Protokoll der Sitzung vom 18.05.2006

[Dr. Lindner (FDP): Das ist dann saublöd!]

Ist der Widerspruch klar, den ich in diesem Kontext aufzeigen möchte? – Ich hoffe!

Bürokraten können keine Bürokratie abbauen,

[Doering (Linkspartei.PDS): Stimmt! Das ist überall so!]

[Doering (Linkspartei.PDS): Da sind Sie überall drin?]

[Beifall bei der FDP]

Nur zur PDS: Die PDS hat in einem Beitrag des Kollegen Zotl, der damals noch zuständig war, die Revolution ausgerufen. Der Vorschlag lautete, alle Gesetze und Verordnungen des Landes einfach außer Kraft zu setzen und zu schauen, was passiert. Sodann sollten nur jene wieder in Kraft gesetzt werden, die man wirklich braucht. Es gab allerdings keine einzige parlamentarische Initiative, die diesem Redebeitrag gefolgt ist, und deswegen ist auch diese sozialistische Revolution gescheitert. Das muss ich leider feststellen. Es war ein revolutionärer Ansatz, aber es ist nichts weiter gefolgt.

Die Union hat 10 Vorschläge in einer Antragsserie gemacht, auch gute Vorschläge, die zum Teil unseren ähneln. Die Union hat sich bemüht, etwas beizutragen. Das kann man von der SPD und den Grünen nicht sagen. SPD und Grünen meckern, sie sind Besserwisser, maßregeln und verteilen Noten, aber bringen nichts. Welche Anträge haben Sie denn zum Bürokratieabbau eingebracht? Was haben Sie denn die letzten Jahre gemacht? – Kollege Wieland stand immer hier vorne wie ein alter Oberlehrer und sagte: Das geht nicht, und das geht nicht. Von den Grünen ist nichts gekommen, viereinhalb Jahre keine Gesetzesinitiative zum Bürokratieabbau.

Woran liegt das? – Ich glaube, das liegt daran, dass die Grünen insgeheim, genau wie die SPD, dem Gouvernantenstaat anhängen.

[Beifall bei der FDP]

der weit reichende Folgen gehabt hätte. Danach hätten alle vor 1980 erlassenen Rechtsverordnungen mit Ablauf des letzten Jahres außer Kraft gesetzt werden sollen, alle Verordnungen, die bis 2002 erlassen wurden, bis Ende dieses Jahres und alle späteren bis Ende nächsten Jahres, es sei denn, die Verlängerung hätte sich begründen lassen. Wäre dies gemacht worden, hätte man auf einen Schlag eine Menge Verordnungen vom Tisch, und die Entbürokratisierung hätte praktisch stattgefunden. Aber dies fand keine Mehrheit in diesem Haus.

Heute würde man das Supernanny-Staat nennen – das ist die neue Terminologie. Das heißt, der Bürger ist ein Kleinkind, das man an die Hand nehmen muss, und die Gouvernante schaut misstrauisch und passt auf.

Bei den Liberalen ist das anders. Bei uns geht es um Freiheit und Eigenverantwortung, und Gesetze dürfen nur dann existieren, wenn sie notwendig sind, wenn sie zwingend da sein müssen. Da Berlin so überreguliert ist, haben wir eine Antragsserie eingebracht, die Sie alle kennen: Mehr Berlin, weniger Staat.

[Zuruf des Abg. Gaebler (SPD)]

Es handelt sich um 67 Vorschläge zur Streichung von Gesetzen, Vorschriften, Verordnungen und Behörden. Wissen Sie, Herr Gaebler, wie viele von diesen Vorschlägen in diesem Haus eine Mehrheit gefunden haben? – Sie wissen es vermutlich nicht. Es waren vier. Das heißt, es gibt lediglich allgemeines Geschwafel, wir müssten reformieren, dann bringt meine Fraktion Vorschläge, und es wird so gut wie alles abgelehnt.

[Beifall bei der FDP]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gaebler?

Bitte schön, Herr Gaebler!

Vielen Dank, Herr Kollege Ritzmann! – Haben Sie denn auch gezählt, wie viele Gesetze, Verordnungen und Regelungen Sie in dieses Parlament neu eingebracht haben?

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Das ist eine theoretische Frage, Herr Gaebler, weil Sie keinen der Vorschläge unterstützt haben, keiner Realität geworden ist. Wie viele Gesetze und Verordnungen haben Sie denn in dieser Zeit eingebracht? – Das war jetzt ein schwieriges Argument, Herr Gaebler. Sie haben auf der einen Seite keine Vorschläge zur Streichung gebracht, auf der anderen Seite neue Gesetze und Verordnungen beschlossen und unterstützt. Das heißt, Sie haben den Berg an Bürokratie sogar vergrößert.

[Beifall bei der FDP]

Meine Fraktion hat dagegen eine drastische Reform des Gesundheitsdienstes vorgeschlagen, Vorschläge zu den Grünflächenämtern, dem Gerichtsvollzieherwesen, zum Schornsteinfegermonopol, zu der KfZ-Zulassung usw. gemacht. Insgesamt waren es 67 Vorschläge, von denen lediglich 4 angenommen wurden. Die kleinste Fraktion in diesem Haus hat sich die meiste Arbeit gemacht,

[Zurufe: Oh!]

hat die meisten fundierten Anträge eingebracht. Sie haben fast alles abgelehnt und kaum Eigenes eingebracht. Deshalb wird es hier auch nichts mit dem Bürokratieabbau.

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Kollege Ritzmann! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat nun Herr Kollege Birk. – Bitte schön!

Herr Kollege Ritzmann! Ich schätze Sie sonst sehr, aber Sie haben eben die Unwahrheit gesagt.

[Ritzmann (FDP): Fakten!]

Sie sagten, wir hätten keinerlei Initiative zur Entbürokratisierung entwickelt. Ich habe jedoch gerade vorgetragen, dass wir letztes Jahr im Februar einen Antrag eingebracht haben,

[Doering (Linkspartei.PDS): Oh, einen!]

Außerdem haben wir einen Antrag eingebracht, diese unsägliche zusätzliche Prüfung aller B-Pläne in der Senatsverwaltung für zwei Monate zu streichen, weil dies zusätzliche Arbeit ist, teure Senatsbeamten beschäftigt und in der Sache kaum etwas ändert. Auch das wurde abgelehnt. Das sind schon zwei Vorschläge, die sehr weit reichende Folgen gehabt hätten. Gestatten Sie mir, dass ich dies noch einmal ausdrücklich betone!

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege Birk! – Herr Ritzmann repliziert. – Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Wieland, den ich ansonsten sehr schätze, hat hier am Rednerpult in puncto Verwaltungsreform nichts als heiße Luft abgelassen. Die Grünen haben in viereinhalb Jahren lediglich zwei Anträge eingebracht. Dazu gratuliere ich Ihnen!

[Unruhe bei den Grünen]

Das Problem ist nur: Bei diesen Stichtagsregelungen wird ein ganzer Block von Vorschriften außer Kraft gesetzt, und dann wird er wieder in Kraft gesetzt, wenn man ihn braucht. Wenn ein und dieselbe Verwaltungen feststellen soll, ob sie ihre eigenen Vorschriften braucht, werden 99,9 % wieder in Kraft treten.

[Dr. Lindner (FDP): Alle! 100 %!]

Das ist die Erfahrung. So funktioniert dies nicht. Es ist die Minirevolution der PDS, wenn man Stichtage setzt.

Ich rufe auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel 1 und 2 gemäß Drucksache 15/4787. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung empfiehlt mehrheitlich gegen die Stimmen von CDU und FDP die Ablehnung des Antrages. Wer dem Antrag Drucksache 15/4787 dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU und FDP. Danke schön! Die Gegenprobe! – Das sind die restlichen Fraktionen. Dann ist das mit Mehrheit gegen die Stimmen von CDU und FDP abgelehnt.

Die lfd. Nr. 7 unserer Tagesordnung hatten wir als Priorität der SPD und der Linkspartei.PDS unter dem Tagesordnungspunkt 4 c aufgerufen.

Man muss sich die Arbeit machen und sich Gesetze, Verordnungen und Behörden einzeln anschauen und abwägen, was passiert, wenn sie entfallen, und welche Alternativen es gibt, zum Beispiel Privatisierungen. So funktioniert echter Bürokratieabbau. Die pauschalen Lösungsansätze haben nicht funktioniert und werden nicht funktionieren.

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Kollege Ritzmann! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Ausschussüberweisung hatten Sie bereits bestätigt.

Die Priorität unter der laufenden Nummer 4 e hatten wir bereits unter der Priorität 4 c aufgerufen.

Wir kommen damit zur

lfd. Nr. 5:

a) II. Lesung

Gesetz über die Verwendung von Meldedaten durch die Zentrale Stelle für das bevölkerungsbezogene Mammographie-Screening (Mammographie-Screening-Meldedatenverwendungsgesetz – MMDaVG)

Beschlussempfehlung GesSozMiVer Drs 15/5057 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/4803