bleibt, Kontrollrechte da sind – das ist klar –, aber auch Arbeits- und Gestaltungsmöglichkeiten für Regierung und Parlament erhalten bleiben.
Ich beginne mit der Richtlinienkompetenz und der Wahl der Senatsmitglieder. Wir haben – historisch gewachsen aus der preußischen Magistratsverfassung und den Kommunalverfassungen – in Berlin bislang eine Mischsituation. Der Regierende Bürgermeister ist zwar herausgehoben gegenüber anderen kommunalen Chefs, aber er hat nicht die gleiche Stellung wie ein Ministerpräsident in deutschen Bundesländern, sondern ist in gewisser Weise Primus inter Pares. Das führt zu Problemen bei den Verantwortlichkeiten und bei den Kontrollrechten des Parlaments. Wer ist letztendlich für wen verantwortlich? Es ist gut, dass wir eine klare Linie ziehen. Der Regierende Bürgermeister bedarf des Vertrauens des Abgeordnetenhauses. Der Regierende Bürgermeister wird vom Parlament beauftragt, einen Senat zu bilden. Er ist dafür verantwortlich, wer diesem Senat angehört, das heißt, er er
Die zweite Säule – die direkte Demokratie – wurde in der Öffentlichkeit am meisten diskutiert. Dort wurde im Vorfeld ein großer Druck aufgebaut. Wir haben im vergangenen Jahr die Möglichkeiten direkter Demokratie in den Bezirken neu eingeführt und sind damit bundesweit an der Spitze. Wir waren auch der Auffassung, dass wir mal sehen, wie die verschiedenen Bedenken, die es dagegen gab, in der Praxis zerstreut werden können. Es ist erfreulich, dass das insbesondere bei der CDU so schnell geklappt hat, die voriges Jahr noch gar nicht dabei war, sondern gesagt hat: Das ist alles Teufelswerk – oder: Das will man den Bürgern etwas vorgaukeln. – Es gab verschiedene Argumentationslinien. In der Praxis hat sich offensichtlich gezeigt, dass das eine sinnvolle Möglichkeit ist, Bürgerinnen und Bürger in Entscheidungen vor Ort einzubinden. Deshalb finde ich es gut, dass wir gemeinsam dazu gekommen sind, uns auf Landesebene anzuschauen: Wie sind dort die Regelungen? Wie werden sie genutzt? Was sind vielleicht Hindernisse, dass sie stärker genutzt werden? – Gerade bei diesem Thema hat in meiner Fraktion eine Rolle gespielt, dass wir grundsätzlich an der parlamentarischen Demokratie festhalten wollen, dass wir keine überwiegende direkte Demokratie durch Volksabstimmungen und Volksentscheide wollen. Der Regelfall bleibt nach wie vor, dass im Parlament entschieden wird und sich das Volk durch Wahlen zum Parlament und einzelne Abstimmungen zwischendurch daran beteiligt, einerseits durch Wahlen die Parteien beauftragt, die Abgeordneten beauftragt, die es für geeignet oder fähig hält, das umzusetzen, was es sich für das Gemeinwesen vorstellt, und andererseits in besonderen Fällen auch einmal direkt tätig wird. – Letzteres ist aber aus unserer Sicht weiterhin nicht die Regel, sondern eine Ergänzung der parlamentarischen Demokratie. – Deshalb müssen wir darauf achten, dass die Gewichtung an der Stelle stimmt. Wir haben aus der historischen Erfahrung mit einem schwachen Parlament, insbesondere in der Weimarer Republik, gelernt, dass man da aufpassen muss. Das ist kein Vorwurf an Protagonisten von direkter Demokratie, auch nicht an diejenigen, die sich an so etwas beteiligen. Aber auch die sind gebeten, sich zu überlegen, wie solche Mög
lichkeiten fehlgesteuert und instrumentalisiert werden und zu einer Schwächung des gesamten demokratischen System führen können. Deshalb sollten wir das in der weiteren Diskussion immer ernsthaft miteinander betreiben, ohne gegenseitige Vorwürfe.
Wir haben uns als Fraktion jedoch deutlich bewegt. Wir haben gesagt, dass es grundsätzlich zum Beispiel auch Verfassungsänderungen über Volksbegehren, Volkentscheide geben kann, dann allerdings mit deutlich höheren Hürden als einfache Gesetze. Wir haben sogar jetzt noch ergänzt, dass nicht nur Gesetze durch Volksbegehren, Volkentscheide bewegt werden können, sondern dass ebenfalls andere Willensbildungsmöglichkeiten bestehen, wie es sie auch im Parlament gibt. Dass die Hürden einigen bei „Mehr Demokratie“ in diesem Parlament immer noch zu hoch sind, kann ich nachvollziehen, aber wir haben uns auf einen vernünftigen Kompromiss im Rahmen dieses Gesamtpaketes geeinigt. Damit können auch alle leben.
Ich bin sehr froh, dass „Mehr Demokratie“ in Ihrem neuesten Anschreiben selbst dafür wirbt, dass wir jetzt gemeinsam dieses Paket auf den Weg bringen und umsetzen. Ich bin sehr dankbar, dass dort gesagt worden ist, dass dies nun ein weiterer Schritt ist. Ich sage ganz offen: Natürlich kann man in der nächsten Legislaturperiode sehen, was aus den Neuerungen folgt, die eingeführt worden sind, wie sie sich umsetzen, was es eventuell noch an Problemen gibt und wie man gegebenenfalls an einzelnen Stellen weiter vorangehen kann. Dies ist ein schrittweiser Prozess, der heute weder abgeschlossen noch vervollkommnet ist.
nennt und entlässt die Senatsmitglieder. Wenn Senatsmitglieder aus Sicht des Parlaments problematisch agieren, dann ist es am Parlament, den Regierenden Bürgermeister zur Rede zu stellen und ggf. zum Handeln aufzufordern. Das kann auch in Zukunft durch einen normalen Antrag im Parlament erfolgen, wie es bisher über Missbilligungsanträge o. Ä. erfolgt ist. Bisher hatte der Regierende Bürgermeister aber gar keine Möglichkeit, solchem Verlangen nachzukommen. Er hat auch relativ wenig Möglichkeiten, Senatsmitglieder, die sich von der gemeinsam gefundenen Linie entfernen, zur Ordnung zu rufen, weil er letztendlich kein Mittel hat, sich diesen gegenüber durchzusetzen. Es ist gut, dass eine solche Möglichkeit eingeführt wird. Damit vergibt sich das Parlament nicht viel. Es konzentriert seine Kontrolle personell auf den Regierenden Bürgermeister, fachlich findet sie über die Ausschüsse weiterhin in den Fachgebieten statt, für die die Senatsmitglieder verantwortlich sind.
Den dritten Punkt will ich noch kurz ansprechen: Ich glaube, es ist wichtig, dass Abgeordnete per Verfassung Rechte haben, vom Senat Auskünfte zu verlangen, und dass diese Rechte durchaus auch über jene hinausgehen können, die der „normale“ Bürger per Informationsfreiheitsgesetz hat, und dies vor allem in einem vereinfachten Verfahren gestaltet wird. Es liegt auf der Hand, dass dies gegen die Möglichkeit der Regierung, Sachen vorzubereiten und Entscheidungsprozesse einzuleiten, ohne dass jede einzelne Stufe in die Öffentlichkeit kommt, abgewogen werden muss. Hierzu gibt es Gerichtsurteile, und das haben wir gut festgehalten.
Beinahe noch wichtiger ist es, dass in der Verfassung das Recht des Parlaments festgehalten wird, Kontrolle über die Beteiligung des Landes Berlin auszuüben und an die Aufsichtratsvertreter herantreten zu können. Das ist bisher eine freiwillige Sache zwischen Senat und Parlament gewesen, die zwar im Großen und Ganzen funktioniert hat, aber hinsichtlich der Relevanz ist es wichtig, dass wir dies in der Verfassung verankern.
Deshalb vielen Dank an alle, die hieran mitgewirkt haben, sowohl innerhalb des Parlaments als auch jene, die außerhalb des Parlaments die Angelegenheit begeleitet haben. Hier sind wichtige Anregungen gekommen, auch
Das Kuckucksei heißt Richtlinienkompetenz, ein lang gehegter Wunsch der SPD, geteilt von der CDU, getragen von der FDP. Nur die wahren Demokraten wollen darauf bestehen und sagen: Es ist ein gutes Rechts des Parlaments, jeden Senator, jede Senatorin zu wählen, gerade in einem Stadtstaat, der in diesem Bereich eine ganz andere Tradition hat. Aber die SPD hat nicht locker gelassen und
die Gunst der Stunde genutzt, dies miteinander zu verknüpfen, weil sie auch einen richtigen Ministerpräsidenten haben wollte, wie wir neulich im „Tagesspiegel“ lesen durften, und weil sie – so hat sie immer argumentiert – das entwürdigende Schauspiel, wenn einer der Senatoren die Hürde zur Senatswahl nicht genommen hat, nicht mehr länger haben will.
Wir erinnern uns alle an Herrn Strieder, der zu sagen pflegte, ein gutes Pferd springe knapp, wenn er bei der Senatswahl das dritte Mal beinahe durchgefallen wäre. Ich kann verstehen, dass dies aus Regierungssicht etwas schmerzt, aber ich kann nicht verhehlen: Aus Oppositionssicht hatte das schon einen gewissen politischen Unterhaltungswert,
Wir haben dann gesagt, dass doch wenigsten der Misstrauensantrag gegen die einzelnen Senatoren möglich sein muss. Warum soll denn, wenn wir schon zulassen, dass der Ministerpräsident, den wir dann in Form eines Regierenden Bürgermeisters haben werden, ernennen und entlassen kann, das Parlament nicht wenigsten mit Rechtsfolge das Misstrauen aussprechen dürfen? – Aber selbst dazu konnten sich die Träger dieses hehren Kanzlerprinzips nicht durchringen und haben es uns aus der Hand geschlagen, als wir wollten, dass dies noch mit verankert wird. Uns war jedoch die direkte Demokratie so viel wert, dass wir auch an diesem Punkt unser Zugeständnis gemacht haben.
wenn nicht alles berücksichtigt werden konnte. Wir werden das jetzt in einem kurzen Verfahren im Parlament auf bestimmte rechtliche Gegebenheiten prüfen, aber keine großen Änderungen mehr zulassen. Das ist verständlich bei der Größe des Paketes, das hier geschnürt worden ist.
Ich hoffe, dies am 18. Mai nahezu einstimmig beschließen zu können. Das wäre ein gutes Zeichen für das Parlament, aber auch für Berlin. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon etwas seltsam, wenn wir anfangen, uns alle gegenseitig zu loben, aber dies ist vielleicht auch einmal eine Neuerung für dieses Haus.
Auch ich hatte, als wir die erste Runde „Mehr Demokratie“ in den Bezirken zu Ende gebracht hatten, sehr große Skepsis, dass es in dieser Legislaturperiode noch etwas werden wird, das Versprechen, dass wir auch gegenüber den Bezirksbürgermeistern, die da die großen Bedenkenträger waren, abgegeben haben, einzulösen – insbesondere weil die SPD Bedenken geäußert hatte, dies in dieser Legislaturperiode umzusetzen. Deshalb an dieser Stelle meinen Respekt und meine Anerkennung, dass Sie sich zumindest in diesem Fall durchgesetzt haben, sich in diesem einen Bereich zu bewegen.
Wir hatten dann im November einen viel gescholtenen eigenen Antrag eingebracht, um ein wenig Bewegung in die Angelegenheit zu bringen. Ich erinnere mich, dass Herr Ritzmann sagte, wir hätten mit unserem Antrag auf Landesebene den Sargnagel für das Projekt „Mehr Demokratie“ eingeschlagen,
Wir haben damals eigentlich nur gewollt, dass ein Projekt, ein Baby, das Licht der Welt erblickt. Nun sind es auf einmal Drillinge geworden, wobei wir feststellen, dass zumindest eines dieser Drillinge
ein regelrechtes Kuckucksei ist, das uns die SPD ins Nest gelegt hat. Ich will nicht verhehlen, dass uns dies die meisten Bauchschmerzen verursacht hat, diesem Gesamtpaket zuzustimmen.
der dazu bewogen hat, zu fragen, wieso man bereits am Anfang der Legislaturperiode auf diese Möglichkeit und den damit verbundenen Spaß verzichten sollte. Wir haben uns dann angesichts des Angebots nicht in der Lage gesehen, das ausschlagen zu können und uns mit Schmerzen in diesen Prozess begeben.
Jetzt ist es aber Pflicht eines jeden in diesem Haus, im Zusammenhang mit der Wahl am 17. September für die Veränderung in diesem Bereich zu werben. Sie alle wissen, dass in Berlin eine Volksabstimmung notwendig ist, um die Veränderung der Artikel 62 und 63 der Verfassung von Berlin durchzubekommen. Es muss auch in der Folge dieser Umsetzung Konsens sein, dass es einer gemeinsamen Anstrengung bedarf, damit auch dieser Teil das Licht der Welt erblickt und wir nicht nachher zwar die Richtlinienkompetenz haben, aber nicht mehr Demokratie.
Ich will an dieser Stelle ebenfalls nicht verhehlen, dass wir uns mehr abgesenkte Quoren gewünscht hätten. Wir lagen da in unseren Vorstellungen etwas auseinander. Ich gebe jedoch die Hoffnung nicht auf: Wenn die Beispiele, die sich bereits im politischen Alltag in anderen Bundesländern als positiv herausgestellt haben, auch hier zeigen, dass sie die politische Diskussion beleben, können wir in diesem Prozess möglicherweise fortfahren und die Quoren weiter absenken.
Das ist gerade angesichts der Situation des Landes Berlin notwendig: Immer mehr Daseinsvorsorge wird in diese Privatformen ausgelagert, und wir haben in diesem Bereich immer weniger zu sagen und immer weniger zu kontrollieren. Dem haben wir ein Stück weit einen Riegel vorgeschoben. Das ist jedenfalls in der juristischen und verfassungsrechtlichen Fachöffentlichkeit, soweit sie es wahrgenommen hat, begrüßt worden. Wir können uns dafür auf die Schulter klopfen, dass wir diesen Schritt gegangen sind und damit auch bundesweit ein Tor für eine Diskussion aufgemacht haben.
Aus diesen Gründen hoffe ich, dass das Verfahren erfolgreich ist. Vielleicht müssen wir noch über die eine oder andere Sache im Rechtsausschuss reden. Es gab vor kurzem ein Urteil des Verwaltungsgerichts zum Akteneinsichtsrecht der Grundstückseigentümer bei den Berliner Wasserbetrieben. Dieses Urteil müssen wir uns noch einmal ansehen und prüfen, ob wir danach noch etwas nachjustieren müssen. Aber auch in diesem Punkt bin ich angesichts des konstruktiven Umgangs guter Hoffnung, dass wir es hinbekommen. – Vielen Dank!
Versprochen ist auch – um das hier ganz deutlich zu sagen –, dass wir es ermöglichen, für die Volksbegehren eine freie Sammlung zuzulassen. Das war ein heiß umstrittener Punkt. Die CDU hatte sehr große Bedenken dagegen angemeldet. Wir haben jedoch klar vereinbart, dies zuzulassen, wenn es eine gemeinsame Grundlage gibt, ein Formular, mit dem sowohl in den offiziellen Stellen, aber auch auf der Straße gesammelt werden kann. Die Bürgerinnen und Bürger können dann selbst entscheiden, wo sie ihre Daten preisgeben wollen, ob sie auf das Bezirksamt gehen wollen, um ihr Votum abzugeben oder dies am Stand auf der Straße tun wollen. Sie sollen die Hoheit über ihre Daten haben und selbst entscheiden, was sie wollen. Uns ist es wichtig, auf diese Vereinbarung hinzuweisen, die auch einfachgesetzlich umgesetzt werden muss. Diese Möglichkeit wollen wir einräumen.
Wir können nicht hoch genug einschätzen, dass wir auch die Rechte des Parlaments gestärkt haben. Es ist ein Drei-Säulen-Modell: Als Parlament haben wir abgegeben in Richtung Exekutive. Sie ist mit der Richtlinienkompetenz klar zentralisiert und gestärkt worden. Wir haben zudem etwas abgegeben – ich sage mal: zurückgebeben – an die Berliner Bevölkerung. Aber wir haben auch etwas dazu gewonnen: Wir haben das Akteneinsichtsrecht für Abgeordnete hinzugewonnen. Viele habe eingewandt, dass dies alles bereits nach dem IFG möglich sei. Aber die Tatsache, dass der Abgeordnete Lederer keine Möglichkeit hat, in einen Exekutivvorgang zu sehen, der Bürger Lederer gegen Zahlung von 15 € oder mehr – je nach dem, was die Gebührenordnung vorsieht – aber schon hineinsehen kann, ist ein Ungleichgewicht, das auch der Stellung des Abgeordneten als Kontrollorgan für die Exekutive nicht angemessen ist. Insofern haben wir an dieser Stelle etwas für die Bedeutung des Parlaments als Kontrollorgan getan.
Wir haben im Vergleich zum IFG auch eine Erweiterung der vorhandenen Rechte, denn wir können nun auch verwaltungsinterne Vorgänge kontrollieren. Das IFG berechtigt nur dann zur Einsicht, wenn ein Verwaltungsvorgang Außenwirkung entfaltet. Das ist hier anders, und insofern ist es mehr, als nach dem IFG möglich ist.
Ganz besonders hoch schätze ich auch ein, dass wir es gewagt haben, verfassungsrechtliches Neuland zu beschreiten, und zukünftig auch die Vertreter bzw. Vertreterinnen von landeseigenen Unternehmen hier im Parlament zur Rechenschaft ziehen können. Wir können Berichte anfordern, wir können sie selbst hören, und wir können sie selbst zu solchen Sachen hören, die hinter verschlossenen Türen abgehandelt werden müssen, weil Betriebsgeheimnisse in Rede stehen. Das bedeutet, dass wir eine Veränderung in der Kontrollsituation eingeleitet aben. h
Das bringt uns mehr Rechte, es bedeutet aber auch für diejenigen, die in den Aufsichtsgremien sitzen, dass sie ein Stück mehr an Verantwortung nach außen hin darstellen müssen. Es reicht nicht mehr aus, sich dort einfach nur hinzusetzen. Wenn es zu einem Problemfall kommt, dann
müssen sie hier im Hause, in den Ausschüssen Rede und Antwort stehen. Es wird dann nicht mehr so leicht über die Bühne gehen wie bei der Bankgesellschaft, dass sich diejenigen, die in solchen Situationen die Interessen des Landes wahrnehmen sollen, hinter den Toren der Aktiengesellschaft verstecken. Vielmehr müssen sie uns künftig Rede und Antwort stehen. Dann brauchen wir kein Zeterund-Mordio-Geschrei in einem langwierigen Untersuchungsausschuss, um die Verantwortlichkeiten von landeseigenen Aufsichtsratsmitgliedern festzustellen, sondern dann können wir das auch außerhalb dieses Instruments für jeden deutlich machen.